Big Business: Weniger, teurer, sicherer!

Die Meldung – inzwischen auch vom SWR verkündet - reißt die ausgebufftesten Tuner vom Hocker: Höhere Kosten durch weniger Leistung! - Und man begreift kaum, dass die erfahrene Tuner-Truppe bisher ein solches Geschäftsfeld übersehen hat. Vor allen Dingen wird der aktuell gültige Preis für die Leistungssenkung von der vorgegebenen Zeit bestimmt. Innerhalb von drei Tagen müssen gut 50 Einsatzfahrzeuge mit 5 Prozent weniger Leistung (von was?) bei der Technischen Abnahme vorfahren. Die überprüft das dann mit – Kopfnicken. - Eine neue DMSB-Sicherheitsleistung! - Heute am 7. April 2015 in Frankfurt beschlossen! - Die Ergebnisse der Sitzung waren eindeutig auch vom Tagungsort – einem „Flugplatz“-Hotel – bestimmt. - Nachstehend möchte ich versuchen die „Sicherheitsmaßnahmen“ der nationalen Sportbehörde unter Leitung ihres Präsidenten, Hans-Joachim Stuck, sachlich – und in ihren Auswirkungen realistisch – zu beurteilen. Obwohl es mir schwerfällt, die gerade verkündeten Sicherheitsmaßnahmen ernst zu nehmen.

Big Business: Weniger, teurer, sicherer!

Tatsächlich – und da kann man nicht widersprechen – ist die jetzt vorgenommene Darstellung von Sicherheitsmaßnahmen die einzige Möglichkeit, am folgenden Wochenende ein 6-Stunden-Rennen durchzuführen, aber auch die einzige Möglichkeit, ein 24-Stunden-Rennen zum vorgesehenen Termin starten zu lassen.

Darüber hinaus haben die Herren nicht versäumt, neben den bereits auf einigen Motorsport-Internetseiten und auch auf der eigenen Internetseite verkündeten Maßnahmen, weitere zu beschließen, die man sozusagen noch im Ärmel verbirgt, um sie dann wie Asse - wenn es notwendig ist - aus dem Ärmel zu ziehen.

Das wären dann:

1) ein Technikausschuss (über dessen Zusammensetzung noch beschlossen wird)
2) eine Rennstrecken-Kommission (über deren Zusammensetzung noch beschlossen wird)
3) ein Fahrer-Qualifikationsausschuss (über dessen Zusammensetzung noch beschlossen wird)

Vorschlag von Motor-KRITIK: Man wird die Kosten für das „Nordschleifen-Permit“ entsprechend der Bedeutung für die Sicherheit deutlich anheben müssen. - Was dann auch die Bedeutung der damit ausgestatteten Fahrer erhöhen würde.

Die aktuellen Beschlüsse von heute lauten– aber nur:

  • Alle durch den Generalsekretär des DMSB vorschnell gesperrten Fahrzeugkategorien sind ab sofort wieder auf der Nürburgring-Nordschleife zugelassen.
  • Alle Fahrzeuge dieser Kategorien müssen ab dem nächsten Renntermin (11./12.April) 5 Prozent weniger Leistung aufweisen.
  • Es werden auf der Nordschleife Zonen mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung ausgewiesen, in denen die Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit per GPS überwacht wird:

Boxengasse: 30 km/h
Flugplatz/Schwedenkreuz: 200 km/h
Döttinger Höhe/Antoniusbuche: 250 km/h

  • Bei den nächsten Rennen werden die Streckenabschnitte:

Flugplatz,
Schwedenkreuz
Metzgesfeld
Pflanzgarten

für Zuschauer nur beschränkt zugänglich sein. - Oder überhaupt nicht.

Das betrifft also nicht nur das Qualifikationsrennen (6-Stunden-Rennen) am 11./12. April, sondern auch das 24-Stunden-Rennen. - Und vorher den 2. VLN-Lauf.

Dafür werden dann die Parkkosten auf den ausgewiesenen Parkplätzen nach mir vorliegenden Informationen zum 24-Stunden-Rennen nicht 5,00, sondern 7,00 Euro betragen.

