BMW hat eine innovative Lösung auf Premium-Niveau für Motorräder mit alten Handprotektoren (bis Baujahr 2007) entwickelt und setzt sie nun in die Praxis um

In meiner Geschichte vom 13. April 2008 ("Mit "TA" wird bei BMW eine "Technische Aktion" bezeichnet") beschrieb ich u.a. die Probleme, die BMW mit den bis Ende 2007 gelieferten Handprotektoren (Handschutzschilder) hat. BMW-Fahrer brauchen offensichtlich so etwas. Dieses "So-etwas" führte dann hin und wieder zu Fehlfunktionen bei der Bremse. Sich verdrehende Handschalen an den Lenkergriffen führten zu Ärger. Was  dann schon mal zu einem signalroten Kopf beim BMW-Fahrer führte. Vielleicht auch schon mal zu Sturz und Verletzungen. Aber da gibt es keine Statistiken. Weil das bei BMW niemand wirklich interessiert. Aber Kunden, die nach einem Unfall mit ihrem Motorrad auf die Reparatur warteten, die warten noch heute auf die beim Sturz defekt gewordenen Handschutzschilder. BMW hatte die Auslieferung der "alten" Version, wie sie auch bei den 2007er Modellen noch verbaut wurden, gesperrt. Und die BMW-Händler warteten auf eine neue Ersatztteilnummer, neue Preise.  - Neue Teile?  (In die in der Zwischenzeit notwendig gewordenen Kostenvoranschläge  hatte man ca.-Preise eingesetzt.) Doch es verging Monat um Monat. Nichts geschah. Doch jetzt.... - und ich bin nur durch einen Zufall darauf gestoßen.  Aber da ich so einmal in der "BMW-Welt" unterwegs war, bin ich auf weitere  "innovative Premium-Entscheidungen" der BMW-Verantwortlichen gestoßen.

BMW wird durch neue "PA" zum "Papiertiger":
mit Aufklebern und Beilagen zur "BA" mehr Sicherheit fürs KBA -
und mit "GP" mehr Spaß an der "EWS"

08-06-28/01 - Sie hatten durch meine Geschichte vom 13. April erfahren, dass BMW mit "TA" eine "Technische Aktion" bezeichnet. Man arbeitet in München gerne mit Abkärzungen. Also habe ich mich im Titel meiner Geschichte den BMW-Vorlieben angepasst: "PA" heißt bei mir "Premium-Aktion", mit "GP" werden "günstige Preise" bezeichnet, "BA" ist die Abkürzung für "Betriebsanleitung", KBA das Kraftfahrtbundesamt und EWS - viele BMW-Fahrer haben es leidvoll erfahren - ist das Kürzel für "Elektronische Wegfahrsperre". - Lassen Sie mich zunächst  mit dem Thema Handschutzschilder (Handprotektoren) beginnen.

Bei den NEUEN, den 2008er-Modellen, da gibt es keinen Ärger. Die Handschalen (-protektoren, -schützer) sind ganz anders aufgebaut. Und mit einer Schraube am Ende eines "Auslegers" (s. Foto) gegen Verdrehen gesichert.


Ich habe es zwar schon mal geschrieben, wiederhole mich hier aber zum besseren Verständnis dieser Geschichte gerne noch mal: Die neuen Griffschalen unterscheiden sich deutlich im Aufbau von den bisherigen Schalen. Die bedeutendste Änderung ist die kleine Schraube rechts auf dem Foto: es ist praktisch eine Verdrehsicherung. So kann eine verrutschende (verdrehende) Schale nicht mehr überraschend durch Druck auf den Bremshebel eine Bremsung einleiten oder - auf der anderen Lenkerseite - das Kupplungsspiel verändern. Was dann "nur" eine Kupplung kostet. Eine Fehlbremsung kostet evtl. die Gesundheit, ist dann schmerzhafter als das Rauchen. - Nicht nur Rauchen gefährdet die Gesundheit. Auch das Fahren mit "alten" Handprotektoren kann zu Gesundheitsschäden führen.

