Sind Vorfälle (Unfälle) mit dem BMW Motorrad-ABS aktuell kein Thema mehr?

Ich treffe immer wieder auf Leute - gerade "Kollegen" gehören dazu - die der Meinung sind, dass Geschichten zum Thema "BMW-Motorrad-ABS"  eigentlich nur "der Schnee von gestern" sein können. Denn es kann doch nicht sein, dass bei einer so renomierten Firma... usw., usw. - Und wenn da wirklich mal etwas war (was man natürlich nicht registriert hat), dann ist das sicherlich längst beseitigt. Und im übrigen: Ein ABS ist immer gut. Das kann nur Sicherheit bringen. So etwas weiß man eben. Und es habe sich ja auch beim Automobil als Standard durchgesetzt. - Auch Kollegen können wie Politiker reden. Was nur beweist, dass oftmals beide genannten Gruppen wenig von dem verstehen, über das sie reden - oder schreiben. - Leider ist die Realität auch in Sachen BMW Motorrad-ABS anders. Ich füge hier mal den Text eines Briefes an, den ein BMW-Fahrer am 16. Juni 2008 seiner Versicherung zugesendet hat. Ich habe lediglich Namen und Daten unkenntlich gemacht. Und sage Ihnen auch wie der Fall weiter geht. - Als Ergänzung erfahren Sie dann noch... - Aber lesen Sie doch einfach mal die ganze Geschichte.

Wenn beim Bremsen mit dem Motorrad beide Räder blockieren

08-06-28/04 - Nicht immer ist das ABS schuld. Wenn kein ABS vorhanden ist, liegt es dann am Motorradfahrer. Im Sonderfall dann auch mal  an einem Importeur, der z.B. einem Kollegen ein Motorrad mit ABS aushändigt, das dann aber keins hat. - ??? - Gibt's nicht? - Gibt's doch!

Da testet ein Kollege (Walter Wille) für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) einen Eisenhaufen von 345 Kilogramm Eigengewicht, der von seinem Hersteller Harley als "FLHX Street Glide" bezeichnet wird. Für einen Aufpreis von 990 Euro (zum Listenpreis von 22.940 Euro) gibt's dazu ein ABS, angepasst an die serienmäßig vorhandene Bremsanlage des italienischen Herstellers "Brembo".  Natürlich wollte der Kollege auch das ABS erproben und hat mal kräftig zugelangt. Es gab nur blockierende Räder. Vorne und hinten. Da hat ihm der Importeur dann gesagt, er habe irrtümlich ein Motorrad ohne ABS erhalten. - ??? - Geht das? - Der Kollege glaubt das schon, weil das ABS von Harley "ganz dezent eingebaut" wurde, so dass leicht übersehen werden kann... - Wer's glaubt!

Glauben Sie mir, dass es z.B. blockierende Räder  bei einer BMW auch dann geben kann, wenn das Motorrad wirklich mit ABS ausgestattet ist. Nur ist das manchmal so zuverlässig, wie bei einer Harley, wenn dort das ABS nicht eingebaut ist. Ich füge hier mal einen Brief an, in dem ich nur die Daten verändert habe, die Rückschlüsse auf Fahrer und Fahrzeug zulassen:

XXX, 16. Juni 2008

Betr.: Sachverhaltsdarstellung des Unfallherganges beim XXX - Fahrsicherheitstraining für Motorräder
         Rechtschutz-Versicherung Pol. Nr.: XX-N-XX-XX-J

Sehr geehrter Herr XXX!

Wie bereits telefonisch besprochen, übermittle ich Ihnen eine Sachverhaltsdarstellung des Unfallherganges beim XXX - Fahrsicherheitstraining für Motorräder.

Am Mittwoch, X. Juni 2008 absolvierte ich mit meiner BMW R 1200 RT (erstmalige Zulassung am 2.6.XXX, Zweitbesitz, ca. 6100km) beim XXX ein Fahrsicherheitstraining für Motorräder. Dabei wurden auch Zielbremsungen, um eine Gewöhnung an die Funktion des ABS zu erlangen, unter Aufsicht einer XXX - Instruktorin (Frau XXX XXXX, Tel.: XXXXX/XXXXX) durchgeführt.

