Diese Vorhersage für das Endergebnis beim 24-Stunden-Rennen 2011 (vom 23. - 26. Juni 2011 auf dem Nürburgring) für die ersten fünf Plätzen im Gesamtklassement wurde gut acht Tage vor dem Rennen ohne jede Kenntnis von irgendwelchen Trainingsergebnissen o.ä. erstellt und wird im Detail erklärt.

"Jeder blamiere sich so gut er kann", hat meine Großmutter oft empfohlen. Ich mache das, um meine Meinung und Einschätzung von Technik, Fahrer- und Team-Leistung bestätigt zu bekommen. Wenn das Ergebnis ein anderes ist, werde ich versuchen für mich zu klären, welchen Gedankenfehler ich gemacht habe. Ich werde nachstehend erklären, warum ich diese oder jene Platzierung erwarte. Unter den ersten Fünf erwarte ich z.B. keinen Audi, keinen Ferrari. Erst recht nicht die sehr teure Eigenentwicklung P 4/5 auf Ferrari-Basis. Auch die Familie Stuck wird mit dem Lamborghini im Endergebnis unter den ersten fünf keine Rolle spielen, noch nicht mal unter den ersten Zehn zu finden sein. Es kommt bei einem Langstreckenrennen nicht darauf an, wer die beste PR macht, sondern wer die geschlossenste Teamleistung während des Rennens bietet. Und bei den Fahrern ist eine gewisse Fahrer-Intelligenz Voraussetzung. Es gibt eben auch unter den Fahrern gute Handwerker und wirkliche Künstler. Handwerklich gut zu sein genügt aber nicht für den Gesamtsieg. Dass die BoP (Balance of Performance) einen wirklichen Vergleich der Qualitäten eines Automobils unmöglich macht, weil damit versucht wird, ein sehr gutes Automobil (von seiner Anlage her) auf das Niveau eines schlechteren Automobils zu bringen, lässt eigentlich das Verständnis für den wirklichen Motorsport vermissen: Der Beste soll gewinnen. - Bei dieser "modernen" Art von Motorsport - die natürlich alle Marketingabteilungen begeistert - gewinnt aber, gerade bei einem Langstreckenrennen, trotzdem der, der die besten Anlagen mitbringt. Selbst wenn die künstlich beschnitten worden sind (BoP). Meine Meinung - und Erklärungen dazu -  finden Sie nun nachstehnd.

Ultra-Technologie reicht nicht

11-06-19/09 - Natürlich habe ich in den letzen Monaten - bei jedem Wetter - oft hinter den FIA-Zäunen der Nordschleife gestanden und bei Tests zugeschaut. Aber ich habe natürlich auch die VLN-Läufe beobachtet. Nach wie vor gibt es Fahrer, die auch nach Jahren auf einer Rennstrecke wie der Nürburgring-Nordschleife nicht die Ideallinie finden. Die ist nämlich auch von Autotyp zu Autotyp verschieden, was für eine Reihe von Fahrern wohl unverständlich ist.

Der Veranstalter ist ganz stolz, dass man in diesem Jahr eine Reihe von "Favoriten" am Start hat, die - wie man hören und lesen kann - ihre besondere Qualifikation durch den Gewinn von VLN-Läufer bewiesen haben. BMW und Audi haben nach meiner Auffassung praktisch ohne Konkurrenz gewonnen, Ferrari deshalb, weil man (nicht nur diesem Automobil) praktisch eine Runde Vorsprung einräumte. Was dann nach dem Rennen schnell vergessen ist, weil das Ergebnis auf dem Papier zählt. Nach einer Vorhersage von "auto motor und sport" können sechs Fabrikate gewinnen. Eine solche Vorhersage ist ohne Risiko und die Basis für viele schöne Fotos. Dass so manche Zahl in der gut gemachten Beilage nicht stimmt, muss nicht Fehler der Redaktion sein, sondern kann der BoP angelasstet werden, die einen politisches Instrument ist, an dessen Schrauben bis zuletzt gedreht wird. Was soll man als Motorsportler von Einwänden der Mitgliedern dieses Ausschusses halten, die z.B. schon mal mit "aber Sie sind in den Kurven zu schnell" argumentieren.

Wenn man sich umschaut und umhört, kann dem, der noch an wirklichen Motorsport glaubt, manchmal schlecht werden. Oder man glaubt noch an Zufälle. - Doch zurück zur vor uns liegenden Veranstaltung, für deren "späten Termin" sich schon Leute entschuldigt haben. Was deren Ahnungslosigkeit und Losgelöstheit von der Basis verdeutlicht. Das 24-Stunden-Rennen wurde - als es noch nicht vom Marketing beherrscht war - terminlich immer nahe dem 21. Juni gelegt, weil das der längste Tag des Jahres ist und das Rennen dann eine kürzere Nachtphase aufweist, was  nicht nur die Sicht verbessert, sondern - eben darum - die Sicherheit erhöht.

