Heinz-Harald Frentzen - bisher F1-Pilot - fährt für die Adam Opel AG im Jahre 2004 Tourenwagenrennen

Das wertet Opel auf. Das ist ähnlich, als wenn Herr Breuer (Deutsche Bank) ab 1. Januar irgendwo in Deutschland bei Aldi an der Kasse sitzen würde. Das würde Aldi aufwerten. Es verändert für Aldi vom Einnahme-Ergebnis her zwar nichts - aber darum ist Aldi in einer solchen  Situation ja auch mit Opel vergleichbar. Auch für Opel wird sich nichts (oder nur wenig) durch Heinz-Harald Frentzen ändern. Am Ende des Sportjahres 2004 wird man in der DTM - alles zusammen genommen - Dritter von Dreien sein. - Die Einladung von Opel zur Pressekonferenz war schon - für einige Presse-Kollegen - überraschend. Da hieß es: "...der Vorstandsvorsitzende der Adam Opel AG, Carl-Peter Forster, wird Sie am Freitag, 12. Dezember 2003 über richtungsweisende zukünftige Motorsportaktivitäten informieren. Dies betrifft insbesondere die Deutsche Tourenwagen Masters (DTM) - Saison 2004." - Insidern (aber wer ist das schon?) war sofort klar, was da passierte. Aber was ist daran "richtungsweisend", wenn man Heinz-Harald Frentzen für die DTM verpflichtet? - Man müsste schon sein "Gehalt" (Honorar) kennen. Denn das sollte für die Fahrer in der DTM (nachdem sie zur "Masters" abgerutscht war, keine "Meisterschaft" mehr darstellte) nach einer "freiwilligen Selbstbeschränkung" der Konzerne (und um Hauptabteilungsleiter nicht zu vergraulen) mal 300.000 DM (heute also so um 160.000 Euro) nicht übersteigen. - Doch nun zu Heinz-Harald Frentzen, für den eigentlich genau so wie für Opel der Hinweis gelten kann:

"Erfolg ist die Summe richtiger Entscheidungen"

03-12-15/05. - So ein kluger Spruch kann nur aus der Werbung kommen, ist darum auch nicht von mir, sondern stammt aus einem Fernsehspot der Deutschen Bank. Aber es ist schon was dran. Sowohl wenn man die Vergangenheit von Opel, als auch die von Heinz-Harald Frentzen Revue passieren lässt.

Aber in dieser Geschichte soll es mehr um Heinz-Harald Frentzen gehen. Ich habe ihn - ich denke es war - so um 1987/88 kennen gelernt. Es war auf einem kleinen Rennkurs in Frankreich. Und es war praktisch der offizielle Einstieg von Heinz-Harald Frentzen (und Marco Werner) in den Profi-Rennsport. Beide sollten danach mit Opel-Werksunterstützung je einen Opel-Lotus pilotieren. Ich erinnere mich noch genau, dass - unter einer Reihe von weiteren Bewerbern - es exakt diese Zwei waren, die aus meiner Sicht und Beurteilung die besten Anlagen erkennen ließen.

Wenn andere z.B. zwischen zwei kurz aufeinander folgenden Kurven den Motor im gleichen Gang bis "kurz in den Begrenzer" drehten, schalteten Frentzen und Werner dazwischen noch mal hoch. Es waren im Detail vielleicht nur Kleinigkeiten, durch die sie bei mir auffielen. Aber die Summe der Kleinigkeiten entscheidet im Motorsport über den Erfolg. Und es stimmt vielleicht nachdenklich, dass man im gleichen Jahr, 2003, von den Motorsport-Neulingen des Jahres 1988, Marco Werner und Heinz-Harald Frentzen sagen kann: der eine wird "Rookie of TheYear" in Amerika und gewinnt die ALMS-Serie, der andere beendet seine Formel 1-Karriere. - Und fährt bei Opel die DTM.

Was man daraus lernen kann? - Die berufliche Karriere von Menschen verläuft immer in Wellenform. Mal geht es bergauf, mal bergab. Die Wellenlinien von Marco Werner und Heinz-Harald Frentzen kreuzen sich zur Zeit wieder einmal. Vielleicht gibt es noch mal einen Gleichklang: ich könnte mir beide durchaus in 2005 in einem Audi R9 vorstellen. Wobei sich beide in ihrer unterschiedlichen Art (menschlich, von der Persönlichkeitsstruktur her) prächtig ergänzen.

