Keine Motor-Kritik - sondern eher eine Satire, die sich an unserer Realität orientiert

Ich bin passives Mitglied in der Freiwilligen Feuerwehr unseres Dorfes. Einmal im Jahr gibt es den sogenannten "Gemütlichen Abend der Feuerwehr" in der Gemeindehalle. Da ist dann ungefähr die Hälfte der gesamten Dorfgemeinschaft - Virneburg hat um 500 Einwohner - versammelt. Es gibt Musik, zu trinken und zu essen. Und Gruppen , die sich schon seit Jahren zusammen gefunden haben, haben kleine Vorträge, Sketsche und ähnliches eingeübt. - Es gibt also auch was zu lachen. - Als ich den Vortrag hörte, den ich nachstehend aufgezeichnet habe, da bin ich spontan (danach) zu den Jungens an die Theke gegangen und habe um das Manuskript gebeten. Lesen Sie also nachstehend - ausnahmsweise - mal etwas Vergnügliches. Spätestens wenn Sie beim letzten Satz angekommen sind, werden Sie nachdenklich sein. - Ich auch. Auch so kann man Kritik üben. 

Vortrag der "Reppesdälltje Singers" 2003

03-11-21/03. - Nach vielen Jahren sah Gott wieder einmal auf die Erde. Die Menschen waren  verdorben und gewalttätig und er beschloss, sie zu vertilgen, genau so, wie er es vor langer langer Zeit schon einmal getan hatte. Da aber kein Noah weit und breit zu finden war, eine Arche zu bauen,  sprach er zur Virneburger Feuerwehr: "Jürgen, bau mir noch einmal eine Arche aus Zedernholz,  so wie damals Noah es getan hat, 300 Ellen lang, 50 Ellen breit und 30 Ellen hoch. Ich will  eine zweite Sintflut über die Erde bringen. Die Menschen haben nichts dazugelernt. Du aber gehe  mit deiner Frau und der Feuerwehr in die Arche und nimm von allen Tieren zwei mit,  je ein Männchen und ein Weibchen. In sechs Monaten werde ich den großen Regen schicken."

Der  Wehrführer stöhnte auf: Was macht die Feuerwehr nicht schon alles, jetzt auch noch eine Arche bauen? Und dann  40 Tage Regen  und 150 unbequeme Tage auf dem  Wasser mit all den lästigen Tieren an Bord -  und ohne Fernsehen?

Aber die Feuerwehr war gehorsam und begannen zu tun, was Gott Ihnen aufgetragen hatte.

Nach sechs Monaten zogen dunkle Wolken auf und es begann wie aus Kübeln zu regnen. Der Wehrführer sah zur Baustelle und: da war keine Arche! - "Jürgen",  rief der Herr, "Jürgen,  wo ist die Arche?"

Der Wehrführer  blickte zum Himmel und sprach: "Herr, sei mir gnädig“ und verstummte.

Gott fragte abermals: "Wo ist die Arche, Jürgen?

Da trocknete der Wehrführer seine Tränen und sprach: "Herr, was hast du uns angetan? Als Erstes suchten  wir ein Grundstück für den Schiffsbau, das fand sich auch im Baugebiet „Reppestal“. Dann brauchten wir einen Architekten für den Bauplan und beantragten beim Bauamt  eine Baugenehmigung. Die dachten  zuerst, wir wollten einen extravaganten Schafstall bauen. Die kamen mit der ausgefallenen Bauform nicht zurecht, denn an einen Schiffbau wollten sie  hier in der Eifel nicht glauben. Auch deine Maßangaben stifteten Verwirrung, weil niemand mehr weiß, wie lang eine Elle ist. Also musste der Architekt einen neuen Plan entwerfen. Die Baugenehmigung wurde uns zunächst abgelehnt, weil eine Werft in einem Wohngebiet planungsrechtlich unzulässig sei. Nachdem wir dann endlich ein passendes Gewerbegrundstück gefunden hatten, gab es nur noch Probleme, z.B. mit dem Bezirksschornsteinfegermeister. -

