Nicht aktuell aber interessant: Rennbericht über den "Großer Preis Preis der Tourenwagen" 1972

Das 24-Stunden-Rennen 1999 auf der Nordschleife des Nürburgrings steht praktisch vor der Tür. Ein Super-Event. Vor 27 Jahren gab es so etwas nicht, da wurde einfach Motorsport betrieben. Da ich mit der Berichterstattung in den Medien damals nicht immer zufrieden war, machte ich mir Gedanken, ob ich nicht auf reine Rennberichterstattung umsteigen sollte. Und nur so für mich - praktisch als Muster ohne Wert - schrieb ich einen Rennbericht. Den über das 6-Stunden-Rennen, den "Großer Preis der Tourenwagen". - Den des Jahres 1972. -  Ich bin jetzt beim Blättern in alten Unterlagen wieder darauf gestoßen, wurde beim Lesen an so manche Unterschiede zu Heute erinnert. Und ich bin auf Namen gestoßen, die unvergessen bleiben werden. - Und was gab es damals für tolle Tourenwagen. Alle ohne ESP. Und die fielen noch nicht einmal beim Rennenfahren um. Sie können nachstehend meinen Original-Rennbericht - ohne jede Veränderung - lesen. Und ich möchte ihn auch nicht weiter kommentieren. - Wenn Ihnen dazu etwas einfällt, auffällt, wenn Sie Fragen haben: ein kleines e-mail genügt. - Und nun geht's los. Stellen Sie sich vor, es ist das Wochenende 7./8./9. Juli 1972. Und eine "Vorgeschichte gab es schon am  26./27. Juni des gleichen Jahres. Tatort ist die Nordschleife des Nürburgrings. Ich habe damals mit der Hand den Titel über das (auf einer Reiseschreibmaschine getippte) Manuskript geschrieben. Da steht zu lesen:

Da-capri Bi-Em-Dabbelju
oder noch besser
Da capo BMW

99-06-02/04. Schon vor dem Beginn des 6-Stunden-Rennens war alles klar. Nicht nur der Himmel, von dem die Sonne auf die "grüne Hölle" brannte, sondern auch den Fachleuten war klar, daß es nur einen Gesamtsieger geben könne: Ford.

Die Kölner hatten sich gut vorbereitet. Bereits Wochen vorher, direkt nach dem 24-Stunden-Rennen, war man für zwei Tage am am Nürburgring gewesen, um die letzten Versuche zu fahren, um genau zu ermitteln, wieviel man besser wäre als die Konkurrenz.

Denn die war an diesen beiden Tagen auch erschienen. So waren an diesem 26. und 27. Juni 1972 die Boxenreihen an Start- und Ziel gut belegt. Alpina, Schnitzer, Ford und Zakspeed. An Fahrern: Stommeln, Fitzpatrik, Heyer, Hezemanns, Mass, Stuck jr., Larrousse, Glemser... - Wer zählt die Völker, zählt die Namen. Und jeder wollte jedem beweisen: Ich bin der Größte. - Mass dem Stommeln, Stommeln dem Mass, Stuck dem Mass, Fitzpatrik dem Stommeln, Hezemanns dem Fitzpatrik usw.

Kenner der Situation hatten schon Wetten abgeschlossen, ob es an diesen Testtagen ohne Totalschaden abgehen würde. Um es kurz zu machen: es ging. Nur Heyer küßte leicht die Leitplanken. Hier die inoffiziellen Ergebnisse: Ford mit Stuck 8.44 min, BMW mit einem Schnitzer-Coupé und Stommeln 8.46 min. Wiederum einige Wochen vorher war Fitzpatrik - ebenfalls in einer "Versuchssitzung" 8.51 min gefahren.

Es war nach diesen Testtagen klar: Ford hatte die leichtesten, die schnellsten, die bestliegendsten Automobile und dazu noch hervorragende Fahrer. Michael Kranefuß war im Hinblick auf das 6-Stunden-Rennen sehr zuversichtlich, zumal nicht nur ihm aufgefallen war, daß Stommeln nach der 8.46er-Runde nur noch eine in 8.54 zustande brachte. "Der BMW ist halt rund 300 Kilogramm schwerer als der Ford. Und die Bremsen.... - Ich glaube, wir werden die BMW's in den ersten Runden vorne fahren lassen und ihnen dann bequem wegfahren". Mit diesen Worten - und einem leichten Lachen - legte mir Michael Kranefuß zu diesem Termin die Taktik des Ford-Teams dar.

