VW-Ex-Chef Winterkorn vor Gericht: Vorwurf Betrug!

Exakt formuliert: Gewerbs- und bandenmäßiger Betrug, Marktmanipulation und uneidlich falsche Aussage. Das sind nicht unbedeutende Vorwürfe! - VW hatte um 9 Millionen Diesel-Automobile mit einer betrügerischen Software in Europa und den USA in Umlauf gebracht. - Und der damalige VW-Chef Martin Winterkorn hat von nichts gewusst? - Nun soll er ab dieser Woche etwas vor einem Braunschweiger Landgericht den Richtern begreiflich machen, was unbegreiflich ist. - Eine bestimmte Gruppe von Betroffenen braucht aber ein belastbares Urteil! - Die Staatsanwaltschaft ist darum ihrer Aufgabe, im öffentlichen Interesse für Klarheit zu sorgen, nachgekommen. - So nimmt dann alles seinen Lauf. - An geplanten 90 Verhandlungstagen. - Was da alles passiert, lässt sich schwer vorhersagen. Was mir zum Thema schon vorher auf- und eingefallen ist, habe ich nachfolgend mal zusammen gefasst. Vom Start der Verhandlungsserie vor der 16. Strafkammer des Braunschweiger Landgerichts gibt es aber auch schon einen ersten Eindruck.

VW-Ex-Chef Winterkorn vor Gericht: Vorwurf Betrug!

Der Betrugsversuch gegenüber Käufern von VW-Dieselautomobilen war im Jahre 2015 öffentlich geworden. Er wurde zum „Diesel-Skandal“! Im Herbst des Jahres 2015. Was zumindest mir – den „Rückzug“ eines Ferdinand Piech einige Monate früher verständlich machte. So gab es auch keinen „Sieg“ eines Herrn Winterkorn über den eigentlichen „Herrscher“ in Wolfsburg, Ferdinand Piech, sondern das war nur der Versuch einer solchen Darstellung, weil die Wahrheit zu diesem Zeitpunkt wohl ziemlich unpassend gewesen wäre.- Meine ich.

  • Aber die Wahrheit ist in vielen Fällen einfach unpassend!

Seit Dienstag dieser Woche steht Martin Winterkorn aber nun vor Gericht. In Braunschweig, wo inzwischen die Anklagen in dieser Sache gebündelt wurden.

  • Die Braunschweiger Strafkammer hat in ihrem Eröffnungsbeschluss u.a einen hinreichenden Tatverdacht eines gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs gemäß § 263 Sbs. 5 StGB geäußert.
  • Außerdem geht sie davon aus, das Martin  Winterkorn vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages am 19. Januar 2017 eine uneidliche Falschaussage gemacht hat, die gemäß der §§ 153 und 162 Abs. 2 StGB straffähig wäre.
  • Dann geht es noch um eine mögliche Marktmanipulation, weil sich der strafbar macht, der eine sogenannte Ad-hoc-Information vorsätzlich zu spät publiziert. Da findet dann das sogenannte Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) Anwendung. Da kommt es nicht auf Tage, sondern auf Stunden an.

Gegen Herrn Dr. Winterkorn wurde eine Verhandlung zu diesem Thema beim ersten großen Prozess in Sachen „Diesel-Skandal“ abgetrennt. Er konnte gesundheitliche Gründe glaubhaft machen, die zu dieser eigentlich „unmöglich langen“ Terminverschiebung eines Prozesses führte, der erst jetzt im September 2024 gegen ihn aufgenommen wird.

Andere „Dienstgrade“ wurden bei VW (oder auch z.B. Audi) schnell entlassen oder sind längst verurteilt. Doch der Dr. rer.nat. (lateinisch: doctor rerum naturalium), der gerne bei VW den großen „Chef“ spielte, sich in der Öffentlichkeit gerne als ein Manager darstellte, der sich auch um „Kleinigkeiten“ – wie z.B. perfekte Spaltmaße bei Karosserien – bemühte, der gab – und gibt immer noch vor, über alle in Verbindung mit dem damals entstandenen „Dieselskandal“ durchgeführten strafbaren Manipulationen, uninformiert gewesen zu sein.

  • Nein! - Er, Martin Winterkorn, war in diese Entwicklung nicht eingebunden, habe nichts davon gewusst! - Wie glaubhaft diese Aussage ist, wird jetzt überprüft!

