Thema: Audi - und mehr! - Hatte mein Gesprächspartner Recht, wenn er (in meiner im August erschienenen Geschichte) Audi als Synonym für Arroganz bezeichnete? - Meine Leser haben dazu Beispiele beigesteuert, die diese Zuordnung - scheinbar - bestätigen. Ich füge - themenneutral - ein eigenes BMW-, aber auch ein Audi-Erlebnis hinzu. - Zur Abrundung? - Als Gegenbeweis? - Nein! - Um das System zu verdeutlichen!

So wie es gute und schlechte Menschen auf der Welt gibt, so ist auch das Profil eines jeden Automobilherstellers nicht einseitig. In der öffentlichen Darstellung wohl. Aber jedes Ding hat mindestens zwei Seiten. Je größer Firmen sind, desto schwieriger wird der Umgang mit ihnen, weil man es niemals mit Menschen zu tun hat, sondern immer nur mit "Nano-Stückchen" aus einem riesigen Firmenbrocken. Es wäre falsch, aus dem Verhalten solcher "Kleinkörper" auf das Verhalten eines Firmenkolosses zu schließen. Aber der Eindruck färbt ab. Und er verfielfältigt sich durch die Verbreitung dieses Eindrucks. Durch die von-Mund-zu-Mund-Weitergabe, durch Zeitungen, Zeitschriften - die Medien aller Art. Die Werke steuern mit bezahlten Anzeigen gegen. - Was ist nun glaubwürdiger? -  Ich lasse mal zum Thema Audi ein paar Leser-Meinungen und eigene Beobachtungen bei einem VLN-Rennen - davor und danach - einfließen. Ich füge auch andere Beispiele hinzu, rühre mit einem Schuss Grimm'scher Märchen um, lasse alles "bei mittlerer Hitze langsam ziehen" und - fertig ist die Darstellung eines Systems, dass bei realistischer Betrachtung einfach "krank" ist.

Ein "märchenhaftes" System?

11-09-12/03 - Ich beginne mal mit einem Leserbrief zu meiner Audi-Arroganz-Geschichte: "...auf jeden Fall sprechen Sie mir aber mit diesem Artikel aus der Seele." Und der Leser erzählt mir von eigenen Beobachtungen beim 24-Stunden-Rennen in Spa-Franchorchamps. Audi durfte da schon mit dem Aufbau des neuen Alu-Palastes am Sonntag vor dem Rennen beginnen, während andere früh angereisten Teams die Zufahrt vor den Toren zur Rennstrecke verwehrt wurde. Da wurde dann der Platz in den Zufahrten zur Rennstrecke schon eng.

Man sollte aber nicht vergessen: Für den Auf- und Abbau (und An- und Abtransport) zahlt Audi über wenige Jahre einen Millionenbetrag. Den sparen natürlich die kleinen Privatteams, die eigentlich durch ihre Teilnahme und Engagement erst die Rennen ermöglichen, die die Zuschauer zu den Rennstrecken ziehen lässt. Die Werksteams sind davon überzeugt, dass es ihre Teilnahme ist. - Aber wer will schon Rennen mit wenigen Werkswagen sehen? - Man braucht also die "Privatiers", aber man braucht auch einen unübersehbaren, "markengerechten" Auftritt. Sagt die Marketing-Abteilung.

Dass Audi in Spa die Maximalzeit für einen "Stint" (Turn) beim Rennen bestimmte, hatte ich schon erwähnt, dass man eine Boxenmannschaft aber aus erfahrenen DTM-Monteuren (mit Boxenstoß-Training und -Erfahrung) zusammenstellte, wurde von der Konkurrenz als negativ empfunden, ist aber wohl nicht zu beanstanden. -. Wer hat, der hat. Und Audi hat. Offenbar auch Geld zuviel. Und ist davon überzeugt, dass man mit dessen Einsatz - nicht nur im Sport - einen großen Eindruck erzielen kann. - Stimmt! - Aber nicht immer einen positiven. - Eigentlich sind es aber Menschen, die einem einen Eindruck von der jeweiligen Firma vermitteln, deren Namen auf ihrer Visitenkarte steht.

