BMW hat als Motorradhersteller weltweit 37.000 mal Ärger mit R-Motorradmodellen (GS, R und ST), die mit ABS ausgestattet sind

Die Motorräder wurden zwischen August 2006 und Februar 2008 produziert. Der bei diesen Modellen auftretende Schaden ist dem Hersteller seit knapp einem Jahr bekannt. Auch hier in Motor-KRITIK habe ich dazu meine Meinung notiert. Ich schrieb am 15. November 2007 u.a.: "Die feste Bremsleitung wird bei der Montage in den Druckmodulator reingedrückt, hierbei können wohl Spannungen auftreten, die dann durch das Schwingungsverhalten des Motors zu Haarrissen führen. Wohl exakt an der Bördelung der Leitung, die beim fertigen Fahrzeug von einer Überwurfmutter verdeckt wird. Und es fällt dann ein (!) Bremskreis aus. Da der andere erhalten bleibt, ist die gesetzlich festgelegte Minimal-Verzögerung sicher gestellt. Und damit sieht dann wohl das Kraftfahrtbundesamt keinen Anlass, etwa eine Rückrufaktion oder andere Maßnahmen zu veranlassen. Es ist ja alles gesetzmäßig." - Und genauso war es. Bei BMW wird verkrampft vermieden, bei diesem Fehler von einem Fehler an ABS-Motorrädern zu sprechen. Wenn aber jemand ABS ins Spiel bringt, dann wird deutlich darauf hingewiesen, dass die auftretenden Schäden nichts mit dem ABS-System zu tun haben. Dass aber nur ABS-Motorräder bei BMW mit Druckmodulatoren ausgerüstet werden, wird schamhaft übersehen. Darum handelt es sich auch bei dem Austausch von Leitungen, der jetzt vorgenommen wird, nicht um eine - eigentlich wirklich notwendige - Rückrufaktion (denn eine BMW mit defektem Bremssystem kann ja noch - irgendwie - gebremst werden), sondern ist eine "TA":

Mit "TA" wird bei BMW eine "Technische Aktion" bezeichnet

08-04-13/09 - Tatsächlich bläst man jetzt im April 2008 bei BMW zum Rückruf, der keiner zu sein hat. Genau aus den Gründen, die ich im November 2007 aufgrund meiner persönlichen Erfahrung im Umgang mit Motorrädern dargestellt hatte. Wie erfahrene Techniker auch zu so einer Lösung mit einer starren Leitung finden konnten, ist mir ein Rätsel.

Die Bremse ist nun mal ein sicherheitsrelevantes Teil. Dies weiß auch das Kraftfahrtbundesamt. Das war über die Vor- und Ausfälle bei den in den R-Modellen verbauten Bremssystemen schon kurz nach dem ersten Vorfall informiert. Bezeichnenderweise weigerte man sich Monate später, zu den laufenden (oder nicht laufenden) Verfahren gegenüber Dritten irgendwelche Aussagen zu machen. Unter Hinweis auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) wurde einem interessierten Motorradfahrer eine Auskunft zur Sache 414-771/1856/07 (defekte Bremsleitungen beim ABS-System der neuen Generation) mit der Begründung verweigert, dass der behördliche Entscheidungsprozess geschützt werden müsse. (!!!)

Und wer schützt die Motorradfahrer? - BMW hat die Einführung des ABS-Systems mit allen Mitteln gefördert. Um sich - vielleicht - damit eine Alleinstellung im Markt zu sichern. Politiker aller Farben (in unseren Landen, aber auch EU) wurden "bearbeitet", es wurde eine Pro-ABS-Lobby ins Leben gerufen.

Ich darf in diesem Zusammenhang an die hervorragende Arbeit des Herrn Dr. Hubert Koch und seines "Instituts" erinnern, der vor Jahren schon in einem zusammen fassenden Rückblick einmal seine Arbeiten für das Motorrad-ABS in Details so schilderte (ich zitiere nur bruchstückhaft):

Dr. Koch beschreibt die Ausgangsposition bei Beginn seiner Arbeit für das Motorrad-ABS so: "Die Motorradfahrer fragen ABS nicht nach, da sie regelmäßig ihr eigenes Fahrkönnen überschätzen. Auch ist ABS nicht positiv wert besetzt und hat somit keinen Imagewert. Hinzu kommen Wissensdefizite. Eine vertiefte Analyse ergab eine Mitverantwortung der Motorradfachpresse, da die meisten Zeitschriften viele Jahre das ABS negativ dargestellt haben."

