Gewicht-Nachfrage bei Porsche: Auch mit Antwort!

Jede Geschichte hat eine Vorgeschichte. Aktuell begann diese am letzten Donnerstag um 9:25 Uhr, als auf dem e-Mail-Server bei Motor-KRITIK eine offizielle Presseinformation von Porsche zum neuen e-Macan einging, die viele Informationen zu dem neuen e-Modell enthält, die ihn zu einem besonderen e-Automobil – eben einen Porsche – machen sollen. Da wird über alles informiert, was diesen Elektro-Nachfolger des „Verbrenner“-Macan zu einem e-Automobil der Extraklasse machen soll. Es werden alle Besonderheiten im Detail erklärt. Man wird nicht nur kleiner: 0,25 cw-Wert. Man wird auch größer: 1.000 Nm Drehmoment im Topmodell, das auch eine Luftfederung, eine Hinterachs-Quersperre und – erstmals – auch eine Hinterachslenkung hat. - Das kenne ich eigentlich schon von BMW, als man dort das angeblich sportliche - aber zu schwere (!) – 8er Coupé dann nachträglich mit einer mechanischen (!) Hinterachslenkung versah, die dem Fahrer bei „Normalfahrt“ einen Hauch von „sportlicher Agilität“ vermittelte, aber bei sportlichem Fahren die negativen Einflüsse des zu hohen Gewicht nicht minderte. - Darum wurde schon nach kurzer Zeit diese (teure) Hinterachslenkung nicht mehr verbaut! - Weil ich das alles selbst erlebt habe, hat mich natürlich das Gewicht des neuen e-Macan interessiert. - In den Presse-Unterlagen stand nichts davon. - So habe ich dann am gleichen Tag – um 12.25 Uhr – den Verfasser der Presse-Info bei Porsche darum gebeten, mir doch noch das Eigengewicht und die Nutzlast nachzureichen. - Leider reichten der Presseabteilung wohl die 1,5 Arbeitstage bis zum Wochenende nicht, eine entsprechende Antwort schnell noch bis zum Wochenende nachzuschieben. - Tatsächlich habe ich die erst am Dienstag, um 7:45 Uhr erhalten. - Da war genug Zeit, mich an eine Geschichte zu erinnern,  die ich vor nun 24 Jahren geschrieben habe. Die war noch unbeeinflusst von den Gewichtsnachteilen moderner e-Automobile. Trotzdem möchte ich sie hier noch einmal – so wie sie vor 24 Jahren geschrieben wurde – einstellen. Sie erinnert nämlich daran, dass sich „damals“ schon das („Verbrenner“-)Automobil nicht unbedingt positiv veränderte. - Titel:

Einfach geht es einfach besser!

Es ist doch wohl mehr als nur ein Zeichen, wenn derzeit im amerikanischen Buchhandel um 300 Titel angeboten werden, die das Thema "Einfachheit" behandeln. Aber sich vom unerklärbaren Komplizierten zu lösen, zuzugeben, dass es einen mit Abneigung erfüllt, das ist in einer Welt schwer, in der Einfachheit mit Einfältigkeit verwechselt wird.

Wer denkt und redet denn noch einfach?  - Ross Perot, ein Amerikaner, den sogar General Motors mit Vorsicht behandelt, weil er zu gradlinig ist, sagte einmal bei einem Vortrag vor Studenten:

"Das Problem mit euch Burschen ist, dass ihr vom visuellen Abtasten der Umwelt redet, wo ich einfach sagen würde, dass ich aus dem Fenster schaue."

Keiner hat heute noch den Mut, sich zum Einfachen, dem Simplen zu bekennen, weil er dann selbst als Simpel dastehen würde. Einfachheit wird heute mit Einfältigkeit verwechselt.

Dabei wird uns gerade im Motorsport vorgemacht, dass es - bei einer vernünftigen technischen Grundlage - der ganzen Elektronik nicht bedarf. Hat ein Formel 1 ABS? - Hat ein Formel 1 ESP? - Und was ist mit der neuen DTM 2000?

Alles ist dort ohne Elektronik, soweit es den direkten Eingriff in das Fahrverhalten, in den Bereich betrifft, für den eigentlich der Fahrer zuständig ist. Wenn ein Fahrer nicht erstklassig ist, dann ist das Ergebnis seiner Fahrkünste auch zweitklassig. So ist das eben. Im Leben. Im Beruf. - Und so sollte es auch beim Fahren eines Automobils sein.

Heute glauben jedoch viele Fahrer sich aufgrund der elektronischen Hilfen wie Senna's oder Lauda's benehmen zu können. Sie gefährden damit nicht nur sich, sondern auch andere. Denn alle (!!!) elektronischen Hilfen sind unvollkommen. Sie können nur so gut sein wie die Software, die sie steuert. Und die kann einfach nicht alle Situationen berücksichtigen, in die ein Fahrzeuglenker kommen kann.

