MdL: Auf dem Weg zum „toten Pferd“

Das, was heute Wirklichkeit ist, begann im Jahre 2012. - Natürlich könnte man auch einen früheren Termin nennen, aber – dann würde die Geschichte nicht nur zu lang, sondern auch für viele unverständlich. So bewegt sie sich eigentlich immer im direkten Umfeld des Landtags von Rheinland-Pfalz in Mainz. Und lebt von Zitaten, die oft unwirklich scheinen und doch die Realität darstellen. - Die politische Realität! - Die Bewohner der Eifel-Region haben sie durchlitten. Sie können sie am Beispiel von Zitaten aus dem Dokumenten-Archiv des Mainzer Landtags erleben. Einigen wird das gefallen, andere werden beanstanden, dass diese Zitate aus dem Zusammenhang gerissen wurden, . Das stimmt! - Genauso wie die Bürger dieser Eifel-Region aus ihren Träumen von wirtschaftlicher Sicherheit. Es gab viele, die den Worten und Versprechungen der Politiker vertrauten. Im Fall „Nürburgring 2009“ begann die Fehlentwicklung sehr früh. Es gab kaum Widerstand, weil sich die normalen Bürger nicht vorstellen konnten, dass man in Mainz hunderte Millionen Euro einfach „zum Fenster hinaus wirft“. - Die folgende Geschichte ist zwar ein wenig einseitig, aber informativ.

MdL: Auf dem Weg zum „toten Pferd“

Lassen Sie mich ganz aktuell mit einem Zitat eines Ministerialdirektors beginnen, den Sie als Motor-KRITIK-Leser seit gestern kennen. Randolf Stich sagte in seiner Information für den Landtagspräsidenten des Mainzer Landtags vom 23. Dezember 2014 auch:

„Die Nürburgring-Eigentumsgesellschaften befinden sich bereits seit 2012 in Insolvenz. Aufgrund der insolvenzrechtlichen Grundprinzipien liegen die Geschicke am Nürburgring bereits seit mehreren Jahren nicht mehr in der Sphäre des Landes Rheinland-Pfalz. Der gerichtliche Sachwalter und der Sanierungsgeschäftsführer agieren im Rahmen des Insolvenzverfahrens – und so auch bei der Durchführung und dem Abschluss des Bietverfahrens – eigenverantwortlich. Dieser Umstand wurde bereits in zahlreichen parlamentarischen Ausschüssen, Plenarsitzungen und in Antworten auf Kleine Anfragen hinreichend dargelegt.“

Ronald Stich sollte wissen was richtig ist. Das könnte man dann doch eigentlich so stehen lassen. - Man könnte – wenn Ronald Stich nicht Politiker wäre. Vielleicht passt ihm gerade diese Argumentation, wie sie auch schon von anderen – an anderer Stelle – dann verwendet wurde.

Dadurch wird – formulieren wir es mal vorsichtig – ein falscher Eindruck erweckt. Richtig ist:

  • Bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung behält der Schuldner seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis!

Darum wurde diese Insolvenzform auch den Herren Kurt Beck und Roger Lewentz damals in 2012 von einem Berater vorgeschlagen. Darum wurde von diesem Berater auch Herr Prof. Dr. Dr. Schmidt als neuer (Insolvenz-)Geschäftsführer ausgewählt. (Man kennt sich!) Die eigentlichen Besitzer der Nürburgring GmbH (zu 90 Prozent) haben diesen Vorschlag abgenickt, der dann durch die Zuordnung des Herrn Jens Lieser durch das Insolvenzgericht Ahrweiler ergänzt wurde.

