"Wer sich an das Absurde gewöhnt hat,
findet sich in unserer Zeit gut zurecht."

(Eugène Ionesco)


Einfach mal "geradeaus" gedacht: Ist Pressearbeit Werbung? - Ist Pressearbeit Marketing? - Besteht Pressearbeit aus Beeinflussung? - Sollte Pressearbeit abhängig machen? - Kann Pressearbeit auch zu einem Korruptionsversuch werden?

Vielleicht sollte man nicht mehr denken. Man sollte sich "an das Absurde gewöhnen". (s. Ionesco) Aber ich kann nun mal nicht anders. Ich denke beim Beobachten, beim Lesen, beim Fernsehen. Ich reihe Fakten aneinander, erkenne, wie sich ein Bild entwickelt, dann verschiebt und ich denke... - Man lässt sein Wissen, seine Lebenserfahrung einfließen und - wertet. Dabei sollte ein Journalist keine Meinung haben, nur "nackte" Nachrichten zu übermitteln suchen. - Höre ich macnmal. Als Vorwurf? - Aber nackte Nachrichten sind wie Bäume ohne Laub. Eigentlich keine Bäume. (Zumindest wenn Sommer ist.) - Moderne Journalisten wissen genau, was sie zu tun haben. In allen Situationen. Da gibt es als Rückgrat oft sogar ein Redaktions-Statut. Das wird dann z.B. mir wie ein Feigenblatt vorgehalten. Jawohl, ihr seit alle ordentliche Menschen. Nur die Geschäftsleitung, die Chefredaktion, der Verlag... - Es sind eben immer die anderen. - Und manches ist eben heute schon so selbstverständlich geworden. Selbst Kindergartenfeste gibt es heute kaum noch ohne Sponsoren. Soll man den so aufgewachsenen Kindern später mal vorwerfen, dass sie... - Besser nicht. Sie würden es nicht verstehen. Jede derartige Kritik macht den Kritiker zu einem Menschen "von gestern". Und so hat das Zitat von Ionesco (s.o.) schon etwas Stimmiges. Und man sollte als Journalist eine Frage - wie gleich im Titel zu lesen - eigentlich als normal betrachten.

Möchten Sie lieber
nach Peking oder Miami?

09-11-16/04 - Ich blättere in "Europas Nummer 1", die Nr. 45 von "Auto-Bild". Wie immer:  Auf möglichst wenig Papier viele Themen anreißen. Alles schön bunt. Und im Innenteil gibt es dann auch noch "Auto-Bild motorsport". Auf deren Seiten 8/9 finde ich zwei Seiten zur kommenden Rallye Dakar 2010. "Ein packendes Abenteuer." - Wäre ich ein normaler Leser, hätte ich übersehen, dass hier ganz "redaktionsähnlich", eine bezahlte Anzeige von VW platziert wurde. Tatsächlich findet sich oben links der Hinweis: "Präsentiert von VW Nutzfahrzeuge". - Natürlich kein Wort von "Anzeige". - Als ich einen "Auto-Bild"-Redakteur darauf anspreche, meint der: "Diese Beilage wird nicht bei uns, sondern in Schwabach gemacht." - Ich werfe dann einen Blick ins Impressum: Tatsächlich sitzt die Redaktion in Schwabach, gehört aber zum Axel Springer Auto Verlag GmbH in Hamburg. - Na ja. - Immerhin haben die ein Redaktionsstatut das vorgibt... - Eine gute Absicherung! - Für das verantwortliche Vorstandsmitglied.

Ich blättere weiter, hin zu den Seiten 10/11. "PS-Shopping im ring°boulevard" lese ich. Redaktionell gestaltet - so empfinde ich das - aber tatsächlich eine bezahlte Anzeige. Man erkennt es - als Insider - an dem Hinweis oben links: "präsentiert vom Nürburgring". Ich lese z.B., dass dort die "weltgrößte LED-Leinwand" bereit steht. "Auf mehreren Touch-Screen-Feldern können die Besucher selbst ins Geschehen eingreifen." - Toll. - Ich war in den letzten Wochen mehrfach im ring°boulevard. Die "weltgrößte LED-Leinwand" war immer tot, grau, ausgeschaltet, ohne Strom.

