Ist der MINI nun eigentlich ein BMW-Erzeugnis oder kostet er nur so viel wie ein BMW?

Eigentlich hatte ich meine Fragen an BMW im Hinblick auf einen bestimmten Motor gestellt. Weil mir etwas aufgefallen war. An der Antwort der BMW-Presseabteilung fiel mir dann wieder etwas auf. Was nun - zunächst - zu einer ganz anderen Geschichte führte als von mir angedacht. Denn ich habe aufgrund dieser offiziellen Presseinformation noch ein wenig auf meine Art recherchiert. In Sachen MINI. Der ist aus meiner Sicht ein erstaunliches Automobil. Ich hatte ihm diesen ersten Verkaufserfolg nicht zugetraut. Vielleicht, weil ich zu sehr auf seine Schwächen geachtet habe. Dazu gehört - nach meiner Einschätzung - der Motor. Auch das Getriebe... - Aber so manche Dinge sollte man dann relativieren, wenn man die MINI-Entstehungsgeschichte kennt. Man sollte auch bedenken, in welcher Zeit er bei BMW (!) entstanden ist. Und Tatsache ist auch, das der MINI auf jedem Briefkopf mit dem BMW-Siegel verkauft wird. Aber so ganz wird er wohl doch nicht als BMW-zugehörig empfunden und behandelt. - Lesen Sie, was mir Richard Gaul zu BMW-Motoren schrieb. Und was mir dazu einfiel. - Aber wenn Sie lieber die Sensation vorweg erfahren wollen:

Der MINI wird 2005 zum Rallye-Star

03-11-09/06. - Dass die Abkürzung BMW Bayerische Motoren Werke bedeutet, weiß heute jedes Kind. Diese Bezeichnung ist auch eine Verpflichtung, zumindest was die Motoren betrifft mit denen die Fahrzeuge dieses Fabrikats befeuert werden. Lesen Sie nun, wie ernst man bei BMW diese Verpflichtung nimmt:

"...Ihre Anfrage hat mich (uns) etwas überrascht, weil auch wir Sie als doch sehr gut informiert kennen....
- ... -
Zu Ihren Fragen: Es ist so und es bleibt so: BMW Motoren entwickeln wir selbst, dies gilt sowohl für die Serienmotoren als auch für Sondermotoren, einschließlich unserer F1 Motoren. Die Serienmotorenentwicklung dauert rund drei Jahre, wobei sich diese Zeit etwas verkürzen lässt, wenn es sich um einen aus einem Serienmotor abgeleiteten Sondermotor handelt, und umgekehrt, wenn es sich um einen aus einem Sondermotor abgeleiteten Serienmotor handelt.

Mit herzlichen Grüßen
in die Eifel
Ihr
Gaul

Nun wissen wir genau, wie ernst BMW die Entwicklung seiner Motoren nimmt. Umkehrschluss: also ist der MINI kein BMW-Geschöpf, weil er mit einem fremden Motoren-Produkt betrieben wird. Der Motor wird in Brasilien gefertigt, kommt von Chrysler. Dass das so ist, beruht noch auf der Arbeit von Wolfgang Reitzle, der den MINI in seiner heute produzierten Form so konzipiert und designed hat. In dieses - nennen wir es - Reitzle-Package passte kein damals verfügbarer BMW-Motor. Der hätte kleiner, flacher sein müssen.

Aber es lohnte sich nicht, für die angedachte Stückzahl einen eigenen Motor zu entwerfen und zu entwickeln. Denn erst (von mir geschätzt) um 500.000 Motoren pro Jahr ist heute eine Motoren-Entwicklung und -Produktion wirtschaftlich und sinnvoll.

Und so schaute man sich in der Welt um Und da wollte gerade "Bob" Lutz den Chrysler Neon in Südamerika zu einem "Großserienauto" machen. Aber auch ihm war klar, dass man den Neon dort nicht in der Stückzahl verkaufen könnte, die eine eigene Motorenentwicklung rechtfertigen würde.

Da war es gut, dass Wolfgang Reitzle und Bob Lutz sich erinnerten, dass es da noch jemand gab... - Und so kam man zusammen. Was schwierig genug war. Bob Lutz wollte einen richtig preiswerten Motor, Reitzle mehr einen richtig guten. Da mussten auf beiden Seiten  Kompromisse gemacht werden. Für Bob Lutz musste darum z.B. ein Zahnriemen verbaut werden. Reitzle hat ihm die (teure) Kette für den Nockenwellenantrieb abgerungen.

Wie ich von Chrysler höre, nimmt man inzwischen in Brasilien für das eigene  Projekt gar keine Motoren mehr ab. Es wird dort nur noch der Motor für den MINI gefertigt. Damit ist dieses Werk eigentlich für Daimler-Chrysler zu einer Belastung geworden, denn man muss den Motor für den MINI an BMW zu den ursprünglich vereinbarten Bedingungen liefern und da resultierte der Preis auf der Basis einer anderen Stückzahl. Aber Vertrag ist Vertrag.

Dieser Motor im BMW MINI ist also z.B. kein BMW-Motor. Und wenn man heute einen MINI mit Dieselmotor kaufen will, dann erhält man einen BMW MINI mit Toyota-Motor. BMW hat eben auch keinen passenden Dieselmotor.

