"Wieviel Wut muß sich bei Heinz-Harald Frentzen aufgestaut haben"?

Das fragt sich der Kölner "Express", wenn sich "H.-H." über Schumi äußert. Und nicht nur in diesem Medium wird zitiert, zitiert, zitiert. Motor-KRITIK fragt sich: Waren die Journalisten, die diese Geschichten schreiben, eigentlich niemals selbst bei Rennveranstaltungen? - Haben sie niemals Schumi und andere um Sieg un Platz kämpfen sehen? - Haben sie keine eigene Meinung zu den Dingen? - Motor-KRITIK hat eine. Kennt Schumi und H.-H. schon aus der Formel 3 (und auch noch früher). Und sagt hier seine Meinung.

Schumi ist ein Mann

98-06-23/01. Und die "Ärzte" meinen: "Männer sind Schweine". Dabei haben die Schumi wahrscheinlich noch niemals fahren sehen. Aber Schumi war noch niemals anders, als er sich jetzt einem aufmerksamen Fernseh-Publikum darstellt. Er war eigentlich immer so, wie ihn Heinz-Harald Frentzen geschildert hat: "Es ist doch alles nicht so, als würde ich das alles zum erstenmal erleben; das zieht sich doch wie ein roter Faden durch die Kart- und Formel 3-Zeit bis heute."

Heinz-Harald Frentzen hat recht. Ich habe Schumi zwar nicht in seiner Kart-Zeit, aber in seiner Formel 3-Zeit erlebt. In Zweikämpfen zu einer Zeit, als noch nicht in jeder Kurve eine Fernsehkamera lauerte. Aber ich stand dort. Und ich habe Schumi damals schon - wegen seiner rüden Aktionen - nicht gemocht. - Aber wer hat die schon mitbekommen? -

Jeder der gegen Schumi jemals gefahren ist, wird bestätigen, daß Michael Schumacher stets mit maximalem Einsatz gefahren ist. Nicht hart gegen sich selbst, vor allen Dingen gegenüber anderen. Seine Ausfahrt aus der Boxengasse in Montreal war aus seiner Sicht einfach nur "normal". Und im Zweifelsfalle hat er nichts gesehen. - Und auch nichts gehört?

Wie war das denn damals, im letzten Jahr, als es um die WM ging? - Motor-KRITIK-Meinung: Villeneuve ging in die Schumi-Falle. Nur hatte Schumi Pech, weil Villeneuve durchkam. Nach meiner Auffassung wußte Schumi zum Zeitpunkt des Rammstoßes längst, daß er unter normalen Umständen keine Chance mehr hatte, die WM ´97 zu gewinnen. Er hatte in den Runden zuvor im Hinblick auf die gefahrenen Rundenzeiten abgebaut, die Motorleistung war zurückgegangen und die Box hatte ihm - das ist mein Wissensstand - längst mitgeteilt, daß der Motor eingehen würde. Wenn ich mich recht erinnere, war ein Kühler beschädigt. Kann sich Schumi nicht erinnern, das vorher bereits über Funk gehört zu haben? Ungefähr so: Du kannst Dir die WM abschreiben. Der Motor geht ein.

Und dann hat Schumi den Villeneuve bewußt (!) in die Falle laufen lassen. Alles andere würde auch kaum zu Schumi passen. - Wenn man ihn kennt.

Heinz-Harald Frentzen hat recht: Schumi war schon immer so. Er ist noch konsequenter, noch überlegter in seinen Aktionen geworden. Und auch in seiner Art schauspielerisch besser, wenn er sie dann später erläutert. "Mit Dackelblick", wie Frentzen richtig feststellt.

Schumi war - verglichen mit Frentzen - immer der komplexere Rennfahrer. Wenn man mit "Rennfahrer" einen F 1-Driver moderner Prägung meint. Aber Frentzen, verglichen mit Schumi "ein Kind", hat aufgeholt. Nach meiner Meinung hat Frentzen die besseren fahrerischen Anlagen. Aber um in der Formel 1 erfolgreich zu sein, braucht es nicht nur Talent. Verglichen mit Schumi, ist Heinz-Harald Frentzen geradezu naiv. Aber er ist ein Mensch. Ein liebenswerter.

Schumi ist dagegen ein erfolgreicher Geschäftsmann, der mit F 1-Fahren sein Geld verdient. Konsequent, bis ins Detail. Und auch mit allen Haken und Ösen. Und dem zu ihm passenden Manager.

Heinz-Harald Frentzen ist erwachsener geworden, aber - wird auch hoffentlich - niemals den "Härtegrad" erreichen, den Schumi nun einmal auszeichnet. - Auszeichnet? - Da aus dem Sport inzwischen ein Geschäft geworden ist, kann man es nicht anders formulieren.

Ich kenne sie alle seit vielen, vielen Jahren. Den Bartels, den Frentzen, den Schumacher, den Marco Werner. Und ich habe sie aufmerksam beobachtet, habe mir eine Meinung gebildet. Schumi war immer der glasklare Realist, der stets versuchte, die richtige Politik zu machen. Heinz-Harald war dagegen mehr ein Tag-Träumer, der nur seine Formel 1-Träume im Kopf hatte. - Und sie verwirklicht hat! - Ohne charakterlich Schaden zu nehmen.

Schumi ist nun eigentlich entwicklungsmäßig am Ende. Frentzen hat dagegen seine Zukunft wirklich noch vor sich. Außerdem ist er der liebenswertere, ein richtiger Mensch. Seine menschlichen Eigenschaften machen ihn - verglichen mit denen des Schumi - im Moment noch zum Mann, der oft noch hinter Schumi herfahren muß. In einem normalen Rennen. Aber wenn anormale Zustände herrschen, wenn es primär auf den fahrerischen Instinkt, aufs Talent ankommt, dann dürfte Heinz-Harald schon heute dem Schumi überlegen sein

Ich erinnere mich noch gerne der Mercedes-Zeit von Schumi und H.-H. - Heinz-Harald tat genau das, was von ihm - z.B. bei Testfahrten - verlangt wurde. Schumi machte dagegen immer eine glasklare Politik, tat das, was ihn persönlich voran brachte. Und wenn ich dann H.-H. darauf aufmerksam machte, dann konnte sich der nicht vorstellen, daß man so sein könne, wie Schumi tatsächlich war. Aber Schumi war so. Und er war erfolgreich. Bei Typen wie Welti. Aber auch bei Neerpasch. - Und er ist so. Noch konsequenter als damals. Heute glaubt ihm die halbe Welt. - Zu der ich nicht gehöre.

Für mich ist dagegen ein Mann wie Heinz-Harald Frentzen der Mann mit Zukunft. Schumi hat dagegen seine Zukunft schon hinter sich.

MK/Wilhelm Hahne