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Mercedes war mal die Automobilmarke, in der man als Fahrer alte Leute erwartete und deren erste Dieselmodelle die Favoriten bei Metzgern und Landwirten waren. „Der gute Stern auf allen Straßen“. Auch Audi hatte in der Vergangenheit ein Image, das von Leuten bestimmt wurde, die – aus Sicherheitsgründen – zum Gürtel noch Hosenträger trugen und als „Sonntagsfahrer“ galten. BMW dagegen hatte sich von einem Kochtopf-Produzenten der Nachkriegszeit zu einem Hersteller von exklusiven und sportlichen Automobilen entwickelt, deren Exklusivität nach Ansicht des damaligen Vorstandsvorsitzenden, Eberhard von Kuenheim, nur durch die jungen Fahrer und deren Verhalten in alten Gebraucht-BMW – zunächst 2002, dann später (heute) E 36 – und deren Verhalten“ im Straßenverkehr gefährdet werden konnte. Marketing war damals noch ein Fremdwort, deren Mitarbeiter waren irgendwo im Vertrieb angesiedelt. Heute ist das Marketing mächtiger als die Vertriebsabteilungen und am Image der Marken hat sich einiges geändert. - Marke, das ist eben mehr als ein Produkt, wird auch durch Einzelaktionen geformt, die wenn „sie passen“, sich zum Gesamtbild einer Marke formen, das dann für den Käufer auch eine Orientierungsfunktion hat.
BMW verliert – nicht nur am Nürburgring!
BMW hat durch sein Engagement im Motorsport in der Vergangenheit sehr deutlich das Image der Marke bestimmt. BMW profitierte – auch als Premiummarke empfunden – sehr stark von der Darstellung der sportlichen Qualitäten seiner Produkte.
Wobei, als man Anfang der 60er Jahre stark auf diese sportliche Ausrichtung setzte, die nicht etwa davon bestimmt war, dass man zu viel Geld in der Kasse hatte, das man im Motorsport „verjubeln wollte“, sondern man war so knapp bei Kasse, dass man sich teure Anzeigenserien nicht leisten konnte.
So war es dann – zufällig – einer meiner Brüder, Hubert Hahne, der den sportlichen Imagewert der Marke BMW mit geschaffen hat. So ein Imagewert wird von den positiven wie negativen Vorurteilen der Käufer bestimmt, die durch die einzelnen – hoffentlich „konzertierten“ Aktionen der Hersteller in den Köpfen der potentiellen Käufer entstehen.
Der Käufer eines Automobils macht mit dem Kauf des Fahrzeugs einer bestimmten Marke schließlich auch seinen Lebensstil und seine Wertvorstellung gegenüber seinem Umfeld deutlich. - So sollte es jedenfalls nach den Vorstellungen der Marketing-Strategen idealer Weise sein.
Das erfordert von Seiten des Herstellers nicht nur eine einmalige – richtige – Weichenstellung, sondern auch eine laufende Untermauerung seiner – hoffentlich richtigen - These durch Leistung und eine funktionierende Kommunikation.
Schaut man sich einmal die Zulassungszahlen der hier genannten drei Marken in Deutschland im Kalenderjahr 2016 an, so ist man überrascht, was aus der Marke Audi „von damals“ geworden ist, wie sich die Marke Mercedes offensichtlich im Empfinden der Käufer zum Positiven verändert hat und wie BMW eigentlich ein wenig bei diesem Vergleich dann abrutscht.
In 2016 sind in der Zulassungsstatistik des KBA in Deutschland die drei Premiummarken wie folgt platziert:
1. 301.286 Mercedes
2. 289.617 Audi und
3. 262.083 BMW.
Eine Reihenfolge, die einem Eberhard von Kuenheim nicht gefallen würde, schon wegen der Marke Audi, die sich in Deutschland noch vor BMW geschoben hat.
Die Werbesprüche - Slogans - die sich für die einzelnen Marken beim Käufer eingebrannt haben lauten derzeit:
- Audi: „Fortschritt durch Technik“
- BMW: „Aus Freude am Fahren“
- Mercedes: „Das Beste oder nichts“
Solche „Sprüche“ schaffen aber nur Vertrauen beim Käufer, wenn sie „werksseitig“ immer wieder durch entsprechende Leistungen und eine funktionierende Kommunikation untermauert werden. Die Markennamen erhalten so auch eine Orientierungsfunktion für den Käufer.
Eine Premium-Marke dazustellen, setzt nicht nur eine bestimmte Qualität in Technik und Ausstattung voraus, sondern ein „stimmiges Gesamtpaket“.
„Aus Freude am Fahren“ war früher einmal der Hinweis darauf, dass mit dem Fahren eines BMW eigentlich mehr als nur die zuverlässige Fortbewegung zwischen zwei Punkten – Start + Ziel - möglich war: Fahrspaß! - Dieser Hinweis wurde auch immer wieder durch die sportlichen Erfolge der Marke untermauert.
Mercedes hat inzwischen längst BMW den Rang abgelaufen. Mercedes ist als Marke jünger, sportlicher geworden. Selbst Audi hat BMW längst passiert, bietet die sportlicheren Coupés, die seriöseren Geschäftsfahrzeuge.
