Fehlt bürgerschaftliches Engagement?

„Ja zum Nürburgring“ ist ein seit der Bauphase des Nürburgring-Grand-Prix-Kurses bestehender Verein. Dessen Gründer, Otto Flimm, immer auch der Erste Vorsitzende dieses gemeinnützigen Vereins, hatte jetzt zu einer – eigentlich längst überfälligen – Mitgliederversammlung geladen. Offiziell vermeldet man 365 Mitglieder. Aber diese Zahl ist wohl durch den gesamtheitlichen Eintritt anderer kleiner Vereine oder Klubs entstanden. Jedenfalls scheint nicht unbedingt persönliches Engagement bei den Mitglieder für die „Sache Nürburgring“ vorhanden zu sein. Es waren bei der Mitgliederversammlung 16 Einzelmitglieder (in Worten: sechszehn) erschienen. Nun war auch die Einladung zu einem Termin erfolgt, an dem kein normaler Arbeitnehmer sich Zeit für einen Verein nehmen kann: Freitagvormittag, 11:00 Uhr. - So waren fast mehr Vereins-Vorstandsmitglieder samt Helfer erschienen, als einfache Mitglieder. Es ging um Satzungsänderungen, die, so der Vorsitzende, Otto Flimm, praktisch nur „die Korrekturen von Schreibfehlern“ waren und erst als Punkt 9 auf der Tagesordnung ging es um Vorstandswahlen. - Da stimmten denn – lt. Pressemitteilung des Vereins – 141 Mitglieder ab. - Motor-KRITIK vertrat exklusiv die internationalen Medien (Hihi!) oder um es anders zu formulieren: Wilhelm Hahne war solo (und abseits der Mitglieder platziert) vor Ort. - Aber die „Presse“ war auch nicht eingeladen. Natürlich Motor-KRITIK auch nicht. Während man – vielleicht – an anderer Stelle nur lesen kann, was in der offiziellen Pressemitteilung verbreitet wird, finden Sie hier nachstehend notiert (und durch Fotos dokumentiert) wie es wirklich war. - Aber ich musste mir – und das sollten eigentlich andere auch – die Frage stellen:

Fehlt bürgerschaftliches Engagement?

Als ich am Freitag, rd. 20 min vor Beginn der Mitgliederveranstaltung vor der „Graf-Ulrich-Halle“ in Nürburg ausstieg, hörte ich das tiefe Brabbeln eines V8-Rennmotors auf der Nürburgring-Nordschleife. Man testete wohl und den Ton würde ich einem Mercedes zuordnen.

Und ich verstand wirklich nicht, was den Vorstand von „Ja zum Nürburgring“ umtrieb, als er diesen Freitagvormittag als den optimalen Zeitpunkt für die Durchführung einer Mitgliederversammlung festlegte.

In der Graf-Ulrich-Halle herrschte erstaunliche Leere. Na ja, es waren noch 20 Minuten. - Der Bürgermeister von Nürburg kam und bat mich, einen anderen Sitzplatz zu wählen, als einen der vielen für die Mitglieder vorgesehenen Plätze.

„Man weiß ja auch nicht, wie viele kommen. Und bei der Abstimmung...“ -

Na ja, ich hatte verstanden. - Da würde ich bei den Abstimmungen vielleicht stören.

Es gab keinen „Pressetisch“, weil man auch die Presse – also auch Motor-KRITIK – nicht eingeladen hatte. Da stellte mir dann der Bürgermeister einen Stuhl exakt an die Stelle, die mir als richtig erschien.

Überhaupt hatte ich im Vorfeld dieser Mitglieder-Versammlung von „Ja zum Nürburgring“ einen eigenartigen Eindruck gewinnen müssen. Da war nicht nur der „ungünstige Termin“, sondern auch, dass man fast verzweifelt versuchte, den Termin dieser Mitgliederversammlung „geheim zu halten“.

