Die EU-Kommission meint: In Deutschland sind Automobile immer noch zu teuer

Für eine solche Feststellung braucht es keine EU-Kommission. Aber so lange deutsche Autokäufer nicht über den Tellerrand hinaus blicken, wird eine solche Feststellung auch keine Wirkung haben. Schon das zeigt den Wert der EU. Glauben wir den Politikern, geht es nicht ohne. Aber mit geht es uns nicht besser. Es gibt viele Menschen in unserem Land die sogar die Meinung vertreten: Mit der EU und mit dem EURO ist alles schlechter geworden. - Dieser Eindruck stimmt, hängt aber auch wohl damit zusammen, dass es zufällig gerade ein wenig wirtschaftlich bergab ging, als der Industrie (und dem Handel) die Möglichkeit geboten wurde, das "im Windschatten" des EURO ein wenig auszugleichen. Der Versuch ist nicht strafbar. Und auch die deutsche Automobilindustrie kann nicht gescholten werden, wenn sie dem Kunden für ihre Produkte mehr Geld aus der Tasche zieht, als es eigentlich normal wäre. - Was ist schon normal? - Wenn der Kunde nicht normal ist, sind auch die Preise nicht normal. Da ist in Sachen "Normalität" in der EU immer noch große Unterschiede gibt, muss im Falle der Automobilpreise nicht nur der Grund dafür hinterfragt werden, sondern der Sinn der EU überhaupt. Abgesehen von der Arbeit der EU-Kommission, die zumindest auf einem Auge auch noch blind zu sein scheint. Dumme Frage:

Was ist eigentlich mit den Transportkosten?

05-08-15/09. - Ich habe das auch mal den VDA, den Verband der deutschen Automobilindustrie vor vielen Wochen gefragt. Aber wahrscheinlich war meine ernsthafte Frage zu locker formuliert. Man befand meine Anfrage nicht einer Antwort würdig. Warum sollte sich ein Professor auch auf mein Niveau hinunter begeben?

Darum habe ich noch mal nachgehakt und darauf aufmerksam gemacht:

"Sollte ich ohne Antwort von Ihnen bleiben - auch dann wird es von mir eine entsprechende Geschichte geben. Wobei Ihre (Nicht-)Reaktion natürlich die Bedeutung des Themas unterstreicht. - Denn Ihre Organisation ist selbstverständlich von großer Bedeutung. - In der Öffentlichkeit."

Natürlich gab es auch jetzt keine Antwort. Ich habe auch bei einem französischen Importeur nachgehört. Und man spürt förmlich aus der Antwort, wie angewidert man ob solcher Frage ist:

"...wir haben lediglich Informationen über die hiesigen deutschen Transportpauschalen."

Kurz und knapp - wie: Nun lass uns doch bitte in Ruhe. - Habe ich auch.

Aber ich habe mit der leitenden Mitarbeiterin einer Leasing-Gesellschaft gesprochen, die für ihre Firma in ganz Europa Automobile einkauft, um diese Fahrzeuge dann mit Sonderleasing-Angeboten unter die Leute zu bringen. Großes Erstaunen: "Welche Transportkosten wir zahlen? - Keine." Und nach einem kurzen Augenblick des Überlegens: "Das gibts doch gar nicht in Europa. Nirgendwo. Nur in Deutschland."

Ist Deutschland ein besonderes Stück Europa? - Ich habe mal versucht von einem europäischen Händler in einem EU-Nachbarland ein Angebot für ein Neufahrzeug zu bekommen. Per e-mail. Der antwortet erst gar nicht. Darf der vielleicht mir als Deutschem gar kein Angebot machen? - Vielleicht wird es ihm ja verboten. Obwohl das - von der EU-Kommission - verboten ist. Und bestraft wird. - Aber vielleicht hat er ja auch einfach keine Lust.