Dann aber, nach Jahren intensiver Lobbyisten-Arbeit kann er vermelden: "So ist es gelungen, die Einstellung der Motorradfachpresse zum ABS vollständig zu ändern. Nicht nur haben alle Fachzeitschriften ausführlich und positiv über die Kampagne und ihre Ziele berichtet, die führenden Titel bekennen sich in Umkehrung ihrer bisherigen Position eindeutig zum ABS. Drei Chefredakteure haben sich das Thema in ihren Editorials zu eigen gemacht, an die Industrie appelliert, mehr ABS anzubieten und den Motorradfahren empfohlen, dies beim Neukauf ihrer Maschinen nachzufragen. Europas größte Motorradzeitung  „Motorrad“ hat sogar die eigenen Testkriterien überarbeitet und vergibt für ABS Sonderpunkte."

Dieser Erfolg seiner Arbeit wird noch ergänzt durch die "Mitnahme" der Politik. Dr. Hubert Koch stellt fest: "Durch die Medienpräsenz der Kampagne ist das politische Interesse der Europäischen Kommission geweckt worden. Die EU-Kommission, die die Zahl der Verkehrstoten in Europa in den nächsten zehn Jahren halbieren will, hat Interesse an einer Kooperation signalisiert und evaluiert das Thema derzeit. Sie tritt im Februar 2003 bei einem internationalen Symposium mit dem Titel: „Motorradbremsen der Zukunft- Herausforderung und Verantwortung“, das im Rahmen der Kampagne veranstaltet wird, als Partner auf."

Am Ende der Darstellung seiner Arbeit, wird der Leser noch einmal aufgeklärt, wer Dr. Hubert Koch eigentlich ist. Da steht dann: "Dr. Hubert Koch ist geschäftsführender Gesellschafter der Dr. Koch Consulting GmbH. Die Firma berät Verbände in allen Fragen der Kommunikation und des politischen Lobbyismus in Berlin und Brüssel."

Natürlich war die "Beratung" in Motorrad-ABS-Fragen nicht umsonst. Aber es war eine gute Arbeit, die sicher ihren Mann ernährte. Auf der "anderen Seite", auf Seiten der Motorradfahrer, aber sicherlich zu einigen Verletzungen geführt hat. Und zu haarsträubenden Situationen, wenn man den Schilderungen der unterschiedlichen Motorradfahrer in den Internet-Foren Glauben schenken darf.

Aber das KBA war eigentlich immer ungerührt. Es wurden ja die gesetzlichen Mindestverzögerungswerte unter allen Umständen erreicht. Da darf dann ruhig mal der vordere Bremskreis ausfallen. Und Warnlampen blinkten (vorschriftsmäßig), wenn das ABS ausfiel Und das ABS war auch kaum die Fehlerquelle. Ein Bremslämpchen vielleicht, eine zu niedrige Spannung im Bordnetz oder sich verdrehende Handschalen an den Lenkergriffen.

Dabei fällt mir ein, dass das in Zukunft dann nicht mehr passieren kann. Bei den neuen 2008er Modellen bei BMW wurden diese "Schutzschalen" (vor Wind und Regen), die dann aber zu "Fehlbremsungen" (oder wie soll man das nennen?) führten, geändert. Die sehen jetzt so aus:

Sie unterscheiden sich deutlich im Aufbau von den bisherigen Schalen. Die bedeutendste Änderung ist aber die kleine Schraube rechts auf dem Foto: es ist praktisch eine Verdrehsicherung. So kann eine verrutschende (verdrehende) Schale nicht mehr überraschend eine Bremsung einleiten oder - auf der anderen Lenkerseite - das Kupplungsspiel verändern. Was dann "nur" eine Kupplung kostet. Eine Fehlbremsung kostet evtl. die Gesundheit, ist dann schmerzhafter als das Rauchen.

