Über Träume, Punktlandungen, Familien-Bande und andere Reife(n)-Leistungen bei deutschen Fachzeitschriften
Ich habe schon in
meiner Jugend gelernt, dass es besser - und billiger - ist, aus anderen, statt aus
eigenen Fehlern zu lernen. Und so lese ich gerne deutsche
Fachzeitschriften. Zumal ich gerne grobe Fehler vermeiden möchte.
Ich meine fachliche, sachliche Fehler. So lasse ich mir gerne von
meinen Kollegen zeigen, wie man es nicht macht. Zwar werden deren
Produkte - so im Laufe der Zeit - immer teurer, aber man kann wirklich
wunderbar aus ihnen lernen. Wenn man guten Willens ist. - Aber deren
Blätter machen - auf einem Mamortisch schön drapiert - auch auf zufällige
Besucher und Gäste einen guten Eindruck. Gutes Papier, guter Druck. - Während ich
bei Motor-KRITIK - gerade von meinen lieben Kollegen - immer wieder
erfahren muss, dass sie zwar gehört haben, dass es wieder neue und
interessante Geschichten von mir zu lesen gibt. "Aber leider bin ich
aus Zeitgründen noch nicht zum Lesen gekommen." - Ich muss dann oft
lächeln, weil ich wiederum von anderen Kollegen weiß, dass sie mit
diesen Kollegen exakt über die Geschichten diskutiert haben, die
die noch nicht gelesen hatten. - Eigentlich klar: Würden sie zugeben
sie gelesen zu haben, müssten sie mit mir über das Thema diskutieren.
Oder zumindest eine Meinung äußern. Da sie meine Geschichten aber nicht
gut finden dürfen (warum eigentlich nicht?), darum geben sie vor, sie
nicht zu kennen. - Das erlebe ich übrigens nicht nur bei meinen lieben
Kollegen, sondern auch bei den Vertretern der deutschen
Automobilindustrie und ihren Zulieferern. Gerade im Mittelmanagement.
Während mir von der Basis sehr oft - schon direkt nach Erscheinen - ein
positives Echo entgegen schallt. Irgend etwas stimmt da nicht. Aber es
stimmt mich nicht traurig. - Damit meine Kollegen aber wissen, dass
zumindest ich ihre Geschichte lese, habe ich mir mal ein paar der
letzten Wochen heraus gepickt. Und verschwende mal ein paar
Zeilen darüber. Damit sie zumindest einen ihrer Leser mit Namen
kennen.
Nichts ist so verkehrt, als dass man es nicht drucken könnte
08-10
-06/06. -
Der ADAC ist ein nationaler, in diesem Falle deutscher Automobilclub.
Der auch eine ganze Welt, die "Motorwelt" umfasst. Eine nationale Welt aus nationaler Sicht, wenn
man über Jahre mal genau hinschaut. Nun schlägt in unserer Brust auch
ein deutsches Herz. Da ist doch klar, dass wir auch als globale
Deutsche eben deutsch denken, deutsch empfinden, deutsch urteilen.
Und da ist nun mal ein Dacia ein Ausländer. Ein Renault auch. Wenn Sie
allerdings Golf oder Polo spielen, dann ist Ihnen auch klar, dass das
Super-Sportarten sind. - Verstehen wir uns? - Und den Fachleuten beim ADAC ist auch klar,
was sie sehen, prüfen und schreiben dürfen. Und wenn das normale
Testprogramm nicht reicht, dann erfinden sie eben eine neue Prüfung.