Die Anklage, die Staatsanwaltschaft, fasste am ersten Verhandlungstag in einem mehrere Stunden dauernden Vortrag die Vorwürfe gegen den ehemaligen VW-Vorstandsvorsitzenden zusammen, wie sie in der mehr als 1.200 Seiten umfassenden Anklageschrift zu finden sind. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig geht nach ihren Ermittlungen davon aus, dass Kunden und Behörden über Jahre getäuscht wurden.

Am zweiten Verhandlungstag, am Mittwoch, hat Martin Winterkorn noch einmal alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück gewiesen. Er sagte u.a.:

„...es ist nicht Aufgabe eines Vorstandsvorsitzenden, einzelne Herausforderungen an eine technische Entwicklung persönlich zu bewältigen.“

Das ist sicherlich richtig, wird aber wahrscheinlich nicht unbedingt der Realität gerecht, die sich – auch den Mitarbeitern bei VW – ein wenig anders darstellte.

Wenn man sich ein wenig in der VW-Organisation auskennt und die bisherige Entwicklung aus dem Abseits verfolgt hat, wird man sicherlich ob der Aussage eines Martin Winterkorn vor Gericht ein wenig lächeln, weil sie – zumindest – unglaubwürdig wirkt!.

Nach meiner Kenntnis war die Entwicklung in Wolfsburg so organisiert, dass es dort „an der Spitze“ eine Gruppe unter Leitung von Martin Winterkorn gab, die ich als „Chef-Entwicklergruppe“ bezeichnen möchte. Die machte – so um 80 Personen stark - die eigentlichen Vorgaben für neue Modelle oder für Überarbeitungen von „alten“ Modellen, wie sie z.B. auch bei einem ersten Hinwenden zu E-Automobilen notwendig wurden. - Man erstellte mehr als nur das „Lastenheft“!

Von Wolfsburg aus wurden die Teilentwicklungen auf die einzelnen Gruppen in den einzelnen Werken des Firmenverbundes verteilt. Dort erhielten also die Fach-Ingenieure dann die notwendigen Angaben, evtl. mit Zeichnungen, auf den Tisch, an denen sich ihre Teil-Entwicklungen – z.B. auch von den Maßen her – zu orientieren hatten.

Nun hatten dann manche Entwickler aufgrund ihrer besseren Detailkenntnisse schon mal bessere Ideen, die aber kleine Änderungen als Voraussetzung gehabt hätten. Aber alles, was von denen an den ihnen zugegangenen Vorlagen beanstandet und  evtl. als verbesserungswürdig empfunden wurde, musste schriftlich Herrn Winterkorn direkt mitgeteilt werden.

  • Direkter Ansprechpartner bei Entwicklungen und evtl. notwendiger Verbesserungen war also – so wie ich von VW-Mitarbeitern hörte - immer Martin Winterkorn persönlich!

Der neigte dazu, bei Kritik an den Vorgaben, die Einreicher von „Verbesserungsvorschlägen“ zu sich nach Wolfsburg zu bestellen und sie dann lautstark zur Ordnung zu rufen! Das war in den VW-Werken in den betroffenen Kreisen bekannt. - Sonst hätte ich auch nicht davon erfahren!

Aber mit der Zeit war es dann den „auswärtigen“ Entwicklern (Salzgitter, Kassel) fast egal, ob der „Vorschlag“ aus Wolfsburg nun gut oder – aus ihrer Sicht – verbesserungswürdig war. Sie haben einfach die aus Wolfsburg eingegangenen Anforderungen abgearbeitet. - Warum sollten sie sich von einem etwas cholerisch wirkenden Herrn Winterkorn zunächst noch anschreien lassen, wenn sie schließlich doch das machen mussten, was ihnen aus Wolfsburg vorgegeben war?

Wenn man diesen Zustand kennt, der von einem geradezu selbstherrlichen Auftreten eines Martin Winterkorn bestimmt war, dann kommt einem die immer von Winterkorn jetzt vor Gericht oder Staatsanwälten vorgetragene Version, seine Version, die von keinem Wissen um Details bei der Umsetzung von Details geprägt ist, dann doch ein wenig eigenartig vor.

Warum hat ein Martin Winterkorn ausgerechnet davon nichts gewusst, wenn er sich doch sonst auch im Detail mit konstruktiven Entwicklungen, Weiterentwicklungen oder Verbesserungen – die zumindest aus seiner Position als positiv für VW empfunden werden konnten - auseinander setzte?

Dabei war zu jener Zeit – also vor 2015 – die Entwicklung von Diesel-Automobilen gerade für den Export bei allen deutschen Herstellern ein großes Thema. Besonders Amerika lockte, obwohl dort die vorhandene Infrastrktur nicht unbedingt die besten Voraussetzungen für einen deutlich größeren Verkauf von Diesel-Automobilen darstellte.