Ich habe eine Reihe von Auswahlkritierien, durch die ich mich näher an den möglichen Gesamtsieger herantasten kann. Hoffe ich. Fahrerisch sind die Top-Autos eigentlich ausgeglichen besetzt. Mal besser, mal schlechter, weil ich persönlich an einen Fahrer besondere Anforderungen stelle. Der muss nicht nur schnell sein, sondern es kommt darauf an, ob er seine Zeiten auf Kosten des Materials erreicht oder aufgrund seines fahrerischen Könnens. Um meinen Lesern ein Beispiel zu nennen - um dabei die am Nürburgring von den Teams eingesetzten Fahrer "zu schonen": Bei mir würde z.B. ein McNish, ein Heidfeld oder ein Wendlinger nicht eingesetzt werden. (Natürlich hätte ich Ihnen auch Fahrer nennen können, die am "Ring" auf Top-Autos sitzen, aber bei mir kein Lenkrad in die Hand bekämen.)

Da bei einem Langstreckenrennen zwar nicht das Horoskop, aber auch ein wenig das Glück eine Rolle spielt, will ich diesen Aspekt bei meiner Einschätzung von Siegchancen beim 24-Stunden-Rennen vernachlässigen.

Kommen wir zur Technik der Automobile. Da wäre z.B. die Reifenfrage ein Thema. Die Teams (oder Fabrikate) haben sich ihren Partner ausgesucht und man weiß, mit welchen Reifen auf der Nordschleife ins Rennen gegangen wird. Man fährt Dunlop, Hankook, Pirelli und Michelin, wenn man sich die so genannten "Spitzenfahrzeuge" ansieht. Ein Pirelli-bereiftes Fahrzeug wird bei diesem Langstreckenrennen nicht "vorne bei der Musik" sein. Sage ich. Hankook hat sich sehr gemacht, auch Dunlop ist ein Reifen den man fahren kann, aber wer wirklich gewinnen will, der sollte Michelin-Reifen aufgezogen haben. Zwischen einem Pirelli und einem Michelin-Reifen liegen bei einem 24-Stunden-Rennen gut 20 Minuten!

Und schon wird der Kreis der möglichen Sieg-Fahrzeuge kleiner. Es gibt Automobile, die von der Technik her so perfektioniert sind und so toll elektronisch überwacht und gesteuert werden, dass ein Reifen-Nachteil nicht so auffällt. Dazu gehört der BMW M3 GT, der allerdings wenig mit einem Serien-M3 gemeinsam hat. Darum startet der auch in der (ich nenne das mal) Prototypenklasse. Dort ist auch der P4/5 auf Ferrari-Basis genannt, der aber, obwohl der von den Spitzenfahrzeugen das geringste Eigengewicht an den Start bringen darf (1210 Kilogramm) und bester fahrerischer Besetzung mit den Pirelli-Reifen keine Chance hat. Er recht nicht, wenn es regnen sollte. Wer das nicht selbst erlebt hat, wird niemals begreifen können, dass auch im Jahre 2011 der Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Regenreifen so groß ist, dass man als Fahrer glaubt - wenn man die Reifen direkt hintereinander fährt - dass die Fahrbahndecke ausgetauscht worden wäre. Der Grip-Unterschied ist gewaltig.

Gerade bei Regen rechnet man sich bei VW mit dem VW Golf 24 GTi die besten Chancen aus, weit vorne zu fahren, weil dieses Fahrzeug über einen Allradantrieb verfügt, der aber im Grenzbereich - wie ich bei Tests beobachten konnte - sehr schwierig zu fahren ist. Hier sollte man bei VW also schon mal einen Ausfall durch Unfall einkalkulieren. Obwohl ich persönlich den Dunlop-Reifen nicht den schnellsten zurechne, hat der nach meiner Erfahrung durchaus Vorteile; nämlich in den "Übergängen" zwischen "Trocken" und "Regen". Es gibt eben den idealen Alleskönner bei den Reifen nicht; es wird ihn wohl auch niemals geben. Was nicht bedeutet, dass die aktuelle Reifenentwicklung nicht einen gewaltigen Sprung machen könnte, wenn man... - Aber darüber habe ich in meiner großen Reifengeschichte geschrieben.

