Ein Motorrad-Thema aus dem Jahre 1985: Am 6. November 1985 veröffentlichte ich in "Motor-KRITIK" (auf Papier - nicht im Internet) eine Geschichte zu einer "BILD am Sonntag"-Aktion, die am 26. November 1985 erscheinen sollte.

"Welches Motorrad  ist das beste, das sicherste, das schönste?" - "BILD am Sonntag" ließ es bei "ausführlichen Testfahrten von einer "unabhängigen Jury" ermitteln:

Das beste Motorrad der Welt,
die beste Maschine des Jahres ist...


09-06-04/04
- Natürlich ist das Ergebnis noch geheim. Erst am 26. November wird der "Große Preis für Motorräder" von der "BILD am Sonntag" in Berlin vergeben werden. Erst dann soll die Weltöffentlichkeit erfahren, wer im Jahre 1985 das beste Motorrad der Welt baute. Am 1. Dezember bekommen die rund 2,5 Millionen Käufer der großen Springer-Sonntagszeitung das Ergebnis mit schönen Fotos garniert im Detail dargeboten. Und die, die etwas vom Motorrad verstehen, oder die zu den Lesern der großen deutschen Motorrad-Magazine gehören, werden sich an den Kopf fassen. "Gute Deutsche" werden sich freuen: "Endlich zeigen wir es mal wieder den Japsen!" - Jawohl, das beste Motorrad der Welt ist deutsch. "Europas beste Motorradfahrer" haben es laut "BILD am Sonntag"  herausgefunden. "Jeder Juror testete jede Maschine und konnte dann für jedes Motorrad in geheimer Wahl höchstens 60 Punkte vergeben." Je 10 Punkte für:

- optischen Eindruck
- Preiswürdigkeit
- Sitzposition/Fahrkomfort
- Fahrverhalten
- Motor/Leistung
- Technologischer Wert/Konzeption

Dreizehn Tester, "Europas beste Motorradfahrer" (lt. "BILD am Sonntag") waren auserwählt, "eine der wichtigsten Auszeichnungen auf der ganzem Welt" (Originalton BamS) zu vergeben.

Acht Motorräder stellten sich der Jury. Es waren (in alphabetischer Reihenfolge):

- BMW K 75 C.
- Cagiva Elefant 650
- Egli Target 600
- Harley Davidson Low Rider Sport Edition
- Honda XBR
- Kawasaki LTD 450
- Yamaha FZ 750

"'Zwölf Geschworene', viele in Motorradkleidung von Hein Gericke, hat die BILD am SONNTAG-Jury. Könner am Lenker, Artisten im Sattel, Experten in Sachen Sicherheit." So Deutschlands größte Wochenzeitung zu ihrem "Experten-Team" und fragt ihre Leser:  "Wussten Sie, dass Claus Theo Gärtner, der Detektiv Matula aus der ZDF-Serie 'Ein Fall für Zwei', ein toller Motorradfahrer ist?"

Die Filmleute der "Orion-Film" in Wiesbaden werden erstaunt sein. Noch vor ein paar Wochen sollte Claus Theo Gärtner bei der Aufzeichnung einer siebenteiligen Fernsehserie ein wenig Motorrad fahren. Man musste dafür einen Stuntman holen.

Wer hat denn schon mal Lili Reisenbichler, von BamS als "frtühere Rennfahrerin" verkauft, ein Motorrad fahren sehen? Man muss wirkloich nicht motorradfahren können. Aber warum zählt BamS Lili zu den "besten Motorradfahrern Europas"? -

Entsprechend ist denn auch das Ergebnis, das man am 26. November in Berlin verkünden wird. Motor-KRITIK kann es nicht für sich behalten. Alle sollten die Möglichkeit haben, schon vor dem 26. November darüber ausgiebig zu lachen. -

Tusch! - Fanfare! - Der Vorhang öffnet sich... "...zum dritten Mal verleiht 'BILD am SONNTAG' den 'GROSSEN PREIS FÜR MOTORRÄDER'. Dieses Jahr geht eine der wichtigsten Auszeichnungen auf der ganzen Welt an... BMW!" - Licht aus! - Spo(t)t an. - Es darf gelacht werden.

Wäre BamS eine satirische Wochenzeitung, wäre ihr zu dem Gag zu gratulieren. So aber ist das Ergebnis dieses "Tests" von BamS ein "Schlag ins Gesicht" all'jener Leute, die sich in den letzten Wochen mehrere bis viele tausend Kilometer um eine Meinungsbildung zu den Qualitäten der BMW K 75 C bemüht haben. "MOTO SPORT SCHWEIZ", ein Schweizer Fachblatt zur neuen Dreizylinder BMW: "Das im ersten Moment so superb wirkende Handling verändert sich bei forscher, schneller Gangart negativ: Auf welligem Belag wirkt die Maschine schwammig. Unsere Testmaschine pendelte in langgezogenen Kurven furchterregend um die Hoch- und Längsachse." - Und: "Auch dieser neuen Maschine haftet ein altes BMW-Übel immer noch an: Lastwechselreaktionen".

Europas größtes Motorrad-Magazin, MOTORRAD aus Stuttgart, erklärte das schlechte Abschneiden der BMW in einem Vergleichstest, bei dem neben der BMW K 75 noch fünf andere Motorräder der gleichen Hubraumklasse beteiligt waren, so: "Die unausgewogenen Fahreigenschaften der BMW lassen sie in der Wertung des Vergleichstests stark abrutschen." - Die BMW K 75 belegte Platz fünf (von sechs).