Im Moment geht es z. B. um die Frage, ob  die Arche eine offene Feuerstelle haben darf und der Abstand zur Wand groß genug ist, sowie darum, ob  feuerhemmende Türen, eine Sprinkleranlage und einen  Löschwassertank benötigt werden. Auf einen Hinweis, wir hätten  im Ernstfall rundherum genug Löschwasser, glaubten die  Beamten, wir wollten  uns über  sie lustig machen. Als ich ihnen erklärte, das Wasser käme noch in großen Mengen, und zwar viel mehr, als wir zum Löschen benötigten, brachte mir das einen einwöchigen Aufenthalt  in der Landesnervenklinik ein. Der Arzt  wollte von mir wissen, was ein Schiffbau auf dem Trockenen, fernab von jedem Gewässer, denn solle. Damit der Bau der Arche nicht verzögert wurde, rief ich Jürgen an.

Die Lieferung der Fenster und Türen verzögert sich ebenfalls, die Fa. Schomisch hatte einen überraschenden Engpass, sagt aber bis zum Frühjahr die Lieferung fest zu. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord teilte mir telefonisch mit, ich könnte ja gern ein Schiff bauen, müsste aber selbst  zusehen, wie es zum nächsten  größeren Fluss käme. Mit dem Bau eines Sperrwerks könnten wir nicht rechnen, dafür seien keine Mittel vorhanden. Dann rief mich noch ein anderer Beamter dieser Behörde an, der mir erklärte, sie seien inzwischen ein  kundenorientiertes Dienstleistungsunternehmen und darum wolle er mich darauf hinweisen, dass ich bei der EU in   Brüssel eine Werftbeihilfe beantragen könne; allerdings müsste der Antrag achtfach und in drei Amtssprachen  eingereicht werden.

Inzwischen ist beim Verwaltungsgericht ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren der Zimmererinnung anhängig, die einen Konkurrenzbetrieb mit unentgeltlich arbeitenden Mitarbeitern unter allen Umständen verhindern wollen. Die hält das Vorhaben für einen großen Werbegag -  der Schiffbau sei nur darauf angelegt, ihnen Kunden abspenstig  zu machen. Ich habe der Innung schon zwei Mal erklärt, dass wir gar nichts verkaufen wollen.

Die hören mir gar nicht zu und das Verwaltungsgericht hat offenbar auch viel Zeit.

Die Suche nach dem Zedernholz haben wir eingestellt. Libanesische Zedern dürfen nicht mehr eingeführt werden. Als wir deshalb hier im Wald Bauholz   beschaffen wollten, wurde uns das Fällen von Bäumen - unter Hinweis auf das  Landeswaldgesetz - verweigert. Dies schädige den Naturhaushalt und  das Klima. Außerdem sollten wir erst eine Ersatzaufforstung nachweisen.

Mein Einwand, in Kürze werde es gar keine Natur mehr geben und das Pflanzen von Bäumen an anderer Stelle sei  deshalb völlig sinnlos, brachte mir die zweite Woche in der Landesnervenklinik ein.

Die angeheuerten Zimmerleute versprachen uns schließlich, für das  notwendige Holz selbst zu sorgen. Sie wählten jedoch erst einmal einen Betriebsrat. Der wollte mit uns zunächst einen Tarifvertrag für den Holzschiffbau auf dem flachen Lande ohne Wasserkontakt  aushandeln. Weil wir uns aber nicht einig wurden, kam es zu einer Urabstimmung und zum Streik.

Herr, weißt du eigentlich, was Handwerker heute verlangen? Wie sollen wir denn das bezahlen?

Weil die Zeit drängte, fing ich schon einmal an, Tiere einzusammeln. Am Anfang ging das noch ganz gut, vor allem die beiden Ameisen sind noch immer  wohlauf. Aber seit ich zwei Tiger und zwei Schafe von der Notwendigkeit ihres gemeinsamen und friedlichen Aufenthaltes bei mir überzeugt hatte, meldete sich der Verein Bund und Naturschutz und rügte die artwidrige  Haltung.

