17. September 2013: Lieber Leser!

„Der Ring brummt“, sagt Klaus Ludwig. Und er erzählt von hunderten Touristenfahrern, die mit Auto und Motorrad an einem Abend darauf warten, ihre Runden auf dem Grand-Prix-Kurs des Nürburgrings fahren zu können. - Man wirft in letzter Zeit gerne „Ring“ und „GP-Kurs“ in einem Topf, wobei wer „Ring“ sagt, eigentlich immer die Nordschleife meint. Oder er müsste Insolvenz-Sachwalter sein oder – z.B. - Klaus Ludwig heißen. Der sagt, was von ihm erwartet wird. Wie auch andere „Aushängeschilder“. - Wenn in Motor-KRITIK angekündigt wird, dass man sich dort mal mit dem Thema Sicherheit auf der Nordschleife auseinadersetzen wird, dann gibt es „Fachleute“ und „Insider“, die sofort die „Empfehlung“ aussprechen, das doch besser zu lassen, „weil man damit dem 'Ring' nur schadet“. - Man kennt also die Schwächen, hält sie „unter der Decke“ oder „redet sie schön“. - Was an der Realität nichts ändert, wie z.B. einem Rennabbruch zehn Minuten vor Renn-Ende am letzten Wochenende. - Rennabbrüche mit „roter Flagge“ sind in diesem Jahr auf der Nürburgring-Nordschleife zur Normalität geworden. Sogar bei Radrennen. Wegen „Aquaplaning“. - ??? -

17. September 2013: Lieber Leser!

Motorsport ist persönlichkeitsbildend. Das sagte man „früher“ so – und das stimmte auch. Heute kann es so sein, aber inzwischen kommt es öfter vor, dass „verbildete Persönlichkeiten“ den Motorsport in „ihre Richtung“ zu beeinflussen suchen. Der Motorsport ist inzwischen so zu einem Spiegelbild unserer Gesellschaft geworden. Weitgehend verlogen und ein wenig „hohl“ hinter prächtigen Attrappen.

Der Motorsport hat sich „von oben nach unten“ zu seinem Nachteil verändert. Inzwischen sind auch die Auswirkungen im so genannten „Breitensport“ spürbar, weil auch hier inzwischen der Faktor Geld eine immer größere Bedeutung erhalten hat, dessen Einfluss immer deutlicher wird.

Immer mehr „Gentleman-Driver“ durchsetzen das Feld der engagierten Motorsportler und weichen auch die bis dahin ungeschriebenen Regeln des Sports auf, die von Fairness und Rücksichtnahme bestimmt waren. Auch die Anforderungen an das „Material“ haben sich geändert. Es wird in allen Kategorien eine Markenvielfalt angestrebt, die sich aber „sportlich“ auf einem Niveau darstellen soll. Darum hat die man die „Balance of Performance“ (BoP) eingeführt und bei z.B. Langstreckenrennen eine vorgeschriebene Boxen-Mindeststandzeit. Ganz gleich ob man wenig oder viel Benzin tankt: Die Durchlaufzeit soll gleich sein. Ein geringerer Verbrauch wird also nicht belohnt.

Alle sollen gleiche Voraussetzungen für einen Erfolg vorfinden. Beim Material. - Und was ist mit den Fahrern, den Menschen?

Da gibt es nicht nur athletische, körperliche Voraussetzungen, die ein Fahrer erfüllen sollte. Er sollte auch charakterliche Voraussetzungen erfüllen. Daran hapert es. Und so zieht man die Schlingen des sportgesetzlichen Regelwerks enger. Aber auch die, die dann als Sportfunktionäre daran ziehen, die erfüllen nicht unbedingt immer alle dort erforderlichen Voraussetzungen. Denn nicht alle Voraussetzungen für guten Motorsport sind messbar. Weder beim Material, noch beim Menschen.

Motorsport ist gefährlich. Nicht nur Rauchen kann tödlich sein. So versucht man die Risiken zu minimieren. Indem man Sprüche auf Packungen druckt oder im Motorsport Bekleidung und Schutzeinrichtungen vorschreibt, die Verletzungsgefahren minimieren sollen. Die „Sportler“ verlassen sich darauf und – verhalten sich entsprechend. Sie sind risikobereiter, weil das Risiko ja kleiner ist. Hinzu kommen die „Fahrhilfen“ in Automobilen, die dazu beitragen sollen, menschliche Fehler auszugleichen, auszubügeln, es nicht erst zu einem Unfall kommen zu lassen.

Der Höhepunkt bei den „Hilfen“ scheint erreicht. Für 2014 will man z.B. das inzwischen in der GT3-Version des BMW Z4 verwendeten „Spezial-ESP“ verbieten. Soll das Fahrerkönnen wieder deutlicher in den Vordergrund rücken? - Und was ist mit den Leistungen der Techniker? Sollte nicht wieder ein gutes Automobil gut und ein besseres Automobil im sportlichen Ergebnis auch besser aussehen?

Und wer spricht von Belastungen des Boxenpersonals und der Streckenposten rings um die Rennstrecke?

