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Seit dem 28. Februar ist hier in Motor-KRITIK eine „Klarstellung“ (hier) zu lesen, dessen eingerückte Absätze (1 & 2) aus dem „Satzbaukasten“ der EU in Brüssel stammen. Sie wurden mit Absicht nicht als solche gekennzeichnet, weil die Reaktionen interessierten. Es hat darauf auch Reaktionen gegeben, weil diese Sätze nicht nur einmal an einen deutschen Briefschreiber zum Thema Nürburgring ging, sondern inzwischen gleich vier Mal der Redaktion vorliegt. Alle Briefe der EU sind aus Februar 2014 und sollen Briefe sicherlich mit unterschiedlichem Inhalt beantworten. Trotzdem unterscheiden sie sich in Ihrem Inhalt nicht wesentlich. Es folgt hier also zum Thema...
Nürburgring: Eine Klarstellung zur Klarstellung
Die Briefe aus Deutschland trudelten am 6., 7., 9. und 28 Januar 2014 in Richtung Brüssel. Die Antworten kamen nicht umgehend, sondern wurden in Brüssel am 20. (einer) und 26. Februar (drei) auf den Weg gebracht.
Natürlich sollen die Empfänger hier nicht genannt werden, doch ich möchte durch das Einfügen der „Diktatzeichen“ der EU-Kommission in Brüssel eine Kontrolle ermöglichen:
- COMP/C4/JS/amu – D*2014/018997
- COMP/C4/OS/sj/D(2014)/21360
- COMP/C4/OS/sj/D(2014)/21411
- COMP/C4/OS/sj/D(2014) 21476
Drei der vier Schreiben beginnen mit der gleichen Floskel, ein viertes Schreiben vermittelt im Einstieg den Eindruck von individueller Beantwortung.
So geht es auch weiter. Inhaltlich sind eigentlich alle gleich, nur in einem ist die Wortwahl eine etwas andere. In drei Schreiben findet sich z.B. der Hinweis:
„Vize-Präsident Almunia hat daher darauf hingewiesen, dass dies ein diskriminierungsfreies, transparentes und bedingungsfreies Bietverfahren erforderlich macht.“
In keinem der Schreiben ist davon die Rede – was durch die Insolvenz-Sachwalter in Deutschland immer wieder und zuletzt auch durch deren „Lautsprecher“, Pietro Nuvoloni, sozusagen drohend erwähnt wurde:
…dass mit einer Schließung der Rennstrecke zu rechnen sei, wenn es jetzt nicht zum Verkauf kommt.
Kein Wort davon. In den Brüsseler Computern scheint ein solcher Text-Baustein nicht gespeichert, da Sätze der Art in Brüssel wohl nicht gesprochen – und auch nicht angedacht wurden.
Das Mainzer „Drehbuch“ enthält wohl andere Vorgaben, als die Argumentations-Vorgaben, die man in Brüssel verwendet. Das Vorgehen in der gewählten Art des Insolvenzverfahrens (in Eigenverwaltung) ist auch ein ganz spezielles, dass sich deutlich von denen in gleicher Art durchgeführten Verfahren (nach deutscher InsO) unterscheidet.
Wie ich bereits an anderer Stelle schrieb, gilt das „neue Insolvenzrecht“ seit Dezember 2011.
Bei der – wie im Fall der Nürburgring GmbH – gewählten Art der Insolvenz in Eigenverwaltung ist der so genannte „Insolvenzplan“ von großer Bedeutung und sollte spätestens drei Monate nach Eröffnung des Verfahrens dem Insolvenzgericht vorgelegt werden.
Im Fall der Nürburgring-Insolvenz ist – wie das zuständige Insolvenzgericht Motor-KRITIK bestätigte – aber niemals ein Insolvenzplan erstellt und vorgelegt worden. Das lässt darauf schließen, dass nur aus taktischen (und politischen) Gründen die Form der Insolvenz in Eigenverwaltung gewählt wurde, da diese Form eigentlich voraussetzt, dass eine Sanierung möglich ist, deren Art und Weise im Insolvenzplan festgelegt werden sollte.
Im Fall der Nürburgring-Insolvenz hat man dagegen nur Maßnahmen eingeleitet, die im Interesse der Landesregierung einen Verkauf vorsehen. Als einzige Möglichkeit! - Weil die Landesregierung sich vom Nürburgring trennen will. - Koste es, was es wolle!
Der vom Insolvenz-Gericht eingesetzte Insolvenz-Sachwalter – die diesem Fall RA Jens Lieser, Koblenz – soll eigentlich überwachen, dass durch die die ergriffenen Maßnahmen die Gläubiger nicht in irgendeiner Weise schlechter gestellt werden, als bei normaler Abwicklung.
