"Es läuft sehr gut am Ring": Wirtschaftsminister Hendrik Hering zur Situation, Monate nach Übernahme der Geschäfte durch die neue Betreibergesellschaft Nürburgring Automotive GmbH, am 29. September 2010 in der Mainzer Rhein-Zeitung.

Selbstverständlich wird die Aussage und Feststellung des Herrn Wirtschaftsminister eine Basis haben. Es fragt sich nur: Welche? - Hier im Umfeld des Nürburgrings sind durch die Wahrnehmung von realen Ereignissen leider andere entstanden. Wobei einige davon sicherlich nicht gegen den Eindruck sprechen, mit dem man - wenn man es nett meint - den neuen Herren eine gewisse Cleverness bescheinigen kann. Die jeweils Betroffenen empfinden das zum Teil anders. - Nachstehend möchte ich ein paar Kleinigkeiten im Geschehen hier oben in der Eifel schildern. Manches erscheint eher amüsant. Ist es aber leider nicht, weil die reale Arbeitswelt wohl kaum dafür das richtige Umfeld darstellt. - So kann man z.B. im Umfeld der neuen Betreiber auch nicht über die Antwort auf die  Scherzfrage lachen:
"Welche Kredite sind am günstigsten?"

"Die von Lieferanten!"

11-02-09/02 -  Tatsächlich klagen Lieferanten und Handwerker, die für die neuen Herren am Ring arbeiten, über eine schleppende Zahlungsweise. Sie erbringen Leistungen, liefern Ware - natürlich alles auf Rechnung - aber die Zahlungen dafür kommen recht zögernd, um es vorsichtig zu formulieren. Einer der Lieferanten bemüht sich jetzt auf dem Rechtsweg zu seinem Geld zu kommen. Auf solche Auftraggeber kann er in Zukunft gut verzichten. Meint er.

Andere halten sich noch zurück, verziehen aber deutlich das Gesicht, wenn man die Rede auf die "neue Zahlungsmoral", eine andere Art der Umsetzung von "neue deutsche Welle" kommt. Dabei ist man nicht sicher, ob hier Fehler aus Unkenntnis, Dummheit oder auf Anweisung vorliegen. Schließlich war gerade in diesen Wochen in Radio- und Fernsehsendungen zu erfahren, dass Rechnungen auch schon mal zweimal bezahlt wurden. Für Kai Richter ist das kein Problem. Er schreibt dazu an einen freien Mitarbeiter des SWR:

"Dass es überall dort, wo Menschen arbeiten, auch einmal zu Fehlern kommen kann, ist wohl verständlich und verzeihbar. So kam es in Einzelfällen zu einer Doppeltbelastung der CST (Anmerkung: Cash Settlement & Ticketing GmbH) bei externen Rechnungen. Der Fehler wurde allerdings erkannt, alle Fehlbeträge wurden zurückerhalten."

Die Zahlung anderer Beträge wurden aber wohl zurückgehalten. Also irgendwie scheint man - per Saldo - doch der im Titel stehenden Aussage nahe zu stehen, dass man die billigsten Kredite von Lieferanten erhält. (Erklärung für nicht im Geschäftsleben stehende Leser: Dort zahlt man keine Zinsen.)

Wenn man das offensichtlich in den neuen Firmen herrschende Durcheinander mit einem weiteren Beispiel beschreiben will, dann fällt es schon richtig schwer, eine Briefzusendung aus 2011 zu erwähnen, die auf dem Briefbogen das Datum 01.05.2010 trägt und dessen Absender die Betriebsgesellschaft mbH GRÜNE HÖLLE, Eifeldorf am Nürburgring ist. In diesem Brief, der von Jörg Lindner, Kai Richter und Hans-.Joachim Koch "Mit besten Grüßen" kommt, ist geschrieben:

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

heute wird am Nürburgring eine neue Ära eingeläutet. An diesem Tag nimmt die neue Betriebsgesellschaft - die Nürburgring Automotive GmbH - ihren operativen Geschäftsbetrieb auf.

Dadurch wird sich faktisch für Sie erst einmal nichts ändern. Sie werden weiter wie gewohnt Ihren Aufgaben nachgehen. In den nächsten Tagen und Wochen werden wir auf Sie und Ihre jeweilige Abteilung zukommen, um im Dialog mit Ihnen die vorhandenen Potentiale auszuloten, Ideen zu diskutieren und Ihnen zuzuhören.

Wir möchten mit Ihnen gemeinsam den Nürburghring weiterentwickeln, Prozesse definieren und effiziente Strukturen festlegen. Daher bitten wir Sie, diesen Entwicklungsprozess durch Ihre Ideen, Ihre Anregungen, aber auch Ihre Bedenken, offen und konstruktiv im Sinne einer gemeinsamen Zukunft mit zu gestalten.

Auf eine erfolgreiche und gute Zusammenarbeit mit Ihnen freuen wir uns und möchten Sie alle in der Nürburgring Automotive GmbH  herzlich willkommen heißen."

Wie gesagt, der Brief ist mit dem Datum vom 1. Mai 2010 versehen und traf Anfang Februar 2011 bei dem Nürburgring-Mitarbeiter ein. - Nürburgring-Mitarbeiter? - So ganz stimmt das nicht: Diesem Mann wurde bereits im Mai 2010 gekündigt, ihn sollte es eigentlich nicht mehr in den aktuellen Unterlagen der Nürburgring Automotive GmbH geben. - Peinlich!