Ich habe recherchiert: Wahrscheinlich wäre der Querschnitt der Zuleitungen zu gering gewählt worden, erklärt man mir. Darum wären wohl Kabel durchgeschmort und nun... . Danke! - Wo ich bei "Nürburgring 20092" derzeit hinschaue und mich informiere... - Ich weiß nicht, was man sich im Untersuchungsauschuss denkt, wenn man mal bei 1980 beginnt. Dann wird man jedenfalls bis zur Landtagswahl noch kein Ergebnis haben. Und wir werden dann über 400 Millionen Bausumme sprechen müssen. Weil ein großer Teil der Bauschäden, die durch die von der Politik geforderte Schnelligkeit (damit es kein Zurück mehr gibt?) entstanden sind, dann (vielleicht) beseitigt sind. - Übrigens hatte ich bereits vor einiger Zeit vom hohen Stromverbrauch solcher Videowände geschrieben. Gerade beim Einschaltvorgängen kann es zum Kollaps des Stromsystemsm im Umfeld kommen - wenn man keine speziellen Vorschaltgeräte nutzt. - Ich hatte mich einfach kundig gemacht, bevor ich darüber schrieb. - Die Nürburgring GmbH nicht, bevor sie so ein Millionending aufbauen ließ?

Zurück zur "Anzeige", die für den Leser nicht klar als solche gekennzeichnet ist: Da werden Dinge versprochen, die nicht stimmen. Im Motto steht, dass der ring°boulevard an 365 Tagen im Jahr geöffnet ist. Und unter "Kreissparkasse Adenau" finde ich den Text, dass man "in der Filiale am Nürburgring kompotente Beratung vor Ort" findet.  - Man muss das doch eigentlich wörtlich nehmen. Aber bitte nicht in Verbindung mit den 365 Tagen. Denn tatsächlich ist diese Außenstelle im ring°boulevard nur an drei Tagen der Woche stundenweise mit einem Menschen besetzt. Sonst warten dort Automaten.  Der Laden von "Phoenix-Racing" ist z.B. auch nicht besetzt. (Andere übrigens auch nicht.) Da kann man bestenfalls z.B. die Angebote von "Phoenix"(gebrauchte Rennfahrzeuge) an der Scheibe des Ladens lesen.

In dieser Anzeige in "Auto-Bild motorsport" wird insgesamt ein Eindruck vermittelt, der in der Praxis nicht gehalten wird. Insofern wird "Nürburgring 2009" in seiner - wie man meint - "Endphase", den Versprechungen von Politikern allgemein gerecht: Es ist alles gut gemeint. Aber stimmen tut's nicht so richtig. Nehmen wir doch nur einmal die Textstelle: "Doch die Shoppingmeile dient nicht nur als Einkaufsparadies, sondern auch als zentraler Treffpunkt des neuen Erlebnisparks Nürburgring." - Wo ist denn der Erlebnispark? - Wo ist das Einkaufsparadies?

Ich spreche mit einem Besucher des "Ferrari-Store", den ich vorher durch eine große Pfütze beim Zugang von der Hotelseite her waten sah: Er hat dort ein Fernglas gesehen. Klein, toll, mit dem Ferrari-Pferd. Kostet über 170 Euro. - Er hat für sich entschieden: Zu teuer. - Dann hat er zu Hause ins Internet geschaut und exakt das gleiche Fernglas (mit Ferrari-Pferd) für unter 100 Euro erstanden. - Was erwartet man denn auch? - Wenn man die Mietkosten, die Ausstattungskosten, die Personalkosten auf die Einkaufspreise umlegen muss, dann kann man in der "Shoppingmeile" (Pardon! - Das ist keine Meile. Und was soll man dann shoppen?) nicht erwarten, günstig einkaufen zu können. - Vielleicht bei "Lotto Rehinlad-Pfalz"? - Das ist ein Sho, der mit "Lotto Rheinland-Pfalz" so viel zu tun hat, wie jede andere Lotto-Annahmestelle auch.

