Über einen Sportwagen-Test in "sport auto" und Reaktionen

"sport auto" ist als Zeitschrift eine Randerscheinung, eine Zeitschrift für Fans. Die erwarten Tests von besonderen Automobilen. Eine besonders "wissende" Berichterstattung über Rennen und Rallyes. Die erwarten Hintergrundgeschichten jeder Art. Aber so eine Zeitschrift kostet Geld. Und die Auflage ist klein. Und da spart der Verleger. Gerade dann, wenn er in seiner Verlagsgruppe nicht nur diese eine Motor-Zeitschrift hat. So kann er personell kombinieren. Da ist der Chefredakteur von "sport auto" dann nicht nur der Chefredakteur dieser Zeitschrift, sondern macht die Zeitschrift "sport auto" mit - "so nebenbei". Neben "auto motor und sport" zum Beispiel. Und alles ist streng rationalisiert. Und weil offensichtlich der eine nicht weiß, was dem anderen längst klar ist, kam es zum Beispiel im Falle eines Tests zu Differenzen. Der Tuner, der das Testfahrzeug stellte, war mit dem Ergebnis des Tests nicht einverstanden. - Aber welche Möglichkeiten hat ein solcher Betrieb, ein solcher Mann? - In diesem Falle blieb nur eine Anzeige. Nicht bei der Polizei. Sondern in "sport auto". Und das hat Folgen. (Aber nicht die, die man vermuten könnte!)

Ein "Schwarzer Hengst", ein Test und eine Anzeige

98-11-30/01. In Heft 11/98 testete "sport auto" ein Z 3-M-Coupé des Tuners Herbert Hartge. Genau genommen ist Hartge kein Tuner, sondern ein Automobilhersteller. Denn seine BMW, die der "Tuner" tunt, sind anschließend keine BMW mehr. Sie werden zum "Hartge". Hartge ist auch beim Kraftfahrtbundesamt als Fahrzeughersteller anerkannt. Und so stellt er Fahrzeuge her, aber tunt auch Automobile. Je nachdem wie weit seine Tuningarbeiten in die Basis eingreifen, bleibt es entweder beim Tuning eines BMW, oder aber es wird ein neues Produkt daraus, ein "Hartge" eben. Auf den es dann auch eine zweijährige Garantie gibt!

Den, den "sport auto" testete, war ein "Hartge M Coupé, mit 3,5 l-Motor, 350 PS und 400 Newtonmeter Drehmoment. Und weil das Testfahrzeug schwarz war, war die Geschichte in "sport auto" mit "Black Beauty" getitelt, wurde vom "schwarzen Hengst" gesprochen. Es wurde eine schöne Geschichte. Schön geschrieben, schöne Fotos auf schönem Papier.

Geschrieben - schön geschrieben - war die Geschichte von einer jungen Dame, deren Namen man nicht im Impressum der Zeitschrift findet. Sie lernt wohl noch. Oder so. Aber beherrscht schon perfekt den Stil, den man heute von einem Allround-Journalisten verlangt. Diese Dame ist sehr wohl morgen bei "Motorrad" oder übermorgen bei "Hei-Fei" oder irgendeiner Fotozeitschrift einsetzbar. Eine Journalistin mit polygamen Anlagen.

Das Ganze liest sich wie viele andere Geschichten in "sport auto". Einfach süß.. (Unter uns: Darum mangelt es "sport auto" auch an Lesern. Meint Motor-KRITIK".)

Die schreibende, beschreibende Dame, hatte wohl alle Unterlagen zur Verfügung, die es bei "sport auto" zum Thema Hartge M-Coupé gab. - Aber waren es die richtigen?

Die Dame konnte aufgrund ihrer eigenen (wohl geringen) Erfahrung nicht wissen, daß z.B. die Felgen des Testwagens (19 Zoll) nicht von BMW waren. Und so holte sie diese Felgen "aus dem BMW-Regal". Wer aber nicht erst seit gestern in der Branche herumschreibt, weiß, daß Hartge immer schon eigene Felgen entwickeln ließ und bei seinen Fahrzeugen verwendete. Aber Anna Wassertheurer (so heißt die Dame) konnte das wohl nicht wissen. Und niemand hat es ihr gesagt. Es stand auch wohl nicht im Testprotokoll. - Hat die Geschichte niemand gegengelesen?

