„Russisches Hühnchen á la Lieser“

Das Rezept ist einfach, da ein Bauernrezept. Für's Hühnchen meist auch nicht schmerzhaft, weil sich normalerweise ein Lebendrupfen von selbst verbietet. - Das weiß jeder Bauer? - Richtig! - Aber man muss es kennen – das Rezept. Man findet es noch nicht einmal im „Hering“, der Bibel der Köche. Aber Jens Lieser kennt es offensichtlich. Motor-KRITIK ist darauf gestoßen, nachdem ein Teil der Reden und Gegenreden vor dem Landgericht Koblenz z.T. unverständlich bleiben mussten – weil wir die Gerichtsakten nicht kannten. So haben wir nacharbeiten, Unterlagen besorgen, lesen und lernen müssen. Aber eigentlich ist das von Insolvenz-Sachwalter Lieser angewendete Rezept sehr simpel. Die Grundregel lautet: Nimm gute Zutaten, wenn du ein gutes Ergebnis haben möchtest. - Jens Lieser hat sich Viktor Karithonin gegriffen. Nein, - nicht geschlachtet, sondern nur leicht über den Tisch gezogen. Dabei sind dem russischen Investor noch fast 10 Millionen Euro aus der Tasche gerutscht. Die Hälfte davon ist schon bei der CNG, der capricorn NÜRBURGRING GmbH, gelandet. Schließlich darf die in der wetterbedingten Motorsport-Ruhepause nicht verhungern. - Wie Jens Lieser das alles „bei mittlerer Hitze gar zu kochen versuchte“ - und ein paar Worte zum Ergebnis - ist nachstehend nach bestem Wissen und Gewissen niedergeschrieben.

„Russisches Hühnchen á la Lieser“

Zunächst muss man – und das nimmt vor dem eigentlichen (Ab-)Kochen sehr viel Zeit in Anspruch – die Zutaten beschaffen, für's Gericht vorbereiten, waschen, schneiden, schnibbeln. Also beginnen wir auch diese Geschichte mit dem Anfang zum schwierigen Insolvenz-Rezept.

Am Anfang stand tatsächlich die Insolvenz einer landeseigenen GmbH, der Nürburgring GmbH. Da hatte dann einer der Regierungsberater die gute Idee mit „in Eigenverwaltung“. - Das eröffnete bessere Möglichkeiten.

So wurde dann auch durch den „Besitzer“ der insolventen GmbH (nach Beratung) ein Insolvenz-Geschäftsführer bestimmt. Und das Insolvenzgericht Ahrweiler bestimmte den Insolvenz-Sachwalter.

Und beide Insolvenz-Beauftragten zeigten mit dem Finger auf den Gläubiger-Ausschuss und verwiesen darauf, dass bei dem die Verantwortung (alle Verantwortung) liegen würde.

Es gab im Fall der Insolvenz in Eigenverwaltung bei der Nürburgring GmbH niemals ein Sanierungskonzept. Obwohl so etwas eigentlich bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung... - Aber wenn das mit dem gewählten Zusatz „in Eigenverwaltung“ nur eine taktische Variante war...? -

Das Insolvenzgericht hatte nichts gegen die Variante. - Und Sanierung kann ein so unpassendes Wort sein.

So nahm die Insolvenz – sozusagen verantwortungslos – seinen Lauf. Insolvenz-Geschäftsführer, Insolvenz-Sachwalter, KPMG-Berater – auch die Landesregierung: Alle machten Alles unter Hinweis darauf, dass sie eigentlich nicht verantwortlich wären. Bis auf den Gläubigerausschuss. Der sollte, musste alle wichtigen Entscheidungen treffen. - Verantwortungsvoll! - Er hatte – bzw. hat immer noch - eine interessante Zusammensetzung:

Drei von fünf der Verantwortlichen im Gläubigerausschuss wurden von Insidern ab und an als von Mainz ferngesteuert empfunden. Ein weiterer ließ sich von einem Rechtsanwalt beraten, der auch schon als Berater der GRÜNEN aufgetreten war, bevor die Regierungsverantwortung übernahmen und sich absolut koalitionstreu verhielten. Der Fünfte hatte zuvor seinen Anwalt wechseln müssen, damit der bisherige die Regierung in Mainz beraten konnte.

Aber wer weiß das schon alles vorher?