Es regnete beinahe den ganzen Tag und die Fahrbahnen am Fahrsicherheitsgelände waren dementsprechend nass. Die ersten 3 Bremsvorgänge (zuerst nur Hinterradbremse, dann nur Vorderradbremse und beim 3. Mal beide Bremsanlagen) waren ohne Probleme zu bewältigen. Nach dem Startzeichen durch die Instruktorin - und meinem persönlichen Check der Armaturen (ohne jegliche Fehleranzeige) - begann ich mein viertes Bremsmanöver, wobei bei einer Geschwindigkeit von ca. 75 km/h nach Betätigen der Bremsen sofort beide Räder blockierten, wodurch ich einen Sturz nicht mehr vermeiden konnte und das Motorrad unmittelbar nach rechts wegrutschte und somit auf der gesamten linken Seite schwer beschädigt wurde (siehe beiliegenden Kostenvoranschlag in der Höhe von 4,020.06 Euro, wobei auch die kaputte Motorradbekleidung eingerechnet wurde).

Die XXX - Instruktorin machte mich sofort auf das Blockieren beider Räder aufmerksam und bestätigte diesen offensichtlichen lebensgefährlichen Mangel ohne zu zögern. Diese Tatsache wurde auch in den Verkehrsunfallbericht vom X.X.2008 aufgenommen.

Noch am selben Tag brachte ich das Motorrad zur BMW Werkstätte (der XXXX, XXXX XXX, Tel.: XXXX/XXXXX).

Am Abend wurden jedoch meine Schmerzen so stark, sodass ich die Unfallambulanz des XXX XXXX aufsuchte, die jedoch keine Knochenbrüche, aber massive Prellungen im Schulter- und Beckenbereich feststellten und somit einige Tage Krankenstand nach sich zogen. Mein nächster Arbeitstag war somit erst am XXX, X. XXX 2008.

Zwischenzeitlich wurde BMW XXXX in XXXX (Herr XXX Tel.: XXXX/XXXX-XXXX) von meiner BMW Werkstätte über das Versagen des ABS und den dadurch aufgetretenen Schaden informiert. Ich kann jetzt nicht genau sagen, ob ein Sachverständiger von BMW XXX den Schaden begutachtet hat. Zumindest wurde das Motorrad und die Motorradbekleidung von einem Gutachter der XXXX Versicherung AG (Versicherung des Fahrsicherheitszentrums in XXXX) angesehen und offensichtlich die Reparatur Kalkulation der BMW Werkstätte bestätigt. Da ich ansonsten keine Informationen der XXXX Versicherung AG (die Schadennummer lautet: XX/XXX/XXXXX) habe, gehe ich davon aus.

Danach wurde von mir Kontakt mit BMW XXXX in XXXX aufgenommen, wo telefonisch zugesichert wurde, sich um die Angelegenheit – nach Rücksprache mit BMW XXXX – zu kümmern. Am Montag X. XXX 2008 bekam ich von BMWXXXX die Nachricht, dass die ganze Angelegenheit „gut ausschaue“.

Einen Tag darauf wurde ich von BMW XXXX verständigt, dass sie sofort bereit sind sämtliche Reparaturkosten des Unfalls zu übernehmen und auch den ABS Strang (also alles was mit dem ABS Bremsversagen zu tun haben könnte) auf Kosten und Kulanz von BMW XXXX auszutauschen, da sie selbst an der ganzen „Sache“ (Eruieren einer eventuellen Fehlerquelle) stark interessiert sind.

In der Meinung, dass somit mein gesamter Schaden (inklusive beschädugter Motorradbekleidung, welche auch in der Reparatur Kalkulation der BMW Werkstätte aufscheint) ersetzt wird, war ich mit dem Angebot einverstanden.

