Porsche & „Leichtgewichte für die Zukunft“

Wie sie entstehen, ist auf einer Internetseite zu lesen, auf der die „TOP 100“ des Jahres 2013, die „innovativesten Unternehmen im Mittelstand“ vorgestellt wurden. Der in Anführungszeichen stehende Titel-Teil stammt aus der Beschreibung der capricorn Automotive GmbH dort. Diese Firma ist nicht zu verwechseln mit der capricorn COMPOSITE GmbH, die lt. Gesellschafterbeschluss vom 20.12. 2011 aus der capricorn Automotive GmbH entstand, während zum gleichen Termin aus der capricorn HOLDING GmbH die capricorn AUTOMOTIVE wurde. Das ist dann die, die lt. „manager magazin“ zu den „TOP 100“ des Jahres 2013 zählte. Bei der man 2015 dann bestimmte Geschäftsfelder aufgab. Vorher hatte man schon die capricorn Holzstraße „abgegeben“. Wie man auch auf einen großen Auftrag für die capricorn CAMPUS GmbH in Aachen verzichtet hat. Dafür versuchte man die capricorn COMPOSITE GmbH zu stärken, in dem man sich mit einem starken Partner verbündet. - Was auch notwendig scheint, wenn man einen Blick in die Bilanz des Jahres 2013 wirft, die am 13. April 2015 im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde. Trotzdem wundert es uns bei Motor-KRITIK nicht, wenn man von einer Beteiligung von Porsche an der „Composite“ offiziell zur Zeit nichts hört, obwohl doch... - Weil in Düsseldorf geflüstert wird...? - Schauen wir doch einfach mal genau hin und uns um. - So eine „Fusion“ bedarf schon einiger Genehmigungen. Nicht nur durch den Porsche-Vorstand.

Porsche & „Leichtgewichte für die Zukunft“

Bei Motor-KRITIK haben wir den Verdacht, dass die rheinland-pfälzische Regierungschefin, Malu Dreyer (SPD), in der Vergangenheit nur auf ausgesuchten Internetseiten unterwegs war und deren Inhalte genauso unreflektiert zur Kenntnis nahm, wie bestimmte Journalisten die Aussagen eines bestimmten Geschäftsführers, oder die Mitglieder des Gläubigerausschusses die „Erklärungen“ eines „Sachwalters“. Außerdem hat sie wohl Berater, die mehr politisch orientiert sind und sonst ein wenig zu visionär. - Und zu viele „Mitläufer“.

Aber das ist nur so ein Gefühl, das aus jahrzehntelanger Erfahrung entstehen kann, durch Hausdurchsuchungen einer Staatsanwaltschaft weiter entwickelt, sensibilisiert wurde und am Beispiel der Nürburgring-Affäre gewachsen ist. - Da lernt man, was aktuelle Politik eigentlich ist.

Bei nüchterner Überlegung – da haben wir eigentlich auch bezweifelt, dass Porsche... - Bis die Hintergründe auch das Unmögliche möglich zu machen schienen. Geradezu zwanghaft.

So war es dann auch (fast) keine Überraschung mehr, als Porsche verkündete – was von Motor-KRITIK am 4. März 2015 auch mit Wiedergabe der offiziellen Meldung so veröffentlicht wurde:

„Die capricorn Composite GmbH mit Sitz in Meuspath ist als Spezialist für die Entwicklung und Fertigung von Komponenten aus Faserverbundstoffen ein wichtiger Lieferant für die Porsche-Fahrzeuge LMP1 und 918 Spyder. Um die gute, bereits mehrjährige enge Zusammenarbeit mit dem technologisch für den Spitzenmotorsport bedeutenden Lieferanten capricorn weiter auszubauen und für die Zukunft abzusichern, beabsichtigt die Porsche AG, sich mit 25,1 Prozent am Kapital der capricorn Composite GmbH zu beteiligen. Ein entsprechender Vertrag wurde heute unterzeichnet und steht bis zum Closing in etwa zwei Wochen unter Vorbehalt der Erfüllung verschiedener Bedingungen, die Porsche an Capricorn gestellt hat. Die Beteiligung wäre dann noch von der kartellrechtlichen Zustimmung abhängig. Diese könnte im April 2015 erfolgen.“

Wir haben also notiert: „Closing“ in zwei Wochen. Aber es gibt noch verschiedene Bedingungen, die Capricorn vorher erfüllen muss. - ??? - Und man nennt dann April 2015. - Für die Vertragserfüllung, ein mögliches „Closing“?