Die Zeitschrift "motorrad reisen & sport" hat bereits einen 20.000 km-Dauertest mit der BMW K 75 abgeschlossen und fasste abschließend zusammen: "Wir jedenfalls bereuten es, nach den problemlosen 20.000 Kilometern kostbaren Sekt versprüht zu haben - Selters hätte es vorerst wohl auch getan." Die Redakteure dieser Zeitschrift störte nicht nur die zu harte Sitzbank, das unausgeglichene Fahrwerk, sondern die auch nach einer Motor-Demontage festgestellten "inneren Schäden": eingearbeitete Spuren am Kettenspanner- und Kurbelgehäuse, Riefenbildung in den Lagerböcken der Auslassnockenwelle, eine teilweise Ablösung der oberen Metallschicht an den Pleuellagern, abgebrochene Ventilfedern, und und und. - Nach 20.000 Kilometern hätte man bei dieser Testmaschine nicht nur einen neuen Zylinderkopf, spmderm "will man penibel sein, auch ein neues Kurbelgehäuse" gebraucht.

Diese BMW K 75 C ist also nun nach Feststellungen der "besten Motorradfahrer Europas" "das beste Motorrad der Welt". Diese BMW verwies die Yamaha FZ 750 knapp auf Platz zwei, jene Maschine, die den Vergleichstest der Zeitschrift MOTORRAD überlegen gewann. MOTO SPORT SCHWEIZ zur Yamaha FZ 750: "...weit herum unter den Fachleuten als eine der besten Sportmaschinen der Gegenwart taxiert..."

Der "große Erfolg" der BMW K 75 in der BILD am SONNTAG bringt die BMW-Werber in arge Verlegenheit. Wo soll man die Anzeigen, die den Erfolg der neuen BMW vermelden, überhaupt platzieren?-In MOTORRAD? In "motorrad reisen & sport"? - Man würde sich lächerlich machen. Also bleibt nur noch die Möglichkeit - den Erfolg in BILD am SONNTAG zu vermelden. Oder in anderen Springer-Blättern.

So haben "Europas beste Motorradfahrer" (das sind die, die z.T. auf Leih-Bekleidung angewiesen waren, weil sie über keine eigene Motorradkleidung verfügen) doch eine "eine gute Wahl gewählt".

Übrigens: die Honda XBR 500 wird Dritte.

Motor-KRITIK will noch ein kleines Geheimnis lüften: Auch das "GOLDENE LENKRAD" (für Automobile) bleibt 1985 fest in deutscher Hand. Aber hier möchte Motor-KRITIK nichts weiter verraten. Außerdem hatte Motor-KRITIK diesen Test nicht genau unter Kontrolle.

Aber bei der Motorradbewertung gab es tatsächlich Tester, die Bewertungsbögen ausfüllten, ohne die Maschine selbst gefahren zu hanben. Es gab aber auch Juroren - um zum Schluss noch etwas Positives zu vermelden - wie z.B. Dr. Bernt Spiegel oder Hans-Joachim Stuck, die ihre Sache sehr ernst nahmen.

Nur hatte deren Arbeit leider keinen Einfluss auf das absolut lächerliche Gesamtergebnis. - Schade!

MK/Wilhelm Hahne

PS: Es sei jetzt noch eine Frage aus dem Jahre 2009 - fast 24 Jahre später angefügt: Was hat sich in den letzten (fast) 24 Jahren hin zum Positiven verändert? - Na ja, Motor-KRITIK ist gleich geblieben. - Aber BMW? - Da meldet sich gerade ein Leser mit einer Äußerung zu einer auch alten Geschichte, einer aus 2008: http://www.motor-kritik.de/common/08041309.HTM
Der Leser schreibt am 3. Juni 2009:
Hallo Herr Hahne, die Kritik ist absolut nachvollziehbar und leider berechtigt: wir haben 2 x BMW 1200 GS, eine mit Erstzulassung im April 2007, ein Rückruf/TA erfolgte nicht. Nach nunmehr 12000 km (ist ja absolut langstreckentauglich ...) deuteten die roten ABS-Warnleuchten auf einen Fehler im System hin. Fehlerauslese ergab beim Freundlichen: Hydroaggregat defekt - Reparatukosten ca. 2500 Euro! Mal sehen, ob BMW hier noch Kulanz walten läßt (4 Wochen aus der Garantie); das Bauteil ist jedenfalls nicht lieferbar und die Maschine steht trotz Mobilitätsgarantie ...
 Die 2. ist EZ 01/2005; Bremsanlage bisher ohne Probleme (außer enormem Verschleiß der hinteren Bremsbeläge - alle 10000km - der 2. Bremsscheibe sowie dem Rubbeln und Quietschen der Vorderradbremse); dafür aber schon ein gerissener Generatorriemen, eine weggeflogene Seitenverkleidung, Rost ...
 Eine in 2004 von mir erworbene 3. 1200 GS hat im übrigen bei der 1000er Inspektion bereits wegen Kolbenkipper einen neuen desselben erhalten; diese Maschine verkauften wir sehr schnell wieder ...
 Ich habe den Slogan schon umgeschrieben: BMW - aus Freude am Basteln!
 Vielleicht sammeln Sie ja noch die Informationen der Qualitätsprobleme der moderne Kühe ... noch fahren wir Sie.
 MfG
Muss ich das jetzt noch kommentieren? - Das was sich in fast 25 Jahren bei BMW wirklich gewandelt hat, ist das Selbstverständnis der BMW-Mitarbeiter. - Schade, dass dahinter keine Leistung spürbar wird. - Der Markt wird es aber BMW spüren lassen. - Die Zeit ist gekommen. 


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