Am Mittwoch, XX. XXXX 2008 wurde ich jedoch von BMW XXXX dahingehend verständigt, dass es nicht ihren Richtlinien bzw. Vorgaben entspreche auch meine Motorradbekleidung (Jacke und Hose) als Schaden anzuerkennen, und somit auch leider keine Kostenübernahme durch BMW XXXX erfolgen kann. 

Da mein gesamtes Motorrad und meine Bekleidung noch „heil“ wären, wenn bei dem Sicherheitstraining das ABS funktioniert hätte, nahm ich am Freitag, XX. XXXX 2008 nochmals Kontakt mit BMW XXXX auf und schlug vor das gesamte beschädigte Motorrad zur Beweissicherung durch BMW XXXX zurückzunehmen und gemäß Eurotaxwert (im Sinne eines Händlerverkaufs) abzugelten. Dies deshalb, da der Gedanke an ein nochmalige Fehlfunktion des ABS, dann möglicherweise im Straßenverkehr (wo kein Profi- Fahrsicherheitstrainer des XXX den Fehler beobachten kann) ein äußerst unangenehmes Gefühl aufkommen ließ.

Weiters erklärte ich BMW XXXX, wenn sich aufgrund der Fehleranlyse des ABS Stranges durch BMW XXXX eine Mangelhaftigkeit  herausstellen sollte, ich als Geschädigter (mehrere Tage Krankenstand etc.) niemals von dieser Tatsache erfahren werde. Gleichzeitig legte ich nochmals mein Unverständnis über die Nichtbezahlung meiner Bekleidung, die ja aufgrund des Sturzes beschädigt wurde, dar.

Daraufhin reagierte BMW XXXX verärgert, und deutete an, von der bereits versprochenen Vereinbarung - sämtliche Reparaturkosten des Unfalls zu übernehmen und auch den ABS Strang (also alles was mit dem ABS Bremsversagen zu tun haben könnte) auf Kosten und Kulanz von BMW XXXX auszutauschen – abzugehen. Ebenfalls wurde die Möglichkeit eines gerichtlichen Verfahrens angedeutet.

Ist BMW XXXX - nur wegen der Bekleidung - nun nicht mehr an der „Sache“ interessiert? Dadurch würden sie aber auch nicht in den Besitz des so „interessanten“ ABS Stranges für eine Analyseauswertung kommen.

Am Montag, XX. XXX 2008 wird mir von BMW XXXX deren weitere Vorgehensweise mitgeteilt.

Prinzipiell bin ich an einer gütlichen Einigung interessiert, d.h. Übernahme aller Kosten (Reparaturkosten und Bekleidung) durch BMW XXXX ohne weiterer Forderungen von meiner Seite!

Da möglicherweise keine Einigung (zuerst doch sofortige Kulanz wegen angeblichem Interesse oder gar Vertuschen?? dann doch keine Kulanz wegen Schadenersatz der Motorradbekleidung??) mit BMW XXXX  - zumindest Ersatz aller Kosten - zustande gekommen ist, ersuche um rechtsanwaltliche Unterstützung. 

Nach nochmaliger Rücksprache mit der damals beim Fahrsicherheitstraining anwesenden XXX Instruktorin (Frau XXX XXX) wurde mir neuerlich die jederzeitige Bestätigung der blockierenden Räder aufgrund des ABS Versagens zugesichert.

Ich ersuche Sie höflich um Unterstützung und bedanke mich für Ihre Bemühungen!

Hinweis: Sollte es zu einem gerichtlichen Verfahren kommen - welches von mir nicht angestrebt wird - möchte ich festhalten, dass evtl. die Fragen hinsichtlich Schmerzensgeld (einige Tage Krankenstand), der Wertminderung des Motorrades (nicht unfallfrei) sowie die psychische Belastung (Angst vor nochmaligem Versagen des ABS, aber im Straßenverkehr) einer möglicherweise gutachtlichen Klärung zuzuführen wären. 

