STW-Meisterschaft 1999: Opel verliert Titel und Ansehen; bestätigt entstandene Vorurteile

Die STW 1999 war eigentlich "nicht das Gelbe vom Ei". Dominierend war mehr "das Gelbe von Opel". So wollten es jedenfalls die Opel-Verantwortlichen sehen. Die STW-Meisterschaft 1999 hatte man sich in Rüsselsheim mehr "als Durchgang" vorgestellt. - Aber dann kam Abt mit Audi. Und der Honda lief auch immer besser. Und bei Opel jammerte man, erwartete eine Anpassung über das Gewicht. Zunächst bei Audi. Betrachtet man einmal die Opel-Argumentation, war das nichts anders als der Versuch, eine technisch simple Basiskonstruktion zur Basis aller Überlegungen zu machen. Bessere Produkte hatten sich daran zu orientieren. Denn wie sollte Opel sonst gewinnen? - Die Rüsselsheimer haben es dann auch mit taktischen Maßnahmen versucht. Aber hier ein wenig überzogen. Und so mußte die Meisterschaft am "grünen Tisch" entschieden werden. - Der "Kölner Stadtanzeiger" zum Urteil: "Das Urteil korrigiert immerhin das gröbste Unrecht einer sportlichen Farce, es annulliert aber nicht den Eindruck, dass es im STW-Cup drunter und drüber geht." - Um den Kommentar zur STW-Meisterschaft 1999 so zu beenden:

"STW - wie Super-Treppen-Witz"

99-11-15/06. Mitte des Jahres (anlässlich der Pressekonferenz zum 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring) versuchte Volker Strycek mir in einem persönlichen Gespräch klar zu machen, wie berechtigt seine Forderung nach einer Gewichtszulage für die Allrad-Audi wäre, wie einer u.a. von Christian Abt gefahren wurde.

"Als wir dem Einsatz der Allrad-Audi in der Hand von Privat-Teams zustimmten, sind wir davon ausgegangen, dass es sich hier um '96er Autos handeln würde. Aber nun sind z.B. die ABt-Audi aus 98er-Frontantriebsmodellen aufgebaut worden, stellen eine aktuelle, moderne technische Lösung dar."

Bei Opel hatte man also gedacht, mit modernster Opel-Technik (oder was man darunter versteht) gegen Altwagen der Konkurrenz fahren zu können. Und nun war man entsetzt, dass die Konkurrenz die gedachten Spielregeln nicht einhielt.

Mein Gegenfrage mußte also lauten: "Wo ist das denn verboten, was Abt macht? - Entspricht das nicht dem Reglement? - Ist das ein Verstoß gegen bestehende Richtlinien?"

Und Volker Strycek mußte bestätigen: "Nein, das ist es nicht."

Hier hatten also Rüsselheimer Träumer damit gerechnet, dass nur sie in der Lage wären das Reglement auszunutzen. Denn meine nächste Frage an Volker Strycek lautete: "Und was ist mit den von Ihnen in der STW verwendeten Opel-Motoren? - Ich kenne solche Motoren in der Serienfertigung nicht; oder nennen Sie mir doch mal derzeit produzierte Opel-Motoren, deren Nockenwellen von Stirnrädern angetrieben werden. - Ich kenne nur solche mit Zahnriemen."

Volker Strycek bestätigte die Richtigkeit, warf aber ein: "Laut Reglement ist das erlaubt, was wir mit unseren Motoren gemacht haben. Es ist kein Verstoß gegen das Reglement."

Meine nächste Frage: "Was wollen Sie denn nun machen, wenn nach zwei, drei Rennen sich plötzlich der Honda als das überlegenere Fahrzeug erweist. Denn nach meiner Einschätzung hat der Honda Accord gegenüber dem Opel Vectra eine deutlich bessere Fahrwerkanlage. Wollen Sie dann auch beim Honda für ein höheres Gewicht plädieren?"