1991 habe ich mal zusammen mit Jürgen Baumgarten (Sie erinnern sich an den Stuntman, der mit dem Motorrad von der Skischanze in Garmisch sprang?) und Marco Werner (damals in der Formel 3 unterwegs) auf einem Opel Kadett Gr. A (bis 2 Liter) das 24-Stunden-Rennen hier auf der Nürburgring-Nordschleife bestritten. Es war das einzige Mal, dass ich im Training schneller als Marco Werner war. - Der Kadett war für die Nordschleife fahrwerkmäßig vollkommen falsch aufgebaut und es war eigentlich „unmöglich“ (um Marco Werner zu zitieren) wirklich schnell zu fahren. Der Tuner weigerte sich, das aus seiner Sicht perfekte Fahrzeug anzupassen.

Ich habe damals meiner Frau eine Vollmacht ausgestellt, die sie ermächtigte den Opel-Tuner zu verklagen, wenn ich während des Rennens mit dem Fahrzeug tödlich verunglücken sollte und habe mir meine Aussagen zur Fahrwerkabstimmung vom Tuner unterschreiben lassen.

Über Nacht hat der dann – entsprechend unseren Angaben – das Fahrwerk doch umgebaut, so dass es im Rennen zwar nicht perfekt, aber gut zu fahren war. - Rennergebnis: 25. im Gesamtklassement.

Das erwähne ich aber deswegen nicht, sondern deswegen, weil wir bei diesem Rennen uns als Fahrer, aber auch die Helfer durch ein Team von Sportärzten beobachten und untersuchen ließen. Man sollte das jetzt mal wieder bei einem GT-Team machen, das fahrerisch unterschiedlich („Gentleman“ und Profi) besetzt ist.

Es werden da biochemische Parameter ermittelt, die z.B. eine Aussage über die energetische Situation des Fahrers im Verlaufe des Rennens gestatten. Es ist auch eine Diagnostik der psychophysischen Beanspruchung und der Reaktionslage der Fahrer im Verlaufe des Rennens möglich.

Damals waren z.B. die Sportärzte überrascht, welch hohe muskuläre Beanspruchung man bei den Fahrern eines 24-Stunden-Rennens feststellen konnte. Die dachten vorher wohl: Ein wenig Lenkrad drehen, kuppeln, bremsen und schalten würde den bequem sitzenden Fahrer wohl kaum belasten.

Interessant auch, dass natürlich auch bei mir etwas „negativer Stress“ festzustellen war, aber dass der „positive Stress“ deutlich überwog. - Aus Freude am Fahren!

So wurde auch die Belastung der Boxen-Crew untersucht, was für spätere Langstreckenrennen eine bessere Gestaltung der Einsatzmöglichkeiten des „Betreuungspersonals“ möglich machte.

Das Ganze erforderte ein hohen personellen und technischen Aufwand und wäre einem aktuellen Werksteam mal wieder zu empfehlen, da man eigentlich wenig über z.B. den Stoffwechselstatus eines Fahrers während des Rennens weiß. Die menschliche Leistung während eines Rennens ist bis heute kaum wissenschaftlich untersucht. Dafür weiß man genau, was z.B. der Einsatz eines GT3 pro Rennen kostet und was man einem „Gentleman-Driver“ fürs Fahren an Euro abnehmen muss.

Und was ist mit den Streckenposten? - Nicht zufällig musste der ADAC Gau Mittelrhein sich für das 1000-km-Rennen am kommenden Wochenende über „facebook“ um Streckenposten bemühen, weil die inzwischen „die Schnauze voll“ haben. Auch über die Art, mit der ihre Arbeit wie selbstverständlich – zu einem „Trostpreis“ - aber natürlich perfekt, erwartet wird.

Das alles zusammen ergibt schließlich ein Bild von der Sicherheit oder Unsicherheit, mit der ein Rennen durchgeführt wird – durchgeführt werden kann. Dazu kommen natürlich technische Voraussetzungen, die z.T. auf der Nürburgring-Nordschleife nicht bestehen, noch geschaffen werden müssten.

Aber am Wochenende wird das 1000-km-Rennen auf dem GP-Kurs durchgeführt, der mit rd. 60 Fahrzeugen leicht überfüllt wirken wird. - Auch das bestimmt die Sicherheit mit. Auch die „Unausgeglichenheit“ der Fahrer spielt eine Rolle.

Ich recherchiere zur Zeit noch an Details, die die Sicherheit an der Nordschleife mit bestimmen. Und ich werde in den nächsten Wochen dann darüber berichten. Ich denke, es wird der Nordschleife nicht schaden, sondern nutzen.

So manchem Interessenten, der sich für den Kauf der Strecke interessiert, dem werden allerdings die Augen überlaufen. - Das kann ich heute schon sagen.

Und die Insolvenz-Sachwalter? - Nun, die werden natürlich auch jammern. - Aber das aus anderem Grund. - Denn eigentlich gehören die ja zu den Ahnungslosen.

Das natürlich nur auf den Motorsport bezogen.

Fortsetzung folgt!
Wilhelm Hahne
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