Nürburgring GmbH: Wie man sich selbst Probleme schafft

Ich habe bei meinen letzten Geschichten (seit 10. Oktober im Internet zu lesen) schon beschrieben, "wie es dazu kommen konnte". Noch sind die FIA-Zäune nicht an allen Streckenabschnitten realisiert, aber man erhält schon einen Eindruck. Das ist wirklich "beeindruckend". Und man fragt sich nach dem Sinn. Wenn jetzt schon in Fan-Kreisen vom "Hochsicherheitstrakt Nordschleife" gesprochen wird, dann kann man sich die zukünftige Zuschauerentwicklung in dieser neuen Art von "Grüne Hölle" vorstellen. Wobei - ganz unter uns - die uns immer wieder in den Medien präsentierten Zuschauerzahlen - z.B. von VLN-Läufen - wohl schon der Fantasie entsprungen sind, nach meinen Beobachtungen keine reale Basis hatten. Ich habe mich beim letzten VLN-Lauf, dem letzten Lauf - und nun ganz korrekt - zur BFGoodrich Langstrecken-Meisterschaft Nürburgring, am 27. Oktober 2007 noch einmal umgesehen. Aber mir auch Gedanken gemacht. - Später - leider erst später - werden die sich auch andere solche Gedanken machen müssen. Und sich die Fragen stellen lassen müssen:

Naturschutzgebiet? - Eigentlich für wen?

07-11-15/05. - Ordnung muss sein. Wo ein Zaun ist, sind "unnatürliche Grenzen" vorgegeben. Wobei man zwischen Zaun und Zaun unterscheiden muss. An der Nürburgring-Nordschleife gab es eigentlich in der Nachkriegszeit überall Zäune. Man konnte gut darüber hinweg sehen. Und es ist in der Vergangenheit hinter diesen niedrigen Zäunen auch m.W. kein Mensch zu Schaden gekommen.

Aber wenn z.B. bei den so genannten Touristenfahrten an bestimmten Stellen des "Rings" ein Motorradfahrer stürzte, dann war Sekunden später schon ein Zuschauer über den Zaun gehechtet um Erste Hilfe zu leisten.

Nun werden FIA-Zäune aufgebaut. Nun hüpft niemand mehr "mal eben" über den Zaun. Ein gestürzter Motorradfahrer wird liegen bleiben müssen, bis der Krankenwagen kommt. Und das kann dauern. Abgesehen davon, die die Aufrüstung der Leitplankenhöhe auch nicht die Unfälle mindert, bestimmt auch nicht das Verletzungsrisiko der Motorradfahrer minimiert.

Auf der langen Geraden wird man die Leitplanken - entsprechend der Planung - nun nahe an der Streckenrand stellen (also zur Strecke hin versetzen) und dann einen FIA-Zaun aufstellen, weil die Sicht auf die Gerade durch Zuschauer von der B 258 her inzwischen zu gut geworden ist. Da wurde alles Gehölz beigeschnitten...

...und der Blick auf die Werbetafeln dadurch deutlich verbessert:

Hier werden in Zukunft FIA-Zäune "Blickschutz" bieten. Aber nicht die Werbung abdecken. Dafür wird an diesen Stellen aber für Nürburgring-Nutzer auf dieser Geraden die Straße praktisch schmaler werden, weil hier die dreistöckigen Leitplanken - wie oben geschildert - nun dicht am Streckenrand stehen werden.

Nach meinen Beobachtungen musste wirklich an vielen Stellen der alte (niedrige) Zaun bald ersetzt werden. Es gab nicht nur Rost, sondern auch Durchrostungen. Wie auch ein Blick auf entferntes altes Zaunmaterial zeigt:

Mit den FIA-Zäunen schlägt also die Nürburgring GmbH zwei Fliegen mit einer Klappe. Man spart u.a. Kosten, weil sich für das Ersetzen des alten Maschendrahtes keine Sponsoren gefunden hätten.

Das ich - Tage nach einem Rennen - dann auf diesen Zuschauerplätzen noch solche Ansammlung von Müll entdeckte...