Und was ist mit den Motorrädern, die noch mit den "alten" Handschalen unterwegs sind? - Verschiedene, von mir angesprochene BMW-Händler, wissen es nicht. Sie versuchen mich aber zu beruhigen, in dem sie versichern: "Die Auslieferung der alten Handschalen als Ersatzteil wurde von BMW gesperrt." - Toll! - Können denn die neuen Handschalen anstatt der alten montiert werden? - "So ohne weiteres nicht." - ??? -

Nun ist die Auslieferung der alten "Schutzschalen" schon seit Wochen von BMW gesperrt, das bisherige Ersatzteil wurde komplett aus dem Katalog gestrichen und kann auch zur Zeit nicht bestellt werden. Aber irgendwann muss doch einmal eine Entscheidung in der Sache gefällt werden. - Das dauert und dauert. Gegen Ende des Monats April soll nun wohl eine Lösung angeboten werden, die aber noch niemand kennt. Eigentlich müsste aus dieser Veränderung des Ersatzteils eine neue "TA" für die Modelle bis einschl. 2007 resultieren.

Man sieht es auch am Beispiel der Bremsleitungen, wo man für den notwendigen Rückruf - Pardon, für die TA - schon eine Reihe von Monaten brauchte. Auch, um eine entsprechende Menge von Ersatzteilen bereit stellen zu können. Und da sind ja nur um 37.000 Motorradfahrer eventuell (!) gefährdet. Auch im Lotto kann ja nicht jeder gewinnen. Obwohl bei einer ABS-BMW die Wahrscheinlichkeit eines auftretenden Defekt sicher größer ist. - Aber ist man dann Gewinner?

Das von BMW, bzw. den BMW-Händlern in Umlauf kommende "Einladungsschreiben" zu einem unterhaltsamen Werkstattaufenthalt liest sich so:

Technische Umrüstaktion
Befundnummer 0000346700

Sehr geehrter Herr XXX
nach unseren Unterlagen sind Sie Nutzer des o.g. BMW Motorrades.

Im Zuge der Qualitätsbeobachtung hat BMW Motorrad festgestellt, dass bei
Ihrem Fahrzeug eine Bremsleitung der vorderen Bremsanlage u.U. beschädigt
sein könnte. In der Folge könnte es zu Bremsflüssigkeitsverlust kommen.
Bleibt dieser Bremsflüssigkeitsverlust längere Zeit unbemerkt, könnte es zum
Ausfall der vorderen Bremse kommen. Die Funktion der Hinterradbremse ist
davon nicht betroffen. Um die einwandfreie Funktion der Bremsanlage
sicherzustellen, werden wir die entsprechende Bremsleitung ersetzen.

Wir möchten sicherstellen, dass sich ihr Motorrad in einem optimalen Zustand
befindet und bitten Sie deshalb, sich kurzfristig mit einem BMW Händler oder
einer BMW Niederlassung wegen eines Werkstatttermins in Verbindung zu
setzen.

Selbstverständlich ist diese Maßnahme für Sie kostenlos.

Sollten Sie Ihr Motorrad zwischenzeitlich weiterverkauft haben, bitten wir
Sie dieses Anschreiben an Ihren Käufer weiterzuleiten.

Wir bedauern die Ihnen durch diese Aktion entstehenden Unannehmlichkeiten
und bitten Sie um Verständnis für diese Maßnahme.

Mit freundlichen Grüßen
Bayerische Motorenwerke Aktiengesellschaft
BMW Motorrad

Haben Sie etwas von ABS gelesen? - Natürlich nicht. Obwohl nur Motorräder mit ABS betroffen sein können. Ich darf Sie, lieber Leser, aber noch auf eine andere Besonderheit dieses Briefes hinweisen. Die findet sich in der "Befundnummer". Aus den Nullen vor der eigentlichen Zahl kann man schließen, dass diese "Umrüstaktion" unendlich ist. Wenn Sie also z.B. im Jahre 2016 mit einer noch nicht umgerüsteten BMW der betroffenen Bauart zufällig in einer BMW-Werkstatt landen, wird man Ihnen die Bremsleitung auch dann noch kostenlos (!) auswechseln.

Die neu verbauten Bremsleitungen sind für die unterschiedlichen Modelle ein wenig unterschiedlich, weil sich auch die Platzverhältnisse - die für den Einbau wichtig sind - unterschiedlich gestalten. So können sich die neuen Bremsleitungen so...

...aber auch so...