Es vergingen einige Wochen und dann war es Freitag, der 7. Juli 1972, erster Trainingstag zum 6-Stunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife. - "Großer Preis der Tourenwagen".

Gleich in der ersten Stunde zeigte Stuck jr., daß er zu den schnellsten Tourenwagenfahrern in Deutschland gehört; denn um 8.41,1 min zu fahren, dazu gehört mehr als nur ein Ford Capri. Jochen Mass fuhr später 8.46,7 min und laut Zeitnahme Soler-Roig auch eine 8.46,7. Ich glaube allerdings, bei dieser schnellen Runde der Start-Nummer 15, den Hans Stuck - natürlich jr. - am Steuer gesehen zu haben.

Schnellster BMW war dann am Samstag das Schnitzer-Coupé, von Stommeln in 8.49,7 min um die Strecke getrieben. Nur wer die Nordschleife kennt kann ermessen, welche fahrerische Leistung sich hinter diesen Zahlen verbirgt. Hezemanns war mit dem Alpina-Coupé 8.51,8 gefahren. Der erste private Ford war der von Fritzinger/Frank gesteuerte Kent-Capri in 9.14,1 min. Nur 2/10 sec langsamer waren Waltraud Odenthal und Clemens Schickentanz. Das heißt: eigentlich war die Waltraud um 2/10 langsamer und der Clemens "um eine Leitplanke" zu schnell. Eingangs Hatzenbach wurde er von einem langsameren BMW-Coupé behindert und als das nach links herüberfuhr glaubte Schickentanz der "rechte Weg" sei frei. Aber das war ein Irrtum. - Man soll der Rechten nicht trauen!

So wurde Schickentanz rechts gegen die Leitplanke gedrückt und die Hinterachse des Capri "leicht verbogen". Der armen Waltraud bleibt in den letzten Wochen aber auch nichts erspart: erst "klaut" man ihr beim 24-Stunden-Rennen den Stuck und nun das!

In der Zweiliter-Klasse fuhr Harald Menzel Bestzeit. Wie er das tat, das war schon sehenswert. 9.02,3 min! - Harald fuhr nicht, er tobte um den Ring. Ford hatte als zweiten Mann den Engländer Mathews einfliegen lassen. Ein guter Engländer in England und auch in Spanien, wo er im letzten Jahr in Jarama einen Escort wunderbar um die Ecken setzte. Aber am Nürburgring wurde er von Harald Menzel zu einem drittklassigen Piloten abgewertet. Mathews fuhr 16 sec. (!!!) langsamer um den Ring. Mit dem gleichen Auto. Peinlich für Mathews.

Da hilft auch nicht die Entschuldigung, Mathews sei zum ersten Mal am Ring. Denn Mathews war auch schon beim Vor-Training im Juni dabeigewesen und hatte in einem normalen Capri RS die Möglichkeit, viele, viele Runden zu drehen. Und es gibt genügend Beispiele, daß wirklich gute Leute nicht Jahre brauchen, um auch auf der Nordschleife des Nürburgrings schnell zu sein.

Ford hätte sich die Kosten für Flug u.a. sparen können, denn es gibt auch in Deutschland genügend Leute, die 16 sec langsamer sind als Harald Menzel.

Zweiter in der Klasse war der gute Dieter Basche mit seinem GS-BMW 2002 in 9.16,4. Er meinte zwar, daß man auch noch ein paar Sekunden schneller fahren könne - wenn man nicht behindert würde -. aber er wolle es dabei belassen.. Das war am Freitag, als er das sagte, und auch am Samstag war dann tatsächlich niemand schneller. Aber da war auch etwas Glück im Spiel - oder etwas "Kuhl".

Und das ist die Geschichte: Koepchen hatte zwei Wagen gemeldet, war aber nur mit einem erschienen. Fahrer: Furtmeyer und Kuhl. An Furtmeyer war man nur gekommen, weil der Alpina-Zweiliter so "verpankelt" und "verertelt" war, daß sich das Wiederherrichten nicht mehr lohnte. Furtmeyer und auch Ertl waren damit für die 6-Stunden arbeitslos. Da der zunächst von Koepchen vorgesehene Fahrer Schickentanz lieber als "gemischtes Doppel" mit der Waltraud Odenthal fuhr, fand zumindest Furtmeyer neue Arbeit im Koepchen-BMW. Nach einer Zeit von 9.27 am Freitag, riß dann aber dem guten Kuhl in der Fuchsröhre die Kardanwelle ab und zerstörte mehr, als den Monteuren Freude machte. "Das sind sechs bis sieben Stunden Arbeit", stellte der PS-Sucher bei Koepchen, Novak, fest. -  Und man machte sich an die Arbeit.

