Entsprechend dem seit Anfang 2006 gültigen Informationsfreiheitsgesetz sind Bundesbehörden dem Bürger zur Auskunft verpflichtet

Hätten Sie es gewusst? - Solche bzw. ähnliche Gesetze gibt es in anderen europäischen Ländern seit vielen, vielen Jahren. Aber das Obrigkeitsprinzip funktionierte bei uns so gut, dass man sich erst auf den "europäischen Druck" hin aufraffte, das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) zu schaffen. In Schweden kennt man z.B. ein ähnliches Gesetz, das die Verwaltungstransparenz gegenüber der Öffentlichkeit, dem normalen Bürger, sicher stellt, seit 1766. Und das gilt auch für Finnland. (Finnland stand zu dieser Zeit unter schwedischer Herrschaft.) In unseren Landen wurde ein ähnliches Gesetz erst unter Führung der "rot-grünen" Bundesregierung - und dem Druck aus Brüssel - in den Koalitionsvereinbarungen von 1998 und 2002 geplant und dann schließlich gegen Ende des Jahres 2004 als Entwurf in  den Bundestag eingebracht. FDP und PDS waren dagegen, der Bundesrat stimmte aber Mitte 2005 zu. Und dann war es tatsächlich Anfang 2006 so weit, dass dieses Gesetz Gültigkeit erlangte. Ein Gesetz stellt zwar Regeln auf, aber ändert kaum die betroffenen Strukturen. Beamte von gestern sind auch heute noch von einem bestimmten Selbstverständnis geprägt und handeln entsprechend. Und so kann man selbst im Jahre 2008 - zwei Jahre nach Einführung des Gesetzes -nur feststellen, dass das vom Gesetz geforderte Umdenken und eine entsprechende Beteiligung der Bürger nicht stattgefunden hat.

Der mündige Bürger läuft gegen eine Beamten-(Schutz-)Wand

08-05 -21/03. - Selbst der Bundesdatenschutz-Beauftragte Peter Schaar, der gleichzeitig im Auftrag des Bundes die Wirksamkeit des Informationsfreiheitsgesetzes überwachen soll, hat nach zwei Jahren der Gesetzesgültigkeit feststellen müssen, dass immer, wenn
Anfragen von Bürgern "wunde Punkte" betreffen, sich die Beamten immer noch um die so genannte Amtsverschwiegenheit bemühen, die eigentlich mit dem neuen Gesetz abgeschafft werden sollte.

Und man findet immer neue Gründe, sich um eine klare Auskunft zu drücken. Zumal im Gesetzestext den Behörden und ihren Beamten bestimmte Möglichkeiten eingeräumt werden. So ist zwar lt. Gebührenordnung eine mündliche und schriftliche Auskunft (auch bei Herausgabe von wenigen Abschriften oder Kopien) gebührenfrei, aber es können - auch nach Gesetz - dann Kosten bis zu 500 Euro entstehen, wenn für ein ausführliche Auskunft behördenintern ein größerer Aufwand betrieben werden muss.

Im Zweifelsfall kostet dann halt so eine unter Hinweis auf der IFG geforderte Auskunft dann eben 500 Euro. Wer will denn schon die Richtigkeit einer solchen Forderung in Frage stellen.

Interessant ist, dass in den zurück liegenden zwei Jahren der Bundesdatenschutzbeauftragte nur insgesamt fünf förmliche Beanstandungen gegenüber Behörden aussprechen musste, die versucht hatten, die Bestimmungen des Gesetzes geschickt zu umgehen. Dazu gehörte zwei Mal das Verkehrsministerium. Eine Unterabteilung (Tochter) des Verkehrsministeriums ist übrigens das Kraftfahrtbundesamt, auch KBA genannt. Zu den "Kunden" dieses Amtes zählt die Automobilindustrie, die dieses Amt mit gut bezahlten Aufträgen versorgt. Es entsteht dabei der Eindruck, dass dieses Amt dann auch seine Kunden schützt, wenn die "von außen", von normalen Bürgern, angegriffen werden.

Ein normaler Bürger, so meine ich,  hatte sich z.B. beim KBA gemeldet, um in einer bestimmten Sache - die für ihre Nutzer lebenswichtig sein kann - eine Auskunft zu erhalten. Das KBA hatte ihm dann mitgeteilt, dass sie selbstverständlich der im IFG bestimmten Auskunftspflicht nachkommen. Leider wäre aber in diesem Falle der Aufwand so groß, dass man schon an die mögliche Höchstgrenze (500 Euro) stoßen würde. Ob er denn, der liebe Bürger, bereit sei, so viel Geld für eine solche Auskunft zu zahlen.

Der Kunde wollte nicht, sah im Verhalten des KBA nur die Absicht, eine Auskunft zumindest zu erschweren und hat sich an den Bundesdatenschutzbeauftragten gewendet. Der hat sich dann mit dem KBA in Verbindung gesetzt und konnte - in diesem Falle - dem "mündigen Bürger" am 19. Mai 2008 z.B. mitteilen:

BETREFF  Zugang zu amtlichen Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz beim Kraftfahrt-Bundesamt

BEZUG  Mein Schreiben vom 19. März 2008; PGIFG-XXX-XXXXXX-XX-XX

Sehr geehrter Herr XXXXX,

das Kraftfahrt-Bundesamt hat Sie mit Bescheid vom 19. März 2007 vorab auf eine zu erwartende überdurchschnittlich hohe Gebührenforderung hingewiesen. Sie haben  - als Antwort - mit Schreiben vom 22. März 2007 den Antrag zurückgezogen, solange Sie Ihre Fragen zu den Kosten nicht abschließend klären konnten. Das Amt hat in seiner Stellungnahme an mich seine Rechtsauffassung bekräftigt und erklärt, dass es die Bemessung des geforderten Vorschusses nach wie vor für angemessen und rechtmäßig erachtet.

