NLS 1 & 2: Sicherheitsmaßnahmen mit Alibi-Funktion!

Eigentlich wäre der Ersatz der NLS durch eine NES, wie vom russischen Nürburgring-Besitzer geplant, keine Sicherheitsmaßnahme gewesen. Funktionäre mit weniger Erfahrung als ein eingespieltes Team vorher, hätte sicherlich auch nicht zu einer Verminderung von Rennunfällen auf der Nürburgring-Nordschleife beitragen können. Auch das am letzten Wochenende tätig gewordene Einsatz-Team der NLS kann keine Unfälle verhindern. Und die über die Jahre vorgenommenen Änderungen an der Rennstrecke haben auch nicht die Anzahl der Unfälle vermindern können. Leider ist die aktuelle NLS nichts Anderes als das, was alle „wichtigen“ Sponsoren wünschen: Dass alles so weiter geht „wie früher“. - Leider wird das nicht funktionieren! - Man muss einen „Schnitt machen“! - Man darf dabei weder auf Industrie noch andere „Große“ hören, die schon aufgrund ihrer Größe nur so schwerfällig Kursänderungen vornehmen können, wie Super-Tanker. - Wir leben in einer neuen Zeit! -

NLS 1 & 2: Sicherheitsmaßnahmen mit Alibi-Funktion!

Die inzwischen vorhandenen Sicherheits-Ausstattung der GT- und Tourenwagen, wie sie heute am Nürburgring eingesetzt werden, haben eine Verletzungsgefahr bei Unfällen zwar vermindert, aber gerade die an der Strecke vorgenommenen „Sicherheitsmaßnahmen“ haben eigentlich nicht zu einer Verminderung der Unfallzahlen geführt. - Die gegenüber der Öffentlichkeit dargestellten Sicherheitsmaßnahmen haben eigentlich vornehmlich Alibi-Funktion!

Die Nürburgring-Nordschleife war früher einmal – wie Jackie Stewart sie nannte – eine „Grüne Hölle“. Es gab kaum Auslaufzonen, die Strecke war eng begrenzt von dichten Hecken gerahmt und die nächsten  Bäume waren niemals weit entfernt. Und die Strecke war wellig, die Drainage nicht gut. Hinzu kam, dass das Reifenmaterial der damaligen Zeit längst nicht den Grip bot, den die Reifenindustrie heute ihren Produkten mitgeben kann.

So hat sich einiges gebessert. Gerade auf dem Gebiet der Technik wurden auf dem Automobilsektor große Fortschritte erzielt, die sich dann am besten verkauften, wenn man sie unter dem General-Titel „Sicherheit“ verkaufte. Aber mit zunehmender Anzahl von „Fahrer-Hilfen“, verkümmerten so  die beim Menschen vorhandenen Anlagen, mit kritischen Situationen selber fertig zu werden. Man glaubt halt an den Segen der technischen Hilfsmittel, nutzt nicht mehr die eigentlich vorhandenen menschlichen Anlagen, mit kritischen Situationen selber fertig zu werden.

Das ist nicht nur im automobilen Alltag so, sondern wird gerade bei Rennen und Rennstrecken deutlich! - Der Nürburgring ist da ein bemerkenswertes Beispiel!

Der wurde ab 1925 gebaut, ab 1927 genutzt und war damals das, was wir heute als „Natur-Rennstrecke“ bezeichnen würden. Ich kenne ihn seit mehr als 75 Jahren. Zunächst nur als Kind auf dem Beifahrersitz, dann als Lenker von Automobilen und Motorrädern. Später bin ich dann insgesamt wohl mehr als 100 Rennen auf dieser Strecke gefahren.

Ich kenne die Nürburgring-Nordschleife also noch aus einer Zeit, wo man schon nur voll konzentriert eine schnelle Runde unfallfrei fahren konnte, wenn man nicht am Ende von einem „Hecke-auf/Heck-zu“-Erlebnis sprechen wollte. Das dann teuer war. So mancher Rennfahrer hat es auch damals mit dem Leben bezahlen müssen.

Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass „damals“, 1967, als eine der ersten großen  „Sicherheitsmaßnahmen“ auf der Nordschleife, die „Hohenrain“-Schikane gebaut wurde. Nur so konnte diese Stelle dann auf dieser Rennstrecke zu einem Punkt werden, der weil unfallträchtig, dann auch häufig erwähnt wurde. Eigentlich war er von „Planern“ ohne Erfahrung gebaut worden, die die gefahrene Geschwindigkeit im Bereich von Start- und Ziel absenken wollten. - Aus Sicherheitsgründen!

  • Eine zu hohe Geschwindigkeit war aus deren Sicht eine zu hohe Gefahr!

Darum hat man so aber einen neuen Unfall-Schwerpunkt geschaffen. Es ist wirklich nur schwer zu zählen, wie oft die „Hohenrain“-Schikane dann zu einem „Ausfallgrund“ wurde.