Werfen wir einmal ein Blick auf die Ereignisse beim letzten 6-Stunden-Rennen am Nürburgring (VLN), das im Gesamtklassement auch durch Audi gewonnen wurde. Mit Glück. Aber das gehört eben auch dazu.

Aber leider gewann das falsche Auto. Ein Audi TT RS gewann vor einem Audi R 8. - Sie empfinden das nicht als falsch? - Ich auch nicht. - Aber bei Audi (intern) war man schockiert. Das war genauso wie vor vielen Jahren bei BMW, als dort nicht verstanden werden wollte, warum ein BMW-Diesel vor einem BMW M3 gewinnen kann. - Das dürfte einfach nicht sein und wurde auch eine zeitlang durchgehalten. Bis dass sich das überlegene Konzept durchsetzte.

Aber sofort nach dem Gewinn des 24-Stunden-Rennens am Nürburgring ist der BMW-Renndiesel damals in der Versenkung verschwunden. Man wollte bei BMW nicht falsche Vorurteile auflösen, sondern sie mit öffentlicher Darstellung bestätigen: Ein BMW M3 ist nicht nur teurer als ein BMW Diesel, sondern natürlich auch sportlicher und überlegen. 

Dass der BMW-Diesel dann gewinnen konnte, lag auch daran, dass ich, nachdem ich das "Denksystem" (und die Art der Umsetzung) bei BMW begriffen hatte, die damaligen "Funktionäre" dort "vor die Wand laufen ließ".  - Ja, die Idee und das Konzept für den BMW-Renndiesel stammte von mir. Niemals mehr - weder davor noch danach -  hat es eine preisgünstigere Umsetzung einer Idee in ein Siegerfahrzeug im Motorsport bei BMW gegeben. Auf einen andere Idee von mir, mit einem Diesel als erster Hersteller in Le Mans zu gewinnen, hat BMW - unter Anwendung aller möglichen Tricks und Ausweichmanöver  - verzichtet. - "Sie waren mit Ihrer Idee mindestens ein Jahrzehnt zu früh", hat mir ein ehemaliger BMW-Mitarbeiter dann später mal gesagt. - Und so hat Audi dann erstmals mit einem Diesel Le Mans gewinnen können.

Und dieses Mal gewann Audi dann auch am Nürburgring das 6-Stunden-Rennen. Aber mit dem "falschen", einem Fronttriebler-Auto. Dazu musste im Vorfeld und beim Rennen zwar einiges passieren, damit das Rennen dann auf den Podiumsplätzen so enden konnte: 1.) Audi TT RS, 2.) Audi R8, 3.) BMW Z4. - Es gewann ein Fronttriebler mit 5-Zylinder-Motor vor einem Mittelmotor-Rennsportwagen, dem Audi R 8. - Geht nicht, hat man bei Audi-Sport nicht nur gedacht. Wenn das nun mal so ist... - hat man bei Audi-quattro gesagt.

Gewonnen hat der Fronttriebler aber nur, weil das Rennen 8 Minuten (!) vor Rennende mit der Roten Fahne abgebrochen wurde. (Aber bei der Rennleitung wusste man auch nicht, was gerade bei Audi ablief.) Denn "natürlich" war der Fronttriebler in der (für das eigentliche Rennende) vorletzten Runden an die Box gekommen. Weil man noch ein paar Liter nachtanken musste. Sagt das Team. Man hat aber auch vorne links das Rad gewechelt. Sagt man in der Nachbarbox. Man habe nur die Zentralmutter nachgezogen, sagt das Team,  weil der Fahrer einen Radlagerschaden über Funk gemeldet habe.  - ??? - Das Rad stand schräg drin, sagt der Chef vom Phoenix-Team, das den R8 einsetzte. Und: Er hätte das Fahrzeug nicht mehr rausfahren lassen. - Der Teamchef des Fronttriebler-Teams stand derweilen neben seinem Einsatzwagen, riss die Hände hoch und schrie: "Scheiße!" (Beobachtung aus der Nachbar-Box.) - Jedenfalls dauerte dieser "notwendige" Boxenstop dann so lange, bis auf der Strecke der R8 vorbei war. (Gut drei Minuten)

