BFGoodrich Langstreckenmeisterschaft 2008: mal ganz entspannt betrachtet und auch mit der aus einer anderen Zeit verglichen

Natürlich sind die Samstage an denen die Langstreckenrennen auf der Nordschleife (mit einem Teil des GP-Kurses) stattfinden, für mich mit ein wenig Hektik verbunden. Vorher muss noch eingekauft werden. Ich verzichte dann auf das Mittagessen um rechtzeitig um 12 Uhr den Start mit zu erleben. Da bin ich mal am "Brünnchen", mal in der schnellen Passage des "Pflanzgarten" (nach dem "großen Sprunghügel"). Man hat mich - im letzten Jahr - auch oftmals am "Wehrseifen" gesehen; ich war in der "Hatzenbach" unterwegs, weiß um das durchschnittliche Zuschaueraufkommen, kenne auch die offiziell verkündeten Zahlen. Und in 2008 gibt es nun den FIA-Sicherheitszaun. - Was mich betrifft, so ist mein Interesse als Zuschauer nun ein wenig abgekühlt. Als Journalist habe ich natürlich gerade jetzt ein großes Interesse daran, meine Einschätzung mit den Reaktionen der Zuschauer zu vergleichen. Aber muss ich da von der ersten Minute des Rennens an der Strecke sein? - Nein. - Und so sage ich zum Termin des 50. ADAC ACAS H&R-Cup zur Überraschung meiner Frau so gegen 11 Uhr: "Wir essen erst noch zusammen. Ich kann den Start auch "live", akustisch aus meinem Computer verfolgen. - Und dann fahre ich mal in Ruhe rund um die Strecke und fotografiere und mache mir ein paar Notizen." - Meine Frau schaut mich an, als ob ich krank wäre. Aber ich bin nicht krank, sondern - meine ich - die Langstreckenserie krankt. Man spürt das an den verschiedensten Symptomen. - Ich möchte mir das mal heute - aber auch Ihnen - an den Zahlen verdeutlichen. Am Beispiel dieses Rennens, des 50. ADAC ACAS H&R-Cup.

Zuschauerzahlen: mal geträumt - mal ehrlich

08-05-05/05. - Während wir uns ein frisch gebratenes Rotbarsch-Filet zu Munde führen, hören wir die sich überschlagende Stimme des Streckensprechers, der uns den Start der Spitzengruppe schildert. Danach saust man jetzt breit gefächert - "in einer Sechserreihe" - auf die erste Kurve zu. Meine Frau schaut mich an und fragt: "Und was macht jetzt dein Bruder". - Ich sage: "Der ist ein richtiger Rennfahrer. Da mache ich mir keine Sorgen. Der kann auch noch beim Fahren denken und richtige Entscheidungen treffen".

Und dann hören wir auch schon vom Chaos in der ersten Kurve und - dass aus dieser Kurve nun mein Bruder als Dritter mit dem Porsche kommt, nachdem er von Startplatz Acht ins Rennen gegangen war. Und wir essen in Ruhe weiter, nehmen interessiert zur Kenntnis, dass es auch einer Dodge Viper trotz überlegener Leistung ein paar Runden lang nicht gelingt, den Porsche meines Bruders (er heißt übrigens Armin) zu überholen.

Wir nehmen noch in Ruhe ein Dessert zu uns, bevor ich mich auf den Weg mache. Ich fahre zunächst mal in die "Hatzenbach" (vom Ort Nürburg aus), wo ich nun (!) einen offenen Zugang vermute. Tatsächlich ist die Schranke, die sonst immer geschlossen ist, offen. Was mir klar ist, ist wohl leitenden Mitarbeitern der Nürburgring GmbH unklar, weil die sich, auf der anderen Seite der Rennstrecke fragen, wer denn wohl die Schranke geöffnet hat, weil sie oben, eingangs der "Hatzenbach", eine Menge Automobile entdecken. Mein Fahrzeug ist auch dabei, und ich höre über mein Handy vom Unwissen der Nürburgring-Mitarbeiter.