Heinz Harald Frentzen gehört aus meiner Sicht zu den liebenswertesten Motorsportlern von Top-Niveau. Nach meiner Einschätzung ist er - verglichen mit Michael Schumacher - der talentiertere, hat noch bessere Anlagen. Ich habe beide in ihren Anfängen beobachten können. In der Formel 3, bei Mercedes im Sportwagen. Michael Schumacher war da schon der "Komplexere". Michael Schumacher nutzte im Motorsport nicht nur seine motorsportlichen Anlagen, sondern auch seine anderen Charaktereigenschaften: seinen (damals) rücksichtslosen Willen zum Erfolg, sein taktisches Einfühlungsvermögen, seine Anpassungsfähigkeit.

Heinz-Harald Frentzen hat  - anders als Michael Schumacher - seit dieser Zeit zwar durch seine Erfahrungen gelernt, aber sonst keinen Schaden genommen, sich nicht grundsätzlich verändert. Er ist der nette, liebe, rücksichtsvolle Heinz-Harald geblieben. Er braucht Motivation, die von seinem gesamten Umfeld hergestellt werden muss. Darum ist es aus meiner Sicht auch wichtig, in welchem Team Heinz-Harald in 2004 fahren, welcher Fahrer mit ihm ein Team bilden wird.

Wenn die äußeren Voraussetzungen stimmen, gehört Heinz-Harald Frentzen zu den hingebungsvollsten, intensivsten, verantwortungsvollsten Mitarbeitern, die man sich vorstellen kann. Wenn es dann "hier und da" nicht stimmt, wird er in seiner Einstellung herausfordernd, wirkt überanstrengt, wird verurteilend.

Heinz-Harald Frentzen wird sich praktisch verstellen müssen (wie er es in der Vergangenheit zum Teil auch tun musste) wenn er bei Opel keinen Anstoß erregen will. Er sagt meist was er denkt, er will Probleme lösen. Doch manchmal auch dadurch, dass er sich in sich zurück zieht. Heinz-Harald muss jemandem vertrauen können, wenn der seine volle Leistung nutzen will. - Wie soll das bei Opel funktionieren?

Carl-Peter Forster, Vorstandsvorsitzender der Adam Opel AG, begrüßte seinen neuen Fahrer auf der Vorstellungs-Pressekonferenz als „einen großen Kämpfer und Sympathieträger, der hervorragend zur Marke Opel passt. Frentzen hat nie aufgegeben – auch, wenn es mal schwierig war. Diese Kraft zeichnet ihn aus.“ - Frentzen als Vorbild für Forster?

Heinz-Harald Frentzen ist jemand, der seine Kraft aus Tagträumen schöpft. Zumindest damals, als ich ihn kennen lernte. Ich habe vorher und nachher niemanden mehr getroffen, dem in seinen Anfängen schon so klar war, dass er Formel 1 fahren würde. Heinz-Harald wollte das. Im Gegensatz zu anderen, die nur nachts davon träumten, hat er am Tag davon geträumt, niemals das Ziel aus den Augen verloren. Und er hat es geschafft, war inzwischen zehn Jahre Formel 1-Fahrer. - Nun schaltet er ein paar Gänge zurück. Ich denke, um in einem Jahr wieder zu beschleunigen. Denn dieser Mann ist ein Racer durch und durch. Es geht ihm nicht ums Geld verdienen. Er möchte sein Leben leben. Zu dem inzwischen seine Frau und seine Töchter gehören. Aber auch der Motorsport. - Darunter versteht Heinz-Harald noch "Sport", keinen "Event". Und darum wird er auch zu bestimmten Leuten ("großen Leuten") des Motorsports nichts sagen. Er hat sie erlebt, aber sie haben ihn nicht prägen können. Heinz-Harald ist Heinz-Harald geblieben. - Und jetzt kommt der DTM-Schock!

Mit einem Schmunzeln habe ich gerade in der FAZ (Sonntagsausgabe) gelesen, dass Heinz-Harald Frentzen noch niemals ein Tourenwagen-Rennen gefahren ist. "Nein", sagt er auf eine entsprechende Frage des FAZ-Journalisten. Ich muss das korrigieren: Heinz-Harald ist - ich denke es war 1989 - ein Tourenwagen-Rennen gefahren, aus dem man heute - wenn man die Renndistanz betrachtet - viele DTM-Rennen machen könnte. Es war das 24-Stunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife und der Tourenwagen war ein Gruppe-N-Tourenwagen, ein Opel Kadett.