Im April hatte ich folgende Feststellung getroffen:  "Nun ist die Auslieferung der alten "Schutzschalen" schon seit Wochen von BMW gesperrt, das bisherige Ersatzteil wurde komplett aus dem Katalog gestrichen und kann auch zur Zeit nicht bestellt werden. Aber irgendwann muss doch einmal eine Entscheidung in der Sache gefällt werden. - Das dauert und dauert. Gegen Ende des Monats April soll nun wohl eine Lösung angeboten werden, die aber noch niemand kennt. Eigentlich müsste aus dieser Veränderung des Ersatzteils eine neue "TA" für die Modelle bis einschl. 2007 resultieren."

Nun haben wir Juni 2008. Es gibt keine Umbausätze für die "alten" BMW's, es gibt auch keine Teile für verunfallte Motorräder der Baujahre vor 2008. Weil da so nicht weiter gehen kann, wartete ich eigentlich stündlich darauf dass etwas in dieser Richtung passierte. - Und dann begegneten mir drei BMW GS, an deren Handprojektoren Schraubenpaare hell in der Sonne glitzerten, als sie gerade von einer Tankstelle weg fuhren. Waren das schon neue Handprojektoren? - Ich war ein wenig zu spät gekommen. Als ich dann Stunden später zwei BMW-Fahrer an einer Tankstelle beim Tanken entdeckte, bin ich schnell aufgefahren, um zu festzustellen, dass ich bei meinem anderen Eindruck vom gleißenden Sonnenlicht getäuscht wurde. Es waren noch die alten Protektoren. gewesen, wie ich jetzt bei einem Vergleich meines Eindrucks mit der vor mir stehenden Realität feststellen musste.

Natürlich habe ich mich mit den Motorradfahrern unterhalten. Einer erzählte mir dann, dass er die Handprotektoren (er sprach von Handschützer) erst einige Monate nach dem Kauf der Maschine nachgerüstet habe. "Sehen Sie", zeigte er auf das rechte Lenkerende, "hier ist der längere Abstandshalter verbaut." - ??? - "Wieso länger?" - "Das ist wohl so. Ohne Handschutz waren die gleich lang. Jetzt ist auf der Handbremsenseite ein längerer montiert. Das ist in der Serie auch so."

Hier ist der Fotobeweis:





Oben die "Bremsseite", darunter der "Kupplungshebelschutz".

So hatte ich wieder dazu gelernt. Man hatte also offensichtlich bei BMW im Verlaufe der Serie auch dazu gelernt, aber das die Öffentlichkeit nicht wissen lassen. Weil das sicherlich auch keine Lösung war, die zu einer wirklichen Lösung der immer wieder auftretenden Probleme mit den sich verdrehenden Handschutzschildern führte. Ob die nun unterschiedlich langen Gewichte an den Lenkerenden, die ja eigentlich Schwingungstilger sind, nun auch in der letzten Version exakt  je 300 Gramm wogen, kann ich leider nicht sagen. Vielleicht war das größere Gewicht irgendwo ein wenig hohl. Was bei BMW ja wohl auch an anderen Stellen vorkommen soll.

Und dann hörte ich von jemand, dass er ein BMW-Motorrad gesehen haben wollte, wo in den Handprotektoren innen ein Warnhinweis geklebt hätte. "Wie bei Zigarettenpackungen", sagte er. Und ich habe dann im Internet gesucht. Aber nichts gefunden. Dafür schrieb mir einer meiner Leser ungefähr folgendes:

Es gibt ganz neu Aufkleber in den Handprotektoren mit einem Zielkreuz, wo genau der Knubbel (des Handbremshebels) auf den Protektor auftreffen muss, wenn man ihn nach außen drückt, um festzustellen, dass der Protektor nicht verdreht ist. Zusätzlich gibt es eine genaue Anleitung und  Einlegeblätter für die Betriebsanleitung, wie die richtige Stellung der Protektoren zu ermitteln und zu überprüfen  ist.

Und er bestätigte mir, dass an den Handschalen selbst - und ihrer Befestigung  - nichts geändert würde. Nach seiner Feststellung gäbe es auch keine neuen Teile zum Nachrüsten, etwa solche, die ähnlich denen sind, wie wir sie inzwischen von den Modellen des Jahres 2008 kennen.