Dieser Regierungs-Berater wurde auch schon mal im Gespräch mit den Insolvenz-Abwicklern gesehen, wobei der Eindruck entstand, dass dieser Berater der „Chef“ der beiden Insolvenz-Spezialisten war. - So wurde das Motor-KRITIK als Eindruck geschildert.

Der große Weichensteller in der Öffentlichkeit war der Insolvenz-Sachwalter und Rechtsanwalt Jens Lieser. Durch die Abwicklung von vielen Insolvenzverfahren mit Erfahrung gesegnet. Und so verschob er die Hütchen jeweils so, wie es gerade gebraucht wurde. Er war in Koblenz, Mainz, in Frankfurt und am Nürburgring tätig, beriet selbst, ließ durch die KPMG beraten, informierte auf seine Art die EU in Brüssel, überließ aber die Pressearbeit zu diesem Insolvenzverfahren einer bewährten Kölner Agentur. - Alles ohne Verantwortung und – wie es die EU vorschrieb - „offen, transparent und diskriminierungsfrei“.

Leider sprach nicht jeder der Herren mit Jedem. Motor-KRITIK, bzw. Wilhelm Hahne wurde z.B. aussortiert, als „befangen“ abgestempelt und als Gesprächspartner und Journalist abgelehnt. - Das hat sich auch nach Jahren nicht geändert. Wobei man dieses „befangen“ eigentlich mit „zu gut informiert“ übersetzen müsste. - Zu gut informiert, um auf geschickte Manöver herein zu fallen.

In DER SPIEGEL 48/2012 findet man dazu – dank Internet - auch heute noch eine Geschichte. Darunter steht, was man alles nicht darf; aber auch:

„Sie dürfen diesen Artikel jedoch gerne verlinken.“

Motor-KRITIK erspart sich so Erklärungen, die sicherlich objektiver wirken, wenn sie aus anderer Quelle stammen. (Bei Interesse also hier klicken!)

Das ist alles lange her, passierte im Jahre 2012 n. Chr. - Drei Jahre vorher hatte eine andere Interessentengruppe versucht, den „befangenen“ Journalisten mit einer Hausdurchsuchung ans Kreuz schlagen zu lassen. - Gesetzeswidrig, aber - „offen und transparent“. - Damals schon!

Inzwischen ist viel Wasser den Rhein hinunter geflossen, sind Firmen liquidiert und neu gegründet worden, wurden neue Geschäftsführer hier und da bestimmt. Auch hier sorgte Jens Lieser für die richtige Weichenstellung, bzw. hörte gerne und genau zu, wenn es Empfehlungen aus Mainz – evtl. über den „Regierungs-Berater“ - gab.

Er recht dann, als der Gläubigerausschuss im Jahre 2014 darüber entscheiden musste, wer denn nun von den Bietern um den Nürburgring, nach Prüfung von Konzept und Finanzierungssicherheit als Käufer für das Objekt den Zuschlag erhält.

Nachdem sich ein „mittelständischer Unternehmer“ mit einem anderen Unternehmer zusammen als Käufer bei der Regierungschefin von Rheinland-Pfalz in einem persönlichen Gespräch (am 16. Januar 2014) empfohlen und die Kölner PR-Agentur ein wenig den medialen Boden bereitet hatte, blies Jens Lieser am 10. März 2014 überraschend zum Verkauf. - Zum 11. März 2014. -

Da waren selbst die Herren des Gläubigerausschusses überrascht. So schnell? - Von heute auf morgen? - Und dann in Mainz?

Jens Lieser ist beigedreht. - Also wenn Mainz nicht genehm war, dann eben in Koblenz. Aber am 11. März! - Und die Mainzer Regierungsspitze ist dann eben auch an diesem 11. März 2014 in Koblenz angereist. Es gab also noch dieses und jenes Vor-Gespräch (nicht „offen und transparent“), während die Kölner Agentur noch am Vormittag des 11. März dafür sorgte, dass der Ort für die Presse-Veranstaltung zur Verkaufsverkündung „fest gemacht“ und hergerichtet wurde. - Offen und transparent!

Die Entscheidung des Gläubigerausschusses zog sich hin. Man konnte sich nicht entscheiden. Man hatte zwar eine Menge Papiere erhalten, aber eigentlich keine Zeit zum Lesen. Erst recht keine Zeit, das alles zu verstehen. Also hat man sich beraten lassen. Von einem auch anwesenden engen Berater des Jens Lieser, der von Frankfurt, dem Firmensitz der KPMG angereist war und von Jens Lieser selbst.