...darstellen. Es handelt sich nach wie vor um feste Leitungen, denen man einige Bögen verpasst hat, damit sie auftretende Schwingungen besser aufnehmen und abklingen lassen können. BMW-Ingenieure haben sicher schon mal über ihren Schreibtisch hinaus geschaut und sicherlich mit bekommen, dass z.B. KTM bei der 990Adventure N zwar die gleichen technischen Komponenten (von Bosch) verbaut, aber zur Verbindung hochfeste Schläuche verwendet hat, die nicht schwingungsempfindlich sind. - Wenn BMW das anders macht, liegt das sicherlich in einem Preisunterschied begründet. Bei so "preiswerten" Motorrädern, wie sie von BMW kommen, kann man sich sicherlich nicht den Einbau von teuren Verbindungsschläuchen leisten. - Wegen der Rendite.

So sehen die Anschlüsse bei KTM aus:

So kann das also aussehen, wenn man die beste Lösung wählt. (Für mich wäre das jedenfalls die beste Lösung.) - Wie die BMW-Lösung aussieht, ist einer Darstellung in meiner "alten" Geschichte zu entnehmen.

Dass bei BMW die Bremsen auch in der Basis (also ohne ABS) nicht ihren Endstand erreicht haben, kann man daran erkennen, dass es auch mit "verzogenen"Bremsscheiben Ärger gibt, so das man zwischenzeitlich auch schon mal den Bremssattel ein wenig geändert hat.

Technische Verbesserung an Motorrädern in der laufenden Serie sind eigentlich normal, weil die Erkenntnisse aus dem "Feld" immer möglichst schnell umgesetzt werden sollten. Aber eine Bremse sollte von Anfang der Serienproduktion eines Motorrades eigentlich "stehen".

Wie ich höre, nutzt man die "TA" in der Bremsen-Angelegenheit - aber auch andere normale Werkstattaufenthalte der Kunden - um auch die Klopfregelung (für den Motor - wohl softwaremäßig) auf den letzten Stand zu bringen, weil viele BMW-Motorräder im Bereich bestimmter Fahrgestellnummern mit einer falschen Software ausgestattet sind. Aber das soll "stillschweigend!" geschehen, die betroffenen Kunden nicht informiert werden. Andere Händler berichten, dass sie ihre Kunden in der "Softwareangelegenheit" anschreiben und ausschließlich wegen der "Klopfregelung" in die Werkstatt bestellen. Weil dieser Rückruf auch zum Teil eine Serie anderer Fahrgestellnummern anspricht.

Auch hier, in der Organisation von "TA's" und "Rückrufen besteht besteht also noch ein Nachbesserungsbedarf. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass man in der BMW Motorradsparte noch viel zu tun hat. Wobei draußen im Handel nach den ersten Eingriffen des neuen BMW-Motorradchefs, von Kuenheim und seines neuen Vertriebsleiters, der Eindruck entstanden ist, dass nun "alte Zöpfe" endlich abgeschnitten werden. Diese personelle Änderung wird also durchaus als positiv empfunden. Man ist irgendwie hoffnungsfroh. Zumal das deutsche Händlernetz nicht ausgeweitet werden soll, um die bestehende Händlerorganisation die Möglichkeit zu geben, überleben zu können.

Solche Entscheidungen sind auch notwendig, weil in der Vergangenheit  eine Menge Fehler gemacht wurden. Auch in der Behandlung des Handels. Und manche Schwachstelle, wie auch die jetzige Bremsensituation, kam nur durch das undiplomatische, nicht auf Kundenansprüche und -Wünsche ausgerichtete Verhalten von so genannten Kundendienst-Distriktleitern so deutlich (und schnell!) in die Öffentlichkeit.

Der erste Bremsenausfall (zur aktuellen "TA") geschah nach meiner Kenntnis im Raum Heppenheim, wo so ein Kundendienstmann des Werkes den Kunden praktisch als Deppen hinstellte, BMW-Fehler mit "kann ja mal passieren" verniedlichte und schon gar nicht bereit war, ein Motorgehäuse zu ersetzen, dass durch die auslaufende Bremsflüssigkeit "verschandelt" war. Weil das ja nicht für die Fahrpraxis von Belang ist. - Was weiß dieser Mann eigentlich vom Verhältnis eines Motorradfahrers zu seinem Motorrad?