Bei soviel Pech müßte man doch nun endlich einmal Glück haben, denn bisher - d.h. im Jahre 1972 - hatte noch kein Koepchen-"Werkswagen" irgendein Rennen beendet. So etwas drückt natürlich auf die Stimmung.

Aber am Samstag war der Wagen wieder fertig, die Monteure erschöpft aber zufrieden. Jetzt sollte der Kuhl des denen zunächst einmal zeigen. Mit stehendem Start kam er in 9.18 min an den Boxen vorbei und - dann nicht wieder. Vor den Erfolg bei Koepchen hatte in diesem Falle der liebe Gott den Kuhl gesetzt und der hatte an der Hohen Acht den rechten Weg verlassen, sich mit dem Auto auf's Dach gelegt. Die Zuschauer des ZDF konnten diese Leistung am Samstagabend im Sportstudio bewundern. - Aus für Koepchen. Und Furtmeyer war wieder arbeitslos.

Aber es gab noch andere schnelle Fahrzeuge in der Zweiliter-Klasse. Minheer Akersloot z.B., der im Escort des Sony-Racingteams 9.17,0 fuhr, oder Manfred Mohr im Escort des Jolly-Clubs, der 9.18,9 min von der Zeitnahme für sich registrieren ließ.. Der Obermoser-Escort, der hier von Cramer/Heiler gesteuert wurde, umrundete die Nordschleife in 9.17,4. Obermoser selbst fuhr zusammen mit Walter Brun aus der Schweiz einen Mazda. 9.52,6 min brauchten der mit dem Wankel für eine runde Nordschleife.

Also auch in dieser Klasse war alles klar: Ford vor BMW. In der 1600er Klasse war dann aber ein BMW der Schnellste: 9.57,2 für Dittgen/Becker. Und weil zwei schnelle BMW's besser sind als nur einer, fuhren Reeb/Cleever auf einem GS-BMW die gleiche Zeit. Der schnellste Ford Escort kam aus Schweden und schaffte 10.05,4 mit den Fahrern Emanuelson/Dahl.

In der 1300er Klasse schien es ganz lustig zu werden: Trainigsschnellster war ein Werks-Alfa mit Facetti in 9.27,4 min und dann kam aber gleich der erste Fiat 128, das kleine Coupé von Dona/Grano in 9.32,4. - Vier schnelle und bildschöne 128 Coupés, gemeldet von der Scuderia Filipinetti und von Trivellato-Mineif-Racing standen hier den Werks-Alfas als direkte Gegner gegenüber. Der schnellste NSU wurde von Spiess/Waldhier mit 10.06,7 gefahren. Mit 10.40,0 und 10.56,8 waren die Skoda S 120 S der Bobeks noch nicht die Langsamsten, aber für die ersten Plätze in dieser Klasse sicherlich nicht schnell genug.

In der 1150ccm-Klasse war ein von Reppekus, Essen mit den Fahrern Franz/Horn gemeldeter 128er Fiat der Schnellste mit 10.29,0 min. Auch hier gab es einen Skoda, der in 11.02,3 durch die Kurven des Rings gezwungen wurde. Fahrer: Brunclik/Jelinek.

Zum Schluß die kleinste Klasse bis 1000 ccm. Hier war ein Abarth-TC unter Ranke/Machatius der Schnellste in 10.36,3. Dann gab es noch eine Reihe von NSU TTS, die z.T. auch unter 11 min gefahren wurden.

Und so war vielen Leuten nach dem Samstag-Training das Rennergebnis schon klar:

Die Divison    I bis 1300 ccm würde Alfa gewinnen, wie schon in den drei Europapokalläufen vorher.
Die Division  II bis 2000 ccm würde von Ford gewonnen werden.
Die Division III bis 3 Liter ebenso von Ford.
Alles würde wohl so kommen "wie gehabt". Man ging fröhlich schlafen, soweit man zu Ford gehörte. Bei BMW nahm man sich vor, so gut wie möglich zu sein. Die Fahrzeuge waren es. Alpina hatte die Standfestigkeit des Dreiliter-Coupés bei den 24-Stunden Nürburgring unter Beweis gestellt. Und das die Fahrer betrifft, so hatte man nicht gespart. Jochen Neerpasch, nach den Chancen befragt meinte: "Siegen werden wir erst im nächsten Jahr. Es gibt im Moment noch zu viele Probleme."