Vom "ring°racer" wird auf der Anzeigen-Doppelseite nicht gesprochen. Der ist auch noch nicht in Betrieb. Auch noch niemals - vom TÜV abgenommen - mit zahlenden Besuchern gelaufen. Aber es hat schon zwei Mal einen Crash gegeben. Und dann ist diese Achterbahn noch nicht fertig gebaut. Im "boulevard" fehlt noch eine Verschalung. Gläsern soll sie zum großen Teil werden. Denn wie soll das sein, wenn es draußen regnet? - Mit einer anderen schnellen Achterbahn (im Ausland) gibt es übrigens bei Regen keine Fahrt. Aus Sicherheitsgründen. Am Nürburgring gibt es halt eine andere Einstellung. Auf der nicht ungefährlichen Nordschleife gibt es zum Schutz der Zuschauer (!) dann den so genannten FIA-Zaun, dessen Sinn man nicht begreifen kann. Nicht nur an einigen Abschnitten. Ein Bürgermeister der den Bau "in seinem Verantwortungsbereich" mit unterstützt hat ("...man kann doch nicht gegen Sicherheit sein!") der macht später deutlich, als ich ihm an einem real abgelaufenen Unfall zu erklären versuche... :"Aber davon verstehe ich doch nichts." - Ja, ja - man kann doch nicht gegen Sicherheit sein, von der man eigentlich - wie in diesem Fall - nichts versteht. - Beeindruckend. Überhaupt hat man den Eindruck, dass hier am Ring vieles nur der Zuschüsse wegen gemacht wird. Je höher die Baukosten, desto höher die Zuschüsse? - Standen nicht 2001 (z.B) allein 75 Millionen auf dem Touristiksektor zur Verfügung? Und wenn man die anzapfen wollte, dann musste man eben die Geschäftstätigkeit der GmbH ausweiten. - Ist es falsch, wenn ich das so verstehe?

Aber man kann tatsächlich einer Anzeigenabteilung nicht zumuten, sich auch noch um Hintergründe zu bemühen. Jeder Verbrecher könnte für Geld in jeder Ausgabe z.B. von Auto-Bild verkünden, dass er dann einen Rolls-Royce für 5 Euro liefert verkauft, wenn der Interessent vorher mit einer Einlage von 3 Millionen Euro auf einem Liechtensteiner Bankkonto seine "Seriosität" und Solvenz nachgewiesen hat. - Prof. Deubel weiß wovon ich spreche. (Vielleicht auch nicht.)

Mit guter Pressearbeit lässt sich aber manches übertünchen. Dafür ist sie ja da - wird mir gesagt. Man hat ja auch - auf dem Gebiet, bei dem ich mich um Aufklärung bemühe - nicht immer wirklich mit wirklichen Fach-Journalisten zu tun. Manchaml ist ja noch nicht mal mehr der Besitz eines Führerscheins erforderlich. Ich habe vor vielen Jahren in Japan schon erlebt, dass mir bei Testfahrten mit neuen Motorrädern ein Kollege auffiel, von dem ich wusste, dass er keinen Motorradführerschein besitzt. Er bat mich zu schweigen. Sein Chefredakteur hatte ihn auf die Japanreise als besondere Auszeichnung für seine besonderen internen Leistungen geschickt. - Was bleibt so einem Mann dann übrig, als bei anderen abzuschreiben.

Als besondere Auszeichnung werden auch heute noch besonders geschätzte - von der Industrie geschätzte! - Journalisten zu besonderen Reisen eingeladen. Der VW-Konzern fällt mir da in letzter Zeit besonders auf. Und er kommt auch insgesamt in der Fachpresse gut weg. Sieht aber auch im Markt gut aus. - Gibt es da eine Wechselwirkung? -

Gerade hat man wieder so um 40 liebe Kollegen zum "Race of Champions" geflogen. Nach China. Nach Peking ins "Vogelnest". ("ROC Beijing - THE BIRD'S NEST")- Kann es sein, dass dort auch Andreas Gursky und Julia Stoschek gesichtet wurden? - Vielleicht hat sich mein Informant auch geirrt. Welchen Grund das "begleitete Reisen" aus Sicht des VW-Konzerns hatte? - Audi war übrigens einer der offiziellen Partner dieser Veranstaltung. Nun es gab wohl sich auch noch irgendeinen wichtigen anderen Anlass in Peking zu sein. Zu diesem Termin. - Stefan Grühsem wird es erklären können.