Und darum sagte dann auch Kurt Beck (SPD) im Jahre 2012, bei seiner Erklärung im Landtag (in der 30. Plenarsitzung des Mainzer Landtages, am 1. August 2012 dokumentiert):

„Meine sehr geehrten Damen und Herren, insoweit geht es jetzt darum, dass wir, nachdem wir diesen Schritt zu einer geordneten Insolvenz gegangen sind, das Gericht eine eigentümergeführte Insolvenz angeordnet hat, was ein gutes Zeichen ist, das tun, was jetzt in unseren Möglichkeiten steht, um die jetzt Verantwortlichen, den neuen Geschäftsführer und denjenigen, der vom Gericht eingesetzt ist, in ihrem Bemühen zu unterstützen, eine neue Perspektive für den Ring zu schaffen. Wir sind in dieser Angelegenheit Gläubiger und nicht rechtlos bis auf normale Außenstände, die unstreitig sind, und die zuvor bedient werden."

Am 2. Mai 2012 hatte Daniel Köbler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) „die Wirklichkeit“ am Nürburgring in der 26. Plenarsitzung so dargestellt:

„Am 7. Februar dieses Jahres, vor bald drei Monaten, hat die Landesregierung den Neuanfang, die Neuordnung am Nürburgring begonnen. Die Pachtverträge wurden gekündigt, die Räumungsklage wurde entsprechend vorbereitet, weil entsprechende vertragliche Verpflichtungen nicht eingehalten wurden.“

Immer wieder ist später auch von Politikern darauf hingewiesen worden, dass man „externen Sachverstand“ genutzt und führende Wirtschaftsinstitute bemüht habe, um dann deren Vorschläge umzusetzen. Man hat versucht, die Schuld am Crash der Nürburgring GmbH zu verlagern.

Kurt Beck, damals noch Ministerpräsident, sagte in seiner Rede am 2. Mai 2012 vor dem Parlament zu diesem Thema:

„Lassen Sie mich jedoch auch deutlich machen, dass mir gerade entlang dieser Geschichte einer neuen Investition und eines gewollten Aufbruchs am Nürburgring unter dem Stichwort „Nürburgring 2009“ deutlich geworden ist, dass man, selbst wenn man sich selbst Sorgfalt attestiert, nicht ohne Fehler bleibt. Es sind in diesem Zusammenhang Fehler gemacht worden. Es sind Fehler gemacht worden, die etwas damit zu tun haben, dass man zunächst Besucherzahlen am alten Ring gemeldet hat, die offensichtlich nicht tatsächliche Zahlen waren. Es sind Fehler gemacht worden, die darauf beruhten, dass Prognosen von Wirtschaftsinstituten erstellt worden sind, die Zukunftsentwicklungen und Besucherzahlen zugrunde gelegt haben, die übersetzt waren. Es sind dann auch noch Fehler bei der Finanzierung passiert, einer Privatfinanzierung, die nicht funktioniert hat.“

Die besonders bedeutsame Stelle zu diesem Thema wurde von Motor-KRITIK markiert, ist im Protokoll der Plenarsitzung nicht hervorgehoben.

Um beim Thema zu bleiben, das von Herrn Ministeraldirektor Stich am 23. Dezember 2014 noch einmal aufgegriffen wurde, um auf eine Vielzahl von falschen politischen Aussagen zu verweisen, die die Realität aber auch nicht verändern können, sei hier noch in weiteres Zitat des Herrn Kurt Beck vom 1. August 2012 angefügt, der aktuell weltweit für die SPD-nahe Friedrich-Eberstiftung unterwegs ist und bei Boehringer Ingelheim zu den Beratern zählt:

„Da wir eine eigentümergeführte Insolvenz haben, ist der Geschäftsführer beauftragt, mit uns zusammenzuarbeiten. Das tut er. Es hat Gespräche gegeben. Ich werde mit Herrn Professor Dr. Schmidt am Montag zusammentreffen, um weitere Gespräche zu führen. Das ist alles sauber im Rahmen des Verfahrens, wie es das Gericht vorgelegt hat und wie es Vorgabe ist.“

Lassen wir noch an dieser Stelle Hendrik Hering zu Wort kommen, der als damaliger Wirtschaftsminister an der Gestaltung der Nürburgring-Affäre aktiv beteiligt war. Es folgen ein paar Ausschnitte aus seiner Rede vor den Mitgliedern des Landtags am 1. August 2012:

„Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Umsetzung des Projekts „Nürburgring“ sind folgenschwere Fehler gemacht worden. Das ist auch für uns die bittere Wahrheit. Boulevard und Freizeitpark sind überdimensioniert geplant und falsch konzipiert worden.