Mich wundert das nicht. Wer weiß schon von denen da oben, was in ihrem Umfeld passiert? - Die haben offenbar nichts von der Ausschreibung der Gemeinde Nürburg für das Aufstellen eines Würstchen-Standes in der "Hatzenbach" gewusst. Wenn dort oben aber nun Pacht für eine Würstchenbude kassiert wird, dann muss man zu dieser "Geschäftsstelle" auch einen Zugang öffnen. - So hatte ich mir gedacht, war dort hin gefahren wo sonst immer geschlossen war und bin in meiner Meinung bestätigt worden.

Zunächst habe ich aber mal von dort das Gegenüber, das Fahrerlager und die Tribünen fotografiert:

Sparsam, sehr sparsam besetzt. Und das 4-Stunden-Rennen läuft in der Anfangsphase, ist gerade eine Stunde alt. Mein Bruder übergibt das Steuer des Porsche an einen seiner Mitstreiter auf Platz zwei des Gesamtklassements liegend.

Verglichen mit den Rennen im letzten Jahr (als die Schranke noch die Zufahrt verriegelte) ist hier oben "richtig Betrieb". So um 200 Leute beobachten hier das Rennen und um 100 Automobile sind hier geparkt. Bleibt man oben auf dem Parkplatz, hat man noch eine einigermaßen gute Sicht auf die in die erste Linkskurve fahrenden Automobile - über den Zaun hinweg. Geht man dann näher heran, hat man folgendes Bild:

Da bleibt man besser gleich oben am Würstchenstand stehen...

...da, wo man - da eine so genannte "Infrastruktur" nicht vorhanden ist - natürlich nicht ohne...

...Stromaggregat auskommt. - Hier ein Blick auf die geparkten Automobile:

Man findet so auch meine Darstellung bestätigt, dass man vom Parkplatz aus "über den Zaun" schauen kann. Nur sind dann die Rennfahrzeuge (fast) so weit vom Betrachter entfernt, wie auf dem Grand-Prix-Kurs. So oder so werden sich also die Rennstrecken wieder ähnlicher, aber nicht zuschauerfreundlicher.

Ich fahre weiter zur "Antoniusbuche", wo ich auf der Brücke auch "jede Menge" (3 Stück) Zuschauer entdecke, denen das Zuschauen nicht leicht gemacht wird:

Aber seitlich davon stehen noch welche (mit Hund), die ein wenig "um die Ecke" schauen müssen:

Und da, wo man sich früher auf einem erhöhten Standort mit Freunden traf, um am schnellsten Punkt der Strecke das Fahrkönnen der Piloten zu beurteilen...

...da stehen jetzt gerade mal vier Personen, die nun - trotz Erhöhung - durch den Zaun schauen müssen. Und wer steht schon gerne hinter Gittern? Also mit diesem Platz verglichen, war oben in der ersten "Hatzenbach"-Kurve richtig was los:

Auf dem unteren Foto ist auch zu sehen, dass hier eine "Foto-Schießscharte" angebracht worden ist. Für Sitzende zu hoch, für Stehende zu tief. Man muss entweder klein sein, oder mit gebeugtem Rücken arbeiten, was wohl hier "am Ring" sehr gerne gesehen wird.

Aber ich muss hier noch auf eine Besonderheit dieser Stelle aufmerksam machen. Hier gibt es sogar zwei Zäune, vorne den FIA-Sicherheitszaun, dahinter den alten Zaun. Wenn man nun vorne am Zaun steht und es regnet, dann kann man theoretisch die Fläche zwischen den beiden Zäunen mit einer so genannten Waggondecke überspannen und - steht im Trockenen. - Das vielleicht als Tipp für Besucher des 24-Stunden-Rennens.