Man muss die Zusammensetzung der Experten-Kommission kennen um zu begreifen, wie viel Mühe sich der DMSB gemacht hatte, um die vorschnelle Entscheidung ihres Generalsekretärs vom Wochenende des 1. VLN-Laufes wieder so zurecht zu rücken, dass sowohl alle betroffenen Hersteller, als auch Öffentlichkeit und Medien zufrieden gestellt sind.

Als Fahrer waren nach in meinem Auftrag vorgenommenen Beobachtungen in Frankfurt vor Ort:

  • Christopher Mies (Audi) - teilt mir heute - 9. April - mit, dass er nicht teilgenommen hat, da er de facto zu diesem Termin in Nogaro (Frankreich) war. - Entschuldigung!
  • Dirk Adorf (BMW)
  • Marc Lieb (Porsche)
  • Rolf Derscheid (VLN)
  • Tim Gronek (VLN)

Die Automobilhersteller waren offiziell durch folgende leitende Mitarbeiter vertreten:

  • Jens Marquardt (BMW-Motorsport)
  • Ulrich Fritz (HWA AG)
  • Dr. Frank-Steffen Walliser (Porsche AG)
  • Dieter Gass (Audi AG)
  • Romolo Liebchen (Audi Sport)

Für die capricorn NÜRBURGRING GmbH waren in Frankfurt:

  • Carsten Schumacher (GF)
  • Adam Osieka (GF) (nach letzten Informationen hatte sich Herr Osieka zwar selbst eingeladen, war aber nicht erschienen.)
    sowie ein weiterer Mitarbeiter

Für den ADAC Nordrhein, Köln, achteten folgende Herren auf „die richtigen Beschlüsse“:

  • Mirco Hansen
  • Walter Hornung

Für die VLN beobachtete die Szene:

  • Karl Mauer, Generalbevollmächtigter

Für den AvD/Opel war anwesend:

  • Volker Strycek

Die VLN-Teams vertrat:

  • Mathias Holle (MATHOL RACING)

Für den Technik-Ausschuss der „BoP“ sah man am „Runden Tisch“:

  • Norbert Kreyer

Für den Veranstalter DMSB wurden als anwesend notiert:

  • Hans-Joachim Stuck
  • Dr. Gerd Ennser
  • Christian Schacht
  • Michael Kramp
  • Michael Günther
  • Silke Langhorst

Ich bitte um Nachsicht, wenn bei der Vielzahl der Teilnehmer jemand übersehen wurde. (Er wird aber in jedem Fall in diese Liste der Verantwortlichen für die o.g. Sicherheitsmaßnahmen eingefügt, wenn er sich bei Motor-KRITIK melden sollte.)

Als Nicht-Experte mit ein wenig Erfahrung (nur ein paar Jahrzehnte) möchte ich noch ein paar persönliche Anmerkungen zu den beschlossenen Sicherheitsmaßnahmen anfügen:

Natürlich ist eine Drosselung der Motorleistung um 5 Prozent leicht vorzunehmen. Aber die Gesamtabstimmung wird dadurch beeinflusst, d.h., dass eigentlich auch das Motormanagement insgesamt angepasst werden müsste. - Da weniger Leistung auch praktisch einen geringeren Verbrauch bedeutet, müsste man eigentlich auch... -

Diese Maßnahmen lassen sich aber nicht in den wenigen Tagen durchführen, die noch bis zum Quali-Rennen zur Verfügung stehen. Folglich werden alle Fahrzeuge wie bisher am Start sein.

Durch die Geschwindigkeitsbeschränkungen auf einigen Streckenabschnitten hat man aber jetzt bei den GT3-Fahrzeugen die Möglichkeit, deren „Aeropakete“ zu optimieren und auf die Top-Geschwindigkeit auszurichten, die auf der „Döttinger Höhe“ mit maximal 250 km/h erlaubt ist.

Das bedeutet, dass diese Fahrzeuge mit bedeutend mehr Abtrieb unterwegs sein werden, als ihnen das bisher möglich war, weil man bisher auch auf eine möglichst hohe Spitzengeschwindigkeit auf der langen Geraden achten musste.