Dass die capricorn COMPOSITE GmbH handelsgerichtlich in Düsseldorf (NRW) eingetragen ist, wird in der Porsche-Meldung übersehen. - Malu Dreyer hat das sicherlich nicht mehr interessiert.

Und dann wird es auch still. Man hörte im April nichts und auch – bis jetzt – bis zum 20. Mai: NICHTS!

Da wir nicht auf Presseveröffentlichungen warten – auf die man sich auch nicht unbedingt verlassen kann – (wegen möglicher „Sprachregelungen“) haben wir in der Sache mal selber recherchiert.

Wahrscheinlich würde Porsche vor einem Einstieg die letzte Bilanz sehen wollen, die die capricorn COMPOSITE GmbH – übrigens mit Firmensitz in Düsseldorf (NRW), während der Fertigungsbetrieb in Meuspath (RLP) liegt – eigentlich schon veröffentlicht haben sollte.

Das hat sie dann auch. Am 13. April 2015 im Bundesanzeiger. Motor-KRITIK hätte gerne dazu das Urteil eines erfahrenen Wirtschaftsprüfers gehabt, aber der lehnte mit der Feststellung ab:

„Ohne Worte!“

Aber in der Bilanz finden sich nicht nur interessante Zahlen – meinen wir – sondern auch viele Worte. Also sollte man die Worte des Wirtschaftsprüfers nicht wörtlich nehmen. - Wir erfahren zum Beispiel:

„Im Durchschnitt waren im Geschäftsjahr 50 (im Vorjahr 41) Mitarbeiter beschäftigt. Die Berechnung erfolgte methodisch nach § 267 Abs. 5 HGB.“

Interessant ist auch die Feststellung:

„Der Geschäftsführer hat von der Gesellschaft in 2013 keine Bezüge erhalten.“

Und so ist es dann wohl gelungen, im Geschäftsjahr 2013 einen bilanzmäßigen...

Jahresüberschuss von 64.722,46 Euro

...zu erzielen. - Werfen Sie bitte selbst mal einen Blick auf die „Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten“. - Die Zahlen sind durchaus eindrucksvoller als beim „Jahresüberschuss“.

(Als Firmensitz geben Sie aber bitte Düsseldorf ein, sonst finden Sie die Bilanz nicht.)

Wenn wir einen Blick ins Handelsregister geworfen haben, so gab es dort keine aktuellen Veränderungen. - Also immer noch keine Beteiligung von Porsche an der capricorn COMPOSITE GmbH?

Hatte man überhaupt einen Antrag beim Bundeskartellamt gestellt, ob man vielleicht dort irgendwelche Einwände...? - Eine Antwort findet man nur durch Recherche.

Das Ergebnis: Beim Bundeskartellamt in Bonn ist der Fall einer Porsche-Beteiligung bei der capricorn COMPOSITE GmbH längst abgeschlossen. Wir erfahren:

Datum (der Antragstellung): 01.04.2015

Aktenzeichen: B9-62/15

Unternehmen: Dr. Ing. h. c. F. Porsche AG; Anteilserwerb an Capricorn Composite GmbH

Produktbereiche: Entwicklung und Herstellung von Bauteilen auf Basis von Faserverbundwerkstoffen

Bundesland: Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz

Abschluss: 13.04.2015 (Freigabe)

Und seitens des Bundeskartellamts wird Motor-KRITIK aufgeklärt:

„Anmeldepflichtig sind bei den Anmeldungen zur Fusionskontrolle die beteiligten Unternehmen.“

Was steht also einer Porsche-Meldung von einer offiziellen Beteiligung an der capricorn COMPOSITE GmbH noch entgegen? - Bei einem (guten) Glas Wein fällt mir ein, dass Porsche eigentlich ein Stück Österreich verkörpert. - Man denke nur mal an die Besitzverhältnisse bei diesem „Stuttgarter“ Unternehmen.