Was
wurde mal über den Elchtest geschimpft, als es damit eine Firma wie
Mercedes traf. Dieser verdammte Elchtest war da auch die Erfindung
eines Ausländers. Aber dann kam damit ESP ins Geschäft. Ein Geschäft
für alle. Nun war ein Elchtest plötzlich wichtig. Und wurde
zeitschriftenübergreifend eingeführt. - Demnächst - in ein paar
Jahren - soll ESP dann sogar zwangsweise eingeführt werden. Weil Leute,
die nichts davon verstehen, ESP toll finden. Aber nun reicht auch ein
Elchtest nicht mehr. "Beim ADAC-Ausweichtest wird geprüft, wie
sich Fahrzeuge verhalten, wenn der Fahrer plötzlich ausweichen muss,
etwa wenn ihm ein Kind vor das Auto läuft." (Zitat) - Ein Kindertest? - Eine solche
Prüfung gibt es anderswo nicht. Auf der ADAC-Internetseite ist aber
etwas unterhalb dieser Information ein Video zu finden, in dem zur
Begründung des "Ausweichtests" nicht etwa - wie oben - argumentiert
wird, das hier das Verhalten eines Automobils für den Fall
überprüft wird,
"wenn ...ein Kind vor das Auto läuft", sondern "wir simulieren das
kritische Auftauchen eines Wildschweines". - Aha!
Nun
gibt es z.B. in Groß-Berlin nicht etwa nur eine Menge Einwohner - auch Kinder - ,
sondern im bewohnten Randgebiet werden ungefähr 8.000 Wildschweine
vermutet. Ob sich solche inzwischen auch im Regierungsviertel bewegen,
wurde noch nicht untersucht. Aber diese Wildschweine bewegen sich z.B.
überwiegend im Stadtgebiet, wo (meistens) eine Höchstgeschwindigkeit
von 50 km/h gilt. Der ADAC prüft aber wohl das Verhalten eines
Automobils auf das plötzliche Auftauchen von Wildschweinen bei höheren
Geschwindigkeiten, also wohl außerhalb geschlossener Ortschaften.
Und so wurde dann u.a. ein Renault Kangoo überprüft. Der hatte
sogar ESP. (Lt. "Auto-Zeitung" schaltet z.B. Walter Röhrl so ein
"Sicherheitssystem" zunächst immer aus, bevor er versucht ein Automobil
schneller als normal zu bewegen. Zitat: "Nur dann kann ich
richtig reagieren".) Der ADAC-Tester hat aber wohl das System im Kangoo
überlistet und - trotzdem - richtig reagiert, denn das Fahrzeug ist
nicht umgefallen. Trotz ESP.
Wenn man sich das ADAC-Video mal
genau anschaut, dann wird einem nämlich klar, dass die Kippgefahr
eigentlich nicht durch die serienmäßige Fahrwerkabstimmung entstand,
sondern durch das eingebaute ESP (Aufpreis 300 €), das nämlich in einem ungünstigen
Moment - relastiv spät- einen Bremseneingriff vornahm. Die französische Software ist
eben nicht auf den deutschen Wildschweinbestand ausgerichtet. Denke ich.
Nun
gab es direkt nach Erscheinen dieses Ergebnisses vom Wildschwein-Tests
für
Automobile beim ADAC auch ein Vidio auf der Internetseite der "DIE
ZEIT". Dort
kommentierte eine Dame - wohl auch des ADAC (wegen dem entsprechenden Hintergrund) - das Ergebnis, das bei
dem vorgenommenen
Vergleichstest aber nur einen Renault Kangoo betraf. Nun sind
"DIE ZEIT"-Leser, bzw. "Zeit"-Internet-Klicker wohl keine
Kangoo-Autofahrer, oder aber sie haben relativ wenig Wildschweinkontakt,
sind also weniger gefährdet, so daß man bei der "DIE ZEIT" wohl
beschloss, das "Kangoo/Wildschwein-Video" am Tag seiner
Veröffentlichung im Internet wieder "unsichtbar zu machen". Als ich am
frühen Abend noch einmal kontrollierte, da gab es das Video nicht mehr bei der
"DIE ZEIT". - Eine wildschweinschnelle Reaktion. - Auf Protest eines
Anzeigenkunden? - Herr Gerd Bucerius, einer der ersten Herausgeber (und Verleger) von
DIE ZEIT, wird sich im Grabe umdrehen.