Das ist im Fall des Verkauf des Nürburgring aber offensichtlich der Fall. Der relativ niedrige Verkauferlös (soweit bisher bekannt wurde) wird die Gläubiger in jedem Fall schlechter stellen, als das bei einer Sanierung der GmbH möglich wäre. Das zeigt auch das aktuelle Ergebnis der NBG, die lt. Darstellung eines Pietro Nuvoloni, der von den Sachwaltern als ihr Sprachrohr vorgestellt wurde (auch gegenüber dem Insolvenzgericht),
deutlich über einer „Schwarzen Null“ für das Betriebsjahr 2013 liegen soll.
Es hätte auch noch eine weitere Möglichkeit gegeben, die Nürburgring GmbH im Landesbesitz fortbestehen zu lassen, wäre man z.B. mit den Insolvenzgläubigern in Vergleichsverhandlungen eingetreten. Aber nichts ist in dieser Richtung passiert. Man hat einseitig Verkaufsbemühungen betrieben, die eigentlich spätestens jetzt vom Insolvenz-Sachwalter und vom Insolvenzgericht im Interesse der Gläubiger unterbunden werden sollten, weil sie mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Schlechterstellung bewirken.
Hier sei auch noch einmal auf eine weitere Möglichkeit, die von Vergleichsverhandlungen mit den Gläubigern hingewiesen, zu denen der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 29. September 2011 (AZ: IX ZB 219/10) u.a. ausführte:
„Schließt der Schuldner mit allen Insolvenzgläubigern, die Forderungen zur Tabelle angemeldet haben, in der Wohlverhaltensperiode einen Vergleich und sind die Ansprüche dieser Gläubiger danach durch Teilzahlung und Teilerlass erloschen, ist auf seinen Antrag die Wohlverhaltensphase vorzeitig zu beenden und die Restschuldbefreiung auszusprechen, sofern er belegt, dass die Verfahrenskosten und die sonstigen Masseverbindlichkeiten getilgt sind.“
Eigentlich ist allen Betroffenen klar, dass der Verkauf des Nürburgrings keine Lösung ist. Nur die Landesregierung von Rheinland-Pfalz favorisiert diese Lösung einseitig und vergisst dabei (wissentlich?) die Möglichkeiten, die das Insolvenzrecht bietet.
Im § 225a InsO findet man z.B. folgende Anregung:
„(2) Im gestaltenden Teil des Plans kann vorgesehen werden, dass Forderungen von Gläubigern in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner umgewandelt werden. Eine Umwandlung gegen den Willen der betroffenen Gläubiger ist ausgeschlossen. Insbesondere kann der Plan eine Kapitalherabsetzung oder -erhöhung, die Leistung von Sacheinlagen, den Ausschluss von Bezugsrechten oder die Zahlung von Abfindungen an ausscheidende Anteilsinhaber vorsehen.
(3) Im Plan kann jede Regelung getroffen werden, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist, insbesondere die Fortsetzung einer aufgelösten Gesellschaft oder die Übertragung von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten.“
Hier wird also wieder vom Insolvenzplan gesprochen, den die Insolvenz-Sachwalter, das Insolvenzgericht – aber auch die Landesregierung ganz ausgeklammert haben, obwohl er ein ganz wesentlicher Bestandteil der neuen Insolvenzordnung ist, nachdem die Nürburgring-Insolvenz „in Eigenverwaltung“ (!) abgewickelt werden soll.
In den o.e. Briefen aus Brüssel wird eindeutig darauf hingewiesen:
„Da die Nürburgring GmbH, die Motorsport Resort Nürburgring GmbH und die Congress- und Motorsport Hotel Nüburgring GmbH zwischenzeitlich insolvent wurden, unterstehen sie nun der Konkursverwaltung. Diese unterliegt nationalem Recht und die Abwicklung liegt in der Zuständigkeit deutscher Behörden.“
Dann sollen die – bitte – auch dieses „nationale Recht“ nutzen, auf dessen Möglichkeiten ich vorstehend in Details und beispielhaft hingewiesen habe.
Ein Verkauf des Nürburgrings ist keine Lösung, schafft aber vielleicht die Möglichkeit, den Ideal-Vorstellungen der Insolvenz-Sachwalter näher zu kommen, die einer von ihnen vor einiger Zeit so beschrieb:
„Eine zweite Insolvenz ist immer die interessantere.“
Kommt darauf an, für wen!
MK/Wilhelm Hahne