Virneburg, den 15. Dezember 2003

Guten Tag!

Vor mehr als 30 Jahren passierte hier in der Eifel, in einem kleinen Gasthof folgendes: eine Jagdgesellschaft feierte das Ende (und den Erfolg!) einer Treibjagd. Zu fortgeschrittener Stunde gab einer der erfolgreichen Jäger dem Sohn des Gastwirts den Auftrag: "Ich geb noch ne Runde. Frag mal, wat jeder haben will." - Der fragte jeden, kam dann zurück und sagte dem Auftraggeber: "Keiner will wat. Alle haben noch genug zu trinken." - Da sagte der Jägersmann: "Aber ich will noch einen ausgeben. Und ich kann das bezahlen. Also geb allen noch ein Pils und nen Korn. Klar? - Klar!

Und das "Jägergespann" Hubbert/Schrempp gibt noch einen Mercedes SLR McLaren aus. Und Ferdinand Piech noch einen Bugatti Veyron 16.4. - Prost! - Und wir stoßen mit den Herren an, mit den "Getränken", die wir noch reichlich haben. Mit VW Lupo, smart, C-Klasse. - Prost, die Herren!

Und auf der "Theke" verschalen die überflüssigerweise ausgegebenen "Zusatz-Getränke". (Der Phaeton steht schon länger.)

Im Gegensatz zu dem o.g. Jägersmann aus der Eifel, bezahlen die Herren "Besteller" (Manager) aber nicht die Zeche. Die kommt auf die "große Rechnung". Es kommt doch schon gar nicht mehr darauf an. Und wer zahlt?

Ich möchte meinen Lesern das Nachdenken nicht abnehmen, darum überlasse ich die Antwort Ihnen. Und Ihnen. Und Ihnen.

Zugegeben: dieser "Gute Tag" entsteht noch unter dem Eindruck der gelesenen Fahrberichte über den neuen SLR. Aber auch z.B. unter dem Eindruck einer Geschichte über den Bugatti, dessen Erscheinungstermin heute noch gar nicht fest gemacht werden kann. Weil eigentlich viele Details noch nicht stimmend sind. Technisch meine ich. Aber: Ferdinand Piech hat die "Eckdaten" vorgegeben. Schreibt mein Bruder Hubert (Hahne) in der "Welt am Sonntag". Dort ist die (Bugatti-) Welt noch in Ordnung.

Aber ich fragte mich beim Lesen der Geschichte, ob nicht mein Bruder nun kichernd in Genua sitzt und sich diebisch freut, dass niemand bemerkt, dass seine Geschichte eigentlich ironisch gemeint ist. - Ich jedenfalls kann aus dieser Geschichte nur den letzten Satz klar unterstreichen: "Vieles im Leben ist Geschmacksache, manches aber auch eine Frage des Geldes."

Schöner kann man es nicht sagen. Und mein Bruder - das muss der Neid ihm lassen - ist jemand, der die schönsten Geschichten schreiben kann. Genau die, die heute von den Medien gewünscht werden. Wie sagte mir ein Redakteur eines großen Magazins schon vor Jahren: "Warum schreiben Sie keine 'schönen Geschichten'? Sie können das doch auch." - Für meine anderen, kritischen, hatte er auf seinen Seiten keine Verwendung.

Aber hat mein Bruder den Bugatti wirklich schon gefahren? - Das musste ich meinen Bruder fragen. Ganz ernsthaft. - Ich erreiche ihn auch telefonisch. Und er sagt mir: "Nein, ich habe ihn nicht gefahren." - "Aber da steht doch..." - "Aber ich habe das nicht geschrieben." - Schöne Geschichte? - Schöne Geschichte!

Aber lesen wir - gerade jetzt - nicht "schöne Geschichten" über Automobile genug? - Warum interessiert die Realität so wenig? - Weil uns eigentlich die Realität täglich, stündlich eingeholt hat, in unserem ehemaligen Wirtschaftswunderland?