Im
Lauftext auf der Internetseite des ADAC ist übrigens zu lesen: "...ohne
ESP könnte sich die Kipptendenz
noch stärker auswirken". - Ich hatte es oben schon dargestellt:
kann nicht sein, denn es war das ESP das die angeblich gefährliche
Situation herbei führte. Das ergibt sich auch aus der Reaktion von
Renault, wo man lt. ADAC (s. Internetseite) so reagierte: "Mit
dem Testergebnis konfrontiert, versprach Renault Nachbesserungen an der
ESP-Abstimmung vorzunehmen. Das Unternehmen wird das Software Update
allen Kunden, die ab Verkaufsstart einen neuen Kangoo mit ESP gekauft
haben, zum nächstmöglichen Zeitpunkt zur Verfügung stellen." - Es kommt
ja noch schöner- Der ADAC schreibt selbst: "Der ADAC forderte Renault
auf, für dieses Modell Nachbesserungen an der ESP-Abstimmung
vorzunehmen." - Für wie dämlich hält der ADAC eigentlich seine Leser? -
Ein Glück, dass ich vor einiger Zeit ausgetreten bin. Ich bin wirklich nicht als Miglied einer solchen Vereinigung geeignet.
Wenn
der ADAC dann in seiner Meldung weiter feststellt: "Der ADAC fordert
seit vielen
Jahren die Automobilhersteller auf, ESP serienmäßig und bei allen
Fahrzeugen anzubieten, um die Zahl der Unfälle weiter zu reduzieren",
dann soll man mir mal - bitte - den Sinn dieser Forderung erklären,
wenn am Beispiel Renault Kangoo bewiesen wird, dass ESP gefährlich sein
kann? - Wie der ADAC selber feststellt!
Kein
wirklicher Fachmann wird bestreiten, dass es in der Vergangenheit,
nachdem ESP als "Sicherheitssystem" über "den grünen Klee gelobt"
wurde, mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Reihe von Unfällen gegeben
hat, deren Ursachen in Fehlfunktionen des ESP-Systems begründet sind.
Ein großer deutscher Automobilhersteller hat mir gegenüber z.B. eine
kleine Zahl von zweistelliger Bedeutung
zugegeben. Und man relativiert diese Zahl gegenüber den
Rechenbeispielen per Computer, dass die Zahl bei der Vielzahl von
"Rettungen" die durch ESP erfolgten, eigentlich bedeutungslos sei. -
Ich will hier nicht virtuelle Tote gegen virtuelle Tote aufrechnen. - Jeder sollte sich
selbst seine Gedanken machen, wieviele ungeklärte Unfälle mit
Todesfolge vielleicht auf Fehlfunktionen von ESP zurückzuführen sind.
Im
Fehlerspeicher lassen sich dann auch nach dem Unfall solche
Softwarefehler nicht auslesen, weil nur solche Fehler aufgezeichnet
werden, die vorher von den gleichen Menschen, die die Software
fehlerhaft programmierten (weil man einfach nicht alle in der Realität
auftretenden Situationen erfassen kann), nicht für solche Fehler (die
sie selbst nicht kennen), im Fehlerspeicher ein Platz reserviert werden
kann. - Und ein Gutachter wird später nach einem Unfall feststellen: im Fehlerspeicher war kein
Fehler auszulesen. Und im Polizeibericht wird man nun vielleicht als
Unfallgrund lesen können: überhöhte Geschwindigkeit.
Das Thema
Sicherheit wird beim ADAC sowieso etwas eigenartig gepflegt. So hat man
schon vor vielen Jahren rund 130 Opel Astra, die als
Pannenfahrzeuge unterwegs waren, mit den sogenannten Hochschulterfelgen
ausgerüstet und sicherlich aus diesem Versuch das Erfahrungsergebnis
von mehr als 1 Million Kilometer vorliegen. - Negativ? - Positiv? -
Warum hat man in der Folge niemals etwas darüber gelesen? - Ist dieses
Sicherheitssystem (s. die Geschichte in meiner letzten Serie) einfach
zu billig um für den ADAC - über eventuelle Anzeigenkunden - interessant zu
sein? - Es kann aber auch sein, dass die heutigen Redakteure von diesem
Versuch gar nichts wissen. Schließlich ist der ADAC ein großer (ein zu
großer?) Verein.
