Motorsport und Journalismus:  
Was hat sich eigentlich in den letzten Jahren mehr verändert? - Nicht nur Fachjournale stellen sich zu dem einen oder anderen Thema diese Frage. Auch "Motor-KRITIK". - Mit einem Beispiel aus der Formel 1 des Jahres 1986. - 1986!!!

Eigentlich hat sich bei mir wenig geändert. Meine Sicht der Dinge war immer so, dass ich versucht habe die aktuellen Geschehnisse in einen Zusammenhang zu stellen. Das setzt Wissen (ein gutes Archiv genügt da nicht!) voraus. Und die Bereitschaft, nicht nur eine eigene Meinung zu gewissen Abläufen zu haben, sondern sie auch zu äußern. Ich war immer dazu bereit. Was natürlich bedeuten kann, dass man sich - wenn man es einmal zurückblickend betrachtet - auch lächerlich machen kann. Tatsache ist aber, dass gerade solche Leute, die ihre persönliche Meinung an der jeweils "gültigen" öffentlichen Meinung ausrichten (wie z.B. Politiker), zum Teil "ganz alt aussehen", wenn man ihre tagesaktuellen Aussagen von vor Jahren mit denen von heute vergleicht. Darum krame ich auch hin und wieder mal in alten Unterlagen um festzustellen, dass ich meine "alten Geschichten" immer noch als irgendwie "aktuell" empfinden kann. Sie entsprachen damals nicht einer "angepassten Meinungsäußerung" und sie tun das heute immer noch nicht. - Da nun gerade BMW (wieder mal) aus der Formel 1 ausscheidet, ist es doch - meine ich - wirklich interessant, die "damalige Art" des Abschieds aus der Formel 1 der gerade gezeigten Art - die Ihnen sicherlich in Erinnerung ist - gegenüber zu stellen. - Nichts dazu gelernt? - Lesen Sie doch einfach mal meine Geschichte aus "Motor-KRITIK", wie ich sie am 13. September 1986 (vor 23 Jahren!) zu den damals aktuellen Geschehnissen bei BMW veröffentlichte. Nicht im Internet, sondern in gedruckter Form. Nun also diese "alte Geschichte" für meine aktuellen Leser auf diesen Internetseiten NEU. ( Das heißt in diesem Falle: der Text wurde nicht abgeändert, sondern entspricht Wort für Wort dem von vor 23 Jahren):

BMW und die Formel 1:
Solisten ohne Noten-Kenntnisse

09-08-25/02 -  Notenkenntnisse sind in der Rock-Szene nicht unbedingt erforderlich, wenn die Musikalität der Teilnehmer an einem Konzert groß genug ist und - alle zusammen genügend geübt haben.

In "klassischen" Orchestern sind Notenkenntnisse die erste Voraussetzung für die Teilnahme an einem Konzert. Besonders bei Solisten. Das ist in der Formel 1 nicht anders. Von "Solisten", die z.B. mit einem "Motor-Solo" zum "Formel 1-Konzert" beitragen, werden "Notenkenntnisse" erwartet. Und "Taktgefühl"! 

BMW hat es bei seiner Motor-Solo-Darbietung nicht gerade bewiesen: Man hat dort weder Notenkenntnisse, noch Taktgefühl, verfügt noch nicht einmal über modernes Equipment, um über die gesamte Konzertdauer mitspielen zu können. Beweis: Gerhard Berger und Benetton sind sicherlich eine gute Fahrer/Fahrzeugkombination. In Ungarn sahen sie "sehr alt" aus. Grund: Das ungenügende Ansprechverhalten des BMW-Motors. In Österreich sahen sie dagegen gut aus. Nur nicht über die ganze Distanz. Weil der BMW-Motor so gut ist? - Gemessen am Honda F1.Motor ist der von BMW eben nur "zweite Wahl".

Wer in den letzten Wochen (fast) alle Interviews gelesen hat, die in Sachen BMW/Formel 1 gegeben wurden, kommt eigentlich aus dem Lachen nicht mehr heraus und findet die unter "Kennern" vorhandene Auffassung bestätigt, dass das BMW-Selbstverständnis inzwischen so überzogen ist, dass man eigentlich schon nicht mehr darüber lachen sollte. Da werden die "Facts" im "M" ("das Magazin der mobilen Generation", einer BMW-Kundenzeitschrift) so dargestellt: "Mit Abschluss der Saison 1986 wird die Bayerische Motorenwerke AG ihre Beteiligung in der Formel 1 beenden. Dies wurde am 27. Juni 1986 vom Vorstand der BMW AG beschlossen und durch die BMW Motorsport GmbH am 30. Juni den Partnern Arrows, Benetton und Brabham mitgeteilt."

