Über das BMW-Integral-ABS-Bremssystem, BMW-Aftersales und die technische Betreuung

Ich habe schon viel über das BMW-ABS-System geschrieben. Es hat sich nichts geändert. Das heißt: es wird wahrscheinlich schon in 2006 ein neues System für die bisher bekannten BMW-Motorradmodelle von Conti/Teves geben, für das ABS-System eines neuen, zusätzlichen BMW-Motorrad-Modells wird Bosch verantwortlich sein. Das jetzige System wird nicht mehr verwendet werden. Es wird - so meine Informationen - auch keine Bremskraftunterstützung mehr geben. Aber die Staatsanwaltschaft ermittelt, dem KBA ist es in dieser Sache schon ganz unbehaglich geworden, es musste etwas passieren. Mit dem jetzigen System. BMW muss mit seinem jetzigen System "über die Runden kommen". Dabei hatte es aus Motorradfahrerkreisen schon viele, viele Anregungen gegeben, wie man z.B. die Bedienungsanleitung der jetzigen Modelle sinnvoll ergänzen könnte. Denn BMW-Fahrer sind wie ABS-Babys, wirklich noch unaufgeklärt. Und so ist dann jetzt das BMW-Aftersales - so nennt man eine Kundendienst-Abteilung auf Bayerisch - zum Einsatz gekommen. Eigentlich wird dadurch nichts besser. Bei dem ABS-System. Aber "Durchhalten" ist angesagt. Und einst wird kommen der Tag... -

Mit erweiterter Bedienungsanleitung aus der Verantwortung?

05-09-12/03. - Jetzt, Anfang September, flattert den BMW-Motorrad-Kunden ein Brief ins Haus, dessen Absendedatum mit August 2005 angegeben ist. Diesem Brief ist eine Anlage zur Bedienungsanleitung beigefügt, die sich mit den "Eigenheiten" des BMW-ABS-Systems beschäftigt, praktisch davor warnt. Die Hinweise sind teilweise weder sinnvoll noch praxisgerecht, haben wohl nur die Aufgabe, Haftungsansprüche von BMW-Fahrern, die mit und durch das ABS-System Schaden nahmen, zu erschweren.

Auf der anderen Seite sollen natürlich mit so einer Maßnahme die "offiziellen Stellen", wie Staatsanwaltschaft und auch das KBA (Kraftfahrtbundesamt) beruhigt werden.

Hier folgt als Foto ein solcher Brief, aus dem ich die Kundendaten entfernt habe. Ich habe solche Briefe mehrfach, von unterschiedlichen Fahrern und Fahrerinnen erhalten. Sie sind identisch, die Unterschriften der BMW-Mitarbeiter sind eingedruckt:

Diesem Brief liegt dann der ergänzende Text zur Bedienungsanleitung bei, die der Kunde dann in Form von vier Seiten beifügen soll. Ich lasse hier die vier Seiten - auch jeweils als Foto - folgen:

Natürlich habe ich das nicht  nur gelesen, sondern mir auch Gedanken dazu gemacht. Aber entscheidend ist, was sich der "betroffene" BMW-Motorradfahrer dazu denkt.

Und das ist ganz unterschiedlich. - So wird z.B. das Anschreiben von vielen BMW-Besitzern als "Rückruf" empfunden. Ist es aber eigentlich nicht, weil ja nichts verändert wird. Das System ist auch nach einer Überprüfung in seiner Funktionalität unverändert. Und zum Thema "Fehlerspeicher" werde ich in absehbarer Zeit noch etwas zu schreiben haben, was dann aber nicht nur BMW betrifft. Hier bewegen sich alle Firmen praktisch in einer "Grauzone". Und nicht jeder Fehler wird aufgezeichnet. Aber es wird evtl. mehr aufgezeichnet als der Kunde denkt. Und man kann auch Fehlerspeicherinhalte verändern, löschen - oder andere "Meldungen" einspielen.

Wer sich um solche Themen kümmert - Motor-KRITIK. - Die "Fans" unter den Chefredakteuren schlafen!

