Betreff:            Motor-KRITIK Leserbrief
      Datum:           Tue, 17 Mar 1998 22:01:26 -0800
        Von:             Mike.Schroeter@t-online.de (Mike Schröter)
          An:             adhoc@rz-online.de

Sehr geehrter Herr Hahne,

mit Bedauern lese ich vom angekündigten Ende Ihres Service für Internet-Nutzer. Auch wenn ich Ihren Beweggrund durchaus verstehen kann.

Um wenigstens einen kleinen Beitrag für Ihre Seiten bringen zu können, erhalten Sie anliegend einen leider unveröffentlichten Leserbrief an die
"MotorSport aktuell" Im Gegensatz zu sonstigen Leserbriefen, die bislang alle veröffentlich wurden, hat man bei diesem Thema wohl leichte
Scheuklappen.

>>Essen, 27. November 1997
Leserbrief

Hallo Msa,
wieder einmal ein Leserbrief aus Essen: Fans - Zahlende Zuschauerkulisse oder Gäste?

Man macht sich keine Gedanken mehr darüber. Stetig steigende Preise und gleichbleibendes oder gar sinkendes Angebot sind so normal, daß man sich auch bei einem Rennbesuch nicht mehr drüber wundert. Wenn man aber durch das STW-Fahrerlager schlendert und sich schon über einen geschenkten Kugelschreiber freut, weil man ohnehin keine Fahrer oder Fahrzeuge mehr aus der Nähe sieht, ist die Zeit gekommen, sich Gedanken zu machen. Strenggenommen bezahlt man für´s Einkaufen, wenn man ins Fahrerlager will. Wer bezahlt Eintritt im Einkaufszentrum?

Wer die (Indy-)CART Übertragungen auf EUROSPORT gesehen hat, hört mit Verwunderung Roger Penske als Rennstreckenbetreiber von Fans als Gästen
sprechen.

Gemeint sind sicher nicht VIPs, die einen Supertourenwagen nicht von einem Formel 3 unterscheiden können, aber die Karten hinterhergeworfen bekommen. Sicher, für die Hersteller ist dies ein wichtiges Instrument, um Kunden zufrieden zu machen, aber was ist mit den Fans, welche für die Karten bezahlen müssen? Die unter teilweise wüsten Bedingungen an den Strecken campieren, um ihrem Sport nahe zu sein. Ein Kugelschreiber, eine Autogrammstunde mit tumultartigen Szenen und vieleicht noch ein Poster. Ende.

In solchen Momenten nimmt man seine Karte in die Hand und fragt sich, wofür man im Schnitt rund 100DM bezahlt hat. Am Fernseher könnte man das doch alles viel besser sehen.

Ich behaupte, daß kann es nicht sein. Es gibt gute Ansätze, zugegeben. Zum Beispiel die Fahrerlagerparty beim STW-Finale. Warum man dafür jedoch eine Fahrerlagerkarte brauchte, ist mir eher unklar. Das bei solchen Anlässen kein Fahrer kommt ist logisch, wenn der befürchten muß, seiner Kleidung beraubt eine Autogrammstunde geben zu müssen, sodaß man als Fan hierfür auch Verständnis hat.

Jahrelang hat der ADAC alles gegeben, nicht hinzuhören, wenn für das 24 Stunden-Rennen am Ring die GT´s gefordert wurden. Erst als nachhaltiger Zuschauerschwund eingesetzt hat, macht man sich jetzt anscheinend Gedanken über dieses Thema. Das Ergebnis: Nichts. Ebenso wie die Supertourenwagen auf der Nordschleife. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis auch kein Hersteller mehr den Weg zum 24-Stunden-Rennen findet. Die vom ADAC plakativ herausgestellten Einschreibungen sind nur die eine Seite der Medaille. Klasse statt Masse ist aber das, was die Fans sehen wollen. Wobei hier keineswegs die Leistungen der Teams geschmälert sein sollen, die sich mit kleinsten Autos auf diese Tortur für Mensch und Maschine wagen.

Was ich mir unter Fan-Freundlichkeit vorstelle? Hier nur einige Anregungen, auch unter den Gesichtspunkten Bezahlbarkeit und Werbeeffekt:

-->     Die Hersteller legen zusammen und bezahlen die Campinggebühren  ganz oder teilweise
-->     Jeder Fan erhält einen Gutschein, um wenigstens einmal ein Bier im VIP-Zelt trinken zu können
-->     Ein Hersteller sponsort das Programmheft, eine zuschlagpflichtige Tribüne oder den Fahrerlagerzutritt ganz oder teilweise für alle Besucher
-->     Zu festgelegten Zeiten außerhalb Trainings und Rennen erhalten alle Fans die Gelegenheit zu einem Blick in die Boxengasse, wo die Autos im Freien vorbereitet werden
-->     Mengenrabatte für Eintrittskarten (z. B. Familienkarten oder Karten-Abos)
-->     Unter allen Wochenendtickets werden 5 Mitfahrgelegenheiten im Rennfahrzeug oder im Straßenfahrzeug mit einem bekannten Fahrer verlost

Schöne Grüße aus Essen

Mike Schröter<<

Anmerkung der Redaktion:
Wir veröffentlichen diesen - in "motorsport aktuell" unveröffentlichten - Leserbrief gerne, weil er die Meinung "an der Basis" widerspiegelt, der Basis, von der nicht nur die Automobilindustrie, sondern auch der Motorsport lebt. -
Wir bei Motor-KRITIK hören da jedenfalls aufmerksam hin ... und wir werden uns auch etwas für unsere "privaten" Internet-Fans einfallen lassen, damit die kostengünstig auch weiterhin die Infos erhalten können, die es sonst in dieser Mischung (fast) nirgendwo gibt.

Wilhelm Hahne