Damit sind wir beim Beispiel Nürburgring, der weltberühmten Rennstrecke, auf der ein BMW-Renntourenwagen der erste war, dem es gelang, diese „Grüne Hölle“ in weniger als 10 min zu durchqueren. Und BMW fuhr in der Vergangenheit hier viele Erfolge ein.
Aber man baute auch auf dieser eigentlich wie für BMW-Automobile angelegten reizvollen Strecke für alle sportlich interessierten Fahrer praktisch „ein Nest“. Da gab es die Möglichkeit, in sportlichen BMW‘s sich von Sportfahrern gegen eine Gebühr einen Eindruck von den sportlichen Qualitäten der Automobile der Marke BMW zu verschaffen.
Das war eine der stützenden Maßnahmen, die den „Claim“ (so nennt man das heute!) „Freude am Fahren“ untermauerte. Und rings um die Strecke fand man Werbe-Hinweise auf BMW-Automobile, wie zufällig dort installiert.
Das ist anders geworden am Nürburgring. In Zukunft wird dort Mercedes das Bild bestimmen. Nicht nur auf Werbetafeln, auf denen jetzt schon BMW verschwunden ist, durch Hinweise auf attraktive Sportwagen (!) von Mercedes ersetzt wurde.
BMW hat seine bisherige Position am Nürburgring aufgegeben. Neben zwei beeindruckenden Mercedes-AMG GT R werden noch vier Mercedes-AMG C 63 S für den Einsatz – z.B. als „Renn-Taxi“ - auf der Rennstrecke zur Verfügung stehen. Eingesetzt werden sie durch die als „Nürburgring Driving Academy“ bezeichnete Abteilung des neuen (überwiegend russischen) Besitzers, der „capricorn NÜRBURGRING Besitzgesellschaft mbH“, deren Pächtertocher CNG mit dem Stuttgarter Hersteller – wie man hört – eine langjährige Zusammenarbeit vereinbart hat.
Da ist dann auch fast selbstverständlich, dass ein „Mercedes-AMG-Shop“ im „Boulevard“ am Nürburgring den Werbeauftritt von Mercedes an der Nürburgring-Nordschleife abrundet. (Motor-KRITIK informierte dazu schon.)
„The Beast of the Green Hell“, wie man die im „Nürburgring-Grün“ lackierten Mercedes-Sportwagen bezeichnet, können in Zukunft für eine Co-Pilot-Fahrt über die Nürburgring-Nordschleife für 295 Euro pro Runde genutzt werden.
BMW hat hier in der Eifel eine Position aufgegeben, von der japanische Firmen gerne einen Hauch mit auf ihre Produkte übertragen würden – und es auch mit großem Aufwand versuchen.
Mercedes nutzt diese ins neue Marketingkonzept der Marke passende Fehlentscheidung von BMW, um seinen Vorsprung vor BMW in der entstandenen Lücke weiter auszubauen, die Marke weiter „zu verjüngen“.
- „BMW – Aus Freude am Fahren“ - das war Gestern!
Auch die BMW-Kommunikation ist nicht mehr das was sie mal war. Schnelle Infos sind selten geworden. Man weiß zwar in München, welche Worthülsen man schnell unters Volks bringen möchte, hat aber auf interessante eingehende Fragen nur zunächst die automatische Antwort eines Computers. - Man leitet an die jeweilige Fachabteilung weiter. - Und das kann dauern!
Ich habe vor Jahren mal so einen „Verlauf“ aus journalistischer Neugierde verfolgt:
Das schreibt ein Journalist* die Presseabteilung an. Seine Anfrage wird
- AK-20 zugeteilt. Der "Sachbearbeiter" dort leitet weiter an
- AK-34. Dort wird dann intern
- AK-34 wieder angeschrieben und ein anderer "Sachbearbeiter"beauftragt. Der gibt an
- AK-24 weiter. Dort schreibt man dann wieder an
- AK-34, wo man
- AK-24 antwortet. Von da geht nun die Anfrage an
- VB-24, wo man dann versucht, die Verantwortung für diese Anfrage an
- eine Agentur zu deligieren.
Bis dahin waren dann 15 Tage vergangen! - Das ist schon vor Jahren passiert. Denn alle Entwicklungen, gerade bei der Automobilindustrie, brauchen Jahre. - Die bei BMW ist inzwischen festgeschrieben.
In München scheint man zu verwalten. Und der „Verwaltung“ hat es gefallen, unter das Thema Nürburgring einen Strich zu ziehen. - Nicht erst seit Gestern.
Vielleicht ist auch der Mercedes-“Claim“ der Bessere:
- „Das Beste oder nichts“
Wann dürfen wir den „Claim“ „Aus Freude am Fahren“ am Nürburgring, auf der Start- und Ziel-Geraden entfernen?
MK/Wilhelm Hahne
*Von diesem Vorfall war nicht Motor-KRITIK, sondern ein „fremder Journalist“ betroffen. Er steht hier – weil mir in Details bekannt – nur beispielhaft für die „interne Weiterentwicklung“ bei BMW.