Von der Motorleistung her ist der VW Golf 24, wie er offiziell bezeichnet wird, deutlich stärker als in der Fachpresse (und in Anzeigen) vermeldet. Ich kann mich da auf mein Auge und die bei Tests gestoppten Zeiten verlassen. Auf der Geraden fehlt es dem Fahrzeug allerdings trotzdem an Topspeed, was durch die schlechte Aerodynamik bestimmt wird, bei der nicht nur der cw-Wert eine Rolle spielt, sondern auch die Stirnfläche des Autos (= A). - Am Wörthersee hat Audi einen sportliche Version seines kleinsten Modells vorgestellt, die mit dem gleichen Fünfzylinder-Motor, wie hier am "Ring" gefahren, ausgerüstet ist. Da hat dieser Motor dann 503 PS. Im Rennfahrzeug angeblich nur 440. - Tut mir leid: Da ist VW unglaubwürdig. Auch im am Nürburgring eingesetzten Rennfahrzeug werden um 500 PS für Vortrieb sorgen. Auf kurvenreichen Passagen des Rings war bei Testfahrten der Hybrid-Porsche nicht in der Lage, diesem Allrad-Golf auch nur einen Meter abzunehmen. Das habe ich bei Tests beobachten können, wo ich an den unterschiedlichen Stellen der Nordschleife - alleine - gestanden habe.

Audi wird mit dem R8 LMS noch zu den Favoriten gezählt. Ich glaube nicht, dass das Fahrzeug aufgrund seiner Fahrwerkanlagen eine Siegchance hat. Wollte man diese Rennversion loben, könnte man vielleicht sagen, dass sie in allen Details den Vorstellungen der Sportbehörden von einem GT 3-Rennfahrzeug (das ja auf einer Serienversion basieren sollte) am nächsten kommt. Aus meiner Sicht ist der Audi damit leider kein perfektes Rennfahrzeug geworden. Das Renn-Fahrwerk basiert eben auch auf dem Serien-Fahrwerk. Und das ist für Rennen nicht gut genug. Die Vorderachse ist in Relation zur Hinterachse - nach meinen Beobachtungen an der Strecke - zu schlecht. Wenn das Fahrzeug optimal für die Nordschleife abgestimmt ist, ist der Grenzbereich an der Antriebsachse so schmal, dass kleine Fehler schon einen Crash bedeuten können. Die "Audi ultra Leichtbautechnologie" (lt. Anzeigen) hat meiner Meinung nach gerade bei der Vorderachse einen gravierenden Nachteil: Sie ist praktisch (Entschuldigung, liebe Ingolstadter!) an einem Alu- "Hilfsrahmen" aufgehängt.

Da ist der Mercedes SLS ein anderes Kaliber. Fahrwerkmäßig verfügt der über ein reinrassiges Rennfahrwerk, dass allerdings bei der Abstimmung für die Nordschleife einer kundigen Hand bedarf. Und die hat Mamerow in meinem Bruder Armin gefunden. Ich habe die bisher eingesezten Mercedes SLS bei den VLN-Läufen beobachtet und bin mit der Abstimmungsarbeit meines Bruders sehr zufrieden. Aber auch mit den fahrerischen Qualitäten eines Chris Mamerow, der nicht die 08/15-Ideallinie fährt, auf der viele andere SLS-Fahrer unterwegs sind. Auch mein Bruder, inzwischen deutlich über 50 Jahre alt, weiß wo's auf der Nordschleife lang geht. Chris und Armin werden sicherlich auch Pierre (Kaffer) "auf den richtigen Kurs" bringen. Der Mercedes SLS hat für ein solches Langstreckenrennen, wie es das 24-Stunden-Rennen nun mal darstellt, noch eine wichtige Eigenschaft, die allen anderen "Spitzenfahrzeugen" fehlt: Er ist sozusagen "bequem" zu fahren, belastet den Fahrer beim richtigen Schnellfahren am wenigsten.

(Solche "Kleinigkeiten" werden oft von "Fachleuten" übersehen. - Übrigens: Ich bin selbst mehr als ein Dutzend 24-Stunden-Rennen gefahren und weiß wovon ich spreche, zumal ich z.B. bei mir schon mal über die gesamte Distanz von einem Sportmediziner die Art der Belastung habe messen lassen. - Blutdruck, Herzfrequenz, Stressfaktoren, muskuläre Belastung, und, und, und. - Das geht z.T. über eine Blutanalyse, die aber sofort vor Ort erfolgen muss, weshalb z.B. ein Laborwagen vor Ort war.)

Zum Porsche 911 GT3 R muss ich eigentlich wenig sagen. Der rollt im Manthey-Team noch nicht einmal auf "normalen", sondern auf besonderen Michelin-Reifen (die gibt es nur aus einer bestimmten französischen Fertigungsstätte), kann aufgrund seiner Achslastverteilung eine Menge Bremslast auf der Hinterachse vertragen, ist mit 1250 Kilogramm relativ leicht eingestuft und darf über einen 103 Liter-Tank verfügen.