Also hat Motor-KRITIK nach einigem Suchen die BWB, die Bundeswettbewerbsbehörde in Österreich (Wien) bemüht. Dort findet man dann folgende Information:

„Bei der Bundeswettbewerbsbehörde wurde am 16.04.2015 folgender Zusammenschluss angemeldet:

Geplanter Erwerbsvorgang:

​Dr. lng. h.c.F. Porsche AG (Deutschland) beabsichtigt, 25,1% der Anteile an Capricorn Composite GmbH (Deutschland) zu erwerben. Das Zusammenschlussvorhaben betrifft die Entwicklung und Herstellung von Bauteilen auf Basis von Faserverbundwerkstoffen.

Betroffener Geschäftszweig: Kraftwagen und Kraftwagenteile

Die Frist zur Stellung eines Antrages gem § 11 Abs 1 KartG durch die Amtsparteien (Antrag auf Prüfung des Zusammenschlusses im kartellgerichtlichen Verfahren) endet am 15.05.2015.

Jeder Unternehmer, dessen rechtliche oder wirtschaftliche Interessen durch den Zusammenschluss berührt werden, kann binnen 14 Tagen ab dieser Bekanntmachung gegenüber der Bundeswettbewerbsbehörde und/oder dem Bundeskartellanwalt eine schriftliche Äußerung abgeben.

Hinweis: Der Einschreiter hat kein Recht auf eine bestimmte Behandlung der Äußerung und erlangt insbesondere keine Parteistellung in einem allfälligen Verfahren vor dem Kartellgericht.

Nichtuntersagung des Zusammenschlusses

Die Amtsparteien haben keinen Prüfungsantrag gestellt. Das Durchführungsverbot (§17 Abs 1 KartG) ist mit Wirkung vom 16.05.2015 weggefallen.“

Zur Sicherheit noch mal nachgeschaut: Was steht in „§17 Abs 1 KartG“?

„§ 17. (1) Ein anmeldebedürftiger Zusammenschluss darf erst durchgeführt werden, wenn die Amtsparteien auf die Stellung eines Prüfungsantrags verzichtet oder innerhalb der Antragsfrist keinen Prüfungsantrag gestellt haben. Wenn ein Prüfungsantrag gestellt worden ist, dürfen sie erst nach Einstellung des Prüfungsverfahrens oder nach Rechtskraft der Entscheidung durchgeführt werden, womit das Kartellgericht den Antrag zurückgewiesen oder den Zusammenschluss nicht untersagt hat.“

Also: Auch dort alles klar! - Warum gibt es dann noch keine offizielle Information von Porsche, dass man sich – wie man jetzt sicher weiß – exakt mit 25,1 Prozent an der capricorn COMPOSITE GmbH, Düsseldorf beteiligt hat?

Aus Düsseldorf ist derweil zu hören, dass der Geschäftsführer dieser capricorn GmbH (in 2013 ohne Bezüge) die Porsche-Beteiligung „guten Freunden“ schon vermeldet. Aber Porsche vermeldet sie nicht. - Warum? - Weil der Geschäftsführer gerade einen neuen Audi RS 6 Avant erhalten hat? - Gemach! - Er fährt auch noch Porsche!

Bei einem (weiteren) guten Glas Wein verfalle ich auf die Überlegung, dass vielleicht die „Compliance“ eine Rolle spielt, der sich der Porsche AG, als Teil eines DAX-Konzerns (Volkswagen AG) verpflichtet fühlt. Und da passt es natürlich Porsche gar nicht, dass gegen den derzeitigen Geschäftsführer der neuen Beteiligungsfirma ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Koblenz läuft. Immerhin verpflichtet sich das Stuttgarter Unternehmen – und seine Mitarbeiter - zur Einhaltung von Gesetzen.

Als Anteilseigner an einer Firma, gegen dessen (bisher!) alleinigen Geschäftsführer ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Koblenz läuft... - Wir denken den Gedanken nicht zu Ende, sondern fragen einfach mal zum Stand des Ermittlungsverfahrens 2050 Js 70737/14 in Koblenz nach.