Es ist hier von "Partnern" die Rede. Wie kann man Partnern einen Beschluss mitteilen, der praktisch ein Vertragsbruch ist? - BMW hat eine sehr eigenwillige Vorstellung von Partnerschaft. Wolfgang-Peter Flohr, der Vorsitzende der Geschäftsführung der BMW Motorsport GmbH hat in den letzten Wochen eine Menge zu dem BMW-Vorstandsbeschluss sagen müssen. Es kam in Allem auch sein Engagement zum Vorschein. Aber auch seine "kleine Basis" im Wissen um die Zusammenhänge im Motorsport. Wolfgang-Peter Flohr verfügt offensichtlich nicht nur über keine Notenkenntnisse, sondern auch über keine Übung im Zusammenspiel. Wo sollte er das auch gelernt haben, wo bei BMW doch gern gegeneinander gespielt wird? - Aber vielleicht ist das Free-Jazz von einer Art, für die man ein Ohr haben muss.

Wie kann man einen Beschluss für eine frühzeitige Auflösung eines Vertrages fassen, ohne mit den "Partnern" darüber gesprochen zu haben? Es gibt nach Aussagen von Bernie Ecclestone (Brabham) schließlich nicht nur einen schriftlichen Vertrag für eine Zusammenarbeit bis Ende 1987, sondern darüber hinaus noch Vereinbarungen bis 1989!

Kein Wunder, dass inzwischen Anwälte um eine "Klärung" bemüht sind. Der Motorsport mag zwar inzwischen ein "knallhartes Geschäft" sein, aber das kann doch nicht einen Vertragsbruch rechtfertigen. 

Wolfgang-Peter Flohr argumentiert den "BMW-Rückzug" so: "Für den ausgesprochen hohen finanziellen Aufwand, den wir in der Formel 1 treiben, sahen wir nicht den in einem gewünschten Verhältnis stehenden Rücklauf an Werbung, Image- und PR-Wert. Unser Formel 1-Engagement stellte nach kritischer Prüfung keine ordentliche Kosten/Nutzen-Relation mehr dar." - Und warum stimmt die bei Honda?

Wenn BMW in seinem ganzen (überheblichen, arrogant wirkenden) Auftreten so weiter macht, kann man diesen Sport bald wieder so nutzen, wie man es in München schon in den 60er Jahren musste: Weil man kein Geld für Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften hatte, nutzte man den PR-Wert des Motorsports.

Aber eigentlich sollte man  die Worte eines Geschäftsführers einer BMW-Tochtergesellschaft auch nicht so wichtig nehmen, sondern mehr auf die Worte des "großen Vorsitzenden" Eberhard von Kuenheim achten. Wie sagte der doch auf der BMW-Hauptversammlung vor einigen Wochen: "Wir sind nicht  aus der Formel 1 ausgestiegen. Wir sind nie im Formel 1-Geschäft tätig gewesen."

Basta! - Was soll die ganze Rederei des Herrn Flohr? - Oder des Herrn Ecclestone? - Oder die Schreiberei der Presse?

Aber vielleicht macht diese von Kuenheim-Darstellung nur die gefährliche Selbsteinschätzung des BMW-Managements deutlich.

MK/Wilhelm Hahne

Ach - Sie hätten gerne noch gewusst, was ich vom Formel 1-Ausstieg des Jahres 2009 halte? - Ich meine: Den muss man im Zusammenhang mit den den Motorsport-Aktivitäten der BMW-Group (so nennt man sich heute) insgesamt sehen. Da konnte ich bisher - und kann auch im Moment - kein in sich stimmiges, an den Realitäten ausgerichtetes motorsportliche Gesamtkonzept erkennen. Was ich sehe und in den letzten Jahren erlebt habe: Marketing-Stückwerk, Beschäftigungspolitik für eigentlich überflüssige Mitarbeiter. - Eigentlich zehrt BMW immer noch von seiner echten motorsportlichen Vergangenheit. - Wo sind die Basis-Automobile (oder -Motoren) für den Motorsport? - Wollte man die Entscheidungs-Fehlleistungen der Vergangenheit bei BMW noch überhöhen, müsste man nun in die DTM einsteigen. - M-a-h-l-z-e-i-t !
Und noch ein ganz aktuelles - und bezeichnendes - "Blitzlicht": Beim freien Training am Freitag zum "Großer Preis von Europa" in Valencia fiel der BMW-Werksfahrer Nick Heidfeld vorzeitig aus und schildert den Vorgang so:

"Als mir Fernando Alonso ins Auto gerauscht ist, war die Session für mich vorzeitig vorbei. So etwas ist natürlich im freien Training völlig unnötig. Ich hatte ihn mit blockierenden Rädern im Spiegel gesehen und noch versucht, ihm etwas Platz zu lassen, aber er ist voll in mein Auto gekracht. Es hat nicht viel gefehlt, und ich hätte mich überschlagen."

Ich - der ich die Situation im Fernsehen beobachtet habe - empfinde diese Schilderung als "ein wenig blond". - Wie eben viele Entscheidungen des derzeitigen Vorstandes bei BMW. - Auch die Art - und Begründung - des aktuellen BMW-F1-Ausstiegs. - Nick Heifeld passt zu der Truppe. - M-a-h-l-z-e-i-t!


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