  • Ich habe hier in Motor-KRITIK, zu dieser Entwicklung damals, auch meine Leser informiert!

Wenn man einmal zum VDI herüber blickt, was dort zur Ausweitung des Exports von Diesel-Automobilen damals verbreitet wurde, dann weiß man, dass die gesamte deutsche Automobilindustrie hinter so einem Projekt der Ausweitung des Exports von Diesel-Automobilen stand.

  • Und Martin Winterkorn kannte dieses Bestreben nicht, hat es als VW-Vorstandsvorsitzender nicht unterstützt?

Koste es was es wolle! - Offenbar hat man so gehandelt! - Und das ohne Wissen eines Firmenchefs von der Bedeutung eines Martin Winterkorn, die er sich selber mit seiner Darstellung zu geben versuchte? -

Erinnern wir uns, dass vor dem „Diesel-Skandal“ im Herbst 2015 eine „Führungskrise“ bei VW in Wolfsburg im Frühjahr 2015 gab. Das Fachblatt „auto moto und sport“ schrieb damals, aber auch der SPIEGEL berichtete:

„VW-Krise: Piëch geht auf Distanz zu Winterkorn“

Ferdinand Piech wusste wahrscheinlich auch warum! - Denn er hat sich sogar von VW abgewendet und den dann folgenden „Diesel-Skandal“ in der Abarbeitung seinem ehemaligen „Lehrling“ Winterkorn überlassen! - Weil er hintergangen worden war? - Von wem  eigentlich?

Martin Winterkorn hat damals auch wie ein Lehrling reagiert, „der es seinem Chef mal gezeigt hat“ und sich in der Öffentlichkeit wie ein Sieger über Piech feiern lassen.! Er hat zumindest solchen öffentlichen Darstellungen nicht widersprochen! Nun steht er – allein wieder ziemlich hilflos - in Braunschweig vor Gericht!

  • Warum hat Ferdinand Piech ein bestimmtes Handeln von Winterkorn wohl so empört, dass er VW umgehend den Rücken gekehrt hat?

Denn das ist doch in der Realität die Ablauffolge der Geschehnisse vor der offiziellen Aufdeckung des Diesel-Skandals gewesen, die aus meiner persönlichen Sicht durchaus Bedeutung haben.

Ich bin übrigens mit meiner Einschätzung der Persönlichkeit eines Martin Winterkorn nicht allein. Am 17. Mai 2015 – also vor Bekanntwerden des „Diesel-Skandal“ -  ordnete die „Frankfurter Allgemeine“ ihn so ein:

„Der Perfektionist, der Angst verbreitet“

...und schrieb u.a.:

„Martin Winterkorn ist ein Perfektionist. Er kann aber auch ein ein cholerischer Chef sein.“

Aber das Braunschweiger Gericht muss ein nach 90 Verhandlungstagen ergehendes Urteil mit Fakten untermauern, weil neben den betroffenen – weil betrogenen - VW-Diesel-Besitzern auch „Randgruppen“, wie z.B. betroffene Aktionäre, ein belastbares Urteil, zur Durchsetzung ihrer angedachten Forderungen benötigen.

Ich persönlich brauche das künftige Urteil nicht! - Es wird zu einem Zeitpunkt gesprochen werden, an dem es eigentlich nur noch relativ Wenige interessiert! - Absicht?

  • Und Martin Winterkorn wird in der Zwischenzeit weder jünger noch gesünder!

Vielleicht ist auch die Höhe seiner Betriebsrente vom Ausgang des Prozesses abhängig. Aktuell beträgt sein „Stundenlohn“ als „unwissender“ VW-Rentner – und das Stunde für Stunde, rund um die Uhr – 150 Euro!

Die Zeit würde er auch lieber in seinen beiden „Bogenhausener Villen“ absitzen – eine davon aus Porsche-Familienbesitz - als vor dem Landgericht in Braunschweig!

Seiner zweiten Frau Karin hat er schon mal – zur Sicherheit? - im August 2015 einen Teil seines Vermögens überschrieben.

  • Glaubt er nicht an einen Rechtsstaat oder war der Auslöser zu dieser Entscheidung sein schlechtes Gewissen?

Immerhin ist Martin Winterkorn jetzt schon 77 Jahre alt und möchte sicherlich – und schon mit Sicherheit – sein überschaubares Stück Zukunft noch komfortabel genießen können!

MK/Wilhelm Hahne
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