Beilagen:   Kostenvoranschlag
                 Beitrag Vorermittlungen wegen defekter BMW - Motorräder       

Mit freundlichen Grüßen

XXX XXXXX

Natürlich ist das nicht das Ende der Geschichte. Und es ist immer noch nicht ein Anwalt eingeschaltet. Weil man bei BMW - nach der zunächst eingeschlagenen "harten Gangart" - auf (fast) verbindlich umgeschaltet  hat. Zwar will man die Kosten für die Motorradbekleidung immer noch nicht übernehmen, aber man hat inzwischen eine kostenlose Reparatur des Motorrades durchgeführt, die dann nicht - wie man dem zunächst gemachten Kostenvoranschlag entnehmen kann - um 4.000 Euro, sondern schließlich knapp 7.000 Euro gekostet hat.

Da werden wohl die Münchner auch um die Zahlung der Kosten für die Motorradbekleidung des Fahrers nicht herum kommen. - Sage ich. - Denn für wie blöd hält man eigentlich in München seine Kunden?

Solche und ähnliche (oder andere) Fälle gibt es leider zu viele. Und im Zweifelsfalle ist immer der BMW-Fahrer schuld. Weil BMW sich durch Beilagen zur BA und Auf- und Einkleber (wie ich an anderer Stelle geschildert habe) abgesichert hat. Und im Übrigen das Versagen eines ABS auf einem Verkehrsübungsgelände - so wurde von BMW auch schon argumentiert - eigentlich ganz normal ist. Weil dort so gebremst wird, wie man sonst im normalen Verkehr nicht bremst. Und weil die Batterie... - 

Da ist es mir wieder eingefallen. - Erinnern Sie sich noch an das "Sensor Brake Control"-System von Mercedes (DaimlerChrysler) und Bosch? Man muss in diesem Zusammenhang immer beide Täter nennen. Auch hier gab es extreme Schwierigkeiten (ich bezeichne sie mal vornehm so), weil unter bestimmten Randbedingungen das Bordnetz überbeansprucht wurde. Auch das Mercedes SBC verfügte über eine mechansich-hydraulische Rückfallebene, die aber so schwach ausgelegt war, dass zwar noch die per Gesetz vorgeschriebene Mindestverzögerung erzielt werden konnte, aber der Fahrer tatsächlich in wirklichem Notfall nicht mehr ausreichend bremsen konnte.

Also alles wie bei ersten BMW ABS-System, das durch FTE mit entwickelt und gefertigt wurde. Hier wie da sorgte das Perfektionsbedürfnis der Ingenieure dafür, dass das eigentlich zunächst simple System durch diverse Absicherungsmaßnahmen immer komplexer wurde. Bei Mercedes wurde z.B. eigens dafür eine Hilfsbatterie eingesetzt, die eine Versorgung des Systems auch bei schwächelndem Hauptbordnetz garantieren sollte. Diese Hilfsbatterie brauchte natürlich eine "Ladegerät", das  - von Bosch geliefert - dafür sorgen sollte, dass die Hilfsbatterie immer gut geladen war. Doch der Bosch-Ladebaustein war meistens defekt, was immer dann erst bemerkt wurde, wenn man die Zusatzbatterie brauchte. Und man brauchte sie relativ häufig, weil die Hauptbatterie (wer weiß das schon?) sehr schnell altert. Schon nach drei Monaten der Fahrzeugnutzung kann ein Techniker die Alterung der Batterie messen.

Darum hätte man eigentlich noch eine Zusatzüberwachung der Zusatzbatterie benötigt, deren Funktion dann auch wieder überwacht hätte überwacht werden müssen. Eigentlich hätte man eine Reihe von Überwachungen der Überwachungsfunktionen benötigt. Als das klar war, hat man sich zu einer Rückrufaktion entschlossen. Wie ich jetzt erst in Erfahrung bringen konnte, lagen bei Mercedes die direkten Rückrufkosten damals bei um 100 Millionen Euro. Der interne Gesamtschaden wird jedoch bei ungefähr 1 Milliarde Euro gelegen haben, da ganze Herrscharen von Entwicklern und Techniker mit der Fehlerbehebung, der Kunden- und Händlerbetreueung beschäftigt waren und so in ihrer eigentlichen Funktion ausfielen.