Da war man dann bei Audi beruhigt. Der "richtige" Audi würde vor dem "falschen" gewinnen. - Doch dann ließ der liebe Gott es richtig regnen. Alles war mit Slicks unterwegs. Und die Rennleitung entschloss sich "aus Sicherheitsgründen" zum Rennabbruch. (Trotzdem gab es noch eine Rechnung über 600 Meter Leitplanken!) Und da bei Rennabbruch die Wertung entsprechend der Zieldurchfahrt bei der Runde vor Rennabbruch gilt, gewann nun trotz aller "Sicherheitsbemühungen" von Audi der "falsche" Audi vor dem "richtigen" Audi. - Wegen der Sicherheitsbemühungen der Rennleitung.

Seit 1979 gewann bei einem Langstreckenrennen auf der Nürburgring-Nordschleife zum ersten Mal wieder ein Fronttriebler. Kein Porsche, keiner der Super-Sportler von BMW, kein Aston Martin oder anderer der "Stammtisch-Favoriten". Sie kennen doch sicherlich die Zuordnung dort nach den Antworten auf die (auch) dringenden Fragen der Fachpresse: Was kostet er? - Wieviel PS hat der? - Was geht der Spitze? - Was macht der von Null auf Hundert? (Weil höhere Zahlen immer besser sind?)

Hier hatte nun ein - aus der Sicht der Marketing-Spezialisten (die auch Hundefutter und Bio-Riegel können) das falsche Auto gewonnen. Natürlich braucht man auch ein "günstiges" Auto für den Kundensport, natürlich ist "günstiger" Motorsport mit dem R8 nicht möglich, aber bitte doch nicht so... -

Die Fahrer des Fronttrieblers bei dem Rennen waren übrigens  Frank Biela, Christian Hohenadel und Michael Ammermüller, der z.B. den Schluss-Turn fuhr. Mir kann niemand erzählen, dass ein Ammermüller in der vorletzten Runde des Rennens einen Radlagerschaden meldet um zu verlangen, dass man sich beim (notwendigen?) Boxenstop auch darum bemüht. Natürlich wird er mit dem linken Fuß den (wegen des auftretenden Lagerschadens nachlassenden) Bremsdruck vor dem eigentlichen Bremspunkt hochpumpen müssen, aber kein qualifizierter Rennfahrer, wird - mit einem Vorsprung von 1:25 min im Gesamtklassement in Führung liegend, deswegen in der vorletzten Runde (!) eines 6-Stunden-Rennens die Boxen anfahren. (Wegen eines sich abzeichnenden Radlagerschadens gibt es übrigens auch keine Vibrationen an der Vorderachse, die man auch schon deswegen auschließen kann, weil Ammermüller in den letzten Runden des Rennes 8:37, 8:33, 8:38 min fuhr, während der völlig intakte R8 8:36, 8:37, 8:33 min fuhr.

Die schnellste Runde im Rennen überhaupt wurde übrigens von Lieb/Porsche mit 8:16 min gefahren, während die der Startnummer 225 (Audi TT RS) mit 8:31 gemessen wurde.

Der Ausruf "Scheiße" von Teamchef Raeder beim Boxenstop seines Autos in der eigentlich vorletzten Runde bezeichnet das Geschehen wohl am ehrlichsten. Auch die Aussagen im (geschlagenen) Phoenix-Team nach dem Rennen lassen darauf schließen. Man kann zu dem Rennabbruch 8 min vor Ende eines 6-Stunden-Rennens stehen wie man will, aber eines ist klar: Er sorgte für Gerechtigkeit.