Die Antwort vom 20. Mai 2015:

„Die Ermittlungen dauern noch an.“

Und wie lautete „der Ansatz“, in der „Erstveröffentlichung“, durch die Staatsanwaltschaft Koblenz formuliert:

„Die Staatsanwaltschaft Koblenz führt gegen einen früheren Geschäftsführer der Firma Capricorn Nürburgring Besitzgesellschaft mbH ein Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts des Kreditbetrugs.“

Noch mal schnell nachgeschlagen:

„Der Kreditbetrug ist ein strafrechtliches Vergehen, das in § 265b StGB geregelt ist.“

Hmm! - Delikat! - Aber (zumindest) wir bei Motor-KRITIK verstehen nun die Zurückhaltung der Porsche AG bei der offiziellen Verkündung einer Beteiligung an der capricorn COMPOSITE GmbH.

Hier könnten doch mal wieder Mainzer Politiker dem Mittelstand „unter die Arme greifen“. - Malu Dreyer weiß wie's geht. Zumindest hat sie es mal versucht. - Und ein weiterer Versuch ist nicht strafbar.

Wir möchten uns eine Vorhersage erlauben:

Porsche hat sich beteiligt, schämt sich aber ein wenig, das nun öffentlich zu verkünden. - Oder sind noch einige andere Voraussetzungen nicht erfüllt, die ein „Closing“ verhindern? -

Dabei ist das Porsche-Interesse an der Firma durchaus verständlich. Die capricorn COMPOSITE GmbH liefert hervorragende Arbeit. Es geht maßgeblich um die Absicherung der Technologie, auf die Porsche z.B. im Hinblick auf den Einsatz des Porsche 919 beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans angewiesen ist. (Der 918 spielt eigentlich – anders als von Porsche in der o.g. offiziellen Mitteilung dargestellt – keine bedeutende Rolle.)

Man möchte die strategische Zusammenarbeit mit der capricorn COMPOSITE GmbH absichern, zumal es – auch - um die Absicherung von Vorauszahlungen geht, die diese Firma im Vorjahr schon erhalten hat.

Aber unabhängig davon: Die Arbeiten der COMPOSITE, des Fertigungsbetriebs in Meuspath (Eifel) gehören zu den Besten, die man derzeit von einem Zulieferer von Teilen aus Faserverbundstoffen für die Automobil-Industrie erhalten kann. - Porsche weiß das. Und so gilt das Interesse des Stuttgarter Sportwagenherstellers auch dem Erhalt des in dieser Firma vorhandenen Know-hows, nicht nur der Absicherung von Vorschüssen. - Vergessen wir nicht ein mögliches Konzern-Interesse!!

Natürlich erfordert die Beteiligung von Porsche eine weitere Zahlung in Euro. Das sind Euros, die Capricorn braucht. - Eine in der Speditionsstraße 23 in Düsseldorf ebenfalls angesiedelte Rechtsanwaltskanzlei arbeitet seit Monaten an einer finanziellen Neuausrichtung der Capricorn-Firmen. Und da ist jeder Euro willkommen. (Schon der Honorare wegen.)

Wenn man - „hinter den Kulissen“ unterwegs - genau zuhört, dann ist es schon erstaunlich, mit welchem Selbstverständnis ein Robertino Wild in Stuttgart aufgetreten ist. Hier stand kein Bettler, sondern jemand der forderte. - Toll!

(Den Dr.-Titel haben wir mal weggelassen, obwohl er sogar in den Bilanzen zu finden ist!)

Auch wenn es offiziell bis jetzt noch nicht verkündet wurde:

  • Porsche ist praktisch Teilhaber an der capricorn COMPOSITE GmbH, Düsseldorf

Vorhersage von Motor-KRITIK: Man wird dem aktuellen Geschäftsführer einen „Aufpasser“ zur Seite stellen.

Und das Warten auf die Vermeldung des „Closing“ ist in diesem Fall kein „Warten auf Godot“. Dort warten zwei Landstreicher. - Im Fall Porsche/Capricorn ist das anders. - Hier treffen Partner eines unterschiedlichen Niveaus aufeinander.

Aber schließen wir doch einfach diese Geschichte mal positiv. Mit den Worten des Geschäftsführers von vielen capricorn-Firmen, die unter gleichem Namen schon mal die Inhalte wechseln:

„Wir punkten bei unseren Kunden mit innovativen Produkten, höchster Qualität und einer schnellen Lieferung.“

Alles richtig! - Von schneller Zahlung war da auch nicht die Rede.

MK/Wilhelm Hahne
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