Der Schaden bei Bosch wird in der gleichen Größenordnung liegen, weil auch hier das SBC über Jahre hinweg die Entwicklungsressourcen aufgefressen hat. So wurde z.B. eine sinnvolle Weiterentwicklung von normalen ABS- und ESP-Systemen unmöglich. Und die direkten Wettbewerber im Markt (wie z.B. Teves) konnten Bosch auf diesem Gebiet überholen. Eine kleinere Firma wäre an diesem Bremsen-"Experiment" pleite gegangen. - Nun können Sie auch verstehen, warum im Falle des BMW Motorrad-ABS irgendwelche großzügigen Korrekturen im Interesse des Kunden unterblieben sind: BMW hätte das deutlich im Geldbeutel gespürt und FTE gäbe es wahrscheinlich nicht mehr.

Was geschah denn nun eigentlich mit den damals Verantwortlichen bei Bosch?  - Nun, die finden sich witzigerweise heute im oberen Management der Firma, sind darum unangreifbar - und beantworten auch  nicht meine Anfragen.  (Egal welche.)

Warum ich Ihnen, lieber Leser, das erzählt habe: Weil das Integralbremssystem bei BMW (Motorrad) in Sachen Komplexität nicht weit von einem SBC-System entfernt ist. Und das Bordnetz eines Motorrades ist leider noch weniger leistungsfähig als das eines Automobils. Darum sind die Probleme  nicht kleiner, sondern heftiger.  Ich habe diese Wort bewusst gewählt, weil "im Falle eines Falles" beim Automobil ein (nennen wir es) "Bremsversagen" zu einem Fall für den Airbag wird, beim Motorrad jedoch ein Fall für den Notarzt. (Oder Bestatter.)

Wenn man die genannten Zusammenhänge - und die damit zusammen hängenden Kosten - einmal Revue passieren lässt, dann versteht man schon, dass BMW versucht FTE zu schützen. Dort hat man sich mit der Entwicklung des Integralbremssystems für das Motorrad eindeutig übernommen. Unverständlich ist, dass BMW hier nicht - aus Vernunftgründen - eingeschritten ist, denn dort musste man die entsprechende Übersicht besitzen. BMW hat z.B.  interne - und hochfliegende - "Drive-by-Wire"-Pläne, die noch unter dem Entwicklungschef Göschel gepflegt wurden, längst aufgegeben.

Irgendwer sollte doch in München in der Lage sein, dieser nun schon seit Jahren bekannten - und praktisch sich kaum veränderten - Situation ein Ende zu bereiten. - Aber... - siehe oben. - Das ist die Realität auf dem Motorradsektor! - 

Was meint eigentlich das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg zu den ABS-Problemen  bei Mercedes (Automobil) und BMW (Motorrad). Ich habe "damals" ,  schon im Jahre 2005 angefragt und am  17. Mai 2005 folgende Antwort erhalten, die ich gerne jetzt ungekürzt folgen lasse, weil nun viele Leute eigene Erfahrungen mit den Systemen gemacht haben und damit die folgenden Aussagen werten können:

Datum: 17.05.2005

Integral-Antiblockiersystem BMW-Motorrad / SBC-Bremse DaimlerChrysler

Mail vom 04.04.2005

Sehr geehrter Herr Hahne,

ich bedanke mich für Ihre Nachricht vom 04.04.2005.

Gerne möchte ich Ihnen die Sie interessierenden Fragen beantworten. Ich bitte jedoch zu entschuldigen,
dass ich nicht auf jeden von Ihnen dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) unterstellten
Gedanken eingehen werde. Sie sagen, „…man (das KBA) verschanzt sich hinter Anweisungen
und Gesetzen, die man (das KBA) buchstabengetreu interpretiert.“ Ich möchte Ihnen im Folgenden
erklären, wie das KBA tatsächlich verfährt.