Und meine Nachbarin, Frau Furunkel,  klagt auch schon wieder, weil sie die Eröffnung eines Zoos wegen der Geruchsbelästigung für nicht zumutbar hält.

Herr, ist dir eigentlich klar, dass wir auch nach der Europäischen Tierschutztransportverordnung eine Genehmigung brauchen? Ich bin schon auf Seite 22 des Formulars und grüble im Moment darüber, was ich als Transportziel angeben soll. Und wusstest du, dass z. B. Geweih-tragende Tiere während der Brunftzeit überhaupt nicht transportiert werden  dürfen? Und die Hirsche sind ständig am Schnackseln, wie Fürstin Gloria sagen würde und auch der gemeine Elch  und Ochse denken an nichts anderes, besonders die südlicheren! 

Herr,  wusstest du das?

Übrigens, wo hast du eigentlich die Callipepia caliconica - du weißt schon, die Schopfwachteln und den Lethamus Discolor versteckt? Den Schwalbensittich habe ich bisher auch nicht finden können!

Dir ist natürlich auch bewusst, dass wir die 43 Vorschriften der Binnenmarkt-Tierschutzverordnung bei dem Transport der Kaninchen strikt  beachten müssen . Unsere Rechtsanwälte prüfen gerade, ob diese Vorschriften auch für Hasen gelten.

Übrigens: wenn du es einrichten könntest, die Arche als fremdflaggiges Schiff zu deklarieren, das sich nur im  Bereich des deutschen Küstenmeeres   aufhält, bekämen wir die Genehmigung viel einfacher. Einen Schiffsführer mit Patent haben wir glücklicherweise, den Fritz, ansonsten brauchten wir auch noch einen Kapitän.

Ein Umweltschützer von Greenpeace erklärte  mir, dass wir Gülle, Jauche, Exkremente und Stallmist nicht im Wasser entsorgen dürfen. - Wie stellst du dir das eigentlich vor?    Damals ging es doch auch!

Vor zwei Wochen hat sich das Oberkommando der Marine bei mir gemeldet und von mir eine Karte der künftig  überfluteten Gebiete erbeten. Ich habe ihnen einen blau angemalten Globus geschickt.

Und vor zehn Tagen erschien die Steuerfahndung;  die haben den Verdacht, ich bereite meine Steuerflucht vor. Mittlerweile unterstützt der Verbandsbürgermeister Alexander Saftig den Schiffbau voll und ganz und lobt die innovative Kraft sowie den unermüdlichen Einsatz der Arbeitskräfte . Er verspricht sich Impulse für den hiesigen Wirtschaftsraum und für den Tourismus. - Die Aufnahme der Arche in das Vulkanparkprojekt haben wir abgelehnt.

Beim Stapellauf möchte Alex eine kurze Ansprache halten, ebenso der Landrat. Zu allem Überfluss hat sich die Bürgermeisterin von Mayen, Frau Veronika Fischer, gemeldet: sie möchte beim Stapellauf die Schiffstaufe vornehmen und, weil sie in der letzten Ausgabe des "Vordereifel-Reporter" nur fünfmal zu sehen war, unbedingt aufs Gruppenfoto.

Wir kommen so nicht weiter Herr, wir sind  verzweifelt! - Sollen wir nicht doch lieber unsere Rechtsanwälte mit auf die Arche nehmen?"

Jürgen fing wieder an zu weinen. Da hörte der Regen auf, der Himmel klarte auf  und es zeigte sich ein wunderschöner  Regenbogen. Jürgen blickte auf und lächelte. - "Herr, du wirst die Erde doch nicht zerstören?"

  Da sprach der Herr: "Darum sorge ich mich nicht mehr. Das schafft schon eure Verwaltung."

MK/Wilhelm Hahne


Jetzt sind Sie gefragt!
Ihre Meinung zu obigem Beitrag
können Sie mit einem Klick
und ein paar Sätzen loswerden:
Senden Sie mir ein e-mail

Danke, für Ihre Mitarbeit!