Wirklich bequem lässt sich das Rennen z.B. von der hier gezeigten, einer erhöhten Position - relativ weit von der Rennstrecke entfernt - im Bereich des "Tiergarten" beobachten:

Mit einem Fernglas ausgestattet ist ein Rennen hier sehr gut zu verfolgen. Auf dieser Position habe ich in den letzten Jahren nie einen Zuschauer entdeckt. Aber der FIA-Sicherheitszaun eröffnet neue Perspektiven.

Von hier aus bin ich dann weiter entgegen der Rennstreckenrichtung zur offiziellen Einfahrt Nordschleife gefahren. Dort habe ich auch um 50 Automobile gezählt und um 100 - 150 Besucher.

Alles nicht so toll, so weit es die Zuschauerzahlen betrifft. Aber es gab auch hier spannende Rennszenen zu beobachten. Da schwenkten die Streckenposten wie toll die "Gelbe Flagge"...

...während ein Sicherheitsfahrzeug einen verunfallten Wettbewerbsteilnehmer...

...rückwärts von der Strecke zieht. Wobei ich an diesem Beispiel auf etwas aufmerksam machen möchte, was scheinbar für (fast) alle normal ist:

In diesem Jahr gibt es einen neuen Sponsor für die Langstreckenserie, der sich nun auf den Windschutzscheiben aller Wettbewerbsfahrzeuge breit macht. Diese Werbung muss angebracht sein, wenn man hier starten will. Und der Vorstandssprecher der Langstreckenmeisterschaft, Hans Jürgen Hilgeland, ist stolz darauf und meint: "Unsere Rennserie ist ein ausgezeichneter Werbeträger. Ich bin stolz, dass der AvD mit von der Partie ist und begrüße dessen Engagement ausdrücklich."

Für mich ist das so, als würden alle Mitarbeiter von McDonalds ein Stirnband tragen, auf dem für BURGER KING geworben wird. - Das können Sie sich nicht vorstellen? - Aber warum kann man dann als eine Veranstaltergruppe, bestehnd aus sechs ADAC-Ortsclubs und vier aus dem DMV, normal finden und "stolz darauf sein", wenn man für die Konkurrenz (AvD) Werbung fährt? - Wegen des Geldes? -

Aber viele Funktionäre gefallen sich in der Rolle von cleveren Geschäftsleuten, die alles begriffen haben, nur nicht mehr den Sport. Denn: auch Motor-Sport kann Sport sein, wenn er nicht primär vom Geld, vom Marketing bestimmt ist. Aber gerade jetzt erleben wir auf der Ebene kleiner Veranstalter, dass man sich dort als der Erfinder des Motorsports empfindet. - Was ist schon ein Bernie Ecclestone verglichen mit Hans Jürgen Hilgeland?

In dieses Umfeld passt dann auch ganz gut - als Beteiligter - Dr. Kafitz, der mit der Nürburgring GmbH bei der Veranstaltergemeinschaft Nürburgring GbR beteiligt ist. - Das wundert niemand, das stört offensichtlich niemanden. - Ist das im Interesse des Sports?

Doch begleiten Sie mich jetzt weiter, bei meiner Reise um die Nürburgring-Nordschleife. Ich erreiche den drittschnellsten Streckenbereich, hinter dem "großen Sprunghügel" der Passage "Pflanzgarten":

Hier habe ich auch schon mehr Zuschauer gesehen. Als ich den Hügel erklommen habe, bietet sich mir folgendes Bild:

Das nenne ich "dünn besetzt". Und wenn ich einen Blick auf den Parkplatz unten werfe:

Hm - und ein Blick hinüber auf den "Schwalbenschwanz" ist auch nicht beeindruckend:

Da wird es Zeit, dass ich mal die großen Parkplätze am "Pflanzgarten" und "Brünnchen" aufsuche:

Der am "Pflanzgarten" ist wirklich gut besetzt und auch der am "Brünnchen"...