Aber es gibt sicher noch Presseabteilungen, von denen man eine "internationale Frage" beantwortet bekommt. Da habe ich dann mal gleich einen "globalen Player" angesprochen. Auch da kam die Antwort (aber durch den Urlaub eines Mitarbeiters) verspätet, aber sie kam.

"In Frankreich sind die Transportkosten unisono bereits im Fahrzeugpreis enthalten."

Und man gibt mir auch gleich Antwort - bezogen auf die Gepflogenheiten in der DC-Organisation - wie sich denn das Thema in Deutschland darstellt:

"Grundsätzlich bieten sich unseren Kunden in Deutschland mehrere Möglichkeiten - kostenlose Selbstabholung aller in Deutschland produzierten Mercedes-Benz-Pkw im Kundencenter des Produktionsstandortes (Bremen, Sindelfingen oder Rastatt); Selbstabholung des Fahrzeugs im Kundencenter eines baureihenfremden Produktionsstandortes oder Überführung des Neufahrzeugs vom Produktionswerk an eine Niederlassung oder an einen Vertragspartner. Die Höhe der Überführungskosten ermittelt die Niederlassung oder der Vertragspartner auf Basis der entsprechenden Baureihe, der Entfernung des Auslieferungsortes vom Produktionsstandort sowie lokal unterschiedlicher Leistungsumfänge (z.B. Zulassungsdienst oder Bringservice). Infolgedessen können die Überführungskosten im Quervergleich deutlich differieren, eine generelle Angabe ist nicht möglich."

Hier werden keine Kosten genannt. Aber gehen wir mal zurück nach Frankreich. Von Citroen und Peugeot kommen z.B. die neuen Modelle C1 und 107. (Dass das Fahrzeug nicht in Frankreich produziert wird, tut nichts zur Sache.) In Frankreich werden auf den Listenpreis keine Transportkosten aufgeschlagen, in Deutschland betragen sie immerhin knapp  6 Prozent (in Worten: sechs Prozent) des Listenpreises. - Und kein deutscher Käufer murrt oder meckert. Keiner deutschen Fachzeitschrift ist das jemals aufgefallen. - Natürlich gab es dazu auch keine Pressemitteilung.

Bei der Recherche zu diesem Thema ist mir mal wieder klar geworden, wie wenig ein deutscher Händler heute noch selbstständig ist. Er kann noch nicht einmal den Transport der von ihm bestellten Fahrzeuge über einen von ihm bestellten Transporteur, zu einem von ihm vereinbarten Preis veranlassen. Er bekommt seine Fahrzeuge über seinen Importeur zu einem festen Kostensatz, der eigentlich in Deutschland überall gleich ist, und dem einzelnen Händler fast kaum einen Spielraum lässt.

Von der Industrieseite her wird Deutschland immer noch wie Deutschland, nicht wie ein Teil der EU behandelt. Die EU besteht, wenn man mal ins Detail geht, eigentlich nur auf dem Papier. Und das nun alles unter einer gemeinsamen Verfassung?

Klar, dass ich dazu - auch - eine eigene Meinung habe:

Das mit der EU kann z.B. darum - noch - nicht funktionieren. weil zu einem echten Zusammenschluss, vergleichbar mit den Vereinigten Statten von Amerika, in Europa wichtige Voraussetzungen fehlen. Das liegt schon in den unterschiedlichen Sprachräumen begründet, auch unterschiedlichen Kulturen, in einer differenten Historie. Um es anders zu sagen und damit zu verdeutlichen: Es gibt bei uns zu viele “Indianer”. Wir sind eben nicht die USA. Zusammenwachsen kann nur, was zusammen gehört.