Eigentlich konnte das nur ein Witz sein. Aufkleber und eine Einlage für die Betriebsanleitung? - Ich konnte nicht so recht darüber lachen, zumal ich mich erinnerte, schon mal eine BMW-Geschichte geschrieben zu haben (in 2005), in der ich im Titel eine Frage stellte, die einem eigentlich bei einem so genannten Premium-Hersteller im Hinblick auf dessen Verantwortung für Sicherheit und Qualität niemals in den Sinn kommen sollte. Es dürfte einfach keinen Anlass dafür geben die Frage zu stellen: "Mit erweiterter Bedienungsanleitung aus der Verantwortung?" - Bei BMW!

Ich habe dann ungläubig telefoniert. Und telefoniert. Um mir dann schließlich  aus einem (zweiseitigen) Brief von BMW vorlesen lassen:

„ ...nach unseren Unterlagen sind Sie Eigentümer des o.g. BMW-Motorrades. Vielen Dank für Ihr Vertrauen, dass Sie unserem Hause und der Marke BMW mit dem Kauf dieses Motorrades entgegen gebracht haben. Diesem Vertrauen möchten wir auch nach dem Kauf gerecht werden. Ihre Anschrift haben wir für diese Maßnahme gemäß § 35, Abs. 2, Nr. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) erhalten.“ 

Mir blieb die Spucke weg. Es war tatsächlich so, wie es eigentlich nicht sein  darf:  BMW stellt diese innovative ABS-Bremsen-Ausfall-Premium-Korrektur seinen Kunden in einem zweiseitigen (!)  Brief  vor, bei dessen Anlesen dem unvorgebildeten Fahrzeugbesitzer dann die ersten Tränen kommen. Zum Taschentuch muss er dann greifen, wenn er erfährt, dass er nicht nur zwei Aufkleber (Einkleber) erhält, sondern sogar 4 Stück. Zwei Stück als Ersatz. Und noch eine Einlage für die Betriebsanleitung. Und das alles - wie sich aus dem Brief ergibt - mit Wissen und Zustimmung des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) in Flensburg.

Eigentlich ist alles noch viel schlimmer. Aber das weiß der normale BMW-Fahrer nicht. Es heißt nämlich in dem StVG, das auch in dem BMW-Brief benannt wird:

(2) Die nach § 33 Abs. 1 gespeicherten Fahrzeugdaten und Halterdaten dürfen, wenn dies für die Zwecke nach § 32 Abs. 2 jeweils erforderlich ist,
1. an Inhaber von Betriebserlaubnissen für Fahrzeuge oder an Fahrzeughersteller für Rückrufmaßnahmen zur Beseitigung von erheblichen Mängeln
für die Verkehrssicherheit oder für die Umwelt an bereits ausgelieferten Fahrzeugen (§ 32 Abs. 1 Nr. 1) sowie ….
 
Danach handelt es sich also wirklich um einen Rückruf "zur Beseitigung von erheblichen Mängeln für die Verkehrssicherheit". BMW hätte sonst nicht die Adressen der BMW-Besitzer vom KBA erhalten dürfen. Und BMW versendet dann 4 Auf- oder Einkleber und eine Beilage zur Betriebsanleitung. - Das war's dann. - Problem gelöst, Herr Hendrik von Kuenheim?

Tatsächlich ist es nicht in jedem Fall ein "Rückruf". Wenn man es wörtlich nimmt:  Da stehen nämlich in der BMW-Motorrad-Verkaufsorganisation  noch immer  2007er-Modelle herum. Als Tageszulassung zum Beispiel. Jetzt mit Innen-Aufklebern und erweiterter Betriebsanleitung  - nein, nicht teurer - sondern zum "Hauspreis". Für ahnungslose "Kenner".  - 

Ich würde mir einen solchen im Gespräch ungefähr so vorstellen: "Meine Frau sagt ja  immer schon: Entweder Harley oder BMW. Und auch die Freundin von meiner Frau sagt... - Wissen Sie, ich fahr' ja eigentlich Mercedes. Und als ich mich gestern am Abschlag mit meinem Golffreund über das Thema unterhielt - wissen Sie, der kennt den Helmut, den Helmut Dähne gut - da meinte der auch... - Ach wissen Sie, so'n Aufkleber stört mich weniger. So watt ähnliches gibt es ja auch auf Zigarettenpackungen. Und geraucht wird ja immer noch. - Hahaha!"