Volker Strycek bestätigte umgehend meine Einschätzung: "Das ist ja richtig. Natürlich hat der Honda mit seinen vorderen Doppel-Querlenkern die bessere Ausgangsbasis und..." - Und dann klingelte sein Handy. Ich habe das Gespräch danach mit ihm nicht wieder aufgenommen (er hat es natürlich angeboten), weil ich bei einer solchen Argumentation keinen Sinn in einer Weiterführung des Gespäches sah.

Schon das Reglement der STW ist nach meiner Meinung falsch ausgelegt. Ich sehe den Sinn des Motorsports mit Tourenwagen darin, dass jeder Hersteller die Möglichkeit hat, die besseren technischen Anlagen seines Fahrzeuges über den sportlichen Erfolg darzustellen. Die Zuschauer, ganz gleich ob vor Ort oder beim Fernsehen, sollten die Möglichkeit haben zu beurteilen, was nun das bessere Automobil ist und wer der bessere Fahrer ist.

Aber tatsächlich werden die besseren Fahrer dadurch gestraft, dass man sie nach Siegen mit Zusatzgewichten belastet. Damit ihre Chancen geringer werden und auch der schlechteste Fahrer mal eine Chance hat. Genauso bei den Fahrzeugen. Jeder weiß, dass der Heckantrieb mit seiner Trennung von Antriebs- und Lenkachse, die bessere Lösung ist. Ein Fronttriebler ist da eben nur zweitklassig. Aber dafür in der Großserie preisgünstiger zu fertigen. Und ein Allradantrieb hat unter bestimmten Voraussetzungen noch einmal Vorteile gegenüber einem Heckantrieb. - Das drückt sich für den Käufer eines solchen Fahrzeuges übrigens auch über die Anschaffungskosten aus.

Wen würde es also stören, dass ein Hecktriebler vor einem Fronttriebler gewinnt? - Oder das ein Allrad einmal einen Hecktriebler schlägt? - Muß man alle - technisch und fahrerisch - auf ein Niveau bringen? - Das ist genauso, als würde man im Beruf die Schlauen gegenüber den Dummen dadurch gleichstellen, dass man ihnen nicht alle Informationen zukommen läßt, sie irgendwie, auf irgend eine Art mit den weniger intelligenten Mitarbeitern gleichstellt. Auf dass vielleicht ein Dummer auch mal Vorstandsvorsitzender werden kann. Wie ein weniger guter Fahrer auf einem weniger guten Automobil in der STW auch Meister werden kann. - Wenn man das Reglement richtig nutzt.

Vielleicht ist dieses System ja auch schon bei einigen Automobilfirmen eingeführt. Wir wissen es nur noch nicht, erkennen das nur an der Häufigkeit der Rückrufaktionen. Oder am Rückgang des Marktanteils. Oder am Niedergang des Images.

Opel setze also "am gründen Tisch" eine höhere Belastung durch Zusatgewichte bei den Allrad-Audis durch. Und hatte es trotzdem mit denen nicht leicht. Man scheute sich darum auch nicht, zu teamtaktischen Mitteln greifen. Da wartet ein Fahrer (natürlich ohne Anweisung, so ganz aus eigenem Siegeswillen) vor der Ziellinie, um einem anderen Opelfahrer mehr Meisterschaftspunkte zukommen zu lassen (Norisring). Oder ein anderer Opelfahrer fiel durch - natürlich nicht von ihm verantwortete Umstände - in die Nähe des bestplazierten Allrad-Konkurrenten zurück, versuchte ihn im Kampf ein wenig aufzuhalten, oder es kam bei einem "Rennunfall" dazu, dass der Allradler umgedreht wurde (Norisring).

Andere Privatteams beteiligten sich auf der Jagd nach Meisterschaftspunkten für das Opel-Werksteam. Da erhielt das Irmscher-Team, nachdem der Fahrer Asch das bisherige Fahrzeug verschrottet hatte, plötzlich als "kleine Morgengabe" von Opel ein konkurrenzfähiges Fahrzeug. Allerdings reichte - wie man später erfahren mußte - das Geld des Teams nicht dafür, auch eine Sprechverbindung (über Funk) zur Boxe herzustellen.