Diese Herren machten Druck in eine bestimmte Richtung. Während die Pressekollegen in einem Hotel an der Mosel auf die Entscheidung warteten und überwiegend den Bieter H.I.G. favorisierten, war der Favorit der Berater offenbar die Firma Capricorn. Die würde zwar – zusammen mit ihrem neuen Gesellschafter in dieser Sache – Dr. Axel Heinemann noch eine Kauffirma gründen müssen, aber – zunächst musste nun – schnell, schnell – eine Entscheidung getroffen werden. - Die Presse wartet!

Angeblich hatte Capricorn das beste Konzept, eine (lt. Protokoll) „bankübliche und valide Finanzierungszusage“ auch und bot außerdem einen Gesamtpreis, der dem in einem Gutachten genannten Zeitwert des Unternehmens Nürburgring entsprechen sollte. - Von vorhandenem Eigenkapital wurde wohl nicht gesprochen. - Vielleicht hat auch niemand danach gefragt.

Also: Sieger durch Entscheidung des Gläubigerausschusses (allerdings nicht einstimmig!) wurden die Herren Robertino Wild und Dr. Axel Heinemann verkündet, die unter der Fahne von Capricorn angetreten waren. - Und während die entsprechende Pressemitteilung an die in einem Hotel an der Mosel wartenden Journalisten noch nicht verteilt war, wurde sie schon auf einer Betriebsversammlung am Nürburgring verlesen. - Wann wurde die eigentlich geschrieben?

Was bis hierhin noch wie eine normale, gut inszenierte Theatervorstellung wirkte, entwickelte sich dann zum Entsetzen des Insolvenz-Chefkochs Jens Lieser hinter den Kulissen zu einem Drama. Schon die zweite Kaufpreisrate wurde Ende Juli 2014 vom regierungsseitig favorisierten Käufer nicht gezahlt. - Wer erinnert sich nicht an den Auftritt der Regierungschefin am Nürburgring oder an den plakativen Besuch einer Abordnung der GRÜNEN bei Capricorn? - Aber jetzt ging es immerhin um 5 Millionen Euro – die fehlten!

Da musste sich Jens Lieser sputen. Wollte der bis Ende Oktober noch tätige – und den deutschen Sozialdemokraten wohlgestimmte – EU-Wettbewerbskommissar Anfang Oktober eine Entscheidung in Sinne der Mainzer Regierung verkünden, musste das mit dem „valide“ irgendwie glaubhaft festgezurrt sein. - Mit der Deutschen Bank ließ sich das nicht mehr machen. (Motor-KRITIK-Leser kennen die zum 11. März 2014 als „banküblich und valide“ bezeichnete „Absichtserklärung“.)

Und so war Jens Lieser wieder in Sachen Nürburgring-Insolvenz „on tour“. Und verschob eigenmächtig (natürlich ohne Verantwortung) den Zahlungstermin von Juli auf Ende Oktober 2014 und sicherte diese Forderung durch eine Abtretung von Sicherheiten ab.

Darunter befand sich u.a. eine Kunstsammlung, die aber wohl vorher schon mal in einem anderen Fall zur Absicherung einer Forderung herhalten musste. - Aber das war erst von Bedeutung, als auch zum neuen Termin die verschobene Kaufrate nicht gezahlt wurde. Jens Lieser war in der Rolle eines Kochs, der dringend frische Sahne braucht, weil ihm die „aus deutschen Landen“ – die er zum Verkochen bereit gestellt hatte – plötzlich sauer geworden ist. - Fettarme Sahne wäre zwar zur Not genommen worden, aber es sollte schon „etwas richtig Fettes“ sein. - Das verbessert den Geschmack!

In der Zwischenzeit hatte der EU-Wettbewerbskommissar in Brüssel die Art der Abwicklung und den von Jens Lieser angebotenen Käufer als „EU-konform“ am 1. Oktober 2014 abgenickt. Capricorn war als Käufer akzeptiert. Also musste man offiziell jetzt „nur noch“ einen Gesellschafter austauschen, um das Firmenschild – schon der EU wegen – erhalten zu können.

Aber dieser „Neue“, wer immer es auch werden sollte, musste vom „alten“ Minderheitsbeteiligten an der Kauffirma akzeptiert werden. Der würde natürlich „auf alte Rechte“ pochen. - So war es auch. Und man würde den „alten Hauptgesellschafter“ ausschalten müssen.