Ich habe mal den Werdegang dieses Mannes verfolgt: Alfa Romeo Verkauf (Außendienst), Rover Pkw-Verkauf (Außendienst), dann nach der dortigen Auflösung wurde er bei BMW übernommen. Zunächst betreute er im Außendienst die Sparte Bekleidung Zubehör. Diese Funktion wurde dann aufgelöst und er kam in den Außendienst Vertrieb. (Alles Motorrad.) Da hat er soviel Ärger ausgelöst, dass man dachte, er würde von alleine gehen, wenn man ihn in den Technischen Außendienst versetzt. Man hatte es wohl auch schon mit Kündigung versucht. Aber der Mann ist geschieden, hat ein Kind, hat den BMW-Betriebsrat belagert und - sorgt so weiter für "Aufgeregtheit" in der BMW-Organisation.

Wenn man sich nun vorstellt, das Dr. Reithofer (BMW Vorstandsvorsitzender) in naher Zukunft um 8.000 Beschäftigte entlassen will, aber seine Firma nicht in der Lage ist, einen einzigen Mann zu entlassen, den man - mit Begründung - als Belastung empfindet, dann kommt man - zumindest in der Eifel - schon ins Grübeln.

In diesem ABS-Zusammenhang muss man noch erwähnen, dass die Staatsanwaltschaft München I nun ihre Ermittlungen in Sachen ABS und gegen BMW oder Unbekannt (oder gegen wen auch immer) eingestellt hat. - Ich habe es erwartet. - Weil Sie als Leser sicherlich in Deutschland kaum eine Möglichkeit finden werden, die Einstellungsgründe im Detail zu erfahren, habe ich hier die Information der Staatsanwaltschaft München I in einer - nur um unwesentliche Teile - gekürzten Version dargestellt:

Staatsanwaltschaft
München I
Aktenzeichen: 490 UJs 702755106
...
München, 11.03.2008/...

...

Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen fahrlässiger Körperverletzung
...
das Ermittlungsverfahren habe ich mit Verfügung vom 10.03.2008 gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung eingestellt.

Gründe :

Gegenstand der durchgeführten Ermittlungen waren bundesweite Verkehrsunfälle mit Motorrädern der Firma BMW mit dem Bremssystem Integral ABS, wobei die betroffenen Motorradfahrer teilweise sehr schwere Verletzungen erlitten.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens 490 Js 124413/05, das gegen Mitarbeiter der Firma BMW bzw. der Firma FTE Automotive GmbH & Co KG geführt und gern. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, ergab sich der Verdacht, dass Verantwortliche der Firma BMW AG seit längerem Kenntnis von der Mangelhaftigkeit des Integral ABS hatten, eine ausreichende Unterrichtung der Kunden aber nicht erfolgte und die auf die Fehlerhaftigkeit des Integral ABC ( I-ABS) zurückzuführenden Unfälle bei entsprechender .früherer Unterrichtung hätten vermieden werden können.

Hierzu wurden durch das von der Staatsanwaltschaft beauftragte Sachverständigenbüro Prof. Dr. Buck und Kollegen verschiedene verunfallte Motorräder der Firma BMW im Hinblick auf das BMW Integral ABS untersucht und Fahrversuche zur Aufklärung der Unfallursachen durchgeführt.

Vorauszuschicken ist insoweit, dass das BMW Integral ABS' vier Funktionen in einer kompakten Baugruppe vereinigt: ABS, Integralbremsfunktion, Bremskraftverstärkung und Überschlagschutz.

Zwar kommt der Sachverständige in seinem Gutachten vom 17.10.2007 zu dem Ergebnis, dass die BMW Integral Bremse systembedingt gegenüber den Bremssystemen anderer Hersteller und auch anderer Baureihen von BMW eine Reihe von Eigenschaften aufweist, die aus unfallanalytischer Sicht als problematisch einzustufen sind, dennoch besteht auch unter Berücksichtigung dieser Umstände kein für die Erhebung einer Anklage hinreichender Tatverdacht. Die durchgeführten Ermittlungen, insbesondere die Feststellungen des Sachverständigen, haben nämlich nicht ergeben, dass eine der Schwachstellen des Bremssystems ursächlich für die untersuchten Unfälle war.