Natürlich hatte ich die Trainingstage nicht nur an den Boxen verbracht, sondern auch an der Strecke, hatte z.B. an "Fahrerabschnitten" Vergleichsmessungen vorgenommen, wie z.B. die: Vor dem Linksknick nach der Fuchsröhre beginnend, bis ausgangs der Rechtskurve vor dem Adenauer Forst. Da meine Stoppuhr erst nach dem Bremspunkt für die schnellen Tourenwagen - vor der Linkskurve - zu laufen beginnt, könnten auf meiner Meßstrecke auch "kleine Wagen" (fast) so schnell sein wie die großen. Sie müssen nämlich idealerweise gar nicht oder nur wenig heruntergebremst werden.

Ein paar Ergebnisse: Stommeln mit dem Dreiliter-Coupé fährt hier 6,3 sec und ist damit Schnellster. Menzel auf dem Zweiliter BDA ist aber genauso schnell; auch 6,3 sec. Zum Vergleich: Mathews auf dem gleichen BDA ist auf diesem Abschnitt exakt 1,1 sec langsamer, braucht 7,4 sec. - Heyer im BMW-Coupé wird von mir mit 6,7 sec gemessen, Glemser mit 6,9 sec. Zum Vergleich noch ein paar der weitgehend unbekannte (aber gute) Fahrer: Bonefeld auf einem 1900er Kadett benötigt 7,0 sec, Le Guellec auf einem Zweiliter BMW 7,0 sec, Przyklenk auf einem 128er Fiat (1150 ccm) 7,1 sec. Ein anderer Fahrer, dessen Namen ich hier mit Absicht verschweige (aber nicht unbekannt), benötigt mit seinem kraftvollen BMW-Coupé zwischen 8,3 und 8,5 sec.

Auf Streckenabschnitten wie diesem, oder am Flugplatz, am Schwedenkreuz, da zeigen sich die fahrerischen Qualitäten. Wenn welche vorhanden sind. Und dort komme ich auch zu meiner Meinungsbildung, z.B. über die Qualitäten eines Mathews.

Dann war es Sonntag, war endlich Renntag, war die Stunde gekommen, an dem die Trainingsergebnisse durch das Rennergebnis bestätigt werden sollten. Kurz vor dem Rennen sah ich Jochen Neerpasch mit Michael Kranefuß zusammen auf einer Leitplanke sitzen. Jochen redete eindringlich auf Michael ein und ich dachte, daß jetzt vielleicht der Jochen versucht den Michael zu überreden, seine BMW's in den ersten Runden vorneweg fahren zu lassen. Neerpasch konnte schließlich nicht wissen (wie ich), daß Kranefuß das wahrscheinlich sowieso vorhatte.

Und dann ging nach einer Einführungsrunde "die Post ab". Hezemanns im BMW vorneweg, dann die Ford und BMW schön gemischt. Die erste Anzeige am Dunlop-Turm zeigt in Breitscheid die Reihenfolge: BMW/Hezemanns vor Ford/Glemser, Ford/Soler-Roig, BMW-Stommeln, Ford/Mass, BMW/Heyer und Ford/Fritzinger.

Als die erste Runde beendet wird, lag der BMW von Hezemanns immer noch vorne. Aber knapp. Vor der Südkehre mußte er den Wagen richtig breit machen, damit Glemser auch nicht vorbeikäme. Aber schließlich ging dann doch Ford vor BMW. Also alles normal, wie erwartet. Das einzigste was noch "beunruhigte" war, daß Mass vor Glemser lag. Denn Glemser würde gewinnen müssen, wegen der Fahrerwertung im Europa-Pokal. Auf der anderen Seite steht Mass unter dem Druck der öffentlichen Meinung, die Nr. 1 in Deutschland zu sein. Und er möchte das sicher auch mit einem Sieg beweisen. Aber davor hat der liebe Gott noch die Stallregie gesetzt. Spätestens bei einem Boxenstop könnte Kranefuß dqas Wollen von Mass durch ein wenig "Nachsitzen" korregieren.

