BMW und der Motorsport

Eigentlich gehören BMW und Motorsport zusammen. Das war in der Vergangenheit so, das schien eigentlich eine unendliche Geschichte zu sein. Gerade im Hinblick auf den Tourenwagensport. Mit und durch den Tourenwagensport hatte BMW erst Profil gewonnen. Doch nun muß man sich beschränken. Weil der Formel 1-Einstieg schrankenlos Geld kostet. Und Rover. Der neue BMW-Vorstand spart. Auch beim Sportwagen-Programm. Und wirft auf der anderen Seite - aus Motor-KRITIK-Sicht - eine Menge Geld zum Fenster hinaus. In England - bei Williams - wird es gerne mit offenen Händen aufgefangen. Wie man die Dinge in der Eifel sieht, steht in folgender Geschichte.

Zunächst gibt es ein Ende ohne Anfang

99-07-29/02. Wie man hört, läuft bei BMW die Entwicklung des neuen Zehnzylinder-F 1-Motors planmäßig. Regelmäßig rollen Motoren nach Miramas, dem BMW-eigenen Testgelände in Südfrankreich. Und regelmäßig kommen die Motoren defekt zurück.

Vierzehn Tage später rollen wieder neue Motoren... und neue Defekte ... alles planmäßig. Bis vor kurzem wohl einem der Sportdirektoren die Hutschnur gerissen ist. Dr. Theissen, zwar kein Rennmotorenspezialist, aber ein Manager, der wegen seiner besonders guten Personalführungsqualitäten an die Spitze des Sportteams berufen wurde, "ist im Quadrat gesprungen", wie man aus München hört, "hat alle zur Sau gemacht". - Ja, mei!

Aller Anfang ist schwer. Sicherlich auch für Dr. Theissen, dessen Auftritt nicht so recht zu der Art passen will, wie man eigentlich Leute motiviert, zu Höchstleistungen antreibt.

Dann gab es wohl auch nicht gerade vorteilhafte Verträge mit Williams. Und das nicht nur in der Formel 1. Eigentlich war ursprünglich der Sportwageneinsatz darum geplant worden, damit sich die Partner schon vor dem eigentlichen Formel 1-Einsatz ein wenig aneinander gewöhnen. Aber irgendwer muß da etwas falsch verstanden haben. So gab es dann Verträge, die die Sportwagenaktivitäten der Münchner in Zusammenarbeit mit Williams ganz anders darstellten.

Als nun der neue BMW-Vorstand beschloß, die Sportwagenaktivitäten zum Jahresende 1999 aus Kostengründen ganz einzustellen, da hat man bei Williams nicht widersprochen, sondern nur leise daran erinnert, daß man sich dann wohl über eine Ablösesumme... - Zum Jahresende 1999 ist Schluß. Es gibt kein Le Mans im Jahre 2000 mit BMW. Man hat 1999 glücklich gewonnen. Warum sollte man im Jahre 2000 unglücklich verlieren wollen? .- Da zahlt man lieber ein "kleines Schmerzensgeld" an Williams.

Da BMW lt. den bestehenden Formel 1-Verträgen mit dem Williams-Teams noch nicht einmal die Möglichkeit hatte, das Markenemblem ohne Zusatzzahlung an Williams aufzubringen, noch nicht einmal seine Sponsoren ohne eine Beteiligung von Williams unterbringen konnte, mußte auch hier nachgebessert werden.

"Natürlich hat das Geld gekostet", gibt man in München zu. Aber keiner sagt, wieviel das alles gekostet hat. Aus
England ist zu hören, daß BMW an Williams bei dieser Aktion insgesamt eine dreistellige Millionensumme hinblättern mußte, wollte man nicht in der Öffentlichkeit "ganz alt aussehen".

Nun scheint mit Williams alles geregelt. Und wenn Ecclestone zustimmt (oder schon zugestimmt hat?), dann wird das F 1-Team sogar den Namen BMW ganz vorne in der Teambezeichnung stehen haben. Das war bisher einem reinen Motorenlieferanten nicht erlaubt. Aber BMW ist ja längst mehr, eigentlich ein Hauptsponsor, die Milchkuh, die von Williams kräftig gemolken wird.

Und die Motorenentwicklung kostet. Und der BMW-Vorstand möchte sparen. "Eigentlich", so ist aus München zu hören, "stehen die gesamten Formel 1-Aktivitäten jede Woche immer wieder beim Vorstand auf dem Prüfstand." Und Sportdirektor Theissen muß erklären, erläutern. Kein Wunder, daß das an seinen Nerven zerrt.

Darum gab es jetzt wohl auch eine Explosion. - Aber das ändert nichts an den Fakten. - Aber solange der Ausstieg aus den Formel 1-Aktivitäten sich nicht rechnet, sondern teurer wird als die Fortsetzung, so lange wird BMW auch dabei bleiben. Aber im Vorstand ist derzeit niemand auszumachen, der sich für den Formel 1-Einsatz wirklich stark macht, ihn wirklich mit Nachdruck vertritt. - Niemand möchte dafür - für die Kosten - wirklich verantwortlich sein.

