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Mütter sind meist um zwei Jahrzehnte älter als ihre "ältesten" Kinder. Das ist nicht alt, aber offenbar schon zu alt, um das moderne "soziale Verhalten" zu verstehen. Motor-KRITIK kennt das Beispiel einer "jungen" Mutter, die ihren Sohn in einem Fußballverein anmeldete, da der Junge auch durch das Vereinsleben im sozialen Verhalten geschult werden sollte. - Unauffällig, wirkungsvoll. - Und dann kommt der Junge nach einigen Wochen vom Fußball-Training nach Hause, um der Mutter zu erzählen, dass man ihm gerade beibringt, wie man "strategische Fouls" richtig macht. Dazu gehört z.B. auch die "optimale Schwalbe", die Stolperfalle, das Halten, und, und, und. - Die Mutter ist entsetzt und - hat den Jungen wieder aus dem Verein genommen. Diese Art von "sozialem Verhalten" hatte sie nicht gemeint, als sie den Jungen einem Verein anvertraute. Auch die soziale Lehre "hat sich der Zeit angepasst" - wie man so schön sagt. Wer gut "foult", kommt später auch im modernen Berufsleben zurecht. Überall ist man stolz, wenn man wegen eines "unauffälligen Fouls" ein Stück weitergekommen ist. - Auch im Motorsport ist die Lehre vom "strategischen Foul" angekommen. "Vorbilder" sind da sehr oft die Werksfahrer, die inzwischen auch das "soziale Verhalten" im Breitensport prägen. Verstöße gegen die "sportlichen Regeln" sind "normal" geworden. - So denkt, so empfindet, so handelt man. - Und wenn man gerade mal zur Fußball-WM nach Brasilien hinüber blickt, dann lernt man auch, wie Sportbehörden die Realität statistisch schönen.. - Soweit will es die VLN nicht kommen lassen. -Und so werden dann die Abläufe beim 5. VLN-Lauf zu einem insgesamt unschönen Beispiel. - Aber zumindest ist der Ansatz richtig!
Die VLN & das "Strategische Foul"
Der Reiz der „Deutsche Langstreckenmeisterschaft“ liegt in der Rennstrecke auf der jährlich die ausgeschriebenen 10 Läufe ausgetragen werden: Die Nürburgring-Nordschleife. - Die ist keine der modernen Retorten-Rennstrecke, sondern eine von denen, die zwar in den mehr als acht Jahrzehnten ihres Bestehens mit gewachsen ist, aber niemals ihren ursprünglichen Charakter verloren hat.
Die Läufe zur Langstreckenmeisterschaft werden natürlich nach einem festen Reglement ausgeschrieben, das sich im Laufe der Jahrzehnte auch weiter entwickelt hat. Der Attraktivität wegen sind zu den Tourenwagen der ersten Rennen, die schnellen GT- und Sportwagen hinzu gekommen. Bei einem Starterfeld von inzwischen 150 bis 200 Fahrzeugen sind dann um 30 der leistungsmäßig und aerodynamisch überlegenen GT3-Fahrzeuge schon ein Problem.
Das größere Problem sind deren Fahrer, die z.T. zwar über Geld, aber nicht über die fahrerische Qualifikation verfügen, ein solches Fahrzeuge auf dieser Strecke (!) zu bewegen. Da hilft auch keine „BoP“ (Balance of Performance), mit der man sich in dieser Kategorie der Super-Schnellen um eine Art von „Gleichmacherei“ bemüht, die dem Gedanken des Sports eigentlich widerspricht.
Der Beste soll gewinnen! - Das beste Automobil, mit dem/den besten Fahrern, auf den besten Reifen. Jeder willkürliche Eingriff ist ein Eingriff zuviel. Was bisher da – sozusagen auf einer theoretischen Basis – geschieht, erhöht nicht die Sicherheit, sondern minimiert sie. (Dazu wurden auf diesen Seiten auch schon einige Gedanken geäußert.)