So geschah das auch. - Es war am 7. Oktober 2014, als man eine „vorsorgliche Abberufung von Herrn Dr. Robertino Wild“ als Geschäftsführer in der operativ tätigen capricorn NÜRBURGRING GmbH in einer „außerordentlichen Gesellschafterversammlung“ festschrieb.

Aber zunächst noch mal zu den Anfängen, hin zur „Gründerzeit“ der Kauffirma Capricorn, die von einer „Blitz GmbH“ schließlich zu einer „capricorn NÜRBURGRING Besitzgesellschaft mbH“ mutierte.

Schon im ersten Gesellschaftervertrag der Motor-KRITIK vorliegt – und der das Datum vom 27. März 2014 trägt – war eine Sperrminorität vereinbart, die bei wichtigen Beschlüssen bei 75 Prozent lag.

Diese Grenze ist deshalb von Bedeutung, weil lt. zweitem Gesellschaftervertrag, in den Motor-KRITIK einen Blick werfen durfte, auch präzise die Stimmenverteilung entsprechend dem Stammkapital notiert ist:

  • capricorn HOLDING GmbH 66,67 Prozent = 16.750 Euro
  • Getspeed GmbH & Co. KG   33,33 Prozent =  8.250 Euro

Wenn dann – wie das hier der Fall ist – eine Sperrminorität von 75 Prozent vereinbart ist, dann kann z.B. die Bestellung eines Geschäftsführers nicht gegen den Willen des Minderheitsgesellschafters erfolgen.

Jens Lieser hatte, nachdem Robertino Wild, bzw. seine capricorn HOLDING GmbH, die zweite Kaufrate von 5 Millionen Euro im Juli 2014 nicht bezahlt hatte, dessen Anteile auf einen Treuhänder übertragen lassen, der in Frankfurt unter dem Namen „W Special Situations GmbH“ firmiert.

Schon am 7. Oktober 2014 sorgte Jens Lieser für eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der capricorn NÜRBURGRING Besitzgesellschaft mbH, an der dann folgende Herren teilnahmen:

  • Adam Osieka, als Vertreter der Getspeed GmbH & Co KG, die (s.o.) rd. Eindrittel der Stimmen hält, und
  • Jürgen Börst, für den Frankfurter Treuhänder, W Special Situations GmbH, der die rd. 67 Prozent des ehemaligen Capricorn-Anteils verwaltete.

In dieser (außerordentlichen!) Gesellschafterversammlung wurden die wesentlichen Voraussetzungen für den Einstieg eines neues Investors geschaffen, die dann auch zur Basis für einen späteren – natürlich neuen – Gesellschaftervertrag wurden.

Hier wurde nicht nur eine wesentliche Kapitalerhöhung von EUR 16.250 der Art festgeschrieben, dass der Treuhänder – oder Rechtsnachfolger – seine Geschäftsanteile um EUR 10.834, Getspeed um EUR 5.416 erhöhen darf, sondern auch, dass, wenn einer der Gesellschafter von seinem Recht keinen Gebrauch macht, der andere die gesamte Kapitalerhöhung zu seinen „Lasten“ übernehmen kann.

Denn: Diese Kapitalerhöhung war verbindlich an folgende Bedingung geknüpft:

„Auf die Geschäftsanteile (der Kapitalerhöhung!) ist jeweils ein Agio (Aufgeld) in Höhe von EUR 614,38 je Geschäftsanteil in Geld zu zahlen. Das Agio ist sofort fällig.“

Natürlich war Dr. Axel Heinemann, dem „Inhaber“ von Getspeed klar, dass er da nicht mitgehen würde und hatte seinen Geschäftsführer Adam Osieka aber auch abnicken lassen:

„Der künftigen Veräußerung und/oder Verfügung der von der W Special Situations GmbH gehaltenen 16.750 Geschäftsanteile an der Gesellschaft (Nr. 1 – 16.750) wird hiermit gemäß § 12 der Satzung der Gesellschaft bereits jetzt zugestimmt.“

Das „Agio“ für die 16.250 Geschäftsanteile der nun festgeschriebenen (vorgesehenen) Kapitalerhöhung würde immerhin 9.999.925,00 Euro – also fast 10 Millionen Euro! - betragen. Da würde Getspeed nicht mitgehen wollen – und können.

