Die Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz sind gelaufen, die Regierungsbildung abgeschlossen, der neue Kurs wird für die Wähler spürbar. Und Entsetzen macht sich breit, Frust, Enttäuschung. So hatte man sich das nicht vorgestellt. - Was tun?

Nicht nur die Opposition zeigt mit dem Finger auf Stellen im Koalitionspapier, die sich Wochen nach der Regierungsbildung ganz anders lesen als vorher wahrgenommen. Und der Wähler erkennt plötzlich Formulierungen, die er als "Schwachpunkte" empfindet. Vor allen Dingen im Umfeld der Nürburgring-Region hört man anklagende Worte. Die gelten oft einer Politikerin der GRÜNEN, die vor der Wahl - aus der Sicht der Betroffenen - die Dinge ganz anders sah und dazu Thesen formulierte, die - wenn man ihr heutiges Handeln betrachtet - wie aus einer anderen Welt wirken. Die Einzelvorwürfe die da formuliert werden haben aber eigentlich einen Hintergrund, der sich in der Person des Ministerpräsidenten Kurt Beck ausmachen lässt.

Der "Eveline-Effekt"!

11-06-19/10 - Eveline Lemke, Sprecherin der GRÜNEN in Rheinland-Pfalz, hatte eine Vision: Sie wollte mit "ihrer" Partei nach den Wahlen wieder im Landtag sein. So hat sie sich vor der Wahl umstrittener Themen angenommen. So u.a. der Sache "Nürburgring 2009". Sie hat die dort entstandenen baulichen Fehlleistungen gegeißelt. Und die Bevölkerung hat ihr zugejubelt. Sie hat zu Klagen in Brüssel animiert, hat Leuten zu einer Gruppenbildung geraten, hat konstruktive Planungen aus dem Abseits mit angeschoben.

Das alles funktionierte bis zum Herbst 2010. Dann hat sie sich vom Aktivieren von Widerstand gegen die Unsinnigkeiten in Planung und Bau beim Projekt "Nürburgring 2009" zurückgezogen. Sie hatte die "Welle" mit angeschoben, die rollte nun von alleine. Klar war allen Beteiligten, dass bei der Wahl eines nicht passieren durfte: Kurt Beck durfte nicht mehr wiedergewählt werden.

So gab es dann - vor allen Dingen in der Region Nürburgring - am Tag zur Landtagswahl 2011 eine Menge Wechselwähler. Ich weiß aus vielen Gesprächen, dass hier oben die CDU eine Menge Wähler an die GRÜNEN verloren hat. Man wollte GRÜN stärken, um ROT zu verhindern, hat darum SCHWARZ verlassen, zumal man sich von dieser Fraktion "hier oben" verlassen fühlte. Nur der von der CDU eigentlich verstoßene Michael Billen konnte Punkte sammeln. Aber nur für sich. Nicht für die Partei., die den Wert dieses CDU-Mitglieds für ihre Partei ja auch bis heute noch nicht begriffen hat. Billen war vor der Wahl in Nürburg. Julia Klöckner erst nach der Wahl. (s. meinen Bericht dazu in dieser Folge)

Evelin Lemke wollte wohl frühzeitig sicherstellen dass man als Partei wieder im Landtag vertreten ist. Aber bitte nicht in der Opposition. So hat sie rechtzeitig versucht, die Segel ihrer Partei in eine optimale Stellung zum Wind zu bringen. Sie wollte nicht gegen den Wind segeln, sondern mit dem Wind. So hat sie dann schon im Herbst letzten Jahres den Kontakt zu Kurt Beck, dem damaligen Ministerpräsidenten gesucht.

Dem war als erfahrener Politiker klar, dass die SPD bei der Wahl verlieren würde. Alleine würde er seine Position nicht gegen den Rest der Welt verteidigen können. Da fand er in Eveline Lemke eine Unterstützung.

Die glaubte zwar daran,, dass die GRÜNEN gestärkt aus der Landtagswahl heraus kommen würden, aber hatte tatsächlich nicht mit diesem tollen, übergroßen Erfolg gerechnet.

Dumm, dass ihre Absprache schon im Herbst letzten Jahres erfolgte. Da hat ihr Kurt Beck noch teilnahmsvoll die Hand gereicht und eine Vereinbarung mit ihr getroffen, die sie sicherlich heute bereut, zumal sie die konsequente Art von Kurt Beck nicht richtig eingeschätzt hat, der die Dame nun - und damit auch die Partei der GRÜNEN - richtig "über den Tisch gezogen hat".

Da gibt es Stellen in der - wie man hörte - einvernehmlich verabschiedeten Koalititonsvereinbarung, über die man eigentlich gar nicht verhandelt hatte. Sie waren plötzlich geradezu unauffällig vorhanden. Und schlagen nun böse Wellen. Wie z.B. die Schließung der Generalstaatsanwaltschaft und des Oberlandesgerichts Koblenz und die Verlegung nach Zweibrücken. Das verursacht mehr als einen Sturm im Wasserglas. - Und was gerade auf dem "Bildungssektor" (ganz unten = Grundschulen) abläuft, wäre eigentlich auch einer intensiven Ausleuchtung wert. Weil aber z.B. die Ausstattung von Schulen nicht dem Land anzulasten ist, müssen in Adenau - also im direkten Umfeld des Nürburgrings, wo sinnloser Weise -zig Millionen Euro verballert wurden, Schüler auf Bänken sitzen, weil die Stühle nicht reichen. - Aber zurück zum Hauptthema:

Eveline Lemke war damit einverstanden, dass das "Problemkind" Nürburgring ins Innenministerium geschoben wurde. Da das Wirtschaftsministerium aber den Tourismus-Etat verwaltet, ist sie heute noch der Meinung, dass sie der Schieben von großen Beträgen in Richtung Nürburgring in Zukunft verhindern kann. Alte Partei-Haudegen danach befragt, ob sie das für möglich halten: Die haben schallend gelacht. Sie kennen das System, wo mit System alles das geschieht, was der Mann an der Spitze möchte.