Solchen Leuten kann man wirklich noch eine BMW mit ABS verkaufen. Zum Sonderpreis. - Versteht sich.

Die aber eine solche BMW schon haben - und nun die Überraschungspost aus München erhielten - die werden eigentlich das Selbstanbringen der Aufkleber und das entsprechende Ausrichten der Handprotektoren für "eine leichte Übung" halten. Die Mehrzahl der angeschriebenen BMW-Besitzer wird sich also selbst ans Werk machen.  Waren seine Handprotektoren schon vorher einmal verdreht, dann müsste er folgendes bemerkt haben: Ein einfaches Nachziehen der Schrauben in den "Gewichts-Zwischenstücken" am Lenkerende zeigt niemals Wirkung. - ??? - Weil sie durch ein versuchtes Nachziehen erst richtig gelöst werden. Denn diese Schrauben sind serienmäßig im Lenkergewicht nicht nur festverschraubt, sondern auch verklebt. - ??? - Das Gewinde des Lenkergewichts weist serienmäßig eine teilweise Kunststoffbeschichtung mit "Mikro-Hochkügelchen" auf, die beim Einschrauben der Sicherungsschraube aufplatzen, einen 2-Kompinentenkleber freisetzen, der dann nach aushärten die Sicherung der Schraube übernimmt.

Zieht man nun eine solche Schraube nach, dann "bricht man" diese Sicherung auf, die danach auch nicht mehr herstellbar ist. Darum gibt es auch so viele gefährdete Motorradfahrer durch einen verrutschten Handprotektor, weil nach dem Umfallen eines Motorrades und dem danach folgenden Fixieren und Ausrichten des Schutzschildes (für die Hände) nach erneutem Anziehen der Schraube,  deren Fixierung eigentlich nicht mehr möglich ist. Dazu kommt, dass die Schraube in einem Lenkergewicht sitzt, das als Schwingungstilger arbeitet und wo immer wieder Schwingungen dafür sorgen, dass sich - die nun nicht gesicherte - Schraube immer wieder löst. (Auf gut Deutsch: losrappelt)

Damit das im normalen Umgang eines Motorradfahrers mit seinem BMW-Motorrad nicht passieren kann, hatte man bei BMW folgende pfiffige Idee: Man gibt der Sicherungsschraube einen Kopf, der nur mit einem "Torx"-Schlüssel zu lösen ist. Einen solchen Schlüssel legt man aber nicht dem Serien-Bordwerkzeug bei. Also wird der Motorradfahrer in die BMW-Werkstatt gehen müssen. Und dort weiß man Bescheid. - Obwohl man da die ganzen Zusammenhänge auch nicht durchschaut. Aber man sichert da beim Nachziehen der Schrauben dann diese mit einem Tropfen "Loctite".

Damit es (kaum) nicht passieren kann, dass der BMW-Besitzer, der vielleicht doch im Besitz eines "Torx"-Werkzeugsatzes ist,  die Schraube selbst nachzieht, benötigt man dazu ein Werkzeug der Größe "Torx 55". Diese Größe findet sich aber nicht in den meisten handelsüblichen Torx-Sätzen, die meist bei Größe 50 enden. - Also muss er in jedem Fall zum Händler. -Das scheint pfiffig. Aber da man wohl in München (und Berlin) auch andere beschäftigt, ist jetzt folgendes festzustellen:

Nur jetzt bei der "Rückrufaktion", die offiziell keine ist (obwohl es nur bei einer solchen die Adressen vom KBA gibt), da setzt BMW darauf, dass der Kunde sich selber hilft und dem Werk Kosten spart. (Weil man dem Händler das Ausrichten der Handprotektoren, verbunden mit einem Einkleben der Aufkleber ja vergüten müsste.) Damit stellt man eigentlich den Sinn dieser ganzen Aktion in Frage. - Was bisher eigentlich niemandem aufgefallen ist. - Wem auch? - Einem Hotelkaufmann in München? - Einem Tischtennisspieler beim KBA? - Niemand befasst sich doch mit einer solchen Lapalie wirklich ernsthaft. - Es geht doch nur um Leben und Tod. - Und sterben müssen wir schließlich alle.

