In Deutschland unbekannt, aber ab Januar 1999 schon in 10. Auflage erhältlich: Nissan Skyline

Im Jahre 1957 gab er sein Debüt: der Nissan Skyline als Limousine und Coupé. Nur wirklichen Motorsportfreunden wird er bei eindrucksvollen Vorstellungen - und die hatte er überall in der Welt - aufgefallen sein. Immer war es die Coupé-Version mit der Zusatzbezeichung "GT-R". Dieses Fahrzeug, das auf den ersten Blick ein wenig bürgerlich wirkt, hat es faustdick unter dem Blech. Die Konkurrenz wird es in 1999 bei einigen Langstreckenrennen noch erleben. Motor-KRITIK beobachtete Versuchsfahrten der neuesten GT-R-Version, die erst im Januar 1999 offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Allerdings war das beobachtete Fahrzeug kein normales Serienfahrzeug mehr, sondern entsprechend dem Motorsport-Reglement der Gruppe N vorbereitet. Nachstehend finden Sie eine Mischung von Erinnerung, aktuellem Erleben und Zukunftsvisionen. - Und Sie erfahren, warum sich Wilhelm Hahne bei den beobachteten Testfahrten des Nissan GT-R an ein besonderes 850er BMW-Coupé erinnert. Und daß er selbst einen noch kommenden Porsche RS (GT3) damit verglichen als "kalten Kaffee" empfindet. - Er hat ihn schließlich schon beobachtet. Und auch den Nissan Skyline, den GT-R. - Motor-KRITIK-Meinung:

Dieser Nissan kann ganze Anzeigenserien ersetzen

98-11-13/02. Als ich vor Jahren einmal ein bestimmtes BMW-Coupé fuhr, das aussah wie ein 850er, aber sich nicht wie ein 850er fuhr, da fand ich den Grund dazu in einer intelligenten Allradlenkung. Aber die war teuer. Zu teuer. Und so gibt es diese 850er Coupé-Version längst nicht mehr.

Dieses BMW-Coupé mit Allradlenkung vermittelte ein wenig von "der Leichtigkeit des Seins". Was das BMW-Coupé nämlich zu einem Un-Sportwagen machte (und macht!), war (und ist!) eigentlich sein Gewicht. Die Allradlenkung vertuschte praktisch diesen Gewichtsnachteil. Zumindest im normalen Straßenverkehr. Wenn man auf eine Rennstrecke kam... - Adé, du schöner Sportwagen.

Und darum konnte aus diesem BMW 850er Coupé auch niemals etwas werden. Es war "nicht Fisch und nicht Fleisch". Es war ein Marketing-Gewächs. (Was uns da bei BMW in nächster Zukunft blüht, in einer anderen Geschichte.)

So ein Nissan Skyline ist ein paar hundert Kilogramm leichter als ein 850er Coupé. So bringt es bessere Voraussetzungen mit, ein Sportwagen zu sein. Obwohl es eigentlich wie eine dreitürige Limousine wirkt.

Ich hatte schon vor Jahren Gelegenheit, den Nissan Skyline GT-R ausgiebig zu fahren, zu erleben. Was mich damals beeindruckte, war nicht nur die Allradlenkung (die mich dann später im 850er BMW wiederum so beeindruckte, weil sie ebenso technisch perfekt ausgeführt war!), sondern auch die Art des Allradantriebs, der beim GT-R serienmäßig ist. Ich hatte bis dahin schon viele Arten von Allradantrieb gefahren, aber noch niemals ein "fahrerorientierteres" System.

Eigentlich ist die Nissan Skyline GT-R ein Hecktriebler mit einer "Allradhilfe". Normalerweise wird der Wagen nur über die Hinterachse angetrieben. Tritt dort mehr - als wünschenswert - Schlupf auf, wird die überschüssige Kraft auf die Vorderachse geleitet. Ich habe das von Nissan im GT-R verbaute System einfach als "intelligent" empfunden.