Wenn irgendwelche Rechnungen mehrfach, andere garnicht gezahlt werden, wenn alte "Rundschreiben" aus 2010 noch in 2011 versendet werden und das an Leute, denen längst (evtl. auch irrtümlich?) gekündigt wurde, so lässt das mit Sicherheit auf eine "hervorragende Personal- und Geschäftspolitik der großen Meister am Nürburgring" schließen, wie mir mein Informant schreibt. - Ich habe zur Sicherheit noch einmal in einem Telefonat die gerade geschilderten Abläufe hinterfragt, weil die so grotesk sind, dass - zumindest ich - sie zunächst nicht glauben wollte.

Da wurden in einem anderen Falle von einem Geschäftsführer - vor seiner Kündigung - mit einem langjährigen Kunden Vereinbarungen für weitere fünf Jahre getroffen. Nachdem die neue Betreibergesellschaft (s.o.) das Ruder übernommen hatte, wurde von den neuen Herren am Ring nachverhandelt. Dachte man auf der Kundenseite. Doch nach dem ersten neuen Verhandlungspartner kam ein neuer. Auch der war dann nicht mehr da. Und alles vorher Besprochene war immer wieder wie niemals geschehen, d.h., es wurde wieder neu verhandelt. Bei der letzten wichtigen Verhandlung saß dann auch Hans-Joachim Stuck auf der Nürburgringseite am Verhandlungstisch. Auf der anderen Seite die Leute, die den über 50 Jahre alten Kunden, Scuderia Hanseat, repräsentierten.

Stuck hat sich in seiner Argumentation nicht für die Scuderia verwendet, wie heute auf Seiten der Scuderia Hanseat vorsichtig formuliert wird. Man spricht von Forderungen der neuen Herren, die eine Erhöhung der Kosten von 60 Prozent bedeutetet hätten. Ein Frühjahrstermin (2011) war auch nicht mehr zu erhalten, musste inzwischen ganz abgesagt werden. Ein Herbsttermin wird sich wohl auch nicht mehr realisieren lassen, weil über die notwendige Lehrgangsdauer zwischen den Vertragspartnern unterschiedliche Auffassungen bestehen.

Die Scuderia Hanseat hat sich zu einer Klage entschlossen, denn immerhin wurden  mit der Nürburgring GmbH Verhandlungen für die nächsten fünf Jahre vom damaligen Geschäftsführer schriftlich bestätigt. Dieses Verhandlungsergebnis wird aber von den neuen privaten Betreibern nicht anerkannt. - Aber vielleicht ist das auch mal wieder ein Missverständnis, so wie aktuell an die Öffentlichkeit gelangte Vertragsdetails zu neuen Mietkonditionen dann plötzlich als Teile eines Entwurfs deklariert werden. - Wie hätten Sie's denn gern?

Die Lage wird bewusst verworren gehalten - um zu verwirren. Das ist mein Eindruck. Dafür ist man auf anderem Gebiet, z.B. dem Leasing-Geschäft mit Automobilen, sehr aktiv. So ist aus dem Mainzer Landtag zu erfahren, dass auch die neuen privaten Pächter des Nürburgrings vom alten Status der Nürburgring GmbH als "Behörde" noch heute profitieren. Es heißt da in einem Schreiben (das mir in Kopie vorliegt):

"Nach den verfügbaren Daten der Nürburgring GmbH wurde dem heute am Nürburgring tätigen Pächter ab dem Jahr 2008 über Fahrzeugleasing zu Sonderkonditionen die Nutzung von Fahrzeugen der Automobilhersteller Audi, BMW, Opel und Volkswagen in den Fahrzeugklassen Mittelklasse, Geländelimousine (SUV) und Kleintransporter ermöglicht."

Diese "Sonderkonditionen" sind von einer Art, dass sie in ihren Auswirkungen auf Zahlen und Raten, ungefähr einer Halbierung der Summen entsprechen, wie sie von Herrn und Frau Jedermann als normaler Autokäufer gezahlt werden müssen.

Diese Vorstellung, von einem Fachmann der Branche geäußert, erscheinen mir glaubhaft, da ich von "Behördenkonditionen" eines oben auch genannten Automobilherstellers weiß, die beim Kauf eines Dienstwagens für eine Kommunalverwaltung angefallen sind. Da sollte bekanntlich immer das günstigste Angebot genutzt werden. Da der Kommunalpolitiker, für den das Dienstfahrzeug gedacht war, eine bestimmte Vorstellung von Marke und Modell hatte, ergab die Anfrage beim Hersteller, dass für das Fahrzeug der gehobenen Mittelkalsse für diesen Behördenkauf ein Rabatt von 40 Prozent eingeräumt werden könne. Allerdings unter Umgehung des normalen Autohandels. Wenn sich die Behörde aber zum Kauf einer Premium-Limousine entschließen könne, wäre man sogar bereit einen Rabatt auf die Listenpreis von 50 Prozent einzuräumen.

Nun dürfen Sie, liebe Leser, einmal raten, welchen Dienstwagen dieser Politiker inzwischen fährt?

Nicht nur die Kredite von Lieferanten sind eben immer die günstigsten.

Und Wirtschaftminister Hering glaubt, was er im September 2009 lt. "Mainzer Rhein-Zeitung" so formulierte: Das gesamte Invest von 330 Millionen Euro amortisiert sich, ohne dass der Steuerzahler zusätzlich zur Kasse gebeten werde.

Nur: Das gesamte Invest beträgt inzwischen längst mehr als 330 Millionen Euro, vor allen Dingen dann, wenn man Brücken, Straßenbau, Formel 1-Verluste und die so genannten "Anlaufverluste" hinzu addiert. - Warum nennt man nicht die wahren Zahlen?

"Amortisieren" kommt übrigens nicht von Amore!

MK/Wilhelm Hahne


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