Eigentlich sollte man also - wenn der Handprotektor neu ausgerichtet und fixiert werden muss, jeweils ein neues Lenkergewicht und eine neue Schraube verbauen. (Teile-Nr. 32717717802)

Selbst beim Nachdenken über die Gedankenlosigkeit bei Herstellerfirmen und Behörden kann einem schlecht werden. - Ich habe dann noch mal einen Arbeitstag angehängt, um mir einen erweiterten Überblick zu verschaffen.

Und so noch eine Reihe von Kilometern zurück legen müssen, weil mich hier im direkten Umfeld alle BMW-Händler kennen.  Anderswo nicht. Da habe ich dann auch erfahren, dass BMW "die Freiheit der Handhebel" sehr am Herzen liegt. Darum gibt es jetzt die Aufkleber. Denn die BMW-Fahrer haben "dieser Freiheit" bisher einfach nicht die notwendige Beachtung geschenkt. - Ach so! - Die Fahrer sind also die Trottel. - Natürlich konnte das kein Fehler von BMW sein.  Wenn diese dusseligen BMW-Fahrer nicht aufpassen - nur dann, wirklich nur dann - kann es schon mal "zu einer Dauerbetätigung des betroffenen Handhebels kommen". - Ach so! - Und was ist eigentlich mit der japanischen Konkurrenz? - Ach so, die liefern eigentlich nur unfertige Motorräder? - Kann es vielleicht doch so sein, dass die die besseren Motorräder, BMW aber die besseren Betriebsanleitungen liefert?

Ich erfahre noch, dass es sich für einen BMW-Händler kaum lohnt ein eigenes Ersatzteillager zu führen. Mit einem "Unser Ersatzteillager ist die Autobahn", unterstreicht ein Verkäufer den besonderen Wert der Zustellung von Ersatzteilen innerhalb von 24-Stunden. Dass so der BMW-Kunde für jede - auch kleine - Reparatur jeweils zweimal in die Werkstatt muss, ist ihm nicht klar. - "Aber es wäre ja auch uns nicht zuzumuten, bei den ständigen Modelländerungen alle wichtigen Ersatzteile am Lager zu haben. Wir müssen ja auch auf die Umschlaghäufigkeit achten." 

Toll! - Wer achtet bei BMW eigentlich auf den Kunden? - Sicherheit per Aufkleber? - Innovativ!  -  Zukunftssicher!

Ach  - und ich erfahre noch, dass  sich gerade jemand als der optimale BMW-Motorrad-Chef profiliert. - Hendrik von Kuenheim. - "Ein toller Mann." - Hat der nicht Hotelkaufmann gelernt? - "Weiß ich nicht. Aber der hat jetzt mal als erste Lösung die Produktion drastisch zurück gefahren." - ??? - "Das mit den Tageszulassungen hatte auch überhand genommen." - Natürlich! (Ich halte meinen Mund krampfhaft geschlossen.) - Und nicke nur.

Dieser Hendrik von Kuenheim hat also inzwischen die Produktionszahlen für Motorräder deutlich herunter gefahren. Weil man sonst zu viele Tageszulassungen vornehmen musste. Höre ich. - Unglaublich. - Dieser Mann , der Sohn des legendären Eberhard von Kuenheim fällt also den Händlern durch solche Maßnahmen positiv auf? - Es ändert sich einiges zum Besseren. So wurde z.B.  auch der Preis für ein wichtiges Ersatzteil deutlich gesenkt. - Toll! - Sage ich. Und frage, um welches Teil es sich denn handelt. - "Die Ringantenne des EWS." - Ach so.

