99-06-30, in Virneburg/Eifel

Guten Tag!

Die Zeit vergeht wie im Fluge. Das Jahr 1999 ist bereits halbiert, seit der letzten Veröffentlichung sind auch schon wieder 14 Tage vergangen. Manchmal frage ich mich, was ich in dieser Zeit eigentlich gemacht habe.

Was die letzten 14 Tage betrifft: ich habe mich im wesentlichen mit der "Flugeinlage" der Mercedes CLR in Le Mans beschäftigt. Ich habe zwar keinen Windkanal, kann keine Aerodynamikfachleute hinzuziehen, aber ich kann recherchieren. Was ich heute zu diesem Thema veröffentlichen kann, ergänzt eigentlich die erschienenen guten Geschichten in der deutschen Fachpresse. Da wäre "auto motor und sport" (mit inzwischen zwei Geschichten zu diesem Thema) zu nennen, auch "sport auto" und "Auto-Bild".

Und der "stern" hat diese Geschichten mit einem Haug-Interview ergänzt, auf das man auch eingehen muß, will man ein umfassendes Bild der Ereignisse und der damit verbundenen Persönlichkeiten zeichnen.

Eigentlich wollte ich in diesen zwei Wochen all das niederschreiben, was bisher noch - obwohl angekündigt - aussteht. Aber die Grundlagenforschung zur DaimlerChrysler-Flugschau hat viel Zeit gekostet. Ist sie eigentlich diesen Aufwand wert? - Wo doch doch auch inzwischen die FIA (und natürlich DaimlerChrysler selbst) um Aufklärung der Hintergründe bemüht ist? - Vordergründig.

Übrigens: der "Spiegel" hat von den Ereignissen in Le Mans nichts mitbekommen. Für den war das kein Thema. Es stand wohl nicht in der Jahresplanung. Und wenn Mercedes einfach so außerplanmäßig... - Und was soll man die Herren in Stuttgart vergraulen... - Schwamm drüber, vergessen.

Ich - noch nicht auf "Spiegel"-Niveau (das mit den Eidesstattlichen Erklärungen) - habe für die nun gerade veröffentlichte Geschichte ungefähr 50 Telefonate geführt, bin viele hundert Kilometer gefahren und konnte - so meine ich wenigstens - doch noch etwas mehr ausgraben, als meine lieben Kollegen. Die haben sich wirklich Mühe gegeben. Insbesondere die Herren Korioth, Pugmeister und Stalmann. Sie haben Geschichten geschrieben, wie man sie kaum erwarten konnte. - Das was dort noch fehlt, können Sie nun in Motor-KRITIK lesen. - Wo sonst?

Natürlich habe ich beim Telefonieren oftmals in Wimbledon "vorbeigeschaut", wenn ich nebenbei einen Blick aufs laufende Fernsehbild warf, dessen Ton aber stummgeschaltet war. So habe ich z.B. auch den Untergang der Martina Hingis mitbekommen. So ganz nebenbei. Ich habe nur so ab und zu aufs Bild schauen können und war erstaunt, wie "verliererhaft" die Hingis auf mich wirkte. Denn eigentlich ist das doch ein Siegertyp. Dachte ich bisher.

Zwischen den Telefonaten habe ich dann doch kurz den Ton eingeschaltet, um bestätigt zu bekommen: es war so, wie es sich optisch in Gesicht und Haltung der Martina Hingis ausdrückte. Martina Hingis war auf der Verliererstraße. - Warum?

Und ich dachte mir, daß ich das oft auch bei bestimmten Automobilmarken denke. - Warum? - Früher waren die mal mal Siegertypen, heute sind sie auf der Verliererstraße. Werden auf diesem Weg aber wenigstens gut gemanagt.

Und dann erblickte ich plötzlich auf Martinas Ärmel den Namen einer nicht unbekannten Automarke. Und mir fiel - ganz spontan - nichts besseres ein als der Satz: Wo Opel drauf steht, ist auch Opel drin. Kein Wunder, daß Martina Hingis wie Opel spielte. Nur kommt es zum Endergebnis im Tennis schneller, als im Automobilgeschäft. - Es ist auch deutlicher und klarer: Hingis in Wimbledon ausgeschieden.

Und der 1.FC-Köln hat nun einen neuen Hauptsponsor. Ford ist als Sponsor ausgeschieden. Ob es nun mit dem 1. FC wieder bergauf geht? - Aber der 1.FC hatte es auch besonders schwer. Der hatte nicht nur Ford als Sponsor, sondern auch noch dessen Ex-Vorstandschef und -Aufsichtsratsvorsitzenden als Präsident. Und ist trotzdem noch im Fußballgeschäft. Zwar irgendwo unten. Aber da ist Ford auch. (s. Marktanteil)

Und wenn die Bayern in bedeutenden Spielen der letzten Wochen den Kürzeren zogen, dann darf man nicht vergessen: Opel pumpt hier Millionen (Deutsche Mark) hinein. In Opel-Produkte wird aber bedeutend mehr investiert. Und trotzdem gibt es Opel-Fahrer, die den Werbespruch, "Wir haben verstanden" mit einem "Opel, ich habe fertig" kommentieren. Oder feststellen: "Man rennt gegen eine Mauer aus Desinteresse, Dickfelligkeit und Ignoranz". - Das bezieht sich dann nicht auf die Bayern, sondern auf die Rüsselsheimer und ihren Service. (s. aktuelle "ams")

Aber selbst der Mercedes-Stern garantiert heute keine Erfolge mehr. Das hat Boris Becker nun heute in Wimbledon erfahren müssen. Es ist eben vieles nicht mehr so, wie es mal war. "Na toll", schreibt ein "ams"-Leser; "Die A-Klasse kippt, der Smart dreht sich im Winter, und die Le Mans-Sportwagen können fliegen." Und er stellt die Frage: "Kann die neue C-Klasse etwa dann hüpfen?"

Nein, soweit ist man in Stuttgart noch nicht. Aber der neue kommende SL verliert schon mal (auf der Nürburgring-Nordschleife) ein Rad. Präzise: es verklemmt sich im Radkasten. Und in Nardo "verrecken" bei zwei Test-Porsche (der neue 996-Turbo) die Motoren. Und auch beim Audi A 8 mit dem sensationellen Zwölfzylindermotor gibt es Probleme am Antriebsstrang. (Am Nürburgring.) - Und Porsche muß die "Abnahme" des neuen 996-Turbo verschieben, die Hotelzimmer für deren Spitzenmanager wieder abbestellen, weil ein Testfahrer (nein, ich schreibe nicht wer es war) das Abnahmeobjekt gegen eine Brücke setzte. Und - bei Opel-Testfahrten in Spanien gab es einen Toten. - Das ist sehr traurig. Weil über den Einsatz, das unstete Leben, den Zeitdruck, die Leistung der Testfahrer kaum berichtet wird. Selbst deren Tod bleibt geheim.

Lassen wir's dabei. Diese kleine Aufzählung nur, damit man in den Zentralen der Macht nicht glaubt, DaimlerChrysler habe mich mit den Kunstflugeinlagen total ablenken können. Aber sie haben mich eine Menge Zeit gekostet, so daß ich jetzt sogar den VDA bitten mußte, mir bei einer bestimmten Recherche zu helfen. - Aber beim VDA ist man immer hilfreich. Und gut.  -

Als ich diesen Abschnitt gerade meiner Frau vorgelesen habe, kommentierte die mit einem: "Du gute Güte!" -

Aber nun kosten Sie meine Geschichte. Fein abgeschmeckt - mit einem Hauch Haug. - Pikant!

Guten Tag!

Wilhelm Hahne