Es gab die Einladung z.B. noch nicht einmal auf den Internetseiten des Vereins. Dabei war die Einladung zur Mitgliederversammlung 2013 (das war die letzte) dort einfach zu finden. Da liest man:

„Einladung zur Mitgliederversammlung des Vereins 'Ja zum Nürburgring' am 1. März, 16:00 Uhr, Graf-Ulrich-Halle Nürburg“

und natürlich gab es die Tagesordnung dazu.

2015 gab es nichts in dieser Richtung. Aber nach dieser aktuellen Veranstaltung, noch am gleichen Tag, dem 2. Oktober 2015, stand sofort auf der Internet-Präsenz des Vereins eine Pressemitteilung mit dem Titel:

„Vorstandswahl bei „Ja zum Nürburgring“ erneuert Legitimation des Vereins“

Dort findet man dann die Information, das 141 Mitglieder – und immer einstimmig – abstimmten. (Natürlich können Sie diese Presseinformation im pdf-Format im Anhang finden.) Aber auch bei Mike Frison, der sie umgehend verbreitet hat. - Kommentarlos, denn er war auch nicht da.

So sah die mit 141 Mitgliedern gefüllte Halle bei Beginn der Veranstaltung aus. Tatsächlich reichten die Finger meiner Hände nicht, die eingetroffenen Mitglieder zu zählen.

Es kam auch welche verspätet, die dann nicht nur für die Erhöhung der real vor Ort befindlichen Mitglieder sorgten, sondern auch später ihre „Gedanken zur Zeit“ einbrachten. Peter Geishecker (neben ihm seine Frau) machte das z.B. effektvoll und emotionsgeladen in bewährter Manier.

Aber diese Versammlung begann eigentlich so, wie Mitgliederversammlungen immer beginnen. Man steht auf Vorstandsebene mit „wichtigen Leuten“ zusammen, bespricht dieses und jenes, gibt Anweisungen für den Ablauf und – dann ging es los:

Otto Flimm, der Vorstandsvorsitzende des Vereins begann formgerecht mit der Feststellung, dass „fristgerecht eingeladen worden wäre“ und fragte, ob eine Ergänzung der Tagesordnung gewünscht würde.

Aus dem Kreis der 16 Mitglieder kam keine Reaktion, so dass er seine Einführung mit einer Art Replikation, einer Begriffsbestimmung des Vereins weiter führte. Er stellte die positive Funktion des Vereins für den Nürburgring über die Jahre in den Vordergrund. Offensichtlich hat er diese Art der Vorstellung schon so oft vorgenommen, das er selbst an die Art seiner Darstellung glaubt.

Später sprach er ohne Mikrofon. Er war auch so genau so wenig verständlich, wie mit Mikrofon, wenn er es nicht „mundnah“ nutzte.

Er erwähnte, dass er eigentlich den Verein nach dem erfolgreichen Eingreifen beim Bau des Grand-Prix-Kurses auflösen wollte. Aber „man“ hatte ihn gebeten, den Verein – sozusagen als „Feuerwehrverein“ - bestehen zu lassen. - Frage: Wer ist MAN?

Die Antwort ist nicht schwer: Der ADAC. -Tatsächlich muss man heute den Verein „Ja zum Nürburgring“ als einen seiner „Krakenarme“ (Sie erinnern sich an meine ADAC-Geschichte?) empfinden.

Otto Flimm sprach auch vom „Größenwahnsinn“ der Politiker und stellte dann die Frage, auf die bis heute noch niemand eine verständliche Antwort geben konnte:

„Warum hat die Landesregierung so gehandelt?“

Er erwähnte das Zusammenspiel von Berlin, Brüssel und Mainz und äußerte den Verdacht,

„dass von Anfang an der Russe im Spiel war“.