Wenn ich z.B. schnell in ein Autobahnkreuz eingefahren bin und in der Bergauf-Rechtskurve beschleunige, dann kommt es nicht sofort zu einem ausbrechenden Heck, zu einem Übersteuern, sondern die Kraft, die die Hinterachse nicht verkraften kann, wird jetzt zur Vorderachse umgeleitet. Für einen kurzen Moment schiebt der Wagen leicht über die Vorderachse (Untersteuern) um dann - ich beschleunige immer noch - in ein feines Übersteuern überzugehen, gut kontrollierbar, mit dem Gasfuß wunderbar zu dosieren.

Das Nissan 4-WD-System arbeitet mit einer elektronischen Drehmomentverteilung. Raddrehzahlsensoren an allen vier Rädern, ein Längsbeschleunigungs- und ein Querbeschleunigungssensor kontrollieren den Fahrzustand und informieren einen kleinen Computer, der blitzschnell die optimale Drehmomentverteilung berechnet und ein Steuersignal an die Hydraulikeinheit gibt. Die erzeugt einen entsprechenden Hydraulikdruck zum Betätigen einer in Öl laufenden Lamellenkupplung in einem Verteilergetriebe und verändert so die Kraftzuteilung zwischen Hinter- und Vorderachse stufenlos von 100 Prozent zur Hinterachse bis zu einem Verhältnis von 50:50 Hinterachse/Vorderachse.

Und nun noch ein paar Worte zur Allradlenkung: Da sorgen ein Fahrgeschwindigkeits- und ein Lenkwinkelsensor für die Koordination der Bewegungen der Räder. So werden Vorderrad-Lenkwinkel, Lenkwinkelgeschwindigkeit und Lenkwinkelbeschleunigung in Relation zuur Fahrgeschwindigkeit gebracht und davon abhängig die ideale Reaktion der gelenkten Hinterräder von einem Rechner ermittelt und über das sowohl hydraulisch, als auch mechanisch arbeitende Lenksystem in eine die Fahrer-Absichten unterstützende Lenkarbeit der Hinterräder umgesetzt.

Bei jeder Lenkradbewegung reagieren die Vorderräder zuerst. Sobald hier Seitenführungskraft aufgebaut ist, werden die Hinterräder kurzzeitig entgegen dem Vorderradwinkel eingeschlagen. Dadurch wird auch hinten eine Seitenführungskraft aufgebaut, die das Fahrzeug nun in die Kurve hineindreht. Der Fahrer gewinnt so den Eindruck von einer besonderen Lenkspontanität seines Wagens. Schnelle Richtungswechsels werden so geradezu zu einer Spielerei.

Plötzlicher Seitenwindeinfall bei schneller Autbahnfahrt? - Er wird vom Fahrer als einfach lächerlich empfunden..

Motor-KRITIK kann nicht sagen, was das neue Modell, gegenüber dem gefahrenen, noch für weitere Verbesserungen aufweisen wird, aber das was bekannt ist, genügt eigentlich. Nur ist es deutschen Kunden nicht bekannt. Weil dieser Nissan Skyline GT-R nicht in Deutschland geliefert wird. Eigentlich ist er nur für Japan gedacht, wird nur als Rechtslenker gebaut. Das hat auch den deutschen Importeur dazu gebracht, eine Entscheidung gegen den Import dieses Fahrzeuges in Deutschland zu treffen. Und so wird  der Skyline hier auch nicht in 1999 angeboten werden, wenn die - wieder einmal - überarbeitete Version erscheint. Aus deutscher Käufer-Sicht: dumm gelaufen! Denn der Nissan Skyline GT-R ist einfach ein faszinierendes Automobil. Wenn man das Wort "Faszination" auf das Fahrerlebnis bezieht.

Dieser Nissan Skyline GT-R ist ein wunderbares Beispiel dafür, daß ein Automobilhersteller mit Verantwortung niemals sein Angebot nur an den Ansprüchen der Verbraucher, seiner Kunden, orientieren darf, weil deren Ansprüche meist längst nicht so hoch sind, wie die Möglichkeiten und das Wissen der Forschungs-, Entwicklungs- und Konstruktionsabteilungen.