Das Fahrerteam für dieses Fahrzeug setzte sich so zusammen: Marco Werner, Heinz-Harald Frentzen, Wilhelm Hahne. Und die Basis, für seine - auch menschliche - Beurteilung und Einschätzung (s.o.), habe ich mir in diesen Tagen des intensiven Zusammenseins im Team geholt. Marco Werner hat mich beim diesjährigen 24-Stunden-Rennen (wir trafen uns dort zufällig) daran erinnert, dass ich wohl der einzige Mensch auf der Welt sei, der jemals - mit dem gleichen Fahrzeug - auf einer Rennstrecke schneller als Heinz-Harald Frentzen unterwegs war. - Aber auch das war (und ist) bezeichnend für Heinz-Harald.

Meine "Kollegen" waren damals gerade gut 20 Jahre alt, ich war näher den 60 als den 50. Klar, dass die mich nicht ernst genommen haben. Das heißt: Marco Werner ist im Training "seinen Strich" gefahren. Für Heinz-Harald Frentzen war dieses Rennen ohne jeden Wert. Und dann mit einem Opel Kadett. Und dann mit einem alten Mann. - Er ist also seine Pflichtrunden gefahren. Und ich war dann im Abendtraining dran. - Ab da hat er mich dann - auch als Fahrer - akzeptiert.

Oder ein anderes Beispiel von diesem "Intensiv-Wochenende": ich wollte mich mit meinen Fahrer-Kollegen abends in einem etwas abseits gelegenen Hotel treffen, wo Marco und Heinz-Harald auch schlafen sollten. Es waren noch Sticker auf die Kombis zu nähen (meine Frau hatte also das Nähzeug mitgenommen), ich wollte Beiden meine Vorstellung von der Art unseres Einsatzes vermitteln, ein wenig über Strategie, den Einsatzplan reden, und, und, und. - Heinz-Harald hatte sich den Weg zu dem Hotel von mir erklären lassen. Aber er kam nicht. - Ich habe nichts von ihm gehört.

Am nächsten Morgen haben wir uns im Fahrerlager getroffen. "Du", sagte er, "ich habe das nicht gefunden. Entschuldigung! - Und ich wollte dann auch nicht länger suchen." - "Ja, wo bist du denn über Nacht geblieben?" -  "Ich bin nach Hause gefahren, nach Mönchen-Gladbach. Da kannte ich ja den Weg."

So war Heinz-Harald. Er fuhr damals den Mini seiner Freundin Corinna (heute Frau Schumacher). Der gebrauchte Porsche, den ihm sein Vater gekauft hatte, war gerade "ein bisschen kaputt". Heinz-Harald hatte ihn irgendwo am Niederrhein in ein Feld gesetzt.

Vielleicht habe ich deshalb zu Heinz-Harald Frentzen eine besondere Beziehung entwickelt, weil er mir in einigen Grundzügen ähnelt; zum Beispiel die Konstanz, mit der er seine Ziele verfolgt. Auch er gibt Menschen die ihn enttäuscht haben immer wieder (aber nicht endlos!) eine Chance. - Eigentlich ist Heinz-Harald einfach nur ein normaler Mensch. - Aber wer ist heute noch normal?

Ich bin übrigens - was Opel betrifft - schon ein wenig weiter als er: Er steckt in den Kontakt-Anfängen, ich habe dort schon Hausverbot. Und ich hoffe, das Heinz-Harald nun keine Nachteile dadurch entstehen, dass er sein erstes (und einziges) Tourenwagen-Rennen vergessen hatte. Schließlich fuhr er es auf einem Opel Kadett. -

Und dann noch mit mir, mit Wilhelm Hahne, Herr Forster!

Nun noch ein paar Worte zu Frentzens Einsatz in der DTM in 2004: Heinz-Harald wird sich wundern, wie schwer es ist, mit so einem Renn-Tourenwagen die letzte Zehntel zu fahren. Das wird schon knallhart. Es wird schon ein paar Rennen dauern, bis dass er der beste Opel-Fahrer in der DTM sein wird. Und das muss sein Ziel sein. - Wenn es bei den ersten Rennen regnen sollte, wird er dieses Ziel schneller erreichen.

Aber sonst ist es nach meiner Auffassung so, wie ich oben schon schrieb: Heinz Harald Frentzen bei Opel, ist so wie Rolf Breuer bei Aldi. Diese Situation ist (wäre) weder für Frentzen noch für Breuer besonders sinnvoll. - Schau'n mer mal! - Wenn es Opel hilft... -

MK/Wilhelm Hahne


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