Hier zunächst einmal die Gedanken eines Motorradfahrers, der nicht nur das BMW-ABS-System aus eigener Erfahrung kennt, sondern auch die (s.o.) von BMW in Umlauf gebrachten Dokumente. Er schreibt mir - fast verzweifelt, nach dem er daran erinnert hat, dass in einem BMW-Sonderheft von "MO" schon etwas zu er Art der Bremsbetätigung zu lesen war:

"Auf Seite 58 sagt BMW-Pressesprecher Stoffregen, dass es "für die Verkürzung des Bremsweges entscheidend darauf ankommt, ganz von Beginn an mit möglichst hoher Kraft zu bremsen. ... Der Gradient, also der Anstieg des Bremsdrucks, muss sehr steil sein. Was man in den ersten Sekundenbruchteilen der Bremsung, wenn die Geschwindigkeit hoch ist, an Bremskraftverkürzung erreichen kann, kann man später aus physikalischen Gründen nie mehr nachholen. Nur wenige, sehr trainierte Fahrer schaffen diesen hohen Bremsdruckgradienten mit der notwendigen Schnelligkeit."

Er, der BMW-Mitarbeiter, begründet so praktisch den Einsatz und die Verwendung eines Bremskraftverstärkers durch BMW. Und zu Recht macht nun der ehemalige BMW-Kunde darauf aufmerksam:

"Nun ist aber in der Ergänzung zur Betriebsanleitung zu lesen, dass für den kürzesten Bremsweg bei BMW Motorrädern mit Integral-ABS III die Vorderradbremse zügig und immer stärker werdend betätigt werden muss. Andernfalls (bei 'Gewaltbremsungen', bei denen der Bremsdruck möglichst schnellstmöglich und mit aller Kraft erzeugt wird) macht die Bremse "auf", mit dem Effekt der Bremswegverlängerung: "Der Bremsweg wird länger", ist da zu lesen. Technisch lässt sich das nur durch die spezifische Trägheit des Systems in dieser Situation erklären, zumal der Bremskraftverstärker im I-ABS III System als Bremsdruckbeschleuniger arbeitet, und ja gerade möglichst schnell den maximalen Bremsdruck bereitstellen soll. - Paradox – nicht?"

Ich möchte hier diese Meinung  dieses Motorradfahrers nicht durch Einfügen meiner Meinung unterstreichen, sondern als Ergänzung mal eine Motorradfahrerin zu Wort kommen lassen, die in besonderer Weise qualifiziert ist: sie ist Ingenieurin. Und sie arbeitet auch an der Entwicklung von elektronischen Komponenten - allerdings für Automobile.

Die hat der Brief (wie oben dargestellt) von BMW-Aftersales aufgeregt. Und sie hat selbst ein e-mail an BMW geschrieben, das sie auch an mich weiter geleitet hat. Lesen Sie bitte aufmerksam:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

es ist richtig, dass ich beim Kauf auf Ihre Motorräder und Ihre Marke
vertraut habe.

Als ich nach dem ersten Jahr an einer Ampel mitten in einer Pfütze aus
Benzin stand, und weiteres Benzin auf die heißen Krümmer tropfte, dachte ich
mir auch noch nichts Böses, wunderte mich aber dass Sie fast ein Jahr
brauchten, um diesen Konstruktionsmangel zu erkennen.

Inzwischen ist dieses Vertrauen jedoch mehr und mehr Mißtrauen und Angst
gewichen. Ich fühle mich keineswegs mehr sicher, wenn ich auf einem Motorrad
fahre, das aufgrund konstruktiver Mängel die Bremsfunktion nicht sicher
stellt.

Ich entwickele selbst automotive Elektronik und kann insbesondere nicht
verstehen, wie man eine sicherheitsrelevante Bremsfunktion von einem
fehlerträchtigen Bauteil wie einen Schalter abhängig machen kann. Das ist
grob fahrlässig.

Ebenfalls ist mir nicht eingängig, dass es offensichtlich versäumt wurde,
eine Energiebilanz über das Motorrad zu machen. Sie schreiben, nach einer
mehrwöchigen Nichtbenutzung muß ein käuflich zu erwerbendes Ladegerät
benutzt werden oder die Batterie muß ausgebaut und geladen werden.

