99-03-31, in Virneburg/Eifel,
nun zur Sommerzeit - und nicht mal im Schneegestöber

Guten Tag!

Wenn bei einem Vergleich der Geschichten in "Auto-BILD" und hier in Motor-KRITIK zum Thema VW Bora R-TDI, der Schilderung der Ereignisse bei Tests hier am Nürburgring, der Verdacht aufgekommen sein sollte, ich hätte es meinen Hamburger Kollegen "mal zeigen wollen", so ist das falsch. Mein Beitrag kam Donnerstags ins Internet und am Freitag kam "Auto-BILD". Ich hatte keine Ahnung von der "Exklusiv"-Geschichte in "Auto-BILD". Und der Redakteur bei "Auto-Bild" auch nicht. - Von dem, was sich nun wirklich am "Ring" abgespielt hatte. Woher sollte er es auch wissen? - Er war nicht vor Ort. Und er hatte auch keine guten Informanten.

Aber Fotos scheinen heute zu genügen. Exklusiv natürlich. Man macht einen hübschen Text dazu. Fertig. Und der Leser findet es wahrscheinlich toll. Weil der keine Vergleichsmöglichkeit hat. - Toll übrigens auch die "Auto-BILD"-Erklärung, daß "Sportchef André van der Watt und seine Techniker ... mit dem Bora lieber in der Deutschen STW-Meisterschaft angetreten" wären. Das zeigt, daß der "Auto-BILD"-Redakteur überhaupt nicht weiß, wie es überhaupt zu Renntourenwagen mit Dieselmotor kam. - Auch "ams" hatte ein nettes Foto mit netten Zeilen. Genauso wie "Auto-Zeitung".

Zeit ist Geld. Und Geld haben die großen Verlage nicht. Man bekommt die Seiten auch billiger gefüllt. Und die Geschichten sind ja auch locker und leicht geschrieben. - Wichtig:  möglichst keine Probleme darstellen. "Problemgeschichten" würden auch Detailkenntnisse voraussetzen. Die sind oft noch nicht einmal in den Presseabteilungen der Werke und Importeure vorhanden.

Da gibt es z.B. eine Saab Pressemitteilung zur neuen Modellvariante des Saab 9-3 "Viggen". "Der Name 'Viggen' kommt aus dem Schwedischen und bedeutet 'Blitz'", schreibt Nicole Welcher, die Leiterin Öffentlichkeitsarbeit bei Saab. Aber die ist noch nicht lange im Hause. Darum weiß sie auch nicht, daß "Viggen" eigentlich von schwedischen Ornithologen mit "Aythya fuligula" übersetzt wird, was dann deutsche Vogelkundner in "Reiherente" übersetzen würden. Die Reiherente ist ein Zug- und Strichvogel, wie das wohl auch der Saab Jetfighter 37 ist, der die Bezeichnung "Viggen" als Zusatz im Namen führt. Beide können auf kleinen Flächen starten und landen. - Aber das muß man heute als Leiterin der Saab-Presseabteilung nicht wissen. Übrigens: Diese Ente heißt Reiherente, weil sie hinten am Kopf einen zarten Reiherschopf trägt.

Der Saab 9-3 "Viggen" ist übrigens auf der Ausstellung in Leipzig, der AMI, zu sehen, wohin Frau Welscher auch zu einem "schwedischen Buffet" eingeladen hat. Was die wohl darunter versteht, wenn sie "Viggen" mit "Blitz" übersetzt... - Vielleicht gibt es "Leipziger Allerlei".

Aber keiner unter uns ist fehlerfrei, hat Fehler, macht Fehler. Ich hoffe, daß es bei mir auch dieses Mal nur bei kleinen Schreibfehlern bleibt. Die ich übrigens - wenn ich sie nach Tagen entdecke - nicht korrigiere. Ich schreibe schließlich nicht für die Ewigkeit.

Das wäre anders, wenn ich ein Buch schreiben würde. Aber ich schreibe derzeit keins. Mit den Vorarbeiten zu einem Buch ist aber - wie zu hören - zur Zeit Hans Wilhelm Gäb beschäftigt. Er sammelt derzeit Unterlagen ein. Wenn er welche von der größten Prozeßfolge braucht, die ein Automobilherteller je gegen einen Journalisten führte, kann er immer mit meiner Mitarbeit rechnen. Ich kenne mich da aus. Ich weiß z.B. von einem geheimgehaltenen Besuch des Opel-Managements beim ZDF. Das übrigens auch dem ZDF-Intendanten verschwiegen wurde. Und ich kenne auch andere, die sich da auskennen. - Vielleicht gibt's auch da noch Unterlagen. - Also: Bitte melden!