Spätestens hier ist mir aufgefallen, dass zu Beginn dieser Vereinssitzung kein Protokollführer gewählt worden war. Aber vielleicht hatte man den schon irgendwie vorher bestimmt – oder so. Da ein Rechtsanwalt vor Ort war, sollte die Veranstaltung eigentlich dem Vereinsrecht entsprechend abgelaufen sein. - Auch im Detail?

Der Vorstand wurde entlastet. Arno Derichs, der bisherige Schatzmeister des Vereins trug ohne Mikro nicht alle Details (Er wollte nicht langweilen!) aus dem Kassenbericht des Vereins von sechs Jahren vor.

Und man verstand spätestens bei seinen Ausführungen den Satz, den die Anwesenden vorher aus dem Mund des Vereins-Vorsitzenden, Otto Flimm, gehört hatten:

„Wir haben viel Geld aufgewendet!“

Per 1. Oktober 2015 ergab sich übrigens ein Kassenbestand (Guthaben) des Verein von 20.801,73 €.

Für die Rechtsberatung und -Gutachten in Sachen „Nürburgring-Verkauf“ waren durch den Verein allein 708.688,50 € aufgewendet worden. Dafür war, wie Arno Derichs erklärte, „zweckgebunden gespendet worden“. - Eine Feststellung, die eigentlich aus der (kleinen) Gruppe der anwesenden Vereinsmitglieder zu einer Nachfrage geführt haben müsste. - Dachte ich. - Aber wahrscheinlich war denen – wie auch mir – klar: Das konnte nur der ADAC gewesen sein.

Arno Derichs, mit Blick auf seine Unterlagen: „Und dann gibt es hier noch eine Summe von 45 Euro. - Ich weiß nicht wofür.“ - Aus den Reihen des Noch-Vorstandes kam dann der Hinweis, dass das Bankgebühren sein könnten. - Damit war diese Unsicherheit dann beseitigt.

Rechtsanwalt Henning Meyersrenken aus Köln verlas dann noch einmal den Prüfbericht des Kassenprüfers. - Eine Formsache.

Vor Punkt 9 der Tagesordnung setzte dann der Beisitzer, Volker Strycek, zu einer flammenden Rede für den weiteren Vorsitz des Otto Flimm an, der – wie man sehen und hören konnte – allgemeine Zustimmung fand.

So konnten dann die Wahlen zum neuen Vereinsvorstand beginnen. Dieter Weidenbrück, seit einiger Zeit für Presseveröffentlichung des Vereins verantwortlich, wie man auf den Internetseiten nachlesen kann, setzte mit klaren und deutlichen Handbewegungen in der Art eines Dirigenten die kleine Helferschar in Bewegung, die die „Kandidatenliste Vorstandswahl“ nicht nur auf eine Tafel klebten, sondern auch an die Teilnehmenden 16 Einzelmitglieder verteilten. - Und ein Exemplar war für Motor-KRITIK. - Danke!

Hier konnte ich dann auch erleben, wie ich zwar innerhalb der kleinen Zahlenreihe bis 20 gut unterwegs, beim Zählen auf 16 anwesende Einzelmitglieder kam, aber Dieter Weidenbrück in seiner Pressemitteilung dann auf 141 abstimmende Mitglieder kommt. Achten Sie bitte auf die aufgedruckten Zahlen der jeweiligen Stimmzettel:

  • 16 x   1 =   16 Stimmen
  •   2 x 50 = 100 Stimmen
  •   1 x 25 =   25 Stimmen

Nun ja, wenn doch ein Rechtsanwalt dabei war - wenn auch in Jeans und alter Lederjacke - und der direkt neben dem „Pressekontakt“ des Vereins saß, der darum (vielleicht) auch bei dieser Mitgliederversammlung auf jeden vorherigen Pressekontakt verzichtet hatte, dann kann man das so verstehen, dass er wohl nicht meine Kollegen mit den dargestellten Zahlenbeispielen überfordern wollte. - Aber Motor-KRITIK kann so bestätigen: Richtig addiert!