Aber so werden nun mal „Sicherheitsmaßnahmen“ getroffen, die sich dann als „unfallfördernd“ erweisen. Weil die, die in langen Meetings – und dann möglichst einstimmig – zu einem Beschluss kommen, zwar von vielen Dingen Ahnung, aber nicht begriffen haben, wie zivilisierte Menschen dann wieder zu „Urtieren“ werden können, wenn sie einen Sturzhelm aufsetzen und in einem Rennfahrzeug sitzen, das ihnen „scheinbare“ Sicherheit verspricht.

So hat man dem Hügel am „Flugplatz“ des Nürburgrings die Spitze genommen, hat eine Bodenwelle vor dem „Schwedenkreuz“ beseitigt. - Aus Sicherheitsgründen!

Das scheinen die Nutzer der Rennstrecke, gerade während der „Touristenfahrten“ (unter StVO-Bedingungen!) nicht zu wissen. - Und die Unfallhäufigkeit im Bereich des „Schwedenkreuz“ ist gestiegen!

Und ich erinnere mich noch gut, dass diese „Sicherheits-Experten“ dann auch „Rattersteine“ an wichtigen Stellen der Nordschleife verbaut hatten. Da sind dann die Reifen-Experten auf die Barrikaden gegangen, weil die Reifen dort so geschädigt werden konnten, dass sie dann – z.B. bei den GT 3 – unter den Extrem-Belastungen im Bereich „Tiergarten“ platzen könnten. Wie so manche Unfall-Beispiele aus diesem Bereich zeigen, landet man dann nicht weit von der „Hochrain“-Schikane entfernt.

  • Die Industrie weiß erst seit Ende der 70er Jahre, welche Kräfte wirklich beim rennmäßigen Befahren auf die Fahrzeuge einwirken!

Der Begriff „Schikane“ kommt übrigens aus dem Französischen, wo „chicaner“ Streit bedeutet und man „chicane“ mit „sinnlos streiten“ oder auch „Schwierigkeiten schaffen“ übersetzen könnte. Dabei sollte eigentlich eine Schikane eine Sicherheitsmaßnahme sein!

  • Merke: Wenn „Fachleuten“ nichts mehr einfällt, bauen sie eine „Schikane“!

Schon vor vielen Jahren flog mal ein Renault R 5 wegen  eines „Bremsversagens“ (das ich erklären könnte!) dort über die Leitplanke und Fangzäune bis tief hinunter ins „Fahrerlager 3“. - Zum Glück stand damals dort niemand!

Obwohl es dieses Beispiel gibt, hat jetzt unterhalb dieser „Hohenrain“-Schikane der Besitzer des Nürburgrings aktuell ein Materiallager eingerichtet, das „sichtdicht“ vom anderen Teil des „Fahrerlager 3“ abgetrennt ist. Dort stehen aber nicht nur alte Reifen, sondern auch anderes alte Eisen-Gerödel.

Ich habe versucht, mit ein paar Fotos meinen Lesern einen Endruck von dem Teil des „Fahrerlagers 3“ zu vermitteln, in das der TCR-Renner des Kanadiers Robert Wickens in der 13. Runde seines Rennens beim NLS-Lauf 1 auf der Nürburgring-Nordschleife abstürzte, das Wickens dem „Nordschleifen-Permit“ des DMSB mit einer guten Platzierung ein Stück näher bringen sollte

Statt dessen ist er – wie „damals“ der Renault R 5 – ungebremst zu Anfang der „Hohenrain“-Schikane dann über Leitplanke und FIA-Zäune hinunter ins das Materiallager der Nürburgring 1927 GmbH & Co. gestürzt.

Der Start von Robert Wickens war von der VLN/NLS auf deren Internetseite vor dem Rennen so angekündigt:

„Inspiration und Vorbild: Robert Wickens kehrt nach Deutschland zurück

Dass er ein echter Kämpfer ist, stellte Robert Wickens in den vergangenen Jahren unter Beweis. Den deutschen Fans in erster Linie durch seine Zeit als Mercedes-AMG-Werksfahrer in der DTM bekannt, hat der sympathische Kanadier einen ganz besonderen Kampf hinter sich. Ein Rennunfall in der US-amerikanischen Indycar veränderte sein Leben 2018 schlagartig. Die Diagnose: Bruch der Brustwirbelsäule, eine Rückenmarksverletzung, einen Halsbruch, Schien- und Wadenbeinfrakturen an beiden Beinen, Frakturen in beiden Händen, einen gebrochenen rechten Unterarm, einen gebrochenen Ellenbogen, eine Gehirnerschütterung, vier gebrochene Rippen und eine Lungenprellung. Die Fans waren geschockt. Doch wer Wickens bei Instagram folgte, merkte schnell, dass er sich nicht mit seiner Situation abfinden wollte. Zu groß seine Leidenschaft für den Motorsport. Ausführlich dokumentierte Wickens seinen Weg zurück. Und trotz einer Querschnittslähmung folgten bald die ersten Erfolgserlebnisse. Wickens kämpfte sich zurück auf die Piste. 1.258 Tage nach seinem Unfall fuhr er 2022 in der amerikanischen IMSA Michelin Pilot Challenge mit einem Hyundai Elantra N TCR sein erstes Autorennen. Ein Jahr später gewann er die TCR-Wertung in der Meisterschaft. Jetzt ist es Zeit für den nächsten Schritt: Beim Saisonauftakt der NLS kehrt Wickens nach Deutschland zurück. Zum Rennen fahren, das versteht sich von selbst. Zusammen mit Mark Wilkins bestreitet er die beiden 4-Stunden-Rennen für das Team Target Competition. Der Hyundai Elantra N TCR verfügt über eine Handgas-Steuerung.“