...sollte nicht auf dem Grundstück möglich sein, das von einer Rennstrecken GmbH verwaltet wird, die noch am 7. November 2007 propagierte:

"...als weltweit einzige Rennstrecke ist der Nürburgring mittlerweile seit 1998 nach Umweltschutzkriterien zertifiziert. Dies geschieht nach den strengen Bestimmungen der EG-Öko-Audit-Verordnung 761/2001 (EMAS II). Die jüngste Prüfung im Rahmen des Umweltaudits hat damit zum wiederholten Male bestätigt, dass die Nürburgring GmbH die anspruchsvollen Auflagen und Kriterien der EG-Öko-Audit-Verordnung erfüllt...."

Aber jetzt werden zunächst mal die Pfosten für den Zaun gesetzt, einbetoniert. Und das musste ja vor Einsetzen des Frostes passieren. Das sieht dann so aus:

Schaut man dann einmal aus größerer Entfernung auf eine schon erstellte Pfostenreihe...

...dann sieht das so aus, ist von toller Wirkung. Man erkennt den alten Zaun in seiner ganzen "Unbedeutung", erkennt aber eigentlich nicht, warum z.B.hier, in diesem Streckenabschnitt ein solcher Zaun aufgestellt sein muss. Die Rennstrecke liegt deutlich tiefer, ist vor dem Hang noch einmal mit einer dreistöckigen Leitplanke gesichert. Was soll da wen gefährden? Dahin kommt kein Rennfahrzeug, wenn es denn einmal die Strecke verlassen sollte. Wie groß, wie mächtig so ein Zaun in der Landschaft steht erkennt man erst, wenn man Menschen vor diesem Zaun stehen sieht, ausgewachsene Menschen:

Die hinter diesem Zaun vorbei fahrenden Automobile sieht man weniger. Man ist nicht mehr Zuschauer...

...sondern muss bei der Schwenkbewegung des Kopfes dessen Inhalt nutzen, um die zerfließenden Linien eines vorbei fahrenden Automobils wieder zu einem kompletten Bild zusammen zu setzen. Das gelingt einer Kamera, so man sie exakt auf die richtige Entfernung einstellt, immer besser, als einem Zuschauer. Mit einer Automatik-Kamera geht das aber leider nicht, weil die immer "auf den Zaun" scharf stellen wird.

So wie ich das an diesem Beispiel zeige. Bei gutem Wetter - und damit einer realisierbaren großen Schärfentiefe über das Objektiv - gelingen so gute Bilder zum Thema "Eifel hinter Gittern".

Die Nürburgring GmbH sollte das Thema "Fotografieren an der Nordschleife" nicht als "Kinderkram" abtun. Im Internet sind inzwischen tausende Fotos von der Nordschleife präsent. Jedes Foto ist eine Werbung für diese Strecke und ihr natürliches Umfeld. Diese Fotos wird es dann in Zukunft nicht mehr geben. Denn wo soll in Zukunft ein Fotograf wie dieser...

...seine Aufnahmen machen. Ich spreche nicht von den Profis, ich sprechen von den vielen hundert Amateuren, die in diesem Jahr mit Digitalkameras an der Strecke unterwegs waren.

Schon bei den letzten Einstellfahrten (vor dem Rennen am Freitag) war zu beobachten, wie an vielen Stellen, wo schon durch FIA-Zäune ein Fotografieren unmöglich geworden war, die Zuschauer die Strecke kreuzten, um sich dann auf der anderen Seite der Strecke (ohne Zaun) hinter die Leitplanken zu legen, um eindrucksvolle Fotos mit nach Hause bringen zu können. Neuer Begriff: Zuschauerwechsel.

Damit sind wir dann bei einem anderen Problem, dass von den klugen Erbauern des FIA-Sicherheitszauns nicht bedacht wurde: die Wildwechsel. Die Nordschleife ist ein normaler Teil der Eifel, keine künstliche Rennstrecke. So gibt es auf dem großen Gebiet, das die 20,832 Kilometer lange Strecke umfasst, auch zahlreiches Wild.  Ich kann aus eigener Erfahrung über viele Jahre sagen, dass sich das Wild in seinen Rythmen nach dem Verkehr auf der Strecke richtet. Oder aber es wird von Fußgängern, Radfahrern o.a. von außen in Richtung Strecke getrieben.