Der Verkäufer meint mit EWS die elektronische Wegfahrsperre, die seit Einführung der CAN-Bus-Technologie zur Serienausstattung von BMW-Motorrädern gehört. Es genügt nicht mehr einen passenden Zündschlüssel zu haben, denn nun muss zusätzlich der im BMW-Zündschlüssel integrierte Chip den richtigen Code an die Ringantenne des Zündschlosses (mit dem Lenkschloss kombiniert) melden. Dann gibt die Motorsteuerung den Start frei. - Oder auch nicht. - Weil es wohl bei der Ringantenne der EWS ein Feuchteproblem gibt, wegen dem schon viele, viele BMW-Fahrer "auf der Strecke blieben".

Ich habe selbst schon erlebt, dass so betroffene Motorradfahrer den Verkaufsraum der BMW-Händler betraten um zu fragen: "Können Sie mal schauen?  - Mein Motorrad springt nicht an." - BMW-Verkäufer: "Das wird die Batterie sein. - Fahren Sie bitte...." usw., usw. - Da protestierte (in dem mir bekannten Fall) der BMW-Fahrer trotzdem: "Nein, die Batterie kann es nicht sein." Und er schildert, dass er sein Motorrad , damit sein ABS auch immer funktioniert (was nicht unbedingt nicht immer der Fall sein soll) an einem zusätzlich gekauften Batterieladegerät (von führenden BMW-Händlern empfohlen) in der Garage hängt. - Und ich beobachte, wie sich jetzt zwei BMW-Mitarbeiter "wissend" anschauen. - ??? -

Das war der Auslöser für meine Recherche.

Es stimmt: BMW schaffte es von 100 auf 30 in 0 Sekunden. So eine "Ringantenne" zum EWS kostete bis vor kurzer Zeit 100 Euro, nun  - aktuell - noch 30 Euro.  - Da dies zum ersten Mal bei BMW passiert, hat man in der Organisation wohl noch nicht begriffen, wie der Hintergrund zu so einer Preissenkung aussieht. Da ich auch über langjährige Erfahrung z.B. in der Opel-Organisation verfüge und ich mich erinnerte... - Richtig! - Und ich habe meine Erinnerung noch einmal aufgefrischt.

Danach war Opel bisher der erste - und vielleicht - zumindest nach meiner Kenntnis - bis heute - der einzige Hersteller, der ursplötzlich von heute auf morgen die Preise für bestimmte Ersatzteile senkte. Nur so als Beispiel, um die Höhe der Preiskorrektur anzudeuten: von 1000 auf 250 oder von 800 auf 150. Ein alter Bekannter von mir - aus der Opel-Organisation - war also nicht erstaunt zu hören, dass man bei BMW von 100 auf 30 Euro gegangen war. "Das ist normal", sagte er. "Und ich kann dir dann auch - ohne Details zu kennen - sagen, dass da eine gewaltige Rückrufaktion läuft. Oder ähnliches." - Das konnte ich ihm bestätigen und bat ihn um die Auflösung des Rätsels.

Jetzt kommt's: Opel - oder jetzt auch BMW - senken den Preis für bestimmte Teile dann dramatisch, wenn diese Teile in großer Stückzahl über den Handel nach- oder umgerüstet werden müssen. Die Hersteller vergüten in solchen Fällen die (immer äußerst knapp) bemessene Arbeitszeit mit einem gesenkten, nur für den Hersteller (niemals für den Kunden) gültigen Stundensatz, so dass hier für die Werkstatt kaum etwas zu verdienen ist. In der Vergangenheit wurde für den Händler jedoch ein kleines Plus über die Ersatzteilpreise erreicht, für die der Händler eine normale Vergütung in Prozenten vom Hersteller erhält. Wenn er also - wie bisher - die Ringantenne für 100 Euro bezog und dann - ich nenne einfach mal eine Zahl - bei 20% Rabatt eine Gutschrift über 20 Euro erhalten hätte, so sind das nun bei 30 Euro Verkaufspreis nur noch 6 Euro. Der Hersteller spart nicht nur (zu Lasten des Händlers) Kosten, sondern minimiert auch in den Bilanzen (Statistiken usw.) seine Aufwendungen für Kulanz und Rückrufe.