Dieser Text müsste noch mit der Information ergänzt werden: Das Fahrzeug wurde auch mit einem Handhebel gebremst. Trotz seines Handicaps war Wickens damit in durchaus konkurrenzfähigen Rundenzeiten unterwegs. Dieser unglaubliche, schauerliche Unfall kann nur mit einem vollkommenen Bremsversagen erklärt werden.

Interessant ist, dass dieser Unfall während des Rennens nirgendwo erwähnt wurde. Ich habe danach auch in der Szene nicht unbekannte Persönlichkeiten getroffen, die mir übereinstimmend erklärten, nichts von einem Unfall – wie von mir geschildert – gehört zu haben.

Da ich mich seit Jahrzehnten in der VLN/NLS-Szene bewege, dort selbst – über Jahrzehnte . aktiv war, war ich natürlich über diesen grässlichen Unfall informiert und habe mich dann sofort – als Journalist für meine Leser unterwegs – zur „Roten Kreuz“Station im neuen Fahrerlager begeben. Wenn Robert Wickens diesen „tiefen Fall“ überlebt hatte, müsste er hier eingeliefert werden.

So war es dann auch. Ich füge die hier von mir gemachten Fotos zunächst einmal ein:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Diese Fotos decken einen Zeitraum von etwas mehr als 18 Minuten ab, die mit der „Anlieferung“ des verletzten Robert Wickens durch einen Krankenwagen beginnen. Der wurde dann für einen Flug mit dem Johanniter-Hubschrauber vorbereitet, der inzwischen von seinem nahe gelegenen Standplatz einflog. Ich habe sowohl das An-Bord-bringen in den Hubschrauber, wie auch dessen Start und Wegflug in ein Neuwieder Krankenhaus für meine Leser in Fotos festgehalten.

Ich habe auch die sehr betroffen wirkenden Techniker des Hyundai-Teams fotografiert, wie sie am Ende dieser Aktion vor der „Roten Kreuz“-Station stehen und den Vorfall diskutieren und offensichtlich nach einer Erklärung suchen.

Wie man den ersten Informationen entnehmen kann, die aus dem Neuwieder Krankenhaus kamen, wo auch einmal ein Hans-Joachim Stuck nach einem schweren Unfall sehr gut „verartzet“ wurde, sind die Verletzungen des Robert Wickens, bezogen auf die Schwere seines Unfalls, relativ leicht.

Das Automobil ist ein Totalschaden. Um einen meiner Informanten wörtlich zu zitieren:

„Das Auto ist ‚Fratze‘!“

Man darf auf eine offizielle Erklärung für den Unfallgrund gespannt sein!

Mir persönlich schien eine Information meiner Leser über diesen Unfall wichtiger, als eine 08/15-Info über ein Rennwochenende, das eigentlich „wie immer“ verlief, aber auch aufzeigte, dass bei dem „ganzen Theater“ um NES und NLS keine Zeit geblieben ist, das Reglement so zu bearbeiten, dass es in die Zeit passt.

In der Saison 2024 ist also nicht anderes zu erwarten, als sich inzwischen nach dem ersten Schlagabtausch zwischen NES und NLS abzeichnet.

  • Die NES hat keine Chance!

Es ist eigentlich eine Schande, dass man aufgrund von eindeutig kommerziell bestimmten Handlungen, nun eine weitere Saison auf die Anpassung eines „alten“ Programms für eine Breitensportserie warten muss, die inzwischen zu einer Spielwiese der Industrie geworden ist.

Das Niveau der Führungskräfte dort hat eindeutig dadurch nachgelassen, dass diese Leute nicht mehr „von unten“, sondern „von oben“ kommen. Man scheint den Kontakt zur „Basis“ verloren zu haben, wie ich auch durch Beobachtungen hier an der „Teststrecke Nürburgring“ bei den „Industriefahrten“ wahrnehmen kann.

Um aber zurück zum Thema Rennen zu kommen:

  • Es genügt nicht, in einer Ausschreibung auch eine Klasse für E-Automobile auszuschreiben. Es genügt auch nicht, die ADAC-Runen im Schilde zu führen.

Auch die NLS – wie sie heute immer noch durchgeführt wird – ist eine Langstreckens-Serie „von Gestern“!

Um mit meiner Großmutter zu sprechen:

„Es muss sich alles – ALLES - ändern!“

MK/Wilhelm Hahne

PS: Robert Wickens wünsche ich alles Gute!

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