Zu dem Thema Reifen habe ich auch vor Wochen
das Thema Runflat-Reifen abgehandelt. Pech für die "Auto-Zeitung", dass
man nur eine Woche danach mit einer Pro-Geschichte über den
Runflat-Reifen erschien. Weil ich per Telefon von Lesern darauf
aufmerksam gemacht wurde, habe ich mir die entsprechende Ausgabe der
"Auto-Zeitung" gekauft. (Heft 20 vom 17.9.2008) Auf den Seiten
108 und 109 ist unter dem Titel "Reifen-Leistung" das Thema
abgehandelt. Eine PR-Geschichte mit einem einseitigen Hintergrund.
Zitat: "20 Leser der AUTO ZEITUNG hatten auf Einladung von Goodyear
Gelegenheit..." - Oh, oh, oh! - So eine Geschichte in einer so
genannten Fachzeitschrift kann nur dann erfolgen, wenn der Chefredakteur auch von relativ
günstig erstellen Fertighäusern mehr versteht, als von dem, über das
seine Zeitschrift unkundige Verbraucher aufklären sollte. (s. auch "dossierB" mit entsprechenden Anmerkungen) Aber
immerhin ist er ein Autofan, fährt gerne die tollsten Automobile. (Sagt einer seiner Redakteure) Und
senkt auch die Redaktionskosten, legt dabei auch das Niveau tiefer.
Tieferlegen, härter federn ist doch gleich sportlich. Oder? - Das hört
man schließlich an jedem Stammtisch.
In Heft 21 gibt es eine
Geschichte, in der die 8:50,02 Minuten, die Walter Röhrl mit einem
Porsche Cayenne GTS als tolle Leistung, als "Weltbestzeit für SUV"
heraus gestellt werden. - Toll! - Und was der SUV dabei verbrauchte,
wenn man den Verbrauch auf dieser Rekordrunde auf den über 100 Kilometer
umrechnet? - Ich vermisse diese Angabe. Dabei hätte sie doch in die
Zeit gepasst. - Waren es 60 oder gar 80 Liter? - Pro 100 Kilometer! -
Sie, lieber Leser, glauben, dass meine Zahlen übertrieben sind? - Sie
sind die idealen Auto-Zeitung-Leser. Darüber schreibt eben keine
verantwortungsvolle (gegenüber der Industrie) deutsche Fachzeitschrift.
Denn Wiedeking ist doch dort als Firmenchefs von allergrößter Bedeutung. Weil auch VW... - Und so komme ich
dann zu "auto motor und sport'".
Auch
dort gibt es eine Geschichte, die sich mit den Spannungen zwischen den
Familie Porsche und Piech und anderem "Machtgerangel" beschäftigt.
Genauso werden diese Kämpfe in anderen Zeitschriften dargestellt: als
eine Auseinandersetzung zwischen Familien. Aber ist das die Sicht, die
einer Fachzeitschrift zusteht? Wenn so in der "normalen Presse"
das Thema angegangen wird, kann man das nicht beanstanden. Die
Herrschaften dort sind froh, dass sie überhaupt eine Möglichkeit haben,
dieses Thema so publikumswirksam anzugehen. Aber muss das "auto motor
und sport" auf die gleiche Art machen? - Geht es nicht vielmehr darum,
was nun in Zukunft eigentlich den Firmen Porsche, Volkswagen, Audi,
Seat, Skoda und Lamborghini gut tun würde? - Wie ist eigentlich
Martin Winterkorn in seiner Funktion zu bewerten? - Hat Wendelin
Wiedeking nicht in so mancher Hinsicht überzogen? - Besteht nicht über
den Wert von Porsche (auch als Aktie) eine falsche Vorstellung in der
Öffentlichkeit? - Wird nicht auch dort bald eine "Blase platzen" und
die Realität sich so darstellen, wie das jetzt gerade bei "Premiere"
passiert? - Das sollten die Fragen sein, die in einer Fachzeitschrift
wie "auto motor und sport" beantwortet werden müssen. Und der
Chefredakteur einer solchen Zeitschrift sollte das - schon wegen seiner
Insider-Kontakte - können.