Da aber das MINI-Projekt langfristig auf einen Ausbau der Produktfamilie angelegt ist (neben dem schon (fast) bekannten MINI-Cabrio z.B. auch ein MINI-Van), wird man bei BMW bei der Entwicklung neuer Motoren für den 1er und 2er BMW (und X1) darauf achten, dass diese neue Motorenfamilie so angelegt ist, dass sie auch in den MINI passen. Erst dann wäre dieser MINI auch ein BMW. Meine ich.(Und Daimler-Chrysler könnte das Motorenwerk in Brasilien schließen.)

Die neuen Motoren für den 1er sind gute Motoren. Ein wenig laut, schrill, weil es sich offensichtlich z.B. beim 1800er (mit dem der 1er derzeit unterwegs ist) um einen komplett in Alu gefertigten Motor handelt. Ein solches Gehäuse dämpft gerade gewisse Frequenzen nicht so gut wie ein Graugussblock, ist aber natürlich nicht nur für das Gesamtgewicht des Fahrzeugs, sondern auch für die Gewichtsverteilung besser.

Ich weiß noch, wie mich Wolfgang Reitzle nach meiner Einschätzung des MINI-Projekts in Frankfurt fragte. Dort war die Reitzle-Version (um eine solche handelte es sich nämlich tatsächlich) erstmals (vor der IAA) der Presse vorgestellt worden. Die ursprüngliche (englische Rover-Version) war in Genf gezeigt worden. Damals war ich nicht überzeugt. Mir war der MINI nicht "knuffig" genug. Und ihn so weit oben, im Premiumsegment, anzusiedeln, schien mir auch sehr riskant. - Ich erinnere mich, dass meine Einwände Wolfgang Reitzle nicht begeistert haben.

Inzwischen weiß ich, dass Reitzle eigentlich der einzige war, der daran glaubte, dass man mit diesem Konzept (mit all seinen Verzweigungen) per Saldo pro Jahr auf eine Verkaufsstückzahl von 200.000 Stück kommen müsse. Wenn man diese Zahl kennt und auch um die möglichen Zahlen bei 1er, 2er, X1, usw. weiß, dann kann man sicher sein, dass sich eine neue Motorenreihe für das 1er-Projekt und den MINI lohnen.

Der 1800er wird sicherlich die "Mitte" bei den verfügbaren Hubraumgrößen werden. Ein 1600er wird ihn nach unten ergänzen. Es wird aber auch einen komplett neuen Zweiliter-Motor geben, der dann auch den guten alten BMW M40 ablösen könnte. Zumal man  bei BMW daran denkt, den 3er nur noch mit Sechszylindermotoren zu liefern. (Was nach meiner Einschätzung ein Fehler wäre.)

Der 1800er-Motor dürfte nach meiner Beobachtung im 1er so um gut 140 PS leisten. Das ergibt sich aus den von mir gemessenen Rundenzeiten auf der Nordschleife. Den Zweiliter wird es auch mit Turbo geben. Und auch mit Allrad. Im MINI.

Diese Zweiliter-Allrad-Version läuft derzeit sogar schon im Versuch. Er ist aber - soweit ich das recherchieren konnte - in seiner Turboversion nicht für den Serieneinsatz gemacht. Und jetzt kommt der "Hammer": BMW plant mit dem MINI, allradgetrieben, mit Zweiliter-Turbomotor, die Rallye-WM ab 2005 zu beschicken. Sie erinnern sich der MINI-Erfolge bei der Rallye Montecarlo? - Da soll es dann auch wieder los gehen, wenn denn der Vorstand das Projekt, nach erfolgreichem Abschluss der ersten Versuche, das Gesamtprojekt abgesegnet hat.

Nach meinen Informationen laufen derzeit vier Fahrzeuge in der angedachten Konfiguration im Versuch. Zwei in Deutschland, zwei in England. Derzeit sind aber alle vier auf dem Kontinent unterwegs.

Natürlich habe ich mich auch gefragt, mit welchen Motoren? - Nach meinen Recherchen gibt es nämlich einen neuen Zweiliter-BMW-Motor (nur der würde in den MINI passen) noch gar nicht. Verbaut wurden in diese vier Rallye-Prototypen nach meiner Kenntnis - Peugeot-Motoren. Nur so kann man heute schon die spätere Belastung des Antriebsstrangs, das Funktionieren aller hydraulischen Komponenten (Sperren usw.) überprüfen.

Dass zwei Fahrzeuge in England laufen, lässt natürlich auch Rückschlüsse zu, wer später einmal das Fahrzeug einsetzen wird. Und wenn man sich einmal umschaut, wer derzeit gerade vom Rallyesport zurück tritt oder wer eine "kreative Pause" einlegt... - Ja, ja - alles läuft bestens.

Nur: wie ich höre, wird der MINI mit den neuen BMW-Motoren dann teurer werden müssen. Oder aber - fällt mir gerade ein - BMW hat heute den MINI mit dem Chrysler-Billigmotor so teuer gemacht, dass man später nicht die Preise erhöhen muss. - Kann sein. Ist aber nicht wahrscheinlich. Was später preislich wirklich passiert, wird auch von der dann aktuellen Marktsituation diktiert.

Noch etwas: der Designer, der "damals" in München zusammen mit Wolfgang Reitzle das neue MINI-Konzept entwickelte (nur diese Zwei!) war nicht Chris Bangle. - Wären Sie darauf gekommen?

MK/Wilhelm Hahne


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