Eigentlich hätte alles bis zum ersten Crash nach dem Kauf zwischen den Partnern Wild/Heinemann nach ihren internen Absprachen anders verlaufen sollen – als es dann gelaufen ist. Auch in diesem Fall wird nicht klar auszumachen sein, wer wem ein Bild gemalt hat, für das es noch keine Farben gab.

Wie man aber auch an den oben dargestellten Fakten sieht, war Jens Lieser als Chefkoch „rührend bemüht“, die Zutaten so bereit zu stellen, wie man es von den Fernsehköchen kennt, die dann mit dem Spruch vor ihr Fernsehpublikum treten: „Ich habe da mal etwas vorbereitet.“

Genauso wird es wohl Viktor Karithonin, der in der Öffentlichkeit als wesentlicher Bestandteil einer neuen russischen Investorengruppe vorgestellt wurde, empfunden haben. Nachdem der begriffen hatte, dass Robertino Wild nicht der richtige Ansprechpartner war, um dessen Anteile zu kaufen, hat er sich auf die ihm als „Chefköche“ empfundenen Jens Lieser und dessen Berater bei der KPMG verlassen.

Und steht inzwischen auch ziemlich verlassen da. Auch er wurde zur Eile gedrängt, ihm wurde ein Gutachten mit einer Bewertung des Nürburgrings mit 126 Millionen Euro präsentiert. (Motor-KRITIK berichtete.) Der Nürburgring musste ihm wie ein „Schnäppchen“ erscheinen.

Jens Lieser hat ihm schnell die 10 Millionen Euro abgenommen, die Bestandteil des Kaufvertrages mit Capricorn waren und bis zum 31. Dezember 2014 gezahlt sein mussten und die rd. 10 Millionen, die aus dem „Agio“ der Kapitalerhöhung kommen mussten, sind auch geflossen. Davon dann erst einmal 5 Millionen in die Kasse der capricorn NÜRBURGRING GmbH, damit die „über den Winter kam“.

Nach „draußen hin“ sieht es also scheinbar gut aus. Wer die Verhandlung zur EV vor dem Landgericht in Koblenz mit erlebte, sich schon seit vielen Jahren mit dem Thema Nürburgring beschäftigt, wer also „befangen“ und nicht so unbeleckt ist wie die gerade frisch am großen Tisch – Modell „Nürburgring“ - erschienenen Gäste, der hat zunächst nachdenklich die Stirn gerunzelt.

Nachdem aber ein wenig Licht auf bisher unbekannte Unterlagen gefallen ist, kann man auch die Situation des russischen Investors, die des Herrn Dr. Heinemann, der aktuellen Geschäftsführer Schumacher und Osieka – aber auch die des Herrn Jens Lieser – besser einschätzen.

Da gibt es z.B. die „Anmeldung einer Kapitalerhöhung“ vom 22. Januar 2015, die die rechtliche Problematik, die durch die EV der Firma Getspeed gegen den Vorstandsvorsitzenden der (russischen) NR Holding AG, Viktor Martin, erreicht wurde, recht deutlich macht. Was denn auch die Auseinandersetzung vor dem LG Koblenz am 17. März 2015 erklärt. (Motor-KRITIK berichtete.)

Diese notariell beglaubigte Anmeldung einer Kapitalerhöhung, die dann am 18. März durch die Eintragung im Koblenzer Handelsregister offiziell wurde, trägt die Unterschrift der Herren Viktor Martin als Vertreter des neuen Hauptgesellschafters, NR Holding AG und die des Herrn Adam Osieka, als Geschäftsführer der Firma Getspeed (um die gebräuchliche Kurzform zu benutzen).

Sie konnte nur zustande kommen, nachdem der neue russische Investor – nun mit 80 Prozent Anteil Hauptgesellschafter – im neuen Gesellschaftervertrag eine Sperrminorität von 81 Prozent bei wichtigen Entscheidungen akzeptiert hatte.

Hier ist dann auch unter § 7.2. festgeschrieben, dass die Geschäftsführer der Capricorn NÜRBURGRING Besitzgesellschaft mbH durch die Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen werden, aber in § 7.3 wurde auch festgehalten, dass jeder Gesellschafter – unabhängig von 7.2 – jeweils einen Geschäftsführer seiner Wahl stellen kann.