Ich habe das jetzt bestätigt gefunden - übrigens nicht zum ersten Mal! - als ich den neuen - den neuesten - den kommenden Nissan Skyline GT-R,bei Testfahrten auf der Nürburgring-Nordschleife beobachtete. Nissan will offensichtlich so ein Fahrzeug, entsprechend dem Gruppe N-Reglement beim 24-Stunden-Rennen in 1999 am Nürburgring (aber nicht nur da!) einsetzen. Und fährt jetzt schon dort Versuche, hatte den "Ring" exklusiv sperren lassen. - Welchen Eindruck muß man bei einem Vergleich gewinnen?

Daß viele der Automobilhersteller eigentlich den Kontakt zur Basis verloren haben. Alle leben in ihrer eigenen Welt. Und wenn das Horoskop günstig ist, ist sogar irgendein Erfolgserlebnis für einen kleinen Moment existent. In Ausschnitten, die man selber begrenzt, weil jede Ausweitung den "Höhepunkt" relativieren würde.

Nehmen wir einmal Porsche: da entsteht gerade der neue RS, der neue GT 3 auf 996-Basis. Walter Röhrl hat ihn hier auf der Nordschleife vor Wochen gefahren. Gut gefahren. So gut, daß die anwesenden Testfahrer (und die wissen um die Tücken der Nordschleife) nur noch ergriffen Beifall klatschen konnten. Walter Röhrl steuerte das neue Super-Geschoß (es wird sicherlich so um DM 200.000 angeboten werden, weil man an die Dividenden denken muß) in wenig mehr als 8 min. um die Nordschleife des Nürburgrings. Bei trockener Strecke, versteht sich. Bei strömendem Regen waren es dann 9 min 30 sec, was den Testfahrern der anderen Firmen schon beim Blick auf die Stoppuhren die Tränen in die Augen trieb. - Einfach sensationell! - Wenn man einen Porsche bei diesem Wetter um die Nordschleife fahren muß.

Beim Nissan Skyline GT-R saß nicht Walter Röhrl am Steuer. Aber es regnete. Gleichmäßig und fein. Am Abschnitt "Pflanzgarten" lief das Wasser in drei feinen Bächen quer über die Fahrbahn. Und dann kam der dunkelblaue Gruppe N Nissan Skyline GT-R die Bergab-Passage vom "Brünnchen" hinunter zum "Pflanzgarten". Das Kommen hatte sich mit eindringlichem Grollen des Sechszylinder Bi-Turbo angedeutet. - Bitte nicht vergessen: es regnet und es ist naß. - Und wo bremst denn dieser Nissan? - Und wie der einlenkt! - Und wo der Fahrer schon wieder auf dem Gas steht! - Und man hört das Hochschalten vor dem "großen Sprunghügel"., man hört, wie er im Teillastbereich die nachfolgende schnelle Passage durchfährt. Und man hört - am Geräusch -, wie sehr der Fahrer - trotz Regen! - auf dem Gaspedal steht.

Die Stoppuhr läuft. - Und dann hört man ihn wieder über "Wippermann", "Eschbach", "Brünnchen" zum "Pflanzgarten" herunterkommen. Wer selbst schon einmal einen Renntourenwagen bei Regen um die Nürburgring-Nordschleife getrieben hat, der muß nun einfach fassungslos sein.- Ich bin es. - Der Nissan passiert - auf Regenreifen (Bridgestone) - unterwegs die Zeitkontrolle in 8 min 27 sec. - Sensationell! -

Hätte Walter Röhrl das mitbekommen, hätte er sicherlich seinen Porsche weggeschmissen. - Aber wo ist der Griff, Herr Wiedeking?

Eine Runde später sind es 8 min 8.24 sec. - Es war also keine Ausnahmerunde. Das ist für den Nissan Skyline GT-R normal! Nun ja, man hatte zwar schon in der Woche vorher das Fahrwerk auf die Strecke abgestimmt, dieses und jenes probiert. Das Auto ist optimal abgestimmt. Aber die Basis stimmt auch. Der Allradantrieb, die Allradlenkung, das sind hier zwar Fahrerhilfen, aber nicht solche, die vom Fahrer als Bevormundung empfunden werden. - Sie bevormunden den Fahrer nicht, sie überhöhen sein Können.