In der großen Division war eigentlich alles klar. In der kleinen lag nach Beenden der ersten Runden ein 128er Fiat-Coué vor dem ersten Alfa. Sollte es in dieser Division wirklich zu einem Kampf kommen? - Nachdem ich von Start- und Ziel zum Schwedenkreuz gefahren war, ist aber keiner der Fiats mehr im Rennen. Innerhalb der ersten 20 min waren sie ausgefallen, waren die Alfas vorne. Wie gehabt. Also: Auch hier alles klar.

Und in der zweiten Division? - Auch hier eigentlich alles normal. Menzel führte ganz überlegen, lag inzwischen auf dem 5. Platz im Gesamtklassement. Dahinter gab es noch Ford's und dann erst der erste BMW mit Basche. Man nickte sich in "Fachkreisen" zu. Alles wie gehabt. Theoretisch hätte man nach Hause fahren können, aber das Wetter war an diesem Sonntag am Nürburgring so schön und so blieb man. - Und es lohnte sich.

Stommeln war nicht mehr lange im Rennen. Den BMW ereilte der Infarkt. Die BMW-Regie teilte daraufhin Fitzpatrik dem Wagen Heyers zu, dem das Verdienst zukommt, in der ersten Zeit des Rennens mit der notwendigen Eile, aber auch mit dem notwendigen Gefühl, den BMW im vorderen Feld plaziert zu haben.

In der Zweiliter-Klasse hatte inzwischen Mathews den Menzel-Escort übernommen. Und kam schon aus seiner ersten Runde nicht wieder. Aus! Zwar hatte immer noch ein Escort die Führung, aber es kamen doch Bedenken auf: die BDA's sind vielleicht doch nicht die richtigen Langstreckenmotoren. Die BMW's sind dagegen, wenn man der Werbung glauben darf, schnelle Reisewagen.

Stunden später hatte das Basche bewiesen. Mit gleichmäßig schnellen Runden hatte er sich - und damit seinen GS-BMW - an die Spitze gefahren. Dahinter lag dann noch ein GS-BMW mit Rapp/Schruf, zwei Redakteuren von "Auto - Motor + Sport". Aber in der großen Klasse lag Ford vorne und schließlich auch so, wie es für die Punktwertung wünschenswert war: Glemser/Stuck vor Mass/Larrousse und dahinter dann der BMW von Heyer, der inzwischen von Stommeln übernommen worden war. Stommeln fuhr so schnell, daß er pro Runde 4 - 5 Sekunden schneller war als der zweite Ford. Aber man hatte nicht den Eindruck, daß sich die vorne liegenden überanstrengsten.

Doch dann kam ein Boxenstop von Mass, der 3.34 min dauerte und den BMW an die zweite Stelle des Gesamtklassements brachte. Und der holte weiter auf Stuck auf. Bis für den das "Aus" am Kesselchen kam. Ölverlust.

Jetzt war der BMW vorne. Und die Zuschauer tobten. Es wurde deutlich, daß man BMW den Sieg gönnte. Und natürlich Rolf Stommeln, der den Wagen zur Zeit fuhr. Er fuhr ihn schnell, nach meinem Eindruck aber fast ein wenig zu hart. Jochen Mass versuchte den Rückstand, der inzwischen über 2 min betrug aufzuholen, fuhr mit 8.51 min neuen Rundenrekord, aber das brachte ihn nur rd. 15 sec. pro Runde näher.

Der BMW wurde jetzt noch einmal von Fitzpatrik übernommen, der den BMW trotz Rundenzeiten um 9.05 praktisch um den Ring trug. Das ist nicht langsam. Für mich beeindruckend, wie "weich" Fiz diese Runden fuhr, vor allen Dingen im Vergleich zu Stommeln. Und so eilte Fiz mit einem BMW, dessen erster Platz im Gesamtklassement von den Zuschauern der Leistung von Stommeln zugeschrieben wurde, dem Sieg entgegen. Wer sprach da noch von Heyer? - Leider auch nicht die Streckensprecher, die sich recht volkstümlich gaben. Aber man hatte die Sensation: BMW schlägt Ford. Stommeln schlägt Mass.

Ich glaube, niemand wird mehr von diesem BMW-Sieg überrascht gewesen sein als Jochen Neerpasch. Aber die Überraschung ging noch weiter. Basche auf seinem GS-BMW siegte in der II. Division vor einem weiteren BMW und wurde 4. im Gesamtklassement. Nur in der ersten Division gab es den erwarteten Sieg von Alfa. Aber wie der herausgefahren wurde, das war schon sehenswert. Auch in den letzten Runden wurden die Alfas exakt so gefahren wie in den ersten: mit voller Drehzahl, in den Kurven das (kurveninnere) Vorderrad hoch und z.B. ausgangs Adenauer Forst immer ein wenig quer. Aus Freude am Fahren.