Die Wahl die Vereinsvorsitzenden war eine reine Formsache. Viel Beifall für die Wieder-Wahl von Otto Flimm zum Vorsitzenden.

Weil Leute aus gesundheitlichen Gründen – oder anders – ausgeschieden waren, wurde der Bürgermeister der Ortsgemeinde Nürburg zum Stellvertreter gewählt. - Beifall!

Arno Derichs Wahl zum Schatzmeister war eine Formsache. Es war aus Motor-KRITIK-Sicht interessant, wenn er nach dem Standardsatz, „Ich nehme die Wahl an“ erklärte: „Ich mache es gern“ und ausführte, dass er es da als Vorstand Finanzen des ADAC Mittelrhein e.V. schon leicht hätte, da die Vereinskasse dort im Hause geführt würde.

Vorher hatten die Anwesenden hören können, dass der Verein „seine Kasse“ 2009 von der Nürburgring GmbH übernommen hatte. Bis dahin wurde die dort geführt. - Jetzt macht das also der ADAC. - Ein Fortschritt?

Auch die Beisitzerwahlen erfolgten exakt der Vorschlagsliste. Es gab keine Beanstandungen von Seiten der anwesenden Mitglieder oder der Mitgliedsvertreter (wie man an dieser Stelle feststellen muss). Die Dame und Herren...

  • Volker Strycek
  • Andrea Thelen
  • Wilhelm A. Weidlich
  • Norbert Heinz

...wurden exakt so gewählt wie vorgeschrieben. Damit waren eine Reihe von Interessengruppen an der Spitze von „Ja zum Nürburgring“ vereinigt:

  • ADAC
  • AvD
  • DMV
  • die Region
  • „die Wirtschaft der Region“

Alle haben die Wahl in den Vorstand – bzw. als Beisitzer – gerne angenommen. Andrea Thelen wurde, wie Otto Flimm betonte, „nicht als Quotenfrau“ gewählt, sondern wegen ihrer Kontakte zur heimischen Wirtschaft als „Vorsitzende Gewerbeverein Adenau e.V.“. - Frau Thelen betonte dann auch in ihrem „Danke-Beitrag“, dass sie natürlich die Wahl als „Quotenfrau“ auch nicht angenommen hätte um dann zu ergänzen, dass sie nun ihre ganze Kraft in die Arbeit für den Verein „Ja zum Nürburgring“ stecken würde. Das hat sie dann mit dem Folgesatz unterstrichen:

„Ich habe alle Tätigkeiten für den Gewerbeverein an den Nagel gehängt.“

Ich darf als Beobachter dieser besonderen Art von Mitgliederversammlung feststellen:

  • Niemand hat an dieser Stelle gelacht!

Der „Rest“ ist schnell erzählt:

Otto Flimm stellte fest „Ich bin ein alter Bock“ um fortzufahren, wohl in der Erkenntnis, dass dieser Vorstandsvorsitz auch endlich ist:

„Ich kenne einen, der das umsetzen kann.“

Er dachte dabei wohl an einen Nachfolger. - Was Volker Strycek dann zu der Anmerkung und Ergänzung seiner vorher gemachten Lobrede anregte:

„So lange er es möchte und kann, muss er es auch bleiben!“

Und meinte Otto Flimm.

Ich habe dann noch ein Abschlussfoto gemacht, mit dem ich dokumentieren möchte, dass der Verein durchaus auf einen Ansturm von Mitgliedern eingerichtet war. Er hatte auch seine Einladung an alle Mitglieder gerichtet. - Oder nicht doch?

Dumm war nur, dass nur wenige gekommen waren und drei Leute eine schon vorher „aufgedruckte“ Mehrheit darstellen mussten.

Darum ist der Titel zu dieser Geschichte sicherlich berechtigt:

  • Fehlt bürgerschaftliches Engagement?

Und das Fragezeichen passt zu dieser Mitgliederversammlung sowieso – an einigen Stellen.

MK/Wilhelm Hahne

 

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