Vor diesem Hintergrund empfehle ich Ihnen, zusammen mit dem Kraftfahrt-Bundesamt Ihr Informationsbegehren einzuschränken und zu präzisieren, um so die Kosten für sich in einem vertretbaren Rahmen zu halten.

Das Informationsfreiheitsgesetz hat zum Ziel, das Vertrauen zwischen dem Staat und den Bürgerinnen und Bürgern zu stärken, indem öffentliches Verwaltungshandeln transparenter und nachvollziehbar gemacht wird.

Ich habe das Kraftfahrt-Bundesamt zudem um eine abschließende Stellungnahme gebeten. Sobald meine Prüfung abgeschlossen ist, werde ich Sie über das Ergebnis unterrichten.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

XXXXX

Der "mündige Bürger" hat dem Datenschutzbeauftragten noch am gleichen Tag per E-mail folgendes geantwortet:

Guten Tag XXX XXXX,

in Ihrem Schreiben vom 19.05.2008 teilen Sie mir mit, dass Sie mir
empfehlen, in Absprache mit dem Kraftfahrt-Bundesamt mein
Informationsbegehren einzuschränken und zu präzisieren, um so die Kosten für
mich in einem vertretbaren Rahmen zu halten. Das hat sich nun erübrigt. Zum
einen habe ich Teile der angefragten Informationen anderweitig - zumal
kostenlos - erhalten, beispielsweise über die ermittelnde Staatsanwaltschaft
München I.

Und ferner verhält es sich so, dass der Absatz in Ihrem Schreiben

"Das Informationsfreiheitsgesetz hat zum Ziel, das Vertrauen zwischen dem Staat und den
Bürgerinnen und Bürgern zu stärken, indem öffentliches Verwaltungshandeln transparenter
und nachvollziehbar gemacht wird."

im Kontext mit der von mir so wahrgenommenen Informations-Blockade des KBA
und der offensichtlichen Gebührenpolitik des Kraftfahrt-Bundesamtes selbst
eine Information ist. Das Kraftfahrt-Bundesamt als Unterbehörde des BMVBS
und damit der Regierung hat nach meiner Einschätzung der Sachlage gar kein
Interesse, den Zielen des Informationsfreiheitsgesetzes, und seinem Sinne
(nicht nur den Buchstaben nach) zu entsprechen.

Das alles reicht mir als Information völlig aus. Wenn eine Regierungsbehörde
in einem so genannten demokratischen Staat so handelt, wird es einen Grund
geben. Bei der Firma XXXXX geht es ja auch um eine XXXXX-Dynastie, die zu
den reichsten und damit mächtigsten Menschen in Deutschland gehören. Und
beim technischen Thema (ABS, Motorräder) selbst wurden mit strategischen
Allianzen Lobby-Kampagnen mit Hilfe von Beamten des BMVBS veranstaltet. Es
geht und ging offenbar um die rücksichtslose Markteinführung einer
zweifelhaften Technologie, wohlgemerkt ohne Technikfolgenabschätzung, um
einflussreichen Wirtschaftsinteressen zu entsprechen.

Dessen ungeachtet freue ich mich über Ihr Engagement, und bin sehr wohl an
der abschließenden Stellungnahme des Kraftfahrt-Bundesamtes interessiert,
wie auch an dem Ergebnis, wenn Ihre Prüfung abgeschlossen ist.

Informationen vom KBA selbst benötige ich aber - in dieser Sache - nicht
mehr.

Freundliche Grüße

XXXXX XXXXX

Ich wollte meine Leser nicht mit der Darstellung des gesamten Schriftwechsels langweilen, der bis ins Jahr 2007 - wie oben zu lesen - zurück reicht. Die Darstellung dieser beiden "Meinungen" reicht sicherlich aus, um sich ein Bild von der Situation zu machen, die sich - zumindest in dieser Sache - durch das seit 2006 gültige Gesetz für den Normalbürger kaum verändert hat. Die (Computer-)Zeitschrift "c't" kommt in ihrer Ausgabe Nr.10/2008 (auf den Seiten 46 und 47) bei der Einschätzung des IFG-Nutzens für den "mündigen Bürger" zu der Feststellung: "Wann immer die Anfragen der Bürger auf heikle Punkte zielen, machen Behörden in gewohnter Weise die Schotten dicht - nur studieren sie dazu jetzt die vom IFG belassenen Ausnahmen besonders gründlich"

Wenn Sie das Thema - aus welchen Gründen auch immer - wirklich interessiert, sollten Sie sich mal den Gesetzestext anschauen, den Sie unter

http://www.bundesrecht.juris.de/bundesrecht/ifg/gesamt.pdf.

finden. Eine weitere, interessante Internetseite zu diesem Thema, auf der es praktisch ein "Aktensammelstelle" zum IFG-Thema gibt, finden Sie unter

www.befreite-dokumente.de

Wenn es zu dem oben dargestellten Fall, der die technische Innovation "ABS für Motorräder" zum Thema hat, etwas aus meiner Sicht Neues zu berichten gibt, werden Sie das auf diesen Seiten finden.

MK/Wilhelm Hahne


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