Und so kam es zum ersten Fehler im Test des Hartge Z3 - M Coupé. Aber Herbert Hartge, jener Mann, der nicht nur des Geschäfts wegen BMW-Automobile optimiert, sondern weil er von der Basis - aber auch von seinem Können - überzeugt ist, glaubte noch weitere Fehler zu erkennen.

Da gab es veröffentlichte Meßdaten, die gar nicht mit denen übereinstimmten, die Herbert Hartge nach Fertigstellung des Testwagens selbst gemessen hatte. Und es gab nicht etwa nur einen "kleinen Unterschied". Für "sport auto" wurden die Messungen von Redakteur Jochen Übler gefahren. In der Branche wird dieser Mann nicht den "großen Autofahrern unserer Zeit" zugerechnet. Aber selbst dann dürften auf dem Beschleunigungsweg von Null bis 200 km/h zwischen der Hartge- und der Übler-Messung keine Zeitunterschiede von rund 2,6 sec entstehen.

Zwischen der Hartge- und der Übler-Messung liegen in jedem Bereich praktisch Welten. Nur im Falle der Höchstgeschwindigkeit ist man sich einig: 270 km/h. (Was übrigens bei 350 PS aus 3,5 l Hubraum nicht für die Aerodynamik des Z3 M-Coupés spricht!)

Aber was sollte Herbert Hartge nun gegen die anderen - aus seiner Sicht falschen - Zahlen unternehmen?

Die geschilderten subjektiven Fahreindrücke waren in "sport auto" natürlich nicht die der Autorin Anna Wassertheurer, sondern die stammten von Horst von Saurma-Jeltsch. Dieser Mann gehört nach Motor-KRITIK-Einschätzung zu den besten Testern, die derzeit in der Branche unterwegs sind. Er kann nicht nur Automobile schnell (sehr schnell) und im Grenzbereich gekonnt bewegen, sondern "begreift" auch die Testobjekte. Seine Aussagen zu Fahrverhalten, Fahrwerkabstimmung müssen ernst genommen werden. Dieser Mann hat Gefühl und Einfühlungsvermögen.

Ich unterhalte mich gerne mit ihm über die Eigenschaften von Testobjekten. Wobei mir aber schon aufgefallen ist, daß er mir gegenüber präziser (und kritischer) in der Beurteilung von Automobilen war, als später in den "sport auto"-Tests zu lesen. Aber die werden - wie auch im Falle des Hartge Z3 - M Coupé - nicht unbedingt von ihm geschrieben.

Hinter einem Test in "sport auto" steht also nicht unbedingt ein Tester, sondern wie im geschilderten Fall gleich drei Personen. Und ein Chefredakteur, der diese Zeitschrift "so nebenbei" (also neben "auto motor und sport" und weiteren Aufgaben innerhalb des Verlages!) macht. Und natürlich ein Fotograf und, und, und.

Stellen wir einmal gegenüber, in welchen Daten sich die "sport auto"-Messungen und die des Herbert Hartge unterschieden. Wobei ich der besseren Vergleichbarkeit wegen, die Werte von "sport auto" auf eine Stelle hinter dem Komma begrenzt habe. "Sport auto" weist nämlich gleich zwei Stellen hinter dem Komma aus. Das wirkt so wissenschaftlich. Aber bei dem Fahrer... -

Beschleunigung:
 
Hartge
"sport auto"
0 - 100 km/h
4,8 sec
 5,3 sec
0 - 180 km/h
13,9 sec
16,2 sec
0 - 200 km/h
17,5 sec
20,1 sec
 
Elastizität im 4./5. Gang aus 80 km/h:
 
 Hartge
 "sport auto"
bis 100 km/h
2,5 sec
3,5 sec
2,8 sec
4,1 sec
bis 120 km/h
  5,0 sec
  6,7 sec
  5,6 sec
  7,7 sec
bis 140 km/h
  7,5 sec
  9,8 sec
  8,5 sec
11,5 sec
bis 160 km/h
10,1 sec
13,1 sec
11,7 sec
15,4 sec
 
Die Unterschiede sind schon "ergreifend". Es ist also die "Unzufriedenheit" eines Herbert Hartge über die von "sport auto" veröffentlichten Zahlen sehr gut nachzuvollziehen.

Aber was tun? - Und so verfiel Herbert Hartge auf die Idee (als man in der Redaktion von "sport auto" die von ihm ermittelten Meßdaten nicht nachvollziehen konnte) eine Anzeige in "sport auto" zu schalten, die die veröffentlichten Werte richtigstellte. Das kostete den BMW-Tuner immerhin 9.000 DM.