Das sind derzeit nach Einsicht im Handelsregister (HRB-Nr. 24274) Viktor Martin und Adam Osieka, die also beide einen der Gesellschafter vertreten. Da hilft dann – nach Ansicht von Motor-KRITIK – auch nicht § 7.3.

Also eigentlich kann die Gerichtsentscheidung, die am 7. April 2015 verkündet wird, nur zugunsten einer Firma Getspeed (oder Dr. Heinemann) lauten können. Lt. § 11.3.9 bedarf nämlich die Bestellung und Abberufung auch eines Geschäftführers gemäß § 7.2 exakt 81 Prozent der Gesellschafterstimmen. Und der russische Investor hat „nur“ 80 Prozent. Also konnte auch ein Viktor Martin als Vertreter des Gesellschafter nicht Adam Osieka sozusagen im Alleingang als Geschäftsführer entlassen. (Das ist die Meinung eines Nicht-Juristen.)

Darum geht es aber nur zunächst. Die Verkündung des Urteils am 7. April 2015 ist erst ein vorläufiges Ende. - Die nächste Klage rollt bereits. - Wenn man diese Situation kennt, dann weiß man, dass ein Adam Osieka an den Fäden eines ausgebufften Ex-Senior-Partners der Boston Consulting über genügend „Anregungen“ verfügen wird, eine Alleinfahrt der russischen Investorengruppe am Nürburgring zu verhindern.

Getspeed wird – in welcher Form auch immer – unter den herrschenden Bedingungen eines geltenden Gesellschaftervertrages von der russischen Investorengruppe als „Störenfried“ empfunden werden, den man versuchen wird (muss?) auszuschalten.

Das lässt interne Kämpfe erwarten, bei dem auf dem „Schlachtfeld Nürburgring“ dann einige Opfer zu erwarten sind. Von der Geschäftsleitung bis hinunter zum einfachen Mitarbeiter wird es Verletzte geben. Nach diesen ersten Scharmützeln wird es einen „Generalangriff“ geben müssen, der auf zwei Arten erfolgen kann:

1) Man „kauft sich als Investor frei“, indem man den Mit-Gesellschafter auszahlt.
2) Man klopft den Mit-Gesellschafter auf „weiche Stellen“ ab und läutet generalstabsmäßig einen Angriff ein.

Es gibt auch eine dritte Möglichkeit, die man als Kind im Sandkasten öfter erlebt hat:

„Gib mir meine Förmchen wieder. Ich spiel' nicht mehr mit dir!“

Dazu würde die Standard-Formulierung in § 4 passen:

"Die Gesellschaft ist auf unbestimmte Dauer errichtet."

Bei all diesen möglichen Variation steht ein Jens Lieser leider nicht beobachtend auf einem Feldherrnhügel, sondern mitten im Gemetzel. Es ist darum nicht unwahrscheinlich, dass er in irgendeiner Form betroffen ist. Er hat jedenfalls aus der Sicht eines „befangenen“ Beobachters, seine Funktion als „Chefkoch“ verloren, der darauf wartet, dass man ihm ein Hühnchen anliefert, dass er dann den Gästen serviert, die es als Festessen (Aber bitte weit genug vor den Landtagswahlen!) bestellt haben.

Wie sich die Situation derzeit darstellt, ist es aus Motor-KRITIK-Sicht unvorstellbar, dass jemand z.B. mit den derzeit Handelnden für die Saison 2016 irgendwelche vertraglichen Vereinbarungen trifft. Denn man kann jetzt noch nicht einmal sagen, wie 2015 enden wird. - Am Nürburgring bilanzmäßig sicherlich mit „roten Zahlen“.

Motor-KRITIK-Vorhersage: Der Skandal am Nürburgring ist nicht beendet. Affäre reiht sich an Affäre.  Noch schwelt nur Glut unter der Asche, aber die aufkommenden Frühlingswinde werden bald ein Feuer entfachen.

Aber bitte beachten: Pietro Nuvoloni, ein PR-Beauftragter des RA Jens Lieser, könnte das alles besser wissen. Er ist nämlich nicht „befangen“ und darum ein gern zitierter Gesprächspartner der Medien, wenn es um „schöne Geschichten“ über den Nürburgring geht.

Eines kann man jedoch mit Bestimmtheit vorhersagen: Ein „Russisches Hühnchen á la Lieser“ wird es niemals irgendwo geben!

Noch nicht einmal auf einer Speisekarte.

MK/Wilhelm Hahne

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