Zumindest ich bin enttäuscht. Es kann
doch nicht sein, dass sich nur mir ein reales Bild der Situation in der
Automobilindustrie darstellt. Wozu haben wir denn unsere
Fachzeitschriften mit den ständigen und innigen Kontakten zu allen
Größen der Branche. Man plaudert auch gerne miteinander. Aber was
bitte? - Krisen lassen sich nicht schön reden, sollten hinterfragt und im Interesse der Leser offen gelegt werden. - Ist "auto
motor und sport" so eine Art "Bunte" für Autofahrer?
Ich will
nicht Geschichten der letzten Zeit in dieser Zeitschrift auseinander
pflücken. Aber ich vermisse die kritischen Ansätze, die eigentlich bei
den Redakteuren vorhanden sein müssten. Warum lässt sie der
Chefredakteur nicht schreiben, was denen ein- und auffällt, weil sie es
evtl. sogar recherchiert haben. Aber vieles bleibt hier wohl unter der
Redaktionsdecke, weil man die derzeitige Situation nicht noch
verschärfen will. Man möchte der Branche nicht schaden? - Man schadet
ihr, weil sich eine gewisse Entwicklung nicht verbergen lässt. Über die
Zeit! - Man verfolge doch nur einmal den Schwenk in der
Berichterstattung unserer Fachpresse, die gleichzeitig mit dem Schwenk
der Industrie erfolgte. - Muss eine Fachzeitschrift die
Sprachregelung einer Branche übernehmen?
Ich widme der "auto
motor und sport" diese Zeilen, weil sie als "Meinungsmacher" eine
gewisse Bedeutung hat. Daraus resultiert auch eine gewisse
Verantwortung. - Ich möchte hiermit nur daran erinnern.
Kommen
wir mal zu einer weiteren wichtigen Fachzeitschrift der Branche, die
auch gerne "mit dem Strom der Zeit" schwimmt: Auto-BILD. Sie ist von
der Auflage her die Größte. Sie hat auch - wie der Titel schon sagt -
etwas BILD-haftes. Man redet gerne den Leuten "nach dem Mund". Selbst
Fachredakteure sind sich dazu nicht zu schade. Weil es ins Konzept
passt? - Oder sollte Andreas Borchmann, der sich in der Ausgabe Nr. 40
z.B. über Auto-Design verbreitet, wirklich träumen, wovon er unter dem
Titel, "Mein Traum: ein Dacia Estoque" dann schreibt? - Dann hätte er
wenig Ahnung vom Automobilbau und das, was man in der Branche als
"Blechverstand" bezeichnet. - Das hat nichts mit "Blech reden" zu tun.
Wenn
in einem Automobilwerk der Gedanke an ein neues Modell entsteht, dann
werden die Eckdaten in einem Lastenheft festgelegt. Hat Herr Borchmann
eine Vorstellung davon, wieviel Prozent der Produktionskosten auf den
notwendigen "Antriebsstrang" entfallen? - Es gibt da Dinge, an
denen nicht gespart werden kann. Man muss dann eben - wenn man ein
preisgünstiges Automobil im Markt platzieren will - an anderen Dingen
sparen. Bei der Karosse lässt sich sparen, warum ein Dacia (z.B.) immer
formal ein wenig anders ausfallen wird, als ein Lamborghini Estoque.
Was
bei einer Karosse wirklich Kosten darstellt, ist nicht eine mehr oder
weniger in der Produktion verbaute Tonne Stahl, wie Herr Borchmann
argumentiert, sondern das sind die Fertigungswerkzeuge. Und die Kosten
dafür werden bestimmt von der Einpresstiefe der Karosseriebleche. Un dem "verschnitt". Darum
sind an preisgünstigen Automobilen auch die Formen weniger ausgeprägt.
Und die Scheiben sind oft relativ klein, während die Blechflächen
entsprechend groß sind. Grund: Glas ist teurer als Blech. - Wenn bei
teuren Automobilen dann auch die Glasflächen knapp ausfallen, so
maximiert das den Gewinn der Hersteller.