Die Anzeige ist im jetzt am Kiosk ausliegenden Heft 12/98 zu lesen. Und sorgt für Aufregung bei "sport auto". Denen ist natürlich nicht recht, wenn man ihre Messungen und Angaben in Frage stellt. Chefredakteur Ostmann versuchte z.B. Hartge zu erklären, daß der Unterschied vielleicht von den 19 Zoll-Felgen herrührt, die doch... - "Kinderkam", befindet Hartge.

Hartge weiß was er gemessen hat. Er mißt jedes seiner Fahrzeuge. Die Fahrleistungen sind - wie er auch in seiner Anzeige schreibt - immerhin "ein wesentlicher Bestandteil der HARTGE Zwei-Jahresgarantie".

Eigentlich gibt es für die aufgetretenden Differenzen in den Meßdaten keine Erklärung. Denn so schlecht kann niemand fahren, als daß er... - Und ein Gerätefehler scheidet ebenfalls aus. Also bleibt ein Irrtum. Vielleicht hat die schreibende Dame vom falschen Datenblatt abgeschrieben? -

Die Anzeige steht. Und Hartge steht zu seinen Meßdaten. Und "sport auto" steht auch zu seinen Zahlen. Aber beide können nicht recht haben.

Übrigens steht etwas nicht in "sport auto": Tester Saurma-Jeltsch warf am Nürburgring (im Regen) das Auto neben die Strecke. Kann passieren. Aber man sollte es dann auch schreiben. Immerhin hatte Horst von Saurma-Jeltsch versucht, auch im Regen das Fahrzeug im Grenzbereich zu bewegen, weil das auch Eindrücke vermittelt, besondere Eindrücke, die man sonst nicht - oder nicht in dieser Intensität - gewinnen kann.

Und so stehen im Moment die Kontrahenten Hartge und "sport auto" in jeweils unverrückbarer Position gegenüber. Aber "sport auto" sieht dabei nicht so gut aus. Meint Motor-KRITIK. - Warum stellte man nicht die Meßprotokolle der Firma Hartge zur Einsicht zur Verfügung, wie das umgekehrt Hartge aber mit seinen Messunterlagen gemacht hat?

Und "sport auto" sieht noch weniger gut aus, weil nun nach Erscheinen der Anzeige im Motor Presse Verlag, wo sowohl "auto motor und sport" als auch "sport auto" erscheinen, nun folgendes passiert ist: Die Anzeigenabteilung wurde angewiesen, solche oder ähnliche Anzeigen wie von Hartge, nicht mehr ohne Zustimmung der Redaktion zu veröffentlichen. Schließlich möchte die nicht gegenüber ihren Lesern das Gesicht verlieren.

Damit wäre es dann einmal nicht so, daß Geschichten einer Redaktion vom Anzeigenkunden vorab "abgenommen" werden (das soll in Deutschland bei irgendwelchen Drucksachen schon vorgekommen sein), sondern daß Anzeigen vor Erscheinen eine Zensur in der Redaktion durchlaufen müssen. - Das ist doch mal was anderes!

Die Test-Geschichte eines Hartge M-Coupés war zwar mit "Black beauty" getitelt, aber sie stellt sich nun dem aufmerksamen Beobachter nur noch als "black story" in einem undurchsichtigen Umfeld dar. Um es noch einmal zu betonen: Wie Herbert Hartge in seiner Anzeige schreibt, hat er die Original-Ausdrucke seiner gemessenen Werte der Test-Redaktion von "sport auto" zur Einsicht zur Verfügung gestellt. "sport auto" hatte aber bis zum 26. November Hartge nicht Einsicht in die "sport auto"-Testprotokolle gewährt. - Was nicht für "sport auto" spricht.

Motor-KRITIK wird gerne die "sport auto"-Meinung zu diesem "eigenartigen Vorfall" veröffentlichen. Wenn man dort eine Meinung - und möglichst eine, die durch Meßdaten dokumentiert werden kann - hat. - Und warum kann man das Fahrzeug nicht noch einmal, unter "Aufsicht" von neutralen Beobachtern einem Meßprozedre unterziehen?

Immerhin hatte "sport auto" durch die Hartge-Anzeige eine zusätzliche Anzeigeneinnahme von rund 9.000 DM. Da könnte man sich die Aufklärung der eigenartigen Meßdaten-Differenzen schon etwas kosten lassen.

MK/Wilhelm Hahne