Die Veranstalter der Langstreckenserie, einer Deutschen Meisterschaft (!) haben versucht, mit einem strengen Reglement der Entwicklung Einhalt zu gebieten, die zunächst einmal in der Hauptsache durch die sogenannten „Werksfahrer“ ausgelöst wurde: Flaggensignale wurden praktisch missachtet und dadurch die Arbeit der Strecken-Marschalls nicht nur beeinträchtigt, sondern sie selbst auch gefährdet.
Motorsport ist gefährlich. Allerdings hat sich diese Gefahr durch die überwiegende Nutzung von Retorten-Rennstrecken – meist so um gut 4 Kilometer lang – minimiert. Wo früher an Rennstrecken natürlich gewachsene Hecken und Bäume als Begrenzung standen, da gibt nun Auslaufzonen, die einen Abflug fast so ungefährlich machen wie bei einem Computerspiel: Man kann ruhig mal von der Strecke fliegen, man verliert dann zwar Zeit, aber nicht das Leben.
Das war auf der Nürburgring-Nordschleife mit einer Länge von über 20 Kilometer früher anders. „Heck auf – Hecke zu“, gehörte zu den normalen Erklärungen, wenn man von einem Unfall dort sprach. Wenn man als Fahrer Glück hatte, lag man dann im Adenauer Krankenhaus oder man war tot. - Inzwischen ist zwar ein „Abflug“ auf der Nürburgring-Nordschleife für Rennfahrer mmer noch sehr gefährlich, aber am gefährlichsten ist sie für die Streckenposten.
Das liegt natürlich an der Topographie bzw. dem Charakter dieser Rennstrecke, die viele unübersichtliche Kurven und Kuppen hat, in die man als Fahrer sozusagen „blind“ hineinfährt. Nun sind aber heute nicht nur dort normale Tourenwagen in einem Geschwindigkeitsbereich unterwegs, der noch eine fahrerische Kontrolle – auch bei sich plötzlich verändernden Situationen (Regen unterschiedlicher Stärke in unterschiedlichen Streckenabschnitten, Unfälle hinter den unübersichtlichen Kurven und Kuppen) – möglich macht, vor allen Dingen deswegen, weil die Strecken-Marshalls mit den im internationalen Rennsport vorgeschriebenen Flaggen warnen.
Aber die Überwachung der Fahrer war lange Zeit das Problem. Nachdem deren „soziales Verhalten“ immer mehr zu wünschen übrig ließ, hat man mit modernsten Mitteln eine GPS-Überwachung realisiert, die im Laufe von Rennen zu Rennen immer weiter perfektioniert wurde. Diese Überwachung wurde durch die Fahrer – überwiegend die, die mit dem Fahren auch Geld verdienen – nicht ernst genommen. Unter „Gelb“ bzw. „Doppel-Gelb“ sah man wohl die Möglichkeit sich über die so zu erzielenden Rundenzeit besonders zu qualifizieren, bzw. eigentlich vorhandene Defizite auszugleichen.
Die VLN, die Veranstaltergemeinschaft, die die Deutsche Langstreckenmeisterschaft durchführt, hat sich leider von Anfang der GPS-Überwachung an von cleveren Fahrern schon mal auf's Glatteis führen lassen, so dass auch eine weitere Kategorie diese neue Vorschrift, nach der man in einem „Doppel-Gelb“-Bereich nur noch mit (überwachten!) 60 km/h unterwegs sein durfte, die auch dadurch aufweichte, dass man zumindest schon vor dem „grünen Flaggensignal“ am Ende einer „Doppel-Gelb-Phase“ schon wieder auf dem Gas stand.
Die Veranstalter des 24-Stunden-Rennens haben da in diesem Jahr erstmals streng durchgegriffen, was dann die Veranstalter der Deutschen Langstreckenmeisterschaft dazu gebracht hat, nun beim gerade durchgeführten 5. Lauf auch mal genau hinzusehen und die GPS-Überwachung exakt zu nutzen.
