98-01-31, in Virneburg/Eifel

Guten Tag!

Gerade nach meinen letzten Beiträgen (vom 17. Januar) gab es aus dem Kollegenkreis wieder die Standardfrage: "Wer druckt eigentlich Ihre Beiträge?" - Nun, die modernen Medien sind geschickt genug, nur das zu übernehmen, was ihre eigenen Geschichten anreichert. "Eigene" Geschichten? .- Na, die von dpa oder als Basisinfo aus einer Presseabteilung kommen.

Aber es ist durchaus nicht so, daß Journalisten-Kollegen sich nicht durch die Geschichten in Motor-KRITIK auch angeregt fühlen würden. Sie würden gerne auch eigene Geschichten darüber machen. Zum Beispiel zum Thema "Distronic". - Also rufen sie bei DaimlerChrysler in der Presseabteilung an. Und beschweren sich dann bei mir, daß Sie nach acht Tagen immer noch nichts von da gehört haben. Und was sollen sie jetzt machen? - Ohne eine Stellungsnahme der Presseabteilung von DaimlerChrysler... -

So ist das mit den Presseabteilungen. Erfolgnachrichten werden sofort verbreitet, Neuigkeiten denen zuerst dargeboten, die - dank großer Auflage - "die größte Bedeutung" im Markt haben. Schließlich will man denen "gut zusammenarbeiten". Man kümmert sich um die sogenannten "Meinungsbildner". Das sind die, die ihre Meinung in großer Auflage und Zeitschriften von internationalem Ansehen der Öffentlichkeit klarmachen können.

"Distronic"? - Da bleibt man still. Auch hier bei Motor-KRITIK ist das Echo auf "gute Geschichten" meist sehr gering. Aber hinter den Kulissen, in den sogenannten Fachabteilungen, sorgen die Geschichten schon für Wirbel. Die "Distronic"-Geschichte (die es mit dem gleichen Grund-Tenor auch in den "VDI-Nachrichten" gab) wird z.B. stürmisch bei BMW diskutiert. Dort ist das System, natürlich auch in der Form wie es von DaimlerChrysler in der neuen S-Klasse dargeboten werden soll, inzwischen einsatzbereit. - Aber soll man das Risiko eingehen, das System jetzt noch - nachdem es als unvollkommen dargestellt worden ist - mit den gleichen Nachteilen anbieten? - Natürlich hätte man auch einen Nebelsensor zusätzlich, aber der würde dann preislich... -

Und die Journalisten-Kollegen warten auf eine Antwort von DaimlerChrysler.

Wofür und warum schreibe ich eigentlich meine Geschichten? - Nun, ich kann die Welt nicht verändern, aber ich kann versuchen, das durch eine "verlogene Gesellschaft" produzierte Bild von so manchen Dingen ein wenig zu normalisieren. Sie finden dieses Mal einen Beitrag über eine Presse-Information, die aufzeigt, wie nachlässig (und eigentlich unkundig) Presseinformationen der Öffentlichkeit angeboten werden. Und die werden dann so weitergegeben. Es ist keinerlei Risiko dabei. Man hat es ja Schwarz auf Weiß.

Personalien werden auch erst dann verkündet, wenn sie von den Betroffenen verkündet werden, obwohl eigentlich Veränderungen im Personalbereich interessanter sind, wenn sie sich abzeichnen - und warum sie sich abzeichnen. Was sich bei BMW im Motorsport abzeichnete, war schon in Motor-KRITIK zu lesen, dafür muß man nicht auf eine Einladung nach Kitzbühel warten. Und daß ein aktueller Ford-Dieselmotor mit Direkteinspritzung nur zweitklassig ist, dafür brauche ich nicht den gerade erschienenen Test in "auto motor und sport" abzuwarten. In Motor-KRITIK stand schon, was Ford-Käufer im Jahre 2001 auf dem Diesel-Sektor erwartet. Auch nichts erstklassiges. Wobei einige Anrufer zu recht beanstandeten, ich hätte das Gewicht dieses "Puma"-Motors in Relation zu dem von modernen Motoren stellen müssen.

Also: Nehmen wir mal das Gewicht des Common-Rail-Zweiliter-Diesel, der demnächst im Rover 75 lieferbar wird. Sein Gewicht: 146 Kilogramm. Noch mal das Gewicht der Ford-Neuentwicklung für's Jahr 2001: 180 Kilogramm. Nun arbeitet der Ford-Motor auch mit der schwereren Hochdruckpumpe, werden einige setzt sagen. Richtig. Also nenne ich auch das Gewicht des Zweiliter-BMW-Motors (mit Hochdruckpumpe): 152 Kilogramm.

