Musste ein Autostau sein? - Der Große Preis von Europa 2007 auf dem Niveau des 1000 Kilometer-Rennens von 1965?

Natürlich war das Formel 1-Rennen auf dem GP-Kurs des Nürburgrings interessant. Auffallend war, dass eine Reihe von Fahrern von der Tatsache überrascht wurde, dass auf diesem Kurs an unterschiedlichen Strecken-Stellen unterschiedliche Mengen Regen fallen. Grundsätzlich kann man sagen: wenn es "unten herum" (Dunlop-Kurve) erst mäßig feucht ist, kann "oben herum" (Start- und Ziel) schon das Wasser stehen. F1-Fahrer mit Erfahrung wissen sogar, dass es um die Drainage in der ersten Kurve nicht besonders gut bestellt ist und das gerade für den GP-Kurs des Nürburgrings die alte Weisheit gilt, dass es in Kurven "außen herum" meist mehr Gripp gibt als auf der so genannten Ideal-Linie. - Als Veranstalter sollte man auch so einige "Weisheiten", die sich in Jahrzehnten heran gebildet haben, beherzigen. Was die Verantwortlichen des Nürburgrings betrifft kann man z.B. die Frage stellen:

In fünfzig Jahren nichts dazu gelernt?

07-07-09/03 - Bei RTL wurden während der F1-Übertragung am Sonntag die ersten Meldungen über den Besuch der diesjährigen GP-Veranstaltung vermeldet. Für das Wochenende wurde die Zahl von 330.000 Besuchern genannt. Eine Zahl, die man dann am Wochenanfang in einigen bedeutenden Zeitungen lesen kann. Die Veranstaltung ging von Freitag bis einschließlich Sonntag. Am Freitag war aber tatsächlich "nur sehr wenig los", wenn man das salopp formuliert. Ich habe mich an diesem Tag, am Vormittag vor und zu den Trainingszeiten, mit dem Automobil dort oben bewegt. Es gab praktisch keine Probleme, weil es wenig Verkehr gab.

Ich war auch am Samstag oben im Bereich der Rennstrecke unterwegs. Und erfahrene Beobachter des Rennbesucher-Verkehrs zu den unterschiedlichen Rennen über Jahrzehnte waren mit mir einer Meinung, dass das insgesamt nur eine mäßige Veranstaltung werden würde. Aber - in dem Fall waren wir einer - übereinstimmenden Meinung - der Sonntagmorgen würde noch einmal einen kräftigen Schub bringen. Denn viele, sehr viele Zuschauer kommen nur noch zum eigentlichen Rennen. Die Eintrittspreise sind so hoch, dass man gerne auf Übernachtungen verzichtet. (Wer soll das bezahlen?)

Nun hatte die Leitung der Nürburgring GmbH immer wieder im Vorfeld vermeldet, dass der Karten-Vorverkauf in diesem Jahr deutlich besser sein würde als in den  Jahren zuvor. Obwohl Michael Schumacher nicht mehr fährt. Wie man betonte. Wenn dann am Freitag und Samstag der Fahrzeug-Zustrom nur relativ gering war, dann hätte man eigentlich aus Erfahrung vergangener Jahre wissen müssen, dass es dann am Sonntagvormittag evtl. zu Engpässen kommen würde.

Aber Dr. Kafitz, dem Hauptgeschäftsführer der Nürburgring GmbH hatte es gefallen, die Nordschleife zum Renntermin an Engländer exklusiv zu vermieten. Es geht eben primär ums Geld. Obwohl man wusste, dass im Laufe der Jahre mehr und mehr Parkplatzraum in Tribünennähe verloren gegangen war. Zwar hatte man - ein wenig abseits - weitere Parkflächen geschaffen, aber... - eine Stau-Katastrophe war so unvermeidlich. Und die Nordschleife konnte - wie man es z.B. bei "Rock-am-Ring" macht - nicht als Ausweich-Parkfläche genutzt werden. - So kam es dann, wie es unausweichlich kommen musste:

Am Sonntagmorgen stauten sich die Automobile vom Start- und Zielbereich bis hinunter zur "Döttinger Höhe" und noch weiter und weite zurück. Ich habe mir den "Stand der Fahrzeugschlange" jeweils von Beobachtern per Handy durchsagen lassen. Ab 8 Uhr am Morgen begann die "Stehzeit". Gegen 11:30 Uhr hatte sich noch nichts an der Situation verändert. Und einer meiner Beobachter meldete mir aus "seinem Bereich" an der B 258, dass er nun bereits seit ungefähr 40 - 45 Minuten das gleiche Fahrzeug vor Augen hätte.

Etwas später griff man dann seitens der Verkehrsleitung zu einem Kunstgriff und leitete den Verkehr schon ein paar hundert Meter vor der Tankstelle "Döttinger Höhe" links ab über Drees, sozusagen "hinten herum" an die eigentliche GP-Strecke. "Fassen Sie Mut, biegen Sie links ab", wurden die Fahrzeuglenker über Lautsprecher aufgefordert. "Unglaublich", stöhnte einer der Beobachter. "Die tun tatsächlich so, als würden sie so ein Rennen zum ersten Mal organisieren. Und alle sind überrascht."

Ein anderer: "Die haben seit 50 Jahren nichts dazu gelernt. Das sieht hier aus wie beim 1000-Kilometer-Rennen 1965".

Nur zur Erinnerung hier ein Plakat zum Sportwagenrennen des Jahres 1961(ich hatte gerade kein anderes):

Damals strömten die Besucher noch in den Scharen zu den Rennen, die man heute vermeldet. Ich erinnere mich, dass allein ein richtiger Strom von Menschen vom Bahnhof Adenau in Richtung Rennstrecke führte. (Heute gibt es keinen Bahnhof in Adenau mehr.) Aber das waren noch die Rennen auf der Nordschleife. Und tatsächlich waren auch damals vor und nach dem Rennen die Straßen verstopft.

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass man in den vergangenen Jahrzehnten in der Organisation nichts dazu gelernt hat, wie das einige der heutigen Beobachter - und viele der Besucher - meinten. Wahrscheinlicher ist, dass man dem vor Ort befindlichen "hohen Besuch" (der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, war vor Ort!) vorführen wollte, welche Bedeutung ein Grand-Prix heute noch immer für die Region hat. In diesem Jahr war es der einzige Grand-Prix in Deutschland. Und was wäre da besser und überzeugender (!) als regelmäßige Staumeldungen?

330.000 Besucher wurden von RTL vermeldet. - Es wurden im Vorverkauf 67.000 Eintrittskarten verkauft, wie ich recherchieren konnte. Rechnet man diese Zahl einmal hoch, verrechnet sie mit drei Tagen, so werden sicherlich um100.000 Besucher beim eigentlichen Rennen am Sonntag in der Eifel gewesen sein. Und das ist schon eine hohe Zahl. Die sich aber leider deutlich von der vermeldeten (nennen wir sie hier mal) RTL-Zahl unterscheidet. - Solche "Hochrechnungen" sind aber leider inzwischen beim Vermelden von Zuschauerzahlen bei Rennen zu einer schlechten Gewohnheit geworden. - Aber vielleicht wurde ja auch ganz etwas anderes gesagt und das wurde nur falsch verstanden. - Journalisten eben. (Wie man bei der GmbH dann gerne argumentiert.)

In einer anderen Geschichte in dieser Folge mit neuen Themen lesen Sie dann auch etwas über den Unterschied zwischen Besucher und Besuche. Und wie man das - aus Marketinggründen - gerne bei der Nürburgring GmbH darstellt. - Natürlich unauffällig.

MK/Wilhelm Hahne 


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