Damit kommen wir dann zum so genannten Hybrid-Porsche, der aus meiner Sicht keiner ist und der das von Williams für die Formel 1 entwickelte KERS-System beim 24-Stunden-Rennen dazu nutzen kann, immer wieder notwendige Überholmanöver möglichst schnell abzuschließen. Ein gewaltiger Vorteil, dessen Bedeutung unterschätzt wird. Immerhin stehen da 150 kW Zusatzleistung zur Verfügung. Die Marketing-, die Werbe- und die PR-Abteilungen sagen zwar, dass das Hybridsystem der Kraftstoffeinsparung dient; aber warum gesteht man dann diesem Fahrzeug einen um sieben Liter größeren Tankinhalt als dem GT 3R zu? - Obwohl dieser Hybrid kaum weniger Benzin verbrauchen wird als der GT3 R, wird er dank des größeren Tankinhalts etwas länger unterwegs sein können, bis er wieder die Boxen anlaufen kann. Was dann automatisch weniger Boxenstops über die 24 Stunden bedeutet. Und damit einen Zeitvorteil, den man nicht fahrerisch herausfahren muss..

Wenn ich jetzt meine obigen Darstellung in eine klare Tabelle mit den Plätzen 1 - 5 für das Gesamtklassement am Ende des 24-Stunden-Rennens umsetzen sollte, dann sähe die so aus:

1. Mercedes SLS
2. Hybrid-Porsche
3. Porsche 911 GT3 R
4. BMW M3 GT
5. VW Golf 24 GTi

Den besten Audi sehe ich - vielleicht - auf Platz sechs.

Ich bin selbst gespannt, wie - und ob - sich meine Vorhersage bestätigt. Oder auch nicht. Weil ich dann überlegen müsste, welche Faktoren ich falsch eingestuft habe. - Aber ich blamiere mich gerne, weil ich immer noch aus meinen Fehlern lernen kann!

Zum Glück ist das Ergebnis im Motorsport trotz aller BoP-Maßnahmen immer noch nicht berechenbar. Man solte auch möglichst schnell zurück finden, zu einer "natürlichen" Art des Motorsports und dieses Buhlen um Zuschauerinteresse und Einschaltquoten, die nur zu einer Abwertung des wirklichen Sports führen, vermeiden. - Ein 24-Stunden-Rennen am Nürburgring darf nicht zur Kirmes verkommen! - Echter Motorsport ist auch guter Motorsport und wird immer Zuschauerinteresse finden. -

Zu der immer wieder genannten und auch von den Medien verbreiteten Zahl von 200.000 Zuschauern beim 24-Stunden-Rennen möchte ich hier nichts schreiben. - Für die Marketingleute ist sie Realität. - Was auch eine Wertung bedeutet..
MK/Wilhelm Hahne
PS: Damit meine Leser wissen, wie man sich bei BMW auf einen Sieg (!) vorbereitet: Man lässt einen Film über das 24-Stunden-Rennen fürs Fernsehen und Kino (!) produzieren. Aus der offiziellen Ankündigung:

"Der Film erzählt die Geschichte des BMW Teams auf seinem Weg zum großen Ziel: dem Sieg bei dem 24 Stunden Rennen auf dem Nürburgring 2011. Es ist ein Blick hinter die Kulissen des Teams und unter die Helme der Fahrer. Hautnah wie selten zuvor. In cineastischer Bildsprache erzählt. 
Ab August im Kino, im Fernsehen und auf DVD/BluRay. 
Fernsehpremiere: 14. August, 17.00 vox / auto mobil Spezial (60 Minuten)
Kinopremiere: 29. August, 17.00 / Nürburgring Kino (100 Minuten Director´s Cut)"

Es gibt auch schon ein Filmplakat dazu:

Meine Neffen (Tim & Nick Hahne) werden nicht erfreut sein, wenn sie meine Prognose (oben) gelesen haben. Aber ganz gleich wo BMW sich platzieren kann: Es wird ein guter Film werden. Und vielleicht können Tim & Nick ja auch den Sieg meines Bruders Armin (ihres Onkels) im Film festhalten. :-) - Sie merken schon, lieber Leser, dass die Motorsportwelt ohne HAHNE um einiges ärmer wäre. - Wir sind die größte Motorsportfamilie der Welt, wie uns ein Freund gerne vorstellt. Zusammen haben wir auch schon ein 24-Stunden-Kartrennen in Köln gewonnen. - Gesamtsieg! - Nur: Wir haben das für uns, aus Spaß gemacht, und es nicht vermarktet. - Einfach so. - Exakt so wie diese Geschichte.



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