So haben die vornehmlich mit dem Motorrad des Zeugen Ebert durchgeführten Fahrversuche ergeben, dass das I-ABS-System nur dann unvorhergesehen ausfällt, wenn die Spannungsversorgung versagt. In diesem Fall ist die ABS-Funktion nicht mehr vorhanden und das Motorrad kann nur noch mit geringer Restbremskraft verzögert werden. Bei einem allmählichen Absinken der Spannung bleibt hingegen das System bis zum Versagen der Zündung voll betriebsbereit. Bei intakter Stromversorgung tritt auch bei wiederholten Bremsungen und dem dadurch erhöhten Stromverbrauch kein Versagen auf. Der Sachverständige konnte trotz zahlreicher Brems- und Fahrversuche im normalen Fahr- und Bremsbetrieb zu keinem Zeitpunkt eine Unterbrechung der Stromversorgung feststellen. Der von den betroffenen Motorradfahrern geschilderte Ausfall der Bremskraft konnte in den vom Sachverständigen durchgeführten Fahrversuchen nicht rekonstruiert werden. Der einzige bei den Fahrversuchen wiederholt festgestellte Fall eines sofortigen Blockierens des Vorderrades trat beim Ausschalten der Zündung während einer Bremsung auf, wenn die Spannungs-Versorgung bewusst durch Drehen des Zündschlüssels unterbrochen wurde. Aufgrund dieser Feststellungen ist es daher letztendlich nicht auszuschließen, dass die Unfälle nicht auf das Bremssystem, sondern auf andere Ursachen zurükzuführen sind. Dieses Ergebnis wird auch gestützt durch die Feststellung des Sachver-
ständigen bezüglich des Unfalls des Zeugen Böttger. In diesem Fall hat er festgestellt, dass selbst ein totales Bremsversagen nicht zu einem Abkommen von der Fahrbahn hätte führen müssen. Als Ursache für ein Abkommen kommt demnach überhöhte Geschwindigkeit nicht in Betracht, sondern eher eine Ablenkung vom Straßenverkehr. Welche Ursache eine derartige Ablenkung gehabt hat, kann letztendlich nicht mehr festgestellt werden. Ein fehlerhaftes Verhalten des ABS bzw. des Bremskraftverstärkers ist bei einer nach dem Unfall durchgeführten Untersuchung nicht festgestellt worden.

Soweit beim Auslesen des Fehlerspeichers Fehlermeldungen festgestellt wurden, sind weitere Ermittlungen nicht erfolgversprechend, weil der mit abgespeicherte Kilometer-Stand nur alle 8 Kilometer aktualisiert wird, so dass eine genaue Zuordnung des Fehlerzeitpunktes nicht möglich ist. Somit ist nicht feststellbar, ob der Fehler auf ein unkontrolliertes Verhalten des Kraftfahrzeugführers während des Sturzes zurückzuführen ist oder bereits vor dem Unfall bei Bremsbeginn aufgetreten ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass ohnehin nur ein Teil der untersuchten Motorräder Fehlermeldungen abgespeichert hat, deren genaue Bedeutung nicht ohne weiteres feststellbar ist. Die Namensgebung der Fehlereinträge ist insoweit nicht aussagekräftig.

Selbst im Rahmen einer etwaigen Analyse der Software ist eine endgültige Abklärung nicht möglich, weil nach wie vor offen bliebe, ob das aufgezeichnet Ereignis vor dem Unfall stattfand und ausschließlich für diesen ursächlich war.

Im Übrigen würde im Falle des Ausfalls des Systems durch eine Unterbrechung der Stromversorgung kein Fehler im Fehlerspeicher abgelegt werden, da das System bereits vorher deaktiviert wurde. Aufgrund der genannten Umstände sind auch weitergehende Untersuchungen insbesondere von Motorrädern, die vom Sachverständigen bislang nicht in Augenschein genommen wurden, ungeeignet einen hinreichenden Tatverdacht zu begründen.

Dies gilt auch für die im Laufe der durchgeführten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis gebrachten, vom Sachverständigen bislang noch nicht untersuchten Unfalle.

Die Staatsanwaltschaft verkennt keinesfalls das Interesse der betroffenen Motorradfahrer an der Klärung des Problemkreises I-ABS-System, weitere Ermittlungen zur Aufklärung konkreter Straftaten sind aber im Hinblick auf die Kausalitätsproblematik nicht veranlasst.

Etwaige zivilrechtliche Ansprüche werden durch diese Entscheidung nicht berührt.

Hochachtungsvoll
...

Ich möchte diese Entscheidung der Staatsanwaltschaft eigentlich unkommentiert lassen. Meine Leser, wenn sie Motor-KRITIK schon länger verfolgen, kennen meine grundsätzliche Einstellung. Mit dem im Einstellungsschreiben erwähnten ABS-System sind aber noch um 250.000 Fahrer von BMW-Motorrädern unterwegs. Auch eine weitere Anmerkung sei erlaubt: der in der obigen Verfügung zitierte "Zeuge Böttger" ist tot, konnte also, zu dem Unfall dem er erlag, nie vernommen werden.