Jetzt Anfang Dezember wird es vom gleichen Konzern, dieses Mal aber in Sachen Audi, eine weitere Gesellschaftsreise für bewährte Fachjournalisten nach Miami, Florida geben. Dort wird den Herrschaften der neue Audi A8 statisch präsentiert. Statisch bedeutet, dass man ihn als "Kunstwerk" präsentieren wird, im Umfeld der Kunstmesse "Art Basel Miami", bei der Audi auch als Sponsor beteiligt ist.  Und weil zur Kunstmesse auch Künstler gehören, wird man in Miami zu diesem Termin auch (wieder?) Andreas Gursky, den wirklich guten Foto-Künstler, finden. Und Julia Stoschek, eine Düsseldorfer Galeristin, die zufällig seine Freundin ist. Aber man wird auch auf Helge Achenbach in Miami stoßen, weil der auch große Konzerne beim Kauf von Kunst berät. (Aber der vermittelt eigentlich nicht die Kunst des Herrn Gursky. Für den arbeitet seit vielen Jahren eine Frankfurter Galeristin.)

Achenbach wird nach Miami mit zwei Köchen anreisen, denn die unterschiedlichen "Event-Abende" lassen sich natürlich nicht alle mit einem normalen (amerikanischen) Caterer abdecken. Da muss man dann in diesen Tagen in Achenbachs Düsseldorfer Restaurant "Monkey's" schon mal ohne die bewährten Fachkräfte am Herd auskommen. Peter Hanemann wird dagegen sicher nichts in diesen Tagen vermissen. Ihn, den man sonst auch schon mal im Achenbachs Düsseldorfer "Monkey's" entdecken kann, wird wohl zu der Zeit in Miami zu finden sein. Denke ich. Er gehört zufällig zu den Beratern des Stefan Grühsem, den bewährten Chef-Öffentlichkeitsarbeiter des Wolfsburger Konzerns. Man kennt sich, man schätzt sich und trifft sich gerne mal in Miami.

Das alles wertet natürlich nicht nur den Chefdesigner von Audi, Stefan Sielaff, auf, sondern auch seine Arbeit, den neuen Audi A8. - Ist der nun in Miami "Kunst im Bau" oder "Kunst am Bau"? - Man weiß es nicht. Und sollte sich zu gegebener Zeit mal im "Hotel Fontainebleau" erkundigen. - Ein wenig Komfort sollte schon sein, wenn man sich in relativ enge Sitzreihen eines Flugzeugs gepresst - doch hoffentlich wohl des "Offiziellen Carrier" Swiss Air Lines Ltd. - über Stunden hinweg nach Florida bewegt hat. - Entschuldigen Sie bitte, liebe Leser, meine etwas ungenaue Lagebeschreibung des Hotels. Hier muss es nämlich nicht einfach Miami heißen, sondern exakt Miami Beach.

Wenn man ein paar "Förmchen" einpackt, kann man praktisch direkt vor dem Hotel herrlich im Sand spielen. Natürlich würde das eigentlich eine praktische Einführung in die Problematik der Kosten für Presswerkzeuge sein, über sich die auch die Ziehtiefe entscheiden. - So könnte man das machen, Herr Grühsem. (Das nur als kleiner TIpp.) - Aber dazu wird für die Motorjournalisten, die dort die statische Präsentation eine neuen Audi-Modells erleben dürfen, wegen der schon vorbereiteten umfassenden Programmplanung keine Zeit sein.

Übrigens - wenn Sie, liebe Leser,  den Hintergrund dieser statischen Präsentation noch nicht begriffen haben: Es geht um Umweltschutz. Ein statisch präsentierter Audi A8 trägt nicht zur Umweltverschmutzung bei. - Danke VW! '(Und das Flugzeug würde sowieso geflogen.)

Ich verstehe darum auch, dass eine Reihe von Firmen inzwischen mit der Vergabe von Testwagen sehr vorsichtig sind. - Denn es soll sogar Journalisten geben, die das auf den Testfahrten verbrauchte Benzin selbst bezahlen. Und damit dann - unüberwacht durch die Firmen! - zu großzügig umgehen, sich nicht an die "amtlichen" Verbrauchswerte halten. - Ist so das Verhalten der Presseabteilungen nicht auch praktizierter Umweltschutz?

Aber das ist wieder eine andere Geschichte. - Später mal mehr davon.
MK/Wilhelm Hahne

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