Es funktionieren ja noch nicht einmal rein wirtschaftliche Zusammenschlüsse von Firmen, die auch - von oben, und damit vergleichbar - verordnet wurden. Siehe DaimlerChrysler. Keine gemeinsame Sprache, kein gemeinsames Denken und - wichtig! - kein gemeinsames Empfinden. Menschen sind keine Computer, denen man einfach ein neues Betriebssystem überstülpen kann. Aber auch da ist dann ein Teil der benutzten alten Software nicht mehr zu nutzen. Beim Menschen stimmen sogar die Hardware-Voraussetzungen nicht. Und Brüssel ist noch nicht einmal ein gutes Call-Center. Widersprüchliche Anforderungen und Ansprüche lassen sich nicht durch autoritäre Anweisungen und Befehle auflösen. Größe lässt sich eben nicht verordnen. Dabei steigen höchstens die Rückrufzahlen. Siehe DaimlerChrysler.

So wie ein Konzern, ein Firmenverbund, viele kleine Profitcenter braucht, braucht Europa leistungsstarke Einzelstaaten, die ihre regionalen, nationalen Stärken nutzen, als kleine Einheiten schnell reagieren können. Wir brauchen keinen Supertanker “Vereintes Europa” mit langen Reaktionszeiten auf politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklungen.

Wir brauchen keine Verwaltung der Verwaltungen, keine weitere Ausdehnung von Bürokratie, sondern sehnige, sportlich schlanke nationale Einheiten, die mit positiver Einstellung und Denken zu einem gemeinsamen Verbund finden. Nicht verordnet, sondern dann zusammengewachsen.

Aus einer Mischung von Gesunden und Kranken, Kleinen und Großen, Schwachen und Mächtigen lässt sich keine Gemeinschaft machen. Oder man empfindet die EU als großes Krankenhaus. Aber auch dort werden Kranke oft nicht als Gesunde entlassen, sondern als Tote im Sarg.

Aber nun wieder zurück zur Wirklichkeit in Deutschland und zur Feststellung der EU-Kommission:

Für Käufer neuer Automobile ist Deutschland innerhalb der Eurozone das teuerste Land. Gemeint sind - damit es überhaupt vergleichbar wird - die Preise vor Steuern. Aber die Differenz besteht schon ohne Berücksichtigung der Tatsache, dass in Deutschland noch einmal Transportkosten aufgeschlagen werden.

Aber auch ohne die "Transportkosten-Differenz" gibt es deutliche Preisunterschiede, die z.T. auch ihre Begründung in den unterschiedlichen Steuersätzen der Länder finden, die in  der EU verbunden sind. Natürlich ist die EU-Kommission an einer Angleichung der Fahrzeugpreise in Europa interessiert. Darum weist sie auch ausdrücklich darauf hin, dass die EU-Wettbewerbsvorschriften für die Automobilbranche vor allem darauf abzielen, Hindernisse für Parallelimporte in der EU aus dem Weg zu räumen. Die Kommission hat bereits mehrere Verfahren gegen Automobilhersteller angestrengt, die den Parallelimport von Kfz innerhalb der EU eingeschränkt haben, und wird dies auch in Zukunft tun.

Aber man kann - und sollte - wohl keinen Luxemburger Händler zwingen, einem deutschen Kunden auf dessen Anfrage hin ein Angebot zu machen. Diese "Selbstständigkeit" sollte einem Händler schon belassen bleiben. Sonst wird der in Zukunft in seinem Handeln nicht nur von seinem Vertragspartner bestimmt, sondern auch noch von der EU-Kommission.

Die sollte sich jetzt mal erst um die Transportkosten für Automobile in Deutschland kümmern und den Unterschied zum übrigen Europa zur Kenntnis nehmen. Bei teuren Fahrzeugen liegen diese Kosten im vierstelligen Bereich, von den Händlern mit der hohen Transportkostenversicherung für die - ach so - wertvollen Fahrzeuge begründet.

Und der VDA antwortet nicht. Er ist vielleicht nicht europäisch genug, denkt und empfindet noch klein, klein; ist nur dann für "Fortschritt", wenn der das Geld in der Kasse seiner Mitglieder klingeln lässt.

Man sieht: selbst imposante Verbände denken noch gerne nationalistisch, sind vom EU-Denken weit entfernt.

MK/Wilhelm Hahne


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