In Hockenheim reagierte ein aufmerksamer Asch im richtigen Moment so, dass er sich im richtigen Moment zurückfallen ließ, um dem punktemäßig vorne liegenden Opel-Werksfahrer ein paar Punkte zukommen zu lassen. - Wie hat Asch den richtigen Zeitpunkt (ohne Funk!) erfahren? - Durch Boxensignale? - Interessant!

Und ein Opel-Privatfahrer fuhr dem Allradler voll aufs Heck. Per Zufall. Weil der wahrscheinlich gegenüber dem gerade überrundeten Opel zu langsam um die Kurve fuhr. - Nur so kann das gewesen sein.

Aber wir wollen nicht vergessen, wie der Top-Fahrer der Rüsselsheimer (Alzen) beim Auslandsstart in Italien gegen Ende den Allrad-Konkurrenten kampflos passieren ließ. - Er hatte, wie er dann erzählte, von den Boxen eine falsche Information per Funk erhalten, glaubte den Allradler überrundet zu haben. - Eine Schutzbehauptung. Sage und meine ich.

Die Opel-Box wußte nichts von einem Funkspruch, versuchte aber Alzen in irgendeiner Form zu decken, weil doch vielleicht ein anderer Teilnehmer auf dem gleichen Kanal... - Wer's glaubt... -

Tatsache ist: Alzen war konditionell und körperlich am Ende. Er konnte nicht mehr, hat Abt vorbeilassen müssen, weil der nicht nur die überlegene Technik (lt. Opel), sondern auch die überlegenere Kondition hatte.

Ich möchte auch nicht vergessen von den herausragenden Beratern zu sprechen, die Opel-Rennleiter Volker Strycek zur Verfügung standen. Hier ist (herausragend) Michael Bernard zu nennen, der Reglement-Fachmann. Der war nach meiner Meinung z.B. für diesen grandiosesten Frühstart verantwortlich, den der Motorsport (international!) jemals gesehen hat. Bernard war kurz vor dem Start zu Alzen gegangen und hatte ihm erklärt, dass in einem solchen Frühstart eine Chance liegen würde. ("Wir haben das ausgerechnet.") - Und Alzen startete entsprechend. Teamchef Holzer hatte diesen Frühstart aber z.B. als ganz normalen Rennstart beobachtet.

Bei Opel ist das so. Da wird alles so betrachtet, wie man das im Interesse der Firma zu sehen hat. Loyalität nennt man das bei Opel. Und Loyalität wird von allen erwartet. Ist man nicht loyal, hat das Konsequenzen. - Aber: Wer einmal loyal ist, dem glaubt man nicht.

Und dann kam das letzte Rennen, bei dem es zum Eklat kam. Schon beim Start war eine schöne schauspielerische Leistung eines Opel-Fahrers (Manuel Reuter) zu beobachten, der deutlich nach links gegen den Allrad-Audi zog. Als dessen Fahrer (Abt) dann gegenhielt, spielte Reuter schnell den Märtyrer: er machte einen Rechtsschlenker in Richtung Boxenmauer. Und beklagte sich am Ende über den Konkurrenten.

Asch, wieder in einem Semi-Werkswagen unterwegs, hatte natürlich (wieder) die Aufgabe, dem Allradkonkurrenten Punkte wegzunehmen. Das klappte nicht so richtig, denn er hatte (zu früh) schon beim Start versucht, in dessen Nähe zu gelangen. Das ging eben nur mit einem Frühstart. Und der wurde von den Sportkommissaren bestraft. Asch wurde an die Boxe beordert (per Anzeige) um seine 10 Sekunden-Strafe abzusitzen.