Und wie schnell der Nissan den Nordschleife des Nürburgringsumrundet, wenn eine trockene Strecke optimalen Leistungseinsatz möglich macht? - Ich habe es nicht selbst gemessen, aber die Zeit dürfte um gut 30 sec besser sein, als die des künftigen neuen Porsche GT 3, des "RS". Der erreichte (mit Walter Röhrl am Steuer) knapp über 8 min, die Zeit für den Nissan dürfte mit 7.20 - 7.25 min richtig eingechätzt und angegeben sein.

Natürlich hat dieser Nissan Power. Wieviel, weiß ich nicht. Es werden gut 400 PS sein. Aber der Nissan Skyline GT-R bringt diese Power auch auf den Boden, seine Technik läßt es zu, die Fahrerabsichten voll in reale Fahrleistungen umzusetzen, die sich deutlich von denen der Konkurrenz abheben. Mir erscheint dieser Nissan, trotz seiner sicherlich knapp 1500 Kilogramm, fast als idealer Renntourenwagen.

Der deutsche Nissan-Importeur denkt nicht daran, diesen Nissan - auch nicht in kleinen Stückzahlen - zu importieren. Für ihn ist das kein Import-Objekt. Rechtslenker, teuer... - Wie teuer eigentlich? -

Auch in England wird der Skyline GT-R nicht offiziell importiert. Aber einer der größeren englischen Nissan-Händler hat sich das zur Aufgabe gemacht. Die von ihm für 1999 eingeplante Verkaufsstückzahl ist 200 Stück. Und er hat entsprechend disponiert. Er wird sie zum Preise von 120 - 130.000 DM (von Motor-KRITIK für das 99er-Modell geschätzt) an den Mann bringen. - Kein Problem!

Auch in Deutschland würde so ein Fahrzeug helfen, das Bild von Nissan in eine positive Richtung zu verändern. Aber wer versteht schon (und ich meine jetzt die Automobilindustrie insgesamt) wirklich etwas vom Automobilgeschäft?. Aber man darf das nicht klein, klein sehen.

Eine andere Frage: Was bringt denn Anzeigenwerbung? - Ach, man weiß das nicht so genau? - Motor-KRITIK-Meinung: ein Nissan Skyline GT-R bringt - auf deutschen Landstraßen und Rennstrecken unterwegs - mehr, als viele effektvoll gestalteten Anzeigenseiten. Und die kosten!

Warten wir das 24-Stunden-Rennen 1999 auf dem Nürburgring ab. - Und wenn Motor-KRITIK es richtig beobachtet hat, dann ist auch noch eine GT3-Version dieses Nissan für Le Mans in Vorbereitung. - Oh, arme Porsche! - Und in Le Mans wird noch nicht einmal Röhrl am Start sein.

Übrigens: schon seit 1993 ist beim Skyline GT-R eine Brembo-Bremsanlage in der Gruppe N homologiert. Dieser Nissan hat einfach keine Schwächen: Fahrwerk (vorne und hinten eine Multi-Lenker-Konstruktion), Allradantrieb, Anllradlenkung, Brembo-Bremsanlage - und ganz viel Power aus dem Sechszylinder Bi-Turbo, machen ein ideales Sportgerät aus diesem Tourenwagen. Einem Serien-Tourenwagen, der zwar in zählbaren, aber doch relativ großen Stückzahlen gebaut wird.

Und der mich ein wenig - beim Fahren vor Jahren - an die Möglichkeiten erinnerte, die der 850er BMW mit Allradlenkung einmal aufzeigte. Aber das ist vorbei. Der 850er BMW ist praktisch tot. Der Nissan Skyline lebt. Seit nunmehr fast 42 Jahren in der 1999 nun 10. Auflage. - Bravo!

MK/Wilhelm Hahne