Da fliegen hochbezahlte Redakteure 13 Stunden nach Südafrika und 13 Stunden wieder zurück. Und zwischendurch fahren sie zu zweit um 500 Kilometer (jeder so 250 km) über Land, lassen sich von Renn- und Testfahrern als Beifahrer über eine Rennstrecke kutschieren und beurteilen dann ein Auto, zu dem sie in der Mehrzahl eigentlich gar keine Beziehung entwickeln können und das vom Marketing des Konzerns so angelegt wurde: 1) für den "Comfort Sportsmen", 2) für Sammler, 3) für "Racer".

Aber niemand schreibt, dass der SLR in dem Zustand, wie er sich in Südafrika präsentierte, eigentlich nur ein Automobil für Sammler ist. Von Kuriositäten. Für "Racer"? - Ich habe heute schon gelacht. - Für "Comfort Sportsmen"? - Bestimmt nicht. Vielleicht ist die (aus meiner Sicht) "unmögliche Beschreibung" des neuen SLR  durch Herrn Kacher in "Auto-Bild" die, die dem Fahrzeug am meisten Gerechtigkeit widerfahren lässt. Aber das wäre dann schon fast beleidigend: "Er geht fast so gut wie ein Enzo, liegt ähnlich satt auf der Straße wie ein Carrera GT, hat das Verwöhnaroma eines Aston Martin Vanquish, besitzt den Showeffekt eines Lamborghini Murciélago und kann so viel Gepäck bunkern wie ein  SL 55."

Was dem Auto fehlt, ist vielleicht ein wenig Charakter, Eindeutigkeit, Persönlichkeit. Aber das alles bekommt er über den Kaufpreis eingehaucht. Sie erinnern sich: "Vieles im Leben ist Geschmacksache, manches aber auch eine Frage des Geldes."

Und, so habe ich aus der Fernsehwerbung (Deutsche Bank) gelernt: "Erfolg ist die Summe richtiger Entscheidungen". Ich habe dabei an Heinz-Harald Frentzen und seinen Einstieg mit Opel in die DTM denken müssen. Dazu gibt es aber so viel zu erzählen, dass es zu einer ganzen Geschichte reicht. - Sie müssen nur links den richtigen Link anlinken. Oder so.

Aber es sind noch so Kleinigkeiten passiert, die man hier gut unterbringen kann. So hat man bei der Nürburgring GmbH wohl auch meine Geschichte über den geheimen Opel-Test gelesen. In dieser Geschichte hatte ich mir auch ein paar Gedanken zu einem Werbeschild für die "Erlebniswelt" des "Rings" im Streckenabschnitt "Brünnchen" gemacht. Man hat mich verstanden. Der Fotobeweis:

Vorher:

Nachher:

Sie sehen: es ändert sich in der Eifel einiges. Aber es muss auch noch vieles geschehen. Am letzten Wochenende war der Hauptgeschäftsführer der Nürburgring GmbH gerade wieder in Monte Carlo. Wegen des Anschlussvertrages für die Formel 1 nach 2004. Da ist bisher noch einiges offen. Dafür gibt es anderes, über das in Verbindung mit der Nürburgring GmbH zu berichten wäre. Demnächst auf diesen Seiten. Weil die Recherche doch mehr Zeit in Anspruch nimmt, als ich eingerechnet hatte.

Und der Chefredakteur von "sportauto" hat mir geschrieben. Er ist nicht gerade erbaut über meine Zweifel an seinen fahrerischen Fähigkeiten und hat mir noch einmal bestätigt, dass er alle Fahrzeuge in exakt den Zeiten, die dazu in "sportauto" veröffentlicht wurden, um die Nordschleife des Nürburgrings getrieben hat. Und auch in Zukunft treiben wird.

Im nächsten Frühjahr, also ab März 2004, finden die nächsten "Supertests" statt. Ich bin dazu heute schon eingeladen, werde dann nicht nur beobachten, sondern auch berichten.