Facetti siegte. Und damit liegt Alfa in der Gesamtwertung des Europa-Pokals vorne. Nach vier Läufen. Es gibt zwar noch fünf, aber es gibt noch niemand, der die Alfas schlagen könnte. Und so kann es passieren, daß sich die Ford-Niederlage hier am Ring zu einer Ford-Niederlage im Europa-Pokal ausweitet. Wenn die Alfas in den folgenden fünf Läufen nicht geschlagen werden... - Michael Kranefuß wird sicherlich nicht gerne an diese Möglichkeit denken.

Zweiter in der "Alfa-Kategorie" wurden Zeccoli/Larini. Natürlich ebenfalls auf Alfa. Aber schon auf Platz drei - und dem 10. Platz im Gesamtklassement! - lief der NSU 1200 TT von Spiess/Waldhier ein.

Aber vergessen wir auch nicht die kleineren Klassen: Bis 1000 ccm siegte der Abarth unter Ranke/Machatius, vor dem NSU TTS von Bergmeister/Ernst und den Klassensiegern des 24-Stunden-Rennens, Wisskirchen/Cordes, ebenfalls auf einem NSU. In der Klasse bis 1150 ccm kam nur ein Fahrzeug durch: der Fiat 128 von Przyklenk. In der Klasse bis 1000 ccm wäre er 8. unter neun angekommenen Fahrzeugen geworden. Die 1150er Klasse konnte er auch nur gewinnen, weil der in dieser Klasse mit zwei Runden Vorsprung (!) führende Skoda wenige Runden vor Schluß von der Strecke abkam.

Die 1600er Klasse ging ebenfalls an BMW. Zweibäumer/Bein fuhren gleichmäßig und sicher den Klassensieg heraus und erreichten einen sehr guten 7. Platz im Gesamtklassement. Zweiter und Dritter in dieser Klasse wurden ebenfalls BMW's, dann folgte ein Ford Escort aus Schweden.

Rechnen wir einmal zusammen: BMW gewann von den drei Divisionen zwei. Alfa kann sich freuen, daß BMW keine 1300er Tourenwagen baut, denn an einem Tag wie dem 9. Juli 1972, wo das Horoskop offensichtlich für BMW gut war, hätte sicherlich sonst BMW auch noch Alfa geschlagen. - Aber: ein wenig Neerpasch gehört schon dazu.

Nun noch ein wenig Statistik: 96 Fahrzeuge waren am Start, 35 erreichten das Ziel. Das ergibt eine Ausfallquote von 63 Prozent.

Besser als der Durchschnitt waren:
 
1.
NSU
28,5%
2.
Skoda
33.3%
3.
Sunbeam
50,0%
-
Mazda
50,0%
-
Volvo
50,0%
6.
Alfa
55,5%

Schlechter als der Durchschnitt waren somit:
 
7.
BMW
64,0%
8.
Ford
71,4%
9.
Fiat
72,7%

Opel/GM, BLMC, DAF, Simca, Saab und VW erreichten eine Ausfallquote von 100 Prozent, waren aber z.T. auch nur mit einem einzigen Fahrzeug am Start.

Hier die Starterzahlen nach Fabrikaten geordnet:
 
1.
BMW
25
2.
Ford
14
-
NSU
14
4.
Fiat
11
5.
Alfa
9
6.
Opel/GM
8
7.
Skoda
3
8.
Sunbeam
2
-
BLMC
2
-
Mazda
2
11.
DAF
1
-
Simca
1
-
Saab
1
-
VW
1

So, das wäre alles vom diesjährigen 6-Stunden-Rennen und den interessierten Zuschauern sei empfohlen, sich den Termin 22./23. Juli zu notieren. Zu diesem Termin findet das 24-Stunden-Rennen in Francorchamps statt, das als 5. Lauf zur Europa-Meisterschaft der Tourenwagen zählt. Ford wird hier sicherlich beweisen wollen, daß das Ergebnis des 6-Stunden-Rennen ein Zufall war. Und Francorchamps stellt andere Ansprüche an Leistung und Bremsen als der Nürburgring. Auch an die Fahrer. - Selbst Fachleute können da vor Rennende nicht sicher sein, wer gewinnt. - Und das ist gut so.

MK/Wilhelm Hahne