Abends spät, wenn der "Ring" geschlossen war, dann kann man an einigen Stellen auch direkt an der Strecke auf Rehe, auf Rotwild treffen. Morgens in der Frühe auch. Darum habe ich es früher vermieden, schon früh auf der Strecke zu testen. Ich habe gerne gewartet, bis dass der Touristenverkehr eingesetzt hatte. Ich habe auch erleben müssen, dass ein Reifen-Testfahrer (Metzeler/Motorrad) als ein zu früher Starter dann nach dem "großen Sprunghügel" auf ein Reh traf: beide tot.

Diese Wildgefahr wird nun durch die neuen hohen, für Wild unüberwindlich hohen Zäune, nun zu einer größeren, zu einer bedeutenden Gefahr für alle, die die Strecke benutzen. Das betrifft sowohl Touristen, als auch Industrie, wie auch Rennfahrer. Denn das Wild kann nicht mehr wirklich wechseln, wird auf der Strecke durch den FIA-Zaun aufgehalten und wird so eine große Gefahr für alle Streckennutzer.

Natürlich gibt es eine Abhilfe, die man auch auf einer der westlichen Autobahnen in unserem Land besichtigen kann. Dort hat man Wildwechsel-Brücken über die Autobahn gebaut. Bauen müssen. - Dr. Kafitz kann sich angesichts der dann zu erwartenden Baukosten damit trösten, dass er die Seitenwände dieser Brücken wieder für Werbung nutzen kann. Natürlich gegen eine kleine Schutzgebühr. - Und das im Naturschutzgebiet.

Dass der FIA-Zaun an der Nordschleife, die teilweise als Naturschutzgebiet ausgezeichnet ist, "eine gute Figur" macht, kann man nicht sagen.

So ein Zaun fügt sich eben nicht harmonisch in das Grün der Umgebung ein. Hier ist man gerade noch mit dem Anbringen des Zauns beschäftigt, was man...

...auf diesem Foto besser sehen kann. Hier wird auch noch einmal die Höhe des Zauns deutlich. Die man aber auch hier erkennt...

...obwohl der Zaun noch nicht fertig gestellt ist.

Ich bin beim letzten Rennen einmal alle wichtigen Punkte am "Ring" von außen abgefahren. Schon weil ich nicht wusste, wo nun schon die FIA-Zäune jede Sicht nahmen. So wie das derzeit aussieht, werde ich wohl im nächsten Jahr nicht mehr zu den Besuchern des Langstreckenpokals zählen. Die Besucherzahl hat aber schon jetzt beim letzten Langstreckenrennen, Ende Oktober 2007, deutlich abgenommen. Offiziell wurden am Montag nach dem Rennen 23.000 Zuschauer vermeldet. - Darüber kann ich nur still lächeln.

In der "Hatzenbach" waren zu diesem Termin an den wichtigen, interessanten Stellen noch keine Zäune montiert. Und man konnte in Ruhe die neue Streckenbeschilderung betrachten:

So ganz unter uns: Im Rennen wurde hier auch rechts überholt. Wenn nun überall der FIA-Zaun erstellt ist, werden Fotos wie folgende Seltenheitswert bekommen.

Bei diesem Foto vom letzten Rennen sieht man noch eine Reihenfolge, die sich dann bei der Zieldurchfahrt umkehrte. So ein Foto, aus dieser Perspektive, wird es in 2008 nicht mehr geben. Und mit hoher Wahrscheinlichkeit...

...noch weniger Zuschauer als hier in der "Hatzenbach". Wenn irgendwo fünfzig Automobile auf einem Parkplatz stehen...

...ist das sehr eindrucksvoll. Aber mit 50 Automobilen kommen bestenfalls 100 Besucher. Auch ein voller Parkplatz am "Brünnchen" steht nicht für 23.000 Besucher rings um den Kurs. Bei der Organisation der Langstrecke weiß man doch genau, wie viele Eintrittskarten man an der Mosel für den Zutritt ins Fahrerlager zu jedem VLN-Lauf drucken lässt. Kommen tatsächlich so wenige von so vielen Besuchern ins Fahrerlager? - Weil das 10 Euro kostet?