Es ist zu einer erheblichen Baukostenüberschreitung gekommen, die Hochkonjunktur 2008 ist nur ein Grund dafür. Für private Hotels und Freizeiteinrichtungen wurde das wirtschaftliche Risiko vom Land übernommen. Einschätzungen und Prognosen von Experten waren zu optimistisch. Hinweise aus der Region hätten besser berücksichtigt werden müssen. Zu Recht und nachvollziehbar sind die Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer verärgert und enttäuscht und fordern nachhaltige Lösungen der Probleme am Ring.

…..

Kurt Beck ist niemand, der sich aus der Verantwortung stiehlt. Hier geht es darum, sich Kritik zu stellen und die Menschen in der Eifel nicht im Stich zu lassen. Genau das werden wir tun. Wir werden gemeinsam mit unserem Ministerpräsidenten Kurt Beck diesen Umstrukturierungsprozess in der Eifel mitgestalten. Wir geben das klare Signal: Wir lassen die Menschen nicht im Stich. Auch das gehört dazu, Verantwortung zu übernehmen.

….

Meine Damen und Herren, durch die vom Gericht genehmigte Insolvenz in Eigenverwaltung erarbeitet die Gesellschaft selbst – auch unter Einbindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – ein Sanierungskonzept. Die Konsequenz der EU-Auflagen und der Insolvenz wird sein, dass am Ende private Investoren einsteigen und die Nürburgring GmbH wirtschaftlich betreiben werden. Gut und zielführend sind dazu die Aussagen des Sanierungsgeschäftsführers Professor Dr. Schmidt, der klar geäußert hat, es wird keine Rosinenpickerei am Nürburgring geben. Er verfolgt Konzepte, mit denen alle Arbeitsplätze mit einer guten Zukunftsperspektive für den Ring erhalten werden sollen. Dies zeigt auch, es ist die richtige Person für diese Aufgabe ausgewählt worden.“

Natürlich könnte Motor-KRITIK hier die Reihe der Zitate weiter führen. Aber man sollte seine Leser nicht überfordern. - Auch nicht die politische Elite in Mainz.

Übrigens: Es hat am Nürburgring niemals ein Sanierungskonzept – wie oben von Herrn Hering angekündigt - gegeben. Das wurde vor einiger Zeit schon Motor-KRITIK vom Insolvenzgericht bestätigt!

Die Herren Pörksen, Hoch, Stich, die Damen Dreyer und Lemke, und die politische „zweite Riege“ in Mainz, die man vielleicht gerade noch für den Einsatz bei „SWR4 Klartext“ als tauglich empfindet, denen möchte Motor-KRITIK zunächst mal die Möglichkeit bieten, auf die obige Darstellung zu reagieren.

Dumm nur: Wer jetzt Motor-KRITIK „abzuwatschen“ versucht, der trifft auch mit Kurt Beck eine Gallionsfigur der SPD. - Davon gibt es bei der SPD immer weniger.

Nicht nur Horst Seehofer (CSU) wird sich bei der nächsten Landtagswahl – die aber in Bayern erst 2018 ist – nicht mehr zu Wahl stellen. Achten Sie mal drauf: Denn die nächste Landtagswahl in Rheinland-Pfalz ist schon 2016.

MK/Wilhelm Hahne
Für die, die Motor-KRITIK nicht regelmäßig lesen: Das „tote Pferd“ - man könnte es auch „Trojanisches Pferd“ nennen – ist die von der EU am 1. Oktober 2014 als Käufer des Nürburgrings akzeptierte Firma capricorn NÜRBURGRING Besitzgesellschaft mbH. Der Name steht für etwas, was nicht mehr drin ist: Capricorn. - Dieses „Pferd“ ist tot. Die Politiker reiten es weiter. Und weiter. Und weiter. Und weiter. ...
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