Bei den ersten Serien trat dieser Fehler mit der EWS übrigens nicht auf. Man vermutete in einer der BMW-Werkstätten, dass ab einem bestimmten Termin (wahrscheinlich in 2007) eine "schlechtere Qualität" (wegen gedrückter Einkaufspreise?) verbaut wurde. Ab da sind dann alle Maschinen betroffen, in denen die Wegfahrsperre (natürlich elektronisch!) verbaut wurde. Und tatsächlich wird diese "Ringantenne" bei einem Werkstattbesuch dann "unauffällig" gewechselt, wenn das Motorrad unter die von BMW als geheim behandelten Produktionsdaten (Datum) fällt.

Aber leider sind nicht immer alle für die Umrüstung notwendigen Teile vorhanden. So berichten BMW-Fahrer, dass bei BMW in München - wie er von seinem Händler weiß - schon mal vorrübergehend die Sicherungsschrauben für die neuen Ringantennen ausgegangen waren. Sein Händler klagte: Wir haben 72 Ringantennen am Lager, aber keine Schrauben. Und vorher ist kein Umbau möglich. - Aber dieser "Engpass" scheint nun beseitigt. Und wenn nun viele BMW-Fahrer wegen der Auf- und Einkleber für die Handprotektoren wieder mal den BMW-Händler aufsuchen,  um die "Aufrüstung" fachgerecht vornehmen zu lassen, dann wird sicherlich mancherorts dann gleich - unauffällig natürlich - die Ringantenne mit ausgetauscht.

In dem zweiseitigen Schreiben  zur "Beseitigung von erheblichen Mängeln für die Verkehrssicherheit" (s.o. Zitat aus dem StVG) wird die Versendung von 4 Aufklebern und einer Einlage (zur BA) durch die Herrn Thomas Bauer (Leiter Aftersales) und Stefan Alt (TL Technische Betreuung) auch so erklärt:

"Sind die Handhebel nicht freigängig, kann es durch die Berührung mit dem Handprotektor zu einer leichten Betätigung von Handbrems- bzw.Kupplungshebel kommen. Eine leichte Betätigung des Handbremshebels kann dazu führen, dass der Radbremskreis hydraulisch geschlossen wird. ... Bemerkt derFahrer diesen unbeabsichtigten Bremsvorgang nicht rechtzeitig, ist im Extremfall ein Selbstverstärkungseffekt bis zur vollen Verzögerung amVorderrad nicht auszuschließen..."

Nach dem fachgerechten Einkleben beim immer freundlichen BMW-Händler kann man dann bei BMW in München und dem KBA in Flensburg unbesorgt sein: die Verantwortung für einen jederzeit möglichen Unfall liegt nun beim Besitzer und Fahrer des BMW-Motorrades. - Aber nicht nur das allein war Thema meiner Gespäche mit Mitarbeitern in der BMW-Handelsorganisation. Die auch ein wenig den Überblick verloren zu haben scheinen. Wie auch die Fachpresse.

Ich fragte dann noch, warum eigentlich  BMW eine 800er nur mit 650er benennt. - Man freute sich, einen alten Mann aufklären zu können: "Weil die Leute durch die großen Hubräume nur vom Kauf abgeschreckt werden. Die wollen nicht die großen Motorräder." - Ach so! - Das ist nur eine Marketing-Taktik? - "Ja, aber es funktioniert!"

Darum baut man bei BMW also die hubraumgroßen Motorräder, um sie dann durch eine entsprechende Bezeichnung marktgerecht "klein zu machen". - Oder man beseitigt mit richtigen Aufklebern (2 in Reserve) "erhebliche Mängel zur Verkehrssicherheit". - Toll! - Innovativ! - Echt Premium! - Und das in Abstimmung mit dem KBA!

BMW liefert nun Sicherheit, die auf dem Papier steht. - Wer hat da eigentlich "eine Schraube los"?

MK/Wilhelm Hahne


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