So kam es zu der Situation, dass nach dem Qualifying um 50 Teams/Fahrer zu bestrafen waren. Nun ist eine VLN-Veranstaltung keine, die man etwas mit der Formel 1 vergleichen kann, wo von Rennwochenende zu Rennwochenende jeweils die gleichen 22 Fahrzeuge und Fahrer auf Retorten-Strecken am Start sind. Bei der VLN wechseln die Starter und Fahrer evtl. von Veranstaltung zu Veranstaltung, so dass man sofort eine auch in der Ausschreibung vorgesehene Bestrafung vornehmen muss.
Das bereitete jetzt beim 5. Lauf schon deswegen erhebliche Schwierigkeiten, weil man die Verstöße gegen die Ausschreibung im Qualifying schon für die Startaufstellung umsetzen wollte. Das war ein Fehler, weil man damit gerade die Teams bestrafte, die sich ordnungsgemäß verhalten hatten. Und das waren immerhin Zweidrittel der Teams, also die Mehrheit!
Abgesehen davon, dass es wohl misslungen ist, alle von einer Strafe „wegen Geschwindigkeitsüberschreitung“ alle betroffenen Fahrer vor der korrigierten Startaufstellung zu informieren. So ist z.B. ein betroffener – aber zufällig nicht informierter – Werksfahrer dann nicht zum Start angetreten. Und ein anderer Teamchef hat gegen die Verkürzung der Veranstaltung – und damit gegen alle veröffentlichten Wertungen an sich – einen Protest eingelegt, so dass zwar ein Ergebnis veröffentlicht wurde, das aber derzeit noch ohne offizielle Bestätigung ist.
Hinzu kommt, dass man wegen der Verkürzung des Rennens auf einen Zeitrahmen, der gerade noch eine 100-Prozent-Wertung zuließ (165 min statt 240 min), dann einen Passus der Ausschreibung außer Kraft setzen musste, nachdem alle genannten Fahrer im Rennen zum Einsatz kommen müssen.
Inzwischen sind bei der Deutschen Langstrecken-Meisterschaft pro Fahrzeug schon aus Kostengründen vier Fahrer im Einsatz, die dann nicht alle zum Einsatz kommen können. Aber sie haben ihre Einsatzkosten zu tragen. Was in diesem Fall für Ärger sorgt, der dann noch größer ist, wenn einzelne Fahrer wegen eines Vier-Stunden-Rennens aus dem Ausland angereist sind und dann nur zuschauen dürfen.
Dass für die wirklich schnellen Fahrzeuge und Fahrer eine „Rückstellung“ in der Startaufstellung nicht unbedingt ein Nachteil ist, wie er als '“Strafe“ eigentlich sein sollte, wurde beim 5. Lauf am Beispiel des „Frikadelli“-Porsche deutlich. Sabine Schmitz, in einer „Doppel-Gelb-Phase“ zu früh auf dem Gas gewesen, aktzeptierte die Bestrafung, stellte sich am Ende der Startgruppe auf, um dann bei leichtem Nieselregen mit einer gewagten Bereifung (Sliks) so durchs Feld zu flügen, dass sie am Ende der ersten Runde (!) schon auf Platz vier die Start- und Ziellinie passierte und am Ende das Rennen gewann.
Ein anderes Beispiel bot Uwe Alzen (BMW), den man nicht rechtzeitig über seine Strafe informiert hatte und der dann aus einer momentanen Verärgerung heraus (die verständlich ist!) nicht zum Rennen antrat, dafür dann eine ganze Armee von wichtigen Leuten mit Informationen fütterte, die sicherlich nur die „halbe Wahrheit“ darstellen.