Dr. Kafitz ist doch auch Mitglied der Organisation. Und er ist Vermieter der Rennstrecke. Mit den neuen FIA-Zäunen wird er nicht mehr die Mietpreise erzielen können, die er eigentlich geplant hatte. Die Nordschleife ist vom Charakter her durch den neuen FIA-Zaun zerstört worden.

Bei der Nürburgring GmbH sieht man das anders. Gerade hat im Dorint-Hotel am Nürburgring eine so genannte "Eifelkonferenz" unter dem Motto "Eifel - Wir sind Zukunft" stattgefunden. Und ich habe gelernt: Die Region Eifel umfasst insgesamt 10 Landkreise, 53 Städte und Gemeinden, eine Fläche von 700.000 ha. Hier wohnen rund 900.000 Einwohner.

Im Rahmen dieser Veranstaltung hat sich dann auch die Nürburgring GmbH zu Wort gemeldet. Der so genannte Marketingleiter der Nürburgring GmbH, Herr Cimbal, stellte das in einer anderen Geschichte in dieser Serie behandelte Projekt "Nürburgring 2009" vor und führte u.a. aus, dass dieses Projekt "den touristischen Reiz der Eifel mit der 'Faszination Motorsport" verbindet. - Wann war Herr Cimbal zum letzten Mal an der Nordschleife?

Als gastgebender Landrat kam auch der des Kreises Ahrweiler, Dr. Jürgen Pföhler, einer der Aufsichtsräte der Nürburgring GmbH (da der Landkreis mit 10 Prozent beteiligt ist) zu Wort. Ziel des Netzwerkes „Zukunftsinitiative Eifel“ sei es, die Region als einheitliche Natur- und Kulturlandschaft sowie als gemeinsamen Wirtschaftsraum zu stärken, vorhandene Synergien zu nutzen und die vielfältigen Stärken der Eifelregion als Chance zu sehen, in einem globalisierten Markt zu bestehen.  Eine Region wie die Eifel braucht viele Leuchttürme. - Sagte Pföhler.

Der Landrat gehört leider nicht dazu. Aber auch nicht die Säulen der so genannten FIA-Zäune, die weder die "einheitliche Natur- und Kulturlandschaft" der Eifel in ihrer Wirkung unterstreichen, noch in jedem Fall einen  Unfallschutz darstellen. Wie das nächste Foto zeigt, können so "gestrandete Fahrer" auch nun in der "Arena" gefangen sein. (Es folgt ein Leserfoto älteren Datums, das mir dankenswerter Weise überlassen wurde.):

Die Zuschauer sollen so geschützt werden. Und die Fahrer? - Dass ein Zuschauer keine Chance hat, dann rettend einzugreifen, wenn der Fahrer mal verletzt sein sollte, zeigt dieses Foto:

Aber auch hier konnte der Fahrer alleine aussteigen, weil er - bei 238 km/h abgeflogen, da eine Radaufhängung brach - nirgendwo fest angeschlagen war. Und an der Stelle wo er zum Stehen kam, war dann auch - wie praktisch - ein Streckenposten platziert. (Dieser Fall wird wohl noch einmal Erwähnung finden müssen, wenn die VLN aus Gründen, die man nur Laien verständlich machen kann, eine Gewichtserhöhung bei bestimmten Rennfahrzeugen in der Langstreckenserie für 2008 beschließen sollte.)

Wie sich die Situation - mit hoher Wahrscheinlichkeit - in 2008 auf der Nordschleife darstellt, zeigt eine Fotomontage, die ich aus Leserkreisen (Danke!) erhielt. Hier wird optisch verdeutlicht, dass "arme Schweine" in Zukunft an der Nordschleife nichts mehr zu suchen haben. Nur "Große Tiere" sind erwünscht. Wie auch die Anhebung der Preise für Touristenfahrten in 2008 beweist. - Insgesamt würde ich es kaum anders machen - wäre ich Geschäftsführer - wenn mir daran gelegen wäre, mich von der "Nordschleife" zu trennen. Man muss sie dann eben vorher in jeder Hinsicht unattraktiv machen. - In Zukunft sollen die Besucher - so noch welche irrtümlicherweise kommen - doch besser Achterbahn fahren. - Oder nach Spa?

Und hier kommt die Fotomontage meines Lesers:

+++  E N D E  +++

MK/Wilhelm Hahne


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