Und Ford wird nun die Pkw-Sparte von Volvo übernehmen. Da hat man doch gleich den richtigen Motor für den Einbau in "Schwedenstahl". - Aber im Ernst: ich verstehe nicht, warum Ford Volvo kauft. Weil GM es auch wollte? - Und weil auch Fiat...? - Bei Fiat hatte man wohl sogar die Präsentation des neuen Ferrari F 1 verschoben, weil die Fiat-Verantwortlichen nach Möglichkeiten auf zwei Hochzeiten vertreten sein wollten: auf der mit Volvo (zu der es nun nicht kam) und auf der Präsentation des neuen Ferrari. - Nun war nichts mit Volvo. Da hätte man also den Ferrari auch gut einen Tag früher vorstellen können. - Aber so ist das. Manches wird nur getan, weil es andere auch tun. Ob das richtig ist? - Aber der Ford-Deal mit Volvo trifft auch Mercedes, bzw. DaimlerChrysler. 

Mercedes schlägt nun den bisher nur von BMW gegangenen Weg ein. Obwohl man das bestreiten wird und schon bestreitet. So bleibt ein A-Klasse Mercedes ein Mercedes. Sagt DaimlerChrysler. Und hat recht. Er bleibt so lange ein Mercedes, wie er ein Mercedes bleibt. Kann sein, daß es erst zum ersten Facelift passiert oder gar erst beim Modellwechsel, aber unter der C-Klasse (mit C-"compact") soll es (wie bei BMW) in Zukunft nichts weitere kleinere Modelle geben. Mercedes soll Mercedes bleiben. So hört man aus ChryslerDaimler-Kreisen. Während man aus DaimlerChrysler-Kreisen... - Aber warten wir's doch einfach ab. Es ist vollkommen unbedeutend, was zu diesem Thema von einzelnen (natürlich wichtigen) Leuten gesagt wird. Was heute gesagt wird, ist morgen vergessen. - Lesen Sie doch einmal nach, was in der "smart"-Pressemitteilung... - z.T. auch bei mir aktuell nachzulesen.

Oder erinnern Sie sich noch, daß die Golf-Produktion (Golf IV) nur mit Schwierigkeiten anlief. Dabei hatten einige Herren dem Herrn Piech zugesagt, daß die in letzter Minute vorgenommenen Verbesserungen am neuen Modell keine Probleme in der Produktion bringen würden. Ein VW-Manager "damals" zu Motor-KRITIK: "Die haben sich weit aus dem Fenster gelegt." - Einer ist inzwischen aus dem Fenster gefallen. Es gibt einen neuen Werkleiter in Wolfsburg. Aber wer bringt noch diese Veränderung in Zusammenhang mit "damals". - Merke: Ferdinand Piech vergißt nicht!

Aber lassen Sie mich mit der Schilderung eines positiven Erlebnisses enden. Da hatte ich in den letzten Wochen mit einem nicht unbedeutenden Manager eines Automobilherstellers verschiedene Gespräche zum immer gleichen Thema. Aber es ging nicht so recht weiter. Und nun wollte er mich wieder am Wochenanfang anrufen. Aber er rief nicht. (Mir ist klar warum.) Und so habe ich einfach dem verantwortlichen Vorstandsmitglied ein Fax geschickt. Worin auch stand, daß ich jeweils bis abends 22.30 Uhr zu erreichen bin. (Ich bin nicht gewerkschaftlich organisiert.) - Noch am gleichen Tag ging dann um 21.00 Uhr bei mir das Telefon. Am Telefon der Vorstand. Und nach 10 min war ich umfassend informiert. - Es kann wirklich ein Erlebnis sein, sich auch mal mit kompetenten Leuten unterhalten zu können. Und wieviel überflüssige Arbeit man sich da spart.

Da taucht die Frage auf: Sind die Presseabteilungen in den großen Werken nicht eigentlich falsch organisiert? Müßte man nicht eigentlich... -

Aber ich müßte eigentlich Geschichten schreiben und nicht so lange über Probleme rumpalavern, die ich mir eigentlich selber schaffe. Ich müßte doch einfach nur alles so akzeptieren wie es ist -  wie andere das auch tun. Und wenn eine Presseabteilung auf meine Anfrage nicht antwortet, dann dürfte ich eigentlich auch keine Geschichte schreiben. Wegen der journalistischen Sorgfaltspflicht.  Leider kann ich denen diesen Gefallen nicht tun. - Wegen meiner journalistischen Verpflichtung der Öffentlichkeit gegenüber.

Guten Tag!

Wilhelm Hahne

PS: Fast hätte ich es vergessen. Dabei ist es auch einer Erwähnung wert: nun gibt es inzwischen bei Motor-KRITIK mehr als 250 Beiträge zu lesen und exakt 600 Links laden dazu ein, zu einem globalen Internet-Player zu werden. - Ist das nichts?