...macht einen relativ vollen Eindruck. Schaut man einmal genauer hin, dann muss auffallen, dass die Wohnmobile, denen man inzwischen die Nutzung der weiter rechts gelegenen Parkfläche verwehrt hat (s. den Hinweis in einer anderen zu diesem Termin erscheinenden Geschichte von mir), nun vorne, vor den hier hier geparkten...

..."normalen" Personenwagen einen großen Teil des vorhandenen Parkplatzes weg nehmen. Wer zuerst kommt... -

An der "Hohen Acht" ist praktisch nichts los und auch hinunter nach Adenau findet sich kaum (z.B. am "Bergwerk") ein Zuschauerfahrzeug, weil auch hier die Schranke geschlossen ist. Am "Wehrseifen" sind dann zwar auf der schmalen Straße bergauf eine Reihe von parkenden Fahrzeugen festzustellen und oben auf dem quer verlaufenden Feldweg sieht es dann so aus:

Aber das bringt auch keine tausende Zuschauer an den Ort des Geschehens. Zum "Adenauer Forst" hin ist ebenfalls die Schranke geschlossen (so lange dort keine Würstchenbude eine Pacht bezahlt) und die auf dem Schulparkplatz unten abgestellten Automobile sind zählbar.

Zum "Metzgesfeld" hin ist ebenfalls die Schranke zu, vor der sich dann...

...zwei Zuschauer-Automobile stauen. - Ich fahre hinauf zur Tankstelle "Döttinger Höhe" wo ich auf eine Reihe von "Langstrecken-Fans" treffe. "Und?", frage ich - und stelle die Frage nach dem persönlichen Eindruck, was das Zuschauerinteresse betrifft. "Nicht los", meint man. Was eigentlich unverständlich ist, weil um 230 Fahrzeuge genannt hatten, das Wetter hervorragend war.

War es der Benzinpreis? - Oder war es der FIA-Sicherheitszaun? - Ich will das nicht bewerten, nur feststellen, dass nach meiner Beobachtung und Schätzung, die - wie ich mit meiner Geschichte untermauert habe -  die schon relativ exakt ist, auf kaum mehr als 7.000 Besucher zu diesem 50. ADAC ACAS H&R-Cup gekommen bin. Runden wir mal einfach auf 10.000 auf, einschl. aller Fahrer, Monteure, Familienmitglieder, Funktionäre.

Wenn ich mal einen Blick in die offiziellen Zahlen  des letzten Jahres werfe, so waren damals - zum gleichen Rennen - auch 210 Fahrzeuge am Start und es wurden vom Veranstalter 45.000 Besucher in 2007 vermeldet. - ??? -

Haben Sie irgendwo etwas von "Pleite" im Zusammenhang mit diesem Langstrecken-Meisterschaftsrennen gelesen? - Ich meine das im Hinblick auf das Zuschauer-Aufkommen.

Dabei war auch die Kluft zwischen Rennfahrzeug-Preis und fahrerischem Können kaum jemals so deutlich auszumachen, wie dieses Mal. Ich möchte dazu nur ein (grobes) Beispiel bringen. In einem Team von drei Fahrern fährt der beste davon in seinem Turn für die anderen praktisch die Basis-Zeit für meine Betrachtung. Der zweite fährt dann 1 sec, der dritte dann 2 sec langsamer. - Pro Kilometer. - (Achten Sie mal beim nächsten Besuch auf solche Details.)

Aber die Langstreckenmeisterschaft ist ja Basissport, so habe ich gelernt. Und dann ist das alles recht ordentlich. - Wenn sich nicht viele, die hier beteiligt sind, für die Größten halten würden.

Manchmal wäre es wirklich besser, man würde träumen und nicht zählen. - Ehrlich! - Aber Träumer gibt es eigentlich genug.

MK/Wilhelm Hahne


  • Jetzt sind Sie gefragt!

    Ihre Meinung zu obigem  Beitrag
    können Sie mit einem Klick
    und ein paar Sätzen loswerden:
    Senden Sie mir ein e-mail

    Danke, für Ihre Mitarbeit!