Das Bewegen von Fahrzeugen im Straßenverkehr ist an Bedingungen geknüpft. Zum einen
müssen Fahrzeugführer Verhaltensnormen einhalten. Zum anderen müssen die Fahrzeuge
technische Mindestanforderungen einhalten. Trotzdem ein Fahrzeugführer ein vorschriftsmäßiges
Fahrzeug regelgerecht benutzt, kann er unter Umständen gefährdet sein. Aufgabe des
KBA ist es zu prüfen, ob solche Gefährdungen hinnehmbar sind oder nicht. Beispielsweise ist
es nicht hinnehmbar, wenn eine Bremse durch einen Fehler im ABS oder in der Bremskraftunterstützung
komplett ausfällt. Es kann jedoch durchaus vertretbar sein, wenn ein Bremskraftverstärker
ausfällt und die Bremswirkung vermindert ist.

Unter den normalen Bedingungen des Straßenverkehrs ist es praktisch kaum möglich, ständig
den gleichen Bremsweg zu erzielen. Dies muss einem Fahrzeugführer bekannt sein und er
muss diesem Umstand mit seinem Verhalten Rechnung tragen. Hierbei ist es egal, ob das
Fahrzeug ein ABS oder eine Bremskraftverstärkung hat oder nicht.

Sofern ein Fahrzeug über ein ABS verfügt, erreicht es in der Regel kürzere Bremswege, da
die Abbremsung in Abhängigkeit vom jeweiligen Fahrbahnbelag und den jeweiligen Umgebungsbedingungen
nahe an den physikalischen Grenzen erfolgt. Vor allem bleibt es lenkbar.

Mit Bremsen ohne ABS erreicht der Fahrzeugführer dieses Optimum in den allermeisten Fällen
nicht. Hier werden die Räder oftmals zum Blockieren gebracht (Fahrzeug wird unlenkbar)
oder aus Angst vor dem Blockieren wird nicht intensiv genug gebremst. Insofern überwiegen
die Vorteile des ABS eindeutig. Fällt das ABS jedoch aus, muss das dem Fahrzeugführer angezeigt
werden, da hier die Gefahr des (unvermuteten) Blockierens besteht, bzw. die Bremswirkung
herabgesetzt sein kann. Sowohl die Anzeige als auch die noch zu erzielende Bremswirkung
sind vorgeschrieben. Aus etwaigen Störungen in ABS-Bremsanlagen herzuleiten, lieber
auf ABS zu verzichten, weil dies unter Umständen ausfallen könnte, ist im Hinblick auf den
mit ABS erreichten Sicherheitsgewinn ein falscher Schluss. Ihr Vorschlag, die Warnleuchte
dauerhaft brennen zu lassen, würde dem gleichkommen.

Ich kann nachvollziehen, dass man den Ausfall der Bremskraftverstärkung an BMW-Motorrädern
und den Fahrzeugen von DaimlerChrysler als vergleichbare Fälle wahrnimmt. Es ist auf
den ersten Blick durchaus nicht zwangsläufig erkennbar, warum am Ende unterschiedliche
Maßnahmen der Hersteller stehen. Diese scheinbare Diskrepanz versuche ich zu erklären.
In beiden Fällen fällt die Unterstützungsfunktion (Bremskraftverstärkung) für die Betätigung
der Bremsanlage aus, woraus sich erhöhte Bedienkräfte und damit einhergehend verringerte
Bremsverzögerungswerte ergeben. Gesetzlich ist eine Bremskraftverstärkung nicht vorgesehen.
Ist sie vorhanden, muss bei einem Defekt das Fahrzeug jedoch unter bestimmten Bedingungen
noch bremsbar bleiben. Fällt die Bremskraftunterstützung aus, muss dies dem Fahrzeugführer
nicht angezeigt werden. Praktisch wird jedoch in beiden der genannten Fälle angezeigt,
wenn die Bremskraftunterstützung ausfällt.