Hans Wilhelm Gäb wird sicherlich sein Buch dazu nutzen darzutun, wie sich die Öffentlichkeitsarbeit über die Zeit, die er aktiv für die Industrie tätig sein durfte, verändert hat. Früher war z.B. ein Interview ein Interview. Einmal gegeben, war es unverändert zu lesen. Heute wird es nach der Niederschrift gegengelesen und korrigiert. Wenn Herrn Inhester (nur ein Beispiel) eine Antwort nicht gefällt (die z.B. einer seiner Chefs gegeben hat), und ihm nichts Besseres einfällt, dann streicht er Frage und Antwort ganz heraus.

Es genügt auch heute nicht mehr Journalist zu sein, um über Ereignisse berichten zu können. Kann sein, daß eine Akkreditierung abgelehnt wird. Wie es gerade einem Foto-Journalisten passierte, der vom "stern" für die Formel 1 in dieser Saison berichten wollte. Wie im Infodienst "dossier B" zu lesen, teilte die FIA "kurz und trocken" mit, "an eine Akkreditierung sei nicht zu denken, denn das Blatt habe 1998 zu wenig über die Formel 1 berichtet. Nur etwa 90 Bilder seinen im Blatt ... gedruckt worden".

Als der gleiche Fotoreporter dann wenig später für ein anderes Blatt bei McLaren im englischen Woking die McLaren-Mercedes F 1-Geräte ins rechte Bild setzen wollte, da mußte er zunächst eine "Vereinbarung" unterschreiben, die schriftlich festlegte:

1) Alle geschossenen Bilder müssen zur Freigabe vorgelegt werden.
2) Die Rechte an den freigegebenen Fotos gehen an McLaren über.

Da kann so manche Presseabteilung noch dazulernen. Und Pressechefs mit F 1-Erfahrung machen das auch jetzt schon. So z.B. der Pressechef des Veedol-Langstreckenpokals, der auch "die Verwendung von Fernseh- und Video-Kameras" ohne schriftliche Genehmigung bei den Läufen zu dieser Rennserie verbietet. "Die widerrechtliche Verwendung von Fernseh- und Video-Geräten führt zu einem sofortigen Entzug des Presse-Ausweises, unbenommen weiterer Ansprüche der VLN.", heißt es in der "Enthaftungserklärung für Medienberichterstatter".

Lustig, daß die VLN bisher nur dann eine Fernsehberichterstattung erfuhr, wenn sie selbst dafür bezahlt hatte. Wenn aber jemand - ohne daß die VLN dafür bezahlt - über die Veedol-Langstreckenrennen per Video berichten würde, dann wird ihm sofort der Presse-Ausweis entzogen. Presse-Chef Luki Scheuer erklärt das so: Weil der dann damit Geld verdient. Weil die Rechte an der Veranstaltung bei der VLN liegen. Und weil man nur mit deren Zustimmung... - Und weil das auch in der Formel 1 so ist.

Gut, daß ich meine Gedanken noch nicht Herrn Scheuer zur Kontrolle vorlegen muß. Die werden nämlich von ihm noch nicht kontrolliert. Und überhaupt nichts kann kontrolliert werden, wenn man erst gar nicht eine "Enthaftungserklärung für Medienberichterstatter" unterschreibt.

Bei meinen Recherchen zu den aktuellen Geschichten habe ich nirgendwo etwas unterschrieben, ich habe nichts zur Genehmigung vorgelegt, mir ist auch so nichts herausgestrichen worden. Und ich decke mal wieder eine große Themenpalette ab.

Sie finden bei mir einen Vergleichstest (Jaguar gegen Mercedes), lesen,  warum sich bei Opel ein Aufstieg andeutet. Sie lesen auch vom Ford-Dilemma, lesen meine Deutungen der BMW-Zukunft. Außerdem versuche ich im dichten Nebel die Überlebenschancen von Smart auszumachen. Und natürlich gibt es jetzt zu Beginn der Saison etwas über den Motorsport, ich schreibe über den Veedol-Langstreckenpokal (ohne daß mir Luki Scheuer die Hand führte). Außerdem mache ich in einer Geschichte zum 1. April klar, daß auch ich im Besitz von "Exklusiv"-Fotos des neuen Bora-Renntoruenwagens bin. (Aber bitte nicht böse sein, wenn es mir im ersten Anlauf nicht gelingen sollte sie ins Internet zu bekommen.- Aber ich bin lernfähig.) Bei dieser Gelegenheit erfahren Sie dann auch von tollen Projekten im Gewerbegebiet des Nürburgrings.

Wenn Sie Abonnent sind, können Sie das alles lesen. Sonst nur die "grünen" Geschichten. Aber auch die machen Spaß. Hoffe ich jedenfalls.-

Guten Tag!

Wilhelm Hahne