Einer der interessantesten Streckenabschnitte für Zuschauer dürfte nun z.B. der Bereich der so genannten „Mutkurve“ sein, die man in der alten „unsicheren“ Abstimmung mit gut 200 km/h durchfuhr. Mit dem nun möglichen „Sicherheits-Aeropaket“ wird sich die Durchfahrtsgeschwindigkeit dort auf ca. 230 km/h erhöhen. Natürlich steht in dieser Kurve an der Außenseite – wie an vielen Stellen der Nordschleife auch – kein FIA-Sicherheitszaun, mit dessen Bau vor Jahren auch der Öffentlichkeit nur „Sand in die Augen gestreut“ wurde. (Das war „damals“ schon so bei Motor-KRITIK zu lesen.) - Wenn man jetzt dort abfliegt, fliegt man nicht nur weit, sondern auch tief – die Böschung herab. - Die dort stehende Leitplanke vermittelt nur den optischen Eindruck von Halt.

Eine andere interessante Stelle ist der Linksknick unten in der „Fuchsröhre“. Auch hier steht außen kein Sicherheitszaun. Einer der normalen Testfahrer ist dort noch vor kurzer Zeit mit seinem Serienfahrzeug – über die Leitplanken hinweg – in den Wald geflogen und hat in einigen Metern Höhe an den Bäumen dann die Äste gekappt. - Und selber Glück gehabt. - Darum gab – und gibt – es dort auch keinen neuen FIA-Zaun oder gar neue Sicherheitsbestimmungen. - Oder etwa ein Tempo-Limit.

Der jetzt – nach den heutigen DMSB-Beschlüssen – noch höhere Abtrieb bei den GT3-Rennern lässt auch die Sorgenfalten bei den Reifenspezialisten stärker werden. - Man wird die ersten Rennen abwarten müssen, um aufgrund der aufgetretenen Reifen-Schäden und (evtl.) -Platzer entscheiden zu können, ob vielleicht die neuen „Sicherheitsmaßnahmen“... - Warten wir's ab!

Zuschauer, die schon lange die Nordschleife besuchen, denen wird an diesen Beispielen klar werden, wie spannend die Beobachtung der Schnellsten unter den Schnellen sein kann, wenn man die eigentlich angestammten Zuschauerplätze bei den „Sicherheitsspielen der Neuzeit“ einmal verlässt, um andere aufzusuchen. - Man kann so vielleicht auch Parkplatzgebühren sparen

Mit dem heutigen Beschluss des DMSB wurde ein neues Kapitel am Nürburgring aufgeschlagen, das sich dann in nächster Zeit auch optisch für Besucher drastisch darstellen wird, weil:

  • Der Bau weiterer FIA-Sicherheitszäune schon in Planung ist!

Aber bitte noch nicht darüber sprechen, weil das alles nicht offiziell ist. Denn erst muss noch die Rennstrecken-Kommission zusammen gestellt werden, die muss dann tagen, um dann – nach einigen Sitzungen das zu beschließen, was hier bei Motor-KRITIK schon heute zu lesen ist.

Diese DMSB-„Sicherheitsmaßnahmen“ sind wie Medizin. Man darf sie eigentlich nur tropfenweise ausgeben. - Der DMSB hält sich daran.

Entschuldigen Sie bitte, lieber Leser, wenn meine Schilderung der Maßnahmen in eine „Gewaltkur“ ausgeartet ist.

Der Präsident des DMSB, Hans Joachim Stuck erklärt das auf feinere Art – seine Art – so:

„Nun haben wir Maßnahmen beschlossen, die kurzfristig den Rennbetrieb wieder erlauben – wenn auch im eingeschränkten Umfang. Gleichzeitig setzt der DMSB eine Expertenkommission ein, die mittelfristige Lösungen erarbeiten soll, die dann möglichst unmittelbar nach der Rennsaison umgesetzt werden sollen. Dazu könnten umfassende Reglementänderungen ebenso gehören wie eventuelle Baumaßnahmen.”

Da wird sich der 80 Prozent-Besitzer des Nürburgrings (der noch keiner ist) aber freuen. So kann er doch schon mal aus seinem Arzneimittelgeschäft entsprechende Rücklagen bilden. - Er weiß nun klarer was auf ihn zukommt.

Nach Formel 1-Verlust und Total-Ausfall der Rock-Veranstaltung am Nürburgring nicht nur ein Verlust in 2015.

Das 24-Stunden-Rennen 2016 am Nürburgring, nach den nächsten Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz, das wird mit seinen Millionen gerettet. - Спасибо!

MK/Wilhelm Hahne

 

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