Vielleicht ist es Ihrer werten Aufmerksamkeit entgangen, dass nicht jeder
Ihrer Kunden eine Steckdose in der Nähe des Motorrads hat und wie einfach
die Batterie aus dem Motorad herausgenommen werden kann, kann Ihnen einer
Ihrer Techniker sicher erläutern. Das geht ganz einfach, in dem man das
Motorrad zerlegt.

Sie schreiben, dass die Bremse nur bei Fahrsicherheitstrainings versagen
kann. Wie kommt es dann, dass BMW-Fahrer schon in den Foren davon berichten,
bei normalen Fahrten im Straßenverkehr Ausfälle gehabt zu haben? Wie wurde
bei Ihren Aussagen die Alterung der Batterie berücksichtigt? Was ist mit
Fahrern, die häufig niedertourig fahren oder gar die Heizgriffe an haben?

Ihr kostenloses, befristetes Angebot, die Fehlerspeicher Ihrer
"Versuchskaninchen" auszulesen, wirkt auf mich ebenfalls alles andere als
vertrauenserweckend. Ich habe eher den Eindruck, dass sie derzeit versuchen,
das Ausmaß der zukünftigen Klagen abzuschätzen, die aufgrund der
mangelhaften Bremssicherheit Ihrer Motorräder kommen werden. Sind Sie sich
bei BMW eigentlich über die Wirkung und das Ausmaß Ihrer Aktion im Klaren?

Sie sind gerade dabei flächendeckend und nachhaltig das Vertrauen der Kunden
zu verspielen.

Einem Motorradkauf bei BMW kann ich aus meiner heutigen Sicht nur abraten.

Mit freundlichen Grüßen"

Klarer, überzeugender kann doch eine Antwort auf die oben dargestellte BMW-Aftersales-Aktion nicht sein.

Ich habe mit der Motorradfahrerin natürlich e-mail-Kontakt. Was sich daraus ergibt: sie ist eine überzeugte BMW-Motorradfahrerin. Sie hat nichts gegen BMW. Aber gegen deren ABS-System.

Um das zu verdeutlichen möchte ich aus einem e-mail  - dieses Mal an mich - zitieren. Sie schreibt mir u.a.:

"Ich bin vorgestern von einem Kollegen gefragt worden, wie zufrieden ich mit
meiner BMW bin. Ich habe ihm von dem Bremsproblem erzählt, aber ihm auch
gesagt, daß die R1150R das beste Motorrad ist, das ich je hatte. Vom Motor
und vom Fahrwerk her ist das echt eine Leistung. Als Ingenieurin bin ich
lediglich sauer, wenn mir ein Hersteller einen Fehler als Feature verkaufen
will. Ich fahre recht vorsichtig und besonnen Motorrad, weil ich etwas
wichtiges zu verlieren habe: mein Leben.

Eine Bremse auf die ich mich nicht verlassen kann, ist von meinem Standpunkt
aus nicht akzeptabel. Ich habe heute in der Tourenfahrer gelesen, daß die
Restbremsfunktion bei 200N Handkraft gemessen wird. Das sind schließlich 20KG
die da an den Fingerspitzen aufgebracht werden müssen - und das bei einem Motorrad das
vielleicht eine Kurve vorher mit 10N gebremst hat. Bei unseren Entwicklungen
(Autoelektronik) müssen wir eine Funktionalität bis runter auf 6V
Bordspannung nachweisen, und das sind noch nicht einmal sicherheitsrelevante
Systeme."

Ich habe diese Motorradfahrerin dann um die Zustimmung gebeten, ihre Meinung, ihre Auffassung zur aktuellen BMW-Aktion, aber auch zum BMW-ABS-System der Staatsanwaltschaft in München weiter leiten zu dürfen. Sie schreibt mir zu diesem Wunsch:

"Das können sie tun. Die Geschichte mit dem Benzin fand ich damals auch nicht
lustig. Da war eine Verbindung des Benzinschlauchs (Druck durch
Einspritzanlage) undicht. Da mir der niedrige Flammpunkt von Benzin bekannt
war und das Benzin auf den heißen Krümmern herumzischte, war mir da ganz
schön mulmig. Aber da hat BMW wenigstens eingeräumt, daß das Motorrad in
Flammen aufgehen kann (in seltenen Fällen) und hat das ganze bereinigt.