Bei BMW geht die Entwicklung des Motorrad-ABS aber weiter. Man arbeitet auch weiter am Image eines Motorrad-ABS. Mit und ohne Dr. Hubert Koch. Gerade wird z.B. eine Rennmaschine für die Super Bike-Meisterschaft entwickelt. Nicht nur mit einer Traktionskontrolle, sondern auch mit einem Renn-ABS, einer Wegfahrsperre und einem Zündschloss ausgestattet. Damit ist man dann - ausstattungsmäßig - sozusagen "weltweit vorne". Ein Renn-ABS kennt man bisher im Motorrad-Rennsport nicht, auch eine Wegfahrsperre ist bei Rennmaschinen unüblich. Genauso auch ein Zündschloss. Diese Rennmaschine braucht aber auch eine Serienbasis. Und wenn man den neuen BMW-Renner (ab 2009 im Einsatz) nun in der Öffentlichkeit als Ausgangsbasis für die (wegen der Homologations-Stückzahl) notwendige Serien-Basis nimmt... - Alles verständlich. Und in Gesprächen mit BMW-Fans (die gibt es!) höre ich dann, dass diese Serienmaschine "nur um 1.000 Euro teurer sein wird als die japanische Konkurrenz". - Das Motorrad gibt es natürlich noch nicht, aber man kennt schon den Verkaufspreis.

Bei den Testfahrten mit der BMW Super-Bike-Version auf einer spanischen Rennstrecke fährt man ein Konkurrenzmodell dazu immer im Vergleich. Und man bejubelt die besseren Zeiten der BMW. Damit sich der Vorstand freut, denn der freut sich immer über "gute Zahlen". Die bekommt er dann auch geliefert.

Genauso, wie bei den Zulassungszahlen für BMW-Motorräder in der BRD im Jahre 2007. Dass der Anteil an "gewerblichen Zulassungen" (also auf bei Zulassungen nicht auf Privatpersonen, sondern auf Firmen) dabei um 45 Prozent lag, ist ihm wohl verborgen geblieben. Dass so auch das Preisniveau von BMW-Motorrädern in nächster Zukunft beeinflusst wird, darüber sollte man in München doch einmal nachdenken. Nachdenklich geworden ist jedenfalls der BMW-Motorradhandel, zumal deren Inhaber noch in den letzten Wochen des Jahres 2007 oftmals auf dem Straßenverkehrsämtern zu finden waren, um z.B. noch Vorführmaschinen oder "Leihmotorräder" zuzulassen. (Das KBA erfasst übrigens bei Motorrädern - zufällig - keine "Kurzzeit-Zulassungen" mehr - die man auch bisher als "Tageszulassungen" kannte.)

Damit das BMW-Management glücklich ist und an ein gutes Ende glaubt. - Von den Motorradbesitzern mit einer BMW und ABS glauben sicher nur wenige daran. - Das sind dann die dummen Realisten. - Bei BMW hat man Visionen. -

Wer eigentlich, auf welcher Entscheidungsebene? - Weil mir eigentlich noch niemand dort als Visionär aufgefallen ist.

MK/Wilhelm Hahne

PS: Gestatten Sie mir am Ende dieser ernsten Geschichte noch ein kleines "Schmankerl". Die Form der neu verbauten Bremsleitung hat mich zu einer Idee angeregt, zumal... - aber sehen Sie selbst:

So ähnlich verläuft hier im Umfeld des Dorfes tatsächlich die B 258. - Wenn man darüber in München nicht lachen kann, habe ich hier noch eine Anregung für die Neudeutsch-Strategen im BMW-Marketing: Auch Bremsleitungen sollte man "sexy" verkaufen. Natürlich kann man - wie jetzt auch getan - von "geänderter Geometrie und Biegeverlauf" sprechen. Cooler wäre aber, wenn man jetzt - geradezu oberaffengeil - von Bremsleitungen im "BMW-running-snake-designe" sprechen würde. - Da kommen dann auch "Schwingungen" rüber. - ABS kann auch fröhlich machen. - Schließlich darf sich jede gute Schlange mal häuten. Sozusagen als "TA".


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