So kommt es, daß für einen wirklichen Tourenwagensport, wie er eigentlich für eine Firma wie BMW selbstverständliche Motorsport-Basis sein sollte, keine Mittel mehr zur Verfügung stehen. Man hat zwar für den Breitensport den neuen BMW E 46 (den neuen 3er) eine DTC-Version entwickeln lassen, aber die Abläufe hier zeigen auch, daß die Führungs-Crew eigentlich wenig von dem versteht, was hier entschieden wurde.

So war die eigentliche Entwicklung des DTC-Fahrzeugs zum Jahresende 1998 hin abgeschlossen. Es begann die wichtige Phase der Erprobung. Hier versuchte man zu sparen. Während man gegenüber der Öffentlichkeit von einer "Bündelung der Kräfte für die Formel 1" sprach, baute man tatsächlich Personal ab. So wurden zum Jahresende 1998 ausgerechnet die Leute entlassen, die die Entwicklung des DTC-Fahrzeugs in der Eifel durchgeführt hatten.

Das Fahrzeug wurde nach München überstellt, wo dann weitergearbeitet werden sollte. Auch Schnitzer wurde dann wohl in der DTC-Sache bemüht. Aber nichts klappte so richtig, weil sich jeder neu in die Materie einarbeiten mußte. So kam es dann auch zu Anfang der Saison zu Schwierigkeiten auf den verschiedensten Gebieten. Die lagen aber u.a. in den Teams begründet, die das neue DTC-Fahrzeug einsetzten. - Und billiger ist das alles nicht geworden. Eher teurer.

Hätte man die Leute, die man glaubte einsparen zu können, bis zum  Anlaufen der Saison weiter beschäftigt, wäre das Fahrzeug gleich erfolgreicher gewesen, hätte nicht für Negativ-Schlagzeilen gesorgt.

Man muß berücksichtigen, daß es sich bei den DTC-Teams vielfach um Hobby-Teams handelt, die mit Monteuren arbeiten, die in der Woche einer anderen Beschäftigung nachgehen und gar nicht in der Lage sind alle die Möglichkeiten auszuschöpfen, die das Fahrzeug aufgrund seiner Anlage bietet.

Und selbst die sogenannten Spitzenfahrer dieser Serie, auch wenn sie Winkelhock heißen, sind nicht in der Lage das Fahrzeug durch ihre Testarbeit, durch die von ihnen gewonnenen Fahreindrücke, wirklich nach vorne zu bringen. Niemand hat ihnen das Testen beigebracht. Hier kommen Amateure mit Amateuren zusammen. Während das Fahrzeug von Fachleuten für Fachleute entwickelt wurde.

Als beim DTC-Rennen in Salzburg erstmals einer der Entwickler des Fahrzeuges, heute für die Konkurrenz tätig, dann vom Brinkmann-Team "angemietet" wurde, kam es zu einem ersten Erfolg des E 46-BMW in dieser Rennserie, für die er speziell entwickelt wurde.- Auch hier wurde am falschen Ende gespart.

Und daß man noch einen Renndiesel herumstehen hat, mit dessen Einsatz die derzeitige vielseitige Diesel-Anzeigenserie in diesem Umfang in den Zeitschriften überflüssig würde, hat man in München längst vergessen. Dabei hat es  in der BMW-Rennsportgeschichte der letzten Jahre keinen eindrucksvolleren und kostengünstigeren, keinen effektvolleren Erfolg gegeben, als der mit dem 320d in der Rennversion.

Aber derzeit gibt es bei BMW nur Bremser, weil keiner der Entscheidungsträger wirklich etwas von dem versteht, über das nun entschieden werden müßte. Und es müßte motiviert werden. Das geht aber nun mal weniger mit Schreien und Drohen. Auch nicht, indem man keine Gelder bereit stellt. Auch nicht, indem man auf wesentliche Teile eines Motorsport-Programms verzichtet, wie es eigentlich für ein Automobilwerk der Größenordnung von BMW zum Pflichtprogramm gehören müßte.

So wie ein gewisser Prozentsatz vom Umsatz der Forschung und Entwicklung zugeführt werden, wie sich ähnlich auch der Etat für Werbekosten berechnet, so müßten auch die Motorsport-Aktivitäten an die Umsatzentwicklung des Werkes gebunden sein.

Aber der derzeitige BMW-Vorstand hat andere Sorgen. Sorgen, die er sich selber macht. Obwohl er glaubt von dem etwas zu verstehen, wofür nun zweistellige Milliardensummen bereitgestellt werden.

Es ist derzeit nicht gut um den Motorsport bestellt bei BMW. Es besteht auch kaum eine Wahrscheinlichkeit, daß sich das in den nächsten Jahren ändert. Teams werden auseinanderbrechen, Fahrer abwandern. Die Formel 1-Aktivitäten werden das Loch nicht füllen können, daß nun gerissen wurde.

Es gibt bei BMW im Motorsport nun zunächst ein Ende ohne daß man einen Anfang hätte. Was bleibt ist eine sportliche Fassade, die nun langsam abblättert. - Schade!

MK/Wilhelm Hahne