Ich möchte hier nicht
Details ausbreiten, die meinen Kollegen offenbar nie bewusst geworden
sind. Darum träumen sie noch heute die Träume ihrer Kindheit. Und
nehmen ihre Leser mit. Die dann auch nicht Zusammenhänge begreifen
können, weil ihnen durch die Geschichten in "Auto-BILD" nicht unbedingt
immer ein Ansatz dazu geboten wird.
In der gleichen Ausgabe von
"Auto-BILD" (wie oben) wird eine "Kaufberatung" über den VW Golf Golf V
veröffentlicht. Glaube ich der Darstellung in "Auto-BILD", dann sind
Hubraum, Leistung und Höchstgeschwindigkeit für die Beurteilung eines
Automobils wichtig. Nirgendwo ist vom Gewicht des Automobils die Rede.
Man nennt sogar "Schwachpunkte". Aber einen ganz wichtigen Punkt
für das Erleben eines Automobils - auch in kritischen Situationen -
vergisst man in der "Kaufberatung". Eingangs der Geschichte zeigt man
z.B. einen "Vorzeige-Golf": den Golf GTI mit "250 PS und sechs
Zylinder: R 32". - Ich habe gerade in diesen Tagen ein solches
Fahrzeug über die regennassen 20.832 Meter der Nürburgring-Nordschleife
bewegt. Mit DSG-Getriebe. - Und war nach ein paar Runden enttäuscht.
Denn
ich bin
1977 schon beim ersten VLN-Langstreckenrennen einen VW Golf GTI mit
einem 110 PS-Vierzylindermotor gefahren. Es ist im offiziellen Ergebnis
dieses Rennens nachzulesen: ich wurde zusammen mit meinem
Fahrerkollegen Walter Piel 5. im Gesamtklassement. Dieser Ur-Golf GTI
wog damals offiziell 810 Kilogramm. Die letzte Version des Golf V als
neues PS-Wundertier R 32 wiegt
"gefühlt" um 1,5 Tonnen. - Was sollen da die vielen PS? - Dieses
Automobil, ist
verglichen mit dem Ur-Golf GTI (aber wer kann heute noch vergleichen?)
einfach eine Enttäuschung. Sie müssten einmal erleben, wie diese
moderne Form eines GTI in den Kurven (auf regennasser Straße) nach
außen drängt. So ein GTI ist eigentlich kein GTI mehr, sondern aus der
Sicht eines Sportfahrers eigentlich eine Zumutung. Da lässt sich das
"Drängen" der Eigenmasse auf regennasser Straße in den Kurven nach außen nicht mehr
durch den - auf regennasser Straße - möglichen Vortrieb kompensieren.
Die Masse bestimmt das Fahrverhalten; die ursprünglich - "damals" - mal vorhandene
"Klasse" eines GTI geht verloren.
Aber was weiß
z.B: ein Herr Winterkorn von solchen Eindrücken? - Darum ist z.B. ein
Ferdinand Piech auch für die Branche bedeutsamer als ein Wolfgang
Porsche. Der ist ein netter Typ, wenn er abends im "Bayerischen Hof" im
"Rotary Club" mit seinen Clubfreunden plaudert. Und natürlich hat er in
seiner "Ausbildungszeit" bei Daimler-Benz auch so manche Dinge
mitbekommen. Aber ein Ferdinand Piech ist wichtiger. Martin Winterkorn
ist z.B. ohne Ferdinand Piech für mich nicht bei VW vorstellbar.
Darum habe ich auch meine eigene Vorstellung von einer idealen Veränderung im - nennen wir es - VW-Firmenverbund.
Aber
ich habe eben auch auf anderen Gebieten - entsprechend meiner
Erfahrungen - auch andere Vorstellungen als viele meiner Fachkollegen.
Wobei ich Chefredakteure nicht unbedingt als Fachkollegen bezeichnen
würde. Die haben heute auch eine andere Funktion. -
Und Gerd Bucerius dreht sich Grabe um.
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