Aber Asch ignorierte alle Anzeigen. Und Funk hatte er nicht. (Weil das in Relation zu den Einsatzkosten so teuer ist?) Und richtig sehen konnte er wohl auch nicht. Und weil er wahrscheinlich auch noch die Zielflagge übersehen hätte, versuchte er das Fahrzeug auf andere Art zum Halten zu bringen: Er fuhr in der letzten Runde dem eigentlich zu diesem Zeitpunkt schon feststehenden STW-Meister Abt mit seinem Audi hinten auf die Ecke. - Gut, dass Asch so exakt getroffen hat. Sonst wäre er - bei dem angeschlagenen Tempo und dem vorgenommenen Lenkeinschlag - anders als es die folgende Kurve erforderte!) wahrscheinlich mitten in Nürburg gelandet.(Übrigens: Asch ist Ford-Händler. Hat der vielleicht mit diesem Rammstoß die Ford-Konkurrenten Opel und Audi gleichzeitig... -)

So bliebt das Dorf unbeschädigt. Nur der Motorsport nahm Schaden. Und Opel. Und Asch. Und Volker Strycek. Denn was soll der jetzt seinem Vorstand erzählen. Denn eigentlich war der Gewinn der STW-Meisterschaft nur eine Formsache gewesen. Und man hatte ja schon für die DTM 2000 eine Zusage gemacht.

Dort fahren übrigens alle Fahrzeuge mit Heckantrieb. Wenn Opel mitfährt, auch die Opel. Weil die in Serie nur noch das Auslaufmodell Omega als Hecktriebler bauen? - Der Omega-Nachfolger ist nämlich auch als Fronttriebler im Versuch. Hinter dem DTM 2000-Einsatz von heckgetriebenen Opel-Renntourenwagen steckt also offensichtlich eine phantastische Marketing-Strategie.

Mercedes und Opel wollen - so ist das bisher vorgesehen - mit je acht Fahrzeugen aufeinandertreffen. Wobei das dieses Mal nicht wörtlich genommen werden sollte. Aber wie "sportlich" es jetzt schon hinter den Kulissen vorgeht, zeigt ein anderes Beispiel:

Da selbst im Internet zu Hause, streife ich oft durch alle möglichen Seiten. So fand ich auch - es war Anfang September - eine paar sehr interessante Bemerkungen zur neuen DTM 2000 und der - entsprechend ihrer Zusage - dort bisher antretenden Firmen, Mercedes und Opel.

Es war in "RTLauto.de" zu lesen:

"Ford ist als global Player sicher am besten beraten in der Formel 1 präsent zu sein, während Opel die einzigen sind, die naiv genug sind, die Feldfüller für die neue Mercedes-Tourenwagenserie zu bilden".
Als ich eine Wocher später wieder reinschaute, war diese so wundervoll realistische Einschätzung der Situation aus der Seite verschwunden. Also Recherche. War das Zufall?

Nein, es war kein Zufall. Auch bei DaimlerChrysler hat man das Internet gut unter Kontrolle. Und - wie aus Köln zu hören - war es Norbert Haug persönlich, der über "einen guten Freund bei RTL" die zuständige Redaktion sozusagen "zur Ordnung rufen ließ". Der Satz mußte weg. Und auch Michael Bernard hat sich dann - sozusagen im Namen von Opel - wohl noch gemeldet und beschwert. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. - Obwohl es so ist.

Wie die STW endete (obwohl sie nun "international" weiter gehen soll), so beginnt die DTM 2000. Alles ist toll (dabei ist längst nicht alles konkret) und die Stimmung hervorragend. Weil das so sein muß. Denn wenn die OPC geschlossen wird, dann sind Volker Strycek und Michael Bernard (und noch ein paar Leute mehr) ohne Aufgabe.

Aber Norbert Haug wird's schon richten. Er hat schließlich (auch) die deutsche Tourenwagen-Szene im Griff. - Wird nun aus dem Super-Treppen-Witz des Jahres 1999 ein Dramatik Theatre Monstroso 2000?

MK/Wilhelm Hahne


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