Kann man eigentlich Rolls Royce und Bentley trennen?

Jeder bedeutende Automobilhersteller scheint derzeit am Erwerb der Firma Rolls Royce interessiert. Viele bekunden öffentlich ihr Interesse, andere warten darauf, daß ihre Konkurrenten einen Fehler machen, was dann ihnen die Chance einräumen würde... - Dabei können es wohl kaum wirtchaftliche Interessen sein, die die Begehrlichkeit wecken. Rolls Royce ist eigentlich ein „kleiner Laden". Aber ein feiner. Mit dem Image, das sich andere noch erarbeiten müssen. Sprechen wir also nachfolgend mal über Zahlen. Und über die unsinnige Theorie, Rolls Royce und Bentley bei dem immer wahrscheinlich werdenden Verkauf zu trennen.

Für Siamesische Zwillinge kann eine Trennung tödlich sein

980203/01. Wenn Herr Piech äußert, daß er eigentlich mehr an Bentley als an Rolls Royce interessiert sei, dann wird das in Windeseile nachgedruckt. Und Ferdinand Piech wird dann sicherlich still in sich hineinlachen, wenn er sieht, daß selbst der größte Blödsinn gedruckt wird, wenn er denn aus dem Munde eines großen Managers kommt.

1997 war für das britische Traditionsunternehmen Rolls-Royce & Bentley Motor Cars Ltd., in Crewe, England, ein gutes Jahr. Man hat knapp 2000 Automobile, exakt 1918 Einheiten in 80 Ländern der Erde verkaufen können. Rein rechnerisch wurden damit pro Land noch keine 20 Fahrzeuge verkauft.

Die Rechnung wird noch eindeutiger, wenn man weiß, daß in einem Land, im Vereinigten Königreich von der Gesamtproduktionszahl alleine  rund 46 Prozent verkauft wurden. Bleiben für den Rest der Welt noch exakt  1040 Fahrzeuge. Rolls Royce und Bentley. Und wenn man dann noch weiß, daß der Bentley-Anteil an den Gesamverkäufen der Firma im Jahre 1997 bei 72 Prozent lag, dann ahnt man, warum die Marken Rolls Royce und Bentley bei einem Verkauf wohl kaum zu trennen sein werden.

Interessant ist sicherlich auch die Situation auf dem deutschen Markt, weil wohl davon auszugehen ist, daß der rennomierte englische Automobilhersteller in deutschen Händen landen wird.

Im Jahre 1997 wurden exakt 68 Fahrzeuge der Nobelmarken Rolls Royce und Bentley in Deutschland zugelassen. Davon waren - nun halten Sie mal die Luft an! - exakt 5 Stück der Marke Rolls Royce. Logischerweise wurden demnach dann 63 Bentleys verkauft.

Entgegen dem Trend in der Welt waren die Verkäufe in Deutchland im Jahre 1997 gegenüber denen des Jahres 1996 sogar rückläufig, sie gingen um rund 25 Prozent zurück.

Weltweit legten die beiden Marken dagegen um 10 Prozent zu. Eine Erklärung dafür aus deutschem Händlermund: „Nirgendwo auf der Welt scheint der Neideffekt größer als in Deutschland." Darum, so die Händlerrmeinung, trauen sich selbst Leute die es sich erlauben könnten nicht, einen Rolls Royce zu kaufen. Wenn schon, dann einen Bentley, mit dem man nicht so auffällt und der nicht wie der Rolls Royce als Aushängeschild der Superreichen empfunden wird.

In Deutschland teilen sich 6 Verkaufsstellen, die praktisch in den Händen von drei Händlern liegen, das Geschäft. Die Rolls Royce- und Bentley-Stützpunkte liegen in Berlin, Bremen, Düsseldorf, München und Wiesbaden. Die warten nun auf „besondere Marketingmaßnahmen", die der britische Hersteller zur Verbesserung der Umsätze in der Bundesrepublik angekündigt hat.

Eine der bedeutendsten Maßnahmen wird wohl die Vorstellung eines neuen Rolls Royce-Modells Anfang März auf dem Genfer Salon sein. Dieser neue „Silver Seraph", die die bisherigen Modelle „Silver Spirit" und Silver Spur" ablöst, wird von einem Zwölfzylinder-BMW-Motor angetrieben sein. Und man kann davon ausgehen, daß es auch BMW sein wird, die die Firma Rolls Royce aus dem englischen Vickers-Konzern, zu de sie bisher gehört, herauskaufen wird.

Während andere Firmenchefs noch mit dem Verbreiten einer Kaufabsichten für sich und die eigene Firma praktisch PR-Arbeit betreiben, hat das BMW-Management um Dr. Reitzle längst Pflock für Pflock in die Erde gerammt. Der letzte Pflock: alle Rolls Royce- und Bentley-Händler sind inzwischen mit den Spezialwerkzeugen ausgestattet worden, das man nun einmal besitzen muß, wenn man das neue Modell „Silver Seraph" in Zukunft nicht nur verkaufen, sondern auch warten will. Und der wesentlichste Anteil am neuen Spezialwerkzeug betrifft nun einmal den nun verwendeten BMW-Motor. Der Wert eines solchen Spezialwerkzeugsatzes pro Händlerbetrieb: 60.000 DM. Der Händler muß es käuflich erwerben.

Andere schwätzen, BMW arbeitet. Und wenn es wirklich einen guten Briten stören sollte, daß Rolls in die Hände der Deutschen kommt, bitte, dann kauft eben Rover die englische Nobelmarke.

Vickers verbreitet die Mär, daß die Rolls-Royce & Bentley Motor Cars Ltd. an den Meistbietenden verkauft würde. Jeder rational denkende Kaufinteressent wird dabei aber die Hypothek berücksichtigen müssen, die durch das BMW-Engagement inzwischen die Kaufabsichten erschwert.

Wäre Motor-Kritik z.B. für Zukäufe bei Mercedes-Benz (sprich: Daimler-Benz) verantwortlich, würde schon heute kein Blick mehr auf Rolls Royce und Bentley verschwendet, sondern - der Kauf der Firma Cosworth ins Auge gefaßt. Das würde für Mercedes - aus den verschiedensten Gründen - Sinn machen. Für VW übrigens auch. Und Cosworth gehört auch dem Vickers-Konzern.

Der Fall Rolls Royce und Bentley kann aus der Sicht von Motor-Kritik als abgehakt betrachtet werden. Und diese Firma paßt zu BMW, rundet deren Modellangebot (Mini, Rover, MG, BMW) nach oben ab.

Noch ein Wort zu den neuen Modellen: Während Rolls seine Neuheit (mit BMW-Zwölfzylinder) auf dem Genfer Salon vorstellt, wird Bentley sein neues Modell, den Bentley „Arnage" erst im April vorstellen. Das Fahrzeug, mit einem Bi-Turbo V 8 auf der Basis des BMW V 8, wird aber erst ab Sommer lieferbar werden.

Schon um den Rolls Royce-Anteil am Gesamtumsatz in 1998 ein wenig zu erhöhen.

MK/Wilhelm Hahne