Ich teile Ihre Bedenken, dass der Ausfall der Bremskraftunterstützung bei Krafträdern punktuell
anders gesehen werden kann als bei mehrspurigen Fahrzeugen. Insbesondere dann, wenn
sich der Fahrzeugführer nicht mit der gebotenen Vorsicht im Straßenverkehr bewegt. Deshalb
sollte weitgehend ausgeschlossen werden, dass ein Ausfall der Bremskraftunterstützung dem
Fahrzeugführer erst bei Betätigung der Bremse angezeigt wird. Das KBA führte eine tiefergehende
Analyse des Ausfallalgorithmus’ der Bremskraftverstärkung durch. Festgestellt wurde,
dass die Bremskraftunterstützung nach dem Startvorgang periodisch in festgelegten Minutenabständen
und nach jeder Bremsung vom System kontrolliert wird. Das Restrisiko, dass unter
Umständen eine Funktionsstörung doch zeitgleich mit einer eingeleiteten Bremsung auftreten
könnte, wird als statistisch gering eingeschätzt. Auf die möglichen Systemausfälle, deren Anzeige
und ihre Folgen weist die Bedienungsanleitung deutlich hin. Primär ist, dass die Verhaltensnormen
eingehalten werden.

Für Sie scheint es unverständlich, dass verglichen mit den BMW-Motorrädern bei einem anscheinend
geringerem Gefährdungspotential DaimlerChrysler eine Rückrufaktion durchführt.
Fest steht, dass beide Bremsanlagen bei ausgefallener Bremskraftunterstützung die gesetzlichen
Mindestanforderungen noch erfüllen. Darüber hinausgehend wird von den Herstellern sichergestellt,
dass die aufgrund dieser Vorschriften tolerierten Gefährdungen durch Herstellermaßnahmen
noch weiter reduziert werden. Deshalb ist das KBA weder gezwungen noch berechtigt
die Hersteller zum Rückruf aufzufordern. In solchen Fällen entscheiden allein die Hersteller,
ob sie eine Maßnahme (z. B. Rückruf DaimlerChrysler) einleiten oder nicht.

Zusammenfassen möchte ich die Grundsätze der Produktsicherheit wie folgt:

Die Vorschriften zur allgemeinen Produktsicherheit sollen keine absolute Sicherheit gewährleisten.
So ist es beispielsweise kein ausreichender Grund ein Produkt als gefährlich (nicht sicher)
anzusehen, wenn die Möglichkeit besteht, einen höheren Sicherheitsgrad zu erreichen
oder wenn Produkte mit geringeren Gefährdungen verfügbar sind. Vielmehr ist die Sicherheit
eines Produktes im Sinne des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes (GPSG) danach zu
beurteilen, ob eine von ihm ausgehende Gefahr für den Verbraucher bei bestimmungsgemäßer
Verwendung des Produkts plötzlich und unerwartet auftritt.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag

Klaus Pietsch

Ich lasse diese grundsätzlichen Aussagen des KBA in Flensburg unkommentiert. Meine Meinung ist den Lesern dieser Seiten bekannt.

Was meint man eigentlich im Ministerium für Verkehr Bau- und Wohnungswesen schon seit Jahren zum ABS bei Automobil und Motorrad? -

"Im Programm für mehr Sicherheit im Straßenverkehr hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen im Jahr 2001 die Forderung erhoben, für alle Kraftfahrzeuge die Ausrüstung mit ABS anzustreben. Dies gilt auch für Motorradbremsanlagen. Darin wird ein nicht unerheblicher Anteil einer möglichen Steigerung der Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer gesehen." 

Inzwischen träumt man seit sieben Jahren davon. Da müssen dann natürlich die Hersteller dieses Bemühen - auch über die EU - zu verstärken suchen. Und darum darf es keine ABS-Probleme geben. - Darum muss man die Augen verschließen und ganz stark sein. Bei den Bremsproblemen mit dem ABS. Sowohl (damals) bei Mercedes (Automobilen) als auch (heute noch) bei BMW (Motorräder). Und die Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungen ein. - Und die KBA-Meinung kennen Sie nun auch.

Und der Schnee ist schwarz! - Verstanden?

MK/Wilhelm Hahne


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