Eveline Lemke hat mir erzählt, welche Zusagen sie in sehr harten Gesprächen Kurt Beck abgerungen hatte: Heute ist alles ganz anders. - Vielleicht erinnert sich Kurt Beck nicht mehr.

Aber die Wähler erinnern sich noch der Grundeinstellung von Eveline Lemke. Und so kommt es jetzt zum "Eveline-Effekt": Die enttäuschten Wähler suchen Ventile für ihre Enttäuschung die eine Basis in Eveline Lemkes unterschiedlichen Verhalten zwischen Gestern und Heute hat. Man wirft ihr praktisch "Kleinigkeiten" an den Kopf, während man im Grunde nur einen wirklichen Vorwurf macht, aber den  nicht exakt - auf den Punkt gebracht - formuliert. Ich darf das hier nachholen:

Durch die Wahl von Eveline Lemke, bzw. der Partei von Bündis 90/DIE GRÜNEN, wollte man eigentlich eine Wiederwahl von Kurt Beck verhindern. Aber gerade durch die Stärke der GRÜNEN ist der Schwächling SPD in Rheinland-Pfalz wieder zu alter Stärke aufgelaufen und Kurt Beck als Ministerpräsident setzt seine alten Spielchen auf neue Art fort. Und seine Versallen versuchen seine Vorgaben zu erfüllen, die er z.T. im Koalitionspapier gut versteckt hat.

Es muss nachdenlich machen, wenn aktuell Herr Otto Kaspar vom SPD-Ortsverein Riesweiler in einem Leserbrief  an die "Rhein-Zeitung" u.a. schreibt:

"Ebenfalls erschreckend ist, dass er (Anmerkung: gemeint ist Kurt Beck) nach den deutlichen Stimmenverlusten nicht analysiert hat, warum es dazu gekommen ist. Sein Sparkonzept wird auch dadurch unglaubwürdig, dass er eine Verwaltungsreform durchführt, bei der jeder weiß, dass es sich um eine Retourkutsche gegen das OLG Koblenz handelt. Die Fehlinvestitionen am Nürburgring und bei anderen Projekten sowie die Installation eines neuen Ministeriums sollen durch regirose Sparmaßnahmen bei anderen öffentlichen Bediensteten kompensiert werden. Gehaltsdiktate für mehrere Jahre und weitere drastische Kürzungen in der Krankenversorgung sowie bei Familienzuschlägen bei Beamten sind nicht hinnehmbar und erinnern an Maßnahmen der Brüning'schen Notverordnungen der 1930er-Jahre." 

Und das SPD-Mitglied ruft zum Protest auf. - Gegen das Handeln eines SPD-Ministerpräsidenten.

Kurt Beck ist aber nicht erst seit gestern "mit allen Wassern gewachsen". Man schaue sich doch nur einmal das "Informationsfreiheitsgesetz" aus dem Jahre 2009 genau an und man versteht, warum die "alte" Regierung Kurt Beck den Betrieb vom Besitz am Nürburgring trennte: Weil das Gesetz, von der SPD konzipiert, die "Privaten" nun vollkommen zu Geheimnisträgern macht Man kann nun alle unangenehmen Zahlen hinter diesem Gesetz verstecken. Die Öffentlichkeit hat keinen rechtlichen Anspruch auf die Wahrheit. - Auch wenn es eigentlich um "öffentliche Gelder" geht.

So bleibt auch mir als Journalisten nur, die Wahrheit hinter den Fassaden der Politik herauszuholen. Aber Kurt Beck - wie an anderer Stelle zu lesen - antwortet nicht. - Muss nun erst ein neuer Untersuchungsausschuss her?

Diese Entwicklung alleine Eveline Lemke anzulasten wäre ungerecht. Sie ist selbst "hinein gerasselt" - wie man so schön sagt. Sie hatte im rechten Moment eine falsche Entscheidung getroffen. - Man sollte ihr die Möglichkeit geben, ein verrutschtes Recht-Eck wieder in Form zu bringen. Sie kann mit der Unterstützung Vieler rechnen, wenn sie ihre aktuelle Grundeinstellung nun nach draußen verdeutlicht. Das versucht sie gerade aktuell, indem sie ihre Grundeinstellung - ganz im Stil der neuen Zeit - twittert: "Versprochen ist versprochen und wird nicht gebrochen."

Es wäre auch schlecht, wenn man als Journalist die aktuellen Umsetzungen der Beck-Visionen in einigen Jahren rückblickend mit: "Es gilt das gebrochene Wort" überschreiben müsste.

Vielleicht gibt's ja auch noch einen positiven "Eveline-Effekt"!
MK/Wilhelm Hahne

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