Hatte ich "sportauto" gleich mit einer Geschichte angesprochen, so hatte ich "Auto-Bild" nur als Leser dieser Zeitung geschrieben. Einen Leserbrief per elektronischer Post, die man e-mail nennt. Und sofort bestätigt bekommen, dass meine Anfrage eingegangen ist und sie schnellstens beantwortet würde. Die eigentliche Antwort hat dann allerdings fast zwei Monate auf sich warten lassen. (Anfrage am 15. Oktober, Eingangsbestätigung am 16.; am 11. Dezember dann die Antwort.) Und nun weiß ich, dass man  in Hamburg die Winterreifen für den (noch) vor uns liegenden Winter 2003/2004 bereits im Frühjahr 2003 in Süd-Schweden getestet hat. Waren das wirklich die Winterreifen, die jetzt - in diesen Wochen - von der Industrie geliefert werden? - Jedenfalls waren "damals" die aktuellen Reifen von Michelin nicht dabei. Weil es die (noch) nicht gab. Also gab es den "Auto-Bild" Winterreifentest ohne Michelin. - Aber wem fällt das schon auf? - Ein "aktueller" Test, der nun im Oktober erschienen ist!

Was soll ein solcher Test, bei dem einer der bedeutendsten Anbieter im Markt fehlt?

So stellen sich mir oft viele Fragen. Aber ich werde auch viel gefragt. - Da fragt mich ein Leser z.B. danach, ob es mit anderen Radios einer bestimmten Automobilfirma, die serienmäßig (natürlich dann gegen Aufpreis!) angeboten werden, auch den Ärger gibt, den er hat. Und wenn ich dann recherchiere, dann stoße ich wieder auf Dinge, die eigentlich zwingend eine "Radio-Geschichte" erforderlich machen würden. Leider kann ich nicht alles gleichzeitig machen, aber - es bleibt festzuhalten: Themen gibt es genug.

Auch auf dem Gebiet der Diesel-Entwicklung ist nicht alles so toll, wie es uns immer wieder vorgegaukelt wird. Die moderneren Motoren sind nicht unbedingt ein Fortschritt, wenn man das aus Kunden- nicht aus Ingenieurs- (oder Marketing-) Sicht betrachtet. - Ist es möglich, dass sich mit dem Fortschritt das Automobil fort entwickelt? - Weg von den Ansprüchen der normalen Autofahrer? - Weg von seinen finanziellen Möglichkeiten?

Da hilft es auch wenig, wenn nun der ADAC zusammen mit dem Volkswagenwerk... -

Aber ich will es für dieses Mal "genug sein lassen"... - dabei fällt mir noch ein: Günter Wiechmann, als Ex-Chefredakteur der "Auto-Zeitung" ein alter Fahrensmann in der Branche, verantwortet ab Anfang des Jahres das OPEL-Magazin, eine Händler-, Kunden-Zeitschrift, d.h. er hat den Auftrag dieses Magazin nun viermal im Jahr zu produzieren.. Seine vorgelegte Null-Nummer hat in Rüsselsheim Begeisterung ausgelöst. Wobei auffällt, dass sich die Verantwortung für diese Zeitschrift weg von der Kommunikationsabteilung auf Marketing/Vertrieb verlagert. Auch die Verantwortung für die Motorsport-Presse liegt nun bei einem Mitarbeiter, der bei OPC unter Marketing notiert ist. (Hier hat man gleich Kommunikation und Marketing zusammen gefasst!)

Das ist wohl derzeitig der Trend: von der Kommunikation hin zum Marketing, vom Journalisten hin zum PR-Berater. Also ist das (auch) bei Opel dann keine Überraschung. Es ist auch keine, wenn der bisherige, langjährige Chefredakteur des OPEL-Magazin nun beim Arbeitsgericht klagt. Eine Firma, deren Vorstandsvorsitzender den Brief eines Journalisten (von mir) durch seinen Chef-Syndikus (zur Sicherheit) beantworten lässt, achtet eben auf die Einhaltung von gewissen Formen. Seine langjährigen Mitarbeiter auch.

Nun viel Spaß beim Lesen der anderen Geschichten und...

...herzliche Grüße aus der Eifel

Wilhelm Hahne


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