Was ich konkret von BMW erwartet hätte wäre ein Softwareupdate (sofern
möglich) daß der Bremslichtschalter nicht mehr sicherheitsrelevant ist
(stand im Forum und in der MO). Außerdem fände ich notfalls eine Anhebung
der Drehzahl bei Spannungseinbruch, das Verbauen einer besseren Batterie und
das Verhindern des Startens bei zu schlapper Batterie für Maßnahmen die das
Vertrauen wieder herstellen könnten. Vielleicht wäre es auch möglich die
erforderliche Handkraft im normalen Bremsbetrieb zu erhöhen, damit der
Unterschied zum Ausfall nicht ganz so krass ist.

Dort, bei BMW, sitzen die Ingenieure die das konzipiert haben. Wenn man die
läßt, bekommen die bestimmt eine gute Lösung raus."

Es gäbe zu der BMW-Aktion - und dem BMW-ABS-System noch viel zu sagen oder zu schreiben. Lassen Sie mich noch die Meinung eines Motorradfahrers anfügen. Er bezieht sich auf die von mir oben dargestellten Zusatzseiten zur Bedienungsanleitung. Bilden Sie sich - nach dem Lesen - Ihre eigene Meinung:

"Neben der Warnung vor der Verlängerung der Bremswege durch das
ABS-Regelverhalten bei welliger Fahrbahn und durch das ABS-Regelverhalten
bei schnellem Aufbau des maximalen Bremsdrucks ist mir ein weiteres Problem aufgefallen,
dessen Lösung mir aus der Lektüre von Seite 3 und Seite 4 paradox erscheint.

BMW meint offenbar, dass bei Aufleuchten der Warnlampe (Ausfall
Bremskraftverstärkung) fünf Hinweise (Seite 4) zu beachten sind. Zwei der
Hinweise halte ich zwar für so wichtig, dass sie befolgt werden müssen, deren
Umsetzung in der Realität ist aber nicht möglich:

1. Der Bremshebel soll während der Fahrt (z.B. bei einer Passabfahrt, oder
auf der Autobahn bei 160 km/h) während eines Überraschungsmomentes
in die weiteste Position gebracht werden, da der benötigte Hebelweg ein
längerer ist, und da andernfalls mit erheblich verlängerten Bremswegen zu
rechnen ist.

2. Da das Ansprechverhalten (Kraft, Dosierung, Druckpunkt, Hebelweg) sich
bei der Restbremse dramatisch unterscheidet, sollen damit in
übersichtlichen Situationen Probebremsungen durchgeführt werden, um
nicht zu stürzen.

Das ist nicht praxisgerecht! Eine Warnung vor Betriebsgefahren ist eine
Sache (Verlängerung der Bremswege bei welliger Fahrbahn und schnellem
Aufbau des maximalen Bremsdrucks), die vielleicht juristisch absichert, aber
das Verstellen des Bremshebels und das Durchführen von Probebremsungen
ist nicht durchführbar. Der Bremshebel müsste aus Sicherheitsgründen so
gesichert werden, dass er nur in Position 4 betrieben werden kann. Das
Problem: Menschen mit kleineren Händen, vor allem also Frauen, können
die Bremse dann nicht mehr sicher bedienen."

Natürlich hat dieser Motorradfahrer auch Recht. Und auch die Motorradfahrerin hat Recht. Jeder denkende Mensch wird die Widersprüche erkennen, die in diesem "Befreiungsschlag" von BMW stecken.

Bleibt mir noch die Frage: Wer schützt eine "Minderheit" von BMW-Motorradfahrern vor den Managementfehlern des BMW-Vorstandes? 

Die Staatsanwaltschaft München trägt eine große Verantwortung. - Ich bin auf Ihre Entscheidung gespannt.                                                                               

MK/Wilhelm Hahne


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