Der Audi TT RS hat verdient gewonnen.

Natürlich wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass beim Herausfahren aus der Box das linke Vorderrad des Audi TT RS gewackelt habe. (Beim Hereinfahren übrigens nicht.) Es wurde auch an der Zentralmutter des linken Vorderrades geschraubt. Warum wohl? - Denn damit kann man kein Radlagerspiel beseitigen.  Und wenn Michael Ammermüller nach der Ausfahrt dann das Fahrzeug wenig später im Kies resigniert abgestellt hat, dann ist das doch eigentlich ein Beweis für unerklärbare "Wunder", die sich beim Boxenstopp abgespielt haben, die vom lieben Gott dank Regen und Rennleitung durch Rennabbruch aber wieder richtig gestellt wurden.

Kommentar eines Phoenix-Mitarbeiters zu meiner Darstellung: "Du spinnst!" - Sei es drum. Dann bin ich auch gerne von "Spinnern" umgeben und nicht von so "wahrhaften" Menschen, wie sie offensichtlich im Audi-Umfeld zu finden sind.

Dass ein von Audi weiter mit einem Vertrag ausgestatteter Renn-Veteran (so wird er bei Audi empfunden) auf dem siegreichen Fahrzeug fuhr, gibt allem die besondere Würze. Ich kenne Frank Biela zwar nicht aus dem Kindergarten, aber immerhin schon Jahrzehnte als starken Fahrer (und Zigarettenraucher). Auch wenn er mit mir niemals darüber gesprochen hat, so weiß ich, dass sein "Standing" (so sagt man wohl heute) bei Audi nicht so gut ist. Neben dem "Gnadenbrot"-Vertrag langte es nämlich nicht mehr zu einem Dienstwagen, so dass Frank sich selber ein Auto kaufen musste. Einen VW. (Weil der billiger zu erhalten ist.)

Natürlich stimmen (aus meiner Sicht) auch die Leistungsangaben für den Audi TT RS nicht (offiziell hat er 380 PS), aber die Gesamtleistung des Teams, dieses optimal abgestimmten Rennfahrzeugs (übrigens mit Michelin-, nicht mit Dunlop-Reifen unterwegs) zum Siegerfahrzeug eines 6-Stunden-Rennens auf der Nürburgring-Nordschleife zu machen, muss deutlich gewürdigt und herausgestellt werden. Ich möchte aber noch zur Abrundung meiner Darstellung erwähnen, dass Biela/Hohenadel/Ammermüller auch die Schnellsten im Regentraining waren. Des Gesamtklassements! - Sie hätten darum in der ersten Startgruppe ganz vorne starten dürfen, haben aber - und das zeigt ihre Cleverness - darauf verzichtet und sind vom Platz 1 ihrer eigentlichen Startgruppe ins Rennen gegangen. So konnten sie bedeutend länger "frei fahren", da die erste Startgruppe mit ihren schnellen Fahrzeugen schnell auf die dritte (und letzte) Stargruppe auflaufen würde, während sie so, rd. drei Minuten hinter "den Schnellen" startend, wesentlich mehr Zeit zum "freien Fahren" (ohne Überholvorgänge) hatten.

Natürlich spielte beim späteren Sieg auch der Zufall eine Rolle. Sonst hätte z.B: auch nicht ein BMW Z4 den dritten Platz im Gesamtklassement einnehmen können.

Ach, was die Grimm'schen Märchen mit dieser Geschichte zu tun haben? - Es gibt auch bei Audi den "bösen Wolf" (sogar mehrere) und auch solche "Wölfe", die sich als "Großmutter" verkleiden. Man erkennt die aber nicht an der rauhen und dunklen Stimme, sondern an der Visitenkarte.
MK/Wilhelm Hahne

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