Es ist falsch, das von der VLN eingesetzte GPS-System in Zweifel zu ziehen. Die Exaktheit der Messungen sollte akzeptiert werden. Die immer wieder angeführten Beweismittel wie Inboard-Kamera dagegen sind relativ unpräzise. Lange Verhandlungen sollten „vor Ort“ auch gar nicht geführt werden. Nach m.M. hätten in allen Fällen Zeitstrafen für das Rennen ausgesprochen werden sollen, damit die Startaufstellung pünktlich – und nach dem eigentlichen Trainings-Ergebnis – vorgenommen werden konnte. Dann wären auch weder Rennlänge, noch einzelne Fahrer betroffen gewesen. Das Gesamtergebnis schon.
Natürlich gibt es auch da dann wieder Ansätze zu Protesten. Aber der Ansatz, der hier der Veranstalter den Teams für Proteste bot, war einfach der „dümmere“. (Motor-KRITIK-Meinung.) Hinzu kommt, dass der verantwortliche Rennleiter schon in der Fahrerbesprechung nicht den Eindruck eines Rennleiters machte, in dem er eine „Entscheidung“ verkündete, sie dann aber schon nach dem ersten Einwand aus Fahrerkreisen wieder zurücknehmen musste.
Veranstalter und Teams vermittelten im Gesamtergebnis dieses 5. Laufes zur Deutschen Langstrecken-Meisterschaft einen Eindruck von „ziemlich beste Freunde“. - Man sollte nach dieser Veranstaltung einen Strich ziehen und begreifen, dass „soziales Verhalten“ nicht nur ein Thema an Universitäten für Akademiker ist, sondern auch ein Thema, dem man sich auch durch entsprechendes Verhalten bei einer Motorsportveranstaltung stellen sollte.
Kurzer Blick zurück: Wie lange ist es her, dass in einer „Doppel-Gelb-Phase“ ein Werksfahrer durch sein unbeherrschtes und Ich-bezogenes Verhalten mit seiner Fahrweise einen Streckenposten über die Leitplanken jagte? - Ergebnis: Beinbruch beim Streckenposten.
Man könnte aber überlegen – und das ist nicht nur die Meinung von Motor-KRITIK, sondern auch von sicherheitsbewussten Fahrern – die Geschwindigkeitsgrenz von 60 km/h auf 80 km/h zu erhöhen. - Was sicherlich die Gefährdung der Strecken-Marshalls nicht erhöht, aber die Rennfahrer nicht gleich so stöhnen lässt wie jetzt, wo man sie zwingt, ihre Durchfahrts-Geschwindigkeit auf 60 km/h zu senken.
Aber vielleicht hat jemand einen besseren Vorschlag. Aber es bedarf sicherlich keiner Diskussion, dass durch das „unsoziale Verhalten“ Einzelner, nicht das Leben Anderer gefährdet werden darf.
Dass man die Sicherheitseinrichtungen an der Nürburgring-Nordschleife noch weiter verbessern kann, dass das dann aber relativ teuer ist, das ist nicht nur Motor-KRITIK klar. Seit Monaten liegen dafür die Pläne bei einer qualifizierten Firma in der Schublade.
Leider ist die Verkaufsituation des Nürburgrings, so wie sie sich gerade darstellt, nicht unbedingt dafür geeignet, mit einer schnellen Umsetzung der teuren (!) Ausbaupläne zu rechnen.
Bis dahin sollten wir alle die Zwischenlösung akzeptieren, wie sie z.B. durch die VLN angeboten wird. Und über Details wird man sicherlich mit sich sprechen lassen.
Das ist sicherlich nicht der richtige Weg:
„...Darüber hinaus behalte ich mir rechtliche Schritte gegen die VLN-Organisation, den Rennleiter und den Veranstalter dieses Rennen vor. Meine Anwälte prüfen derzeit ob sportrechtliche sowie zivilrechtliche Schritte eingeleitet werden können....“
Aus dem Schreiben eines Rennfahrers an den Veranstalter des 5. VLN-Laufs.
MK/Wilhelm Hahne