Das auch schon darum, weil sie auch nicht von allen Programmierern gekannt werden. Ein Programm ist immer nur so gut, wie sein Programmierer. Und warum sollte ein guter Programmierer ein guter Autofahrer sein? - Wie sollte er - meist noch in jugendlichem Alter - mit all den Situationen vertraut sein, aus dem "sein System" dann den Fahrer eines Automobils retten soll?

Ich habe mir in den letzten Wochen -zig Unfallwagen angesehen, um einmal zu beurteilen, wie gut die Airbags schützen. Ich weiß heute, dass ich mich darauf nicht verlassen kann. Ich habe Fahrzeuge gesehen, wo es einen richtigen Frontalcrash gab, wo aber kein Frontairbag - weder auf der Fahrer- noch auf der Beifahrer-Seite - ausgelöst hatte. Aber die Kopfairbags, die Seitenairbags hingen inzwischen luftleer herum.
Und im Fahrzeug lagen die Spritzen und die Verpackungen von Medikamenten herum, die man braucht, um das Leben Schwerverletzter zu stützen. Ich weiß, dass ich mich auf Airbags nicht verlassen kann. Sie sind eine "Krücke", die mir vielleicht helfen kann. Sie sind so wirksam - nach meinen Eindrücken - wie ein gutes Horoskop.

Wir sind umzingelt von Systemen, die uns das Leben erleichtern wollen. Mit System. Die uns aber eigentlich mehr belasten. Weil sie uns einerseits verdeutlichen, wie gefährdet wir z.B. beim Autofahren sind, auf der anderen Seite aber leichtsinnig machen, weil sie den Eindruck vermitteln, sie könnten fahrerische Schwächen ausgleichen.

Wenn es dann trotzdem knallt, dann wird man immer wieder darauf hingewiesen, dass man wohl einfach die Grenzen der Physik überschritten habe. Da könne das System auch nicht helfen. ESP schützt nicht beim Überschreiten dieser Grenzen. Und ein ABS hat unter gewissen Umständen auch Nachteile.

Wäre es nicht besser, ein Fahrer würde gleich lernen, eine Bremse richtig zu bedienen? Sollte man nicht besser ein Gefühl für die Grenzen der Physik entwickeln, als durch das Nichtfunktionieren von Systemen zu begreifen, dass man gerade die Grenzen überschritten hat?

Dass die Automobilindustrie ein so genanntes qualitatives Wachstum anstrebt, das kann ihr nicht übel genommen werden, weil sie damit Geld verdient. Aber es muss nicht sein, dass wir alles das akzeptieren, was uns die Industrie als so genannten Fortschritt vorsetzt. Oft wird den Kunden nur "Sand in die Augen gestreut". - Und das ist gefährlich.

Wir sollten nicht den Versprechungen der Industrie vertrauen, sondern unserem einfachen und gesunden Menschenverstand. Jede technische Neuerung sollte zwar willkommen sein, aber nur dann, wenn sie auch wirklich unser Leben vereinfacht. Kompliziertheit kann auch zum Selbstzweck werden.
Auch die Automobilindustrie wird nicht darum herum kommen, immer mehr zu vereinfachen und nicht die Dinge zu verkomplizieren. Weil sich das auch im Preis ausdrückt. Ich sehe heute schon Automobile von morgen, die Marketingleute gerne als Standard-Automobile abkanzeln würden. Aber eigentlich sind das die Automobile für Profis. Ohne allen Schnickschnack, so, dass man wieder vom Fahr-Erleben sprechen kann.

Warum gab es denn in den letzten Jahrzehnten eine so stark ausgeprägte Zweiradwelle? - Weil das Automobil doch nicht mehr das Fahrerleben bietet, das früher einmal - wie selbstverständlich - vorhanden war. Der Mensch suchte nach dem Ausgleich und fand ihn im Motorradfahren.

Ich will nicht bestreiten, dass viele der neuen elektronischen Helfer für viele einen Sinn machen. Aber nicht für alle. Und so wird es in Zukunft zwei grundsätzliche Darstellungen von Automobilen geben müssen. Einmal die technisch perfekten, die so sind wie die Stereoanlagen, die einen Frequenzbereich abdecken, der vom Menschen gar nicht wahrgenommen werden kann, und die einfachen, geraden Automobile, mit denen man wieder die Straße fühlen kann, wo die Bremse klar einen Druckpunkt erfühlen lässt, die Lenkung unverfälscht die Straße.

Wir haben verlernt einfach zu denken, einfache Sätze zu schreiben, unsere Ansprüche einfach darzustellen. Wir glauben, uns den Ansprüchen unserer modernen Zeit anpassen zu müssen. Weil es der Nachbar, der Kollege, der Freund, auch tut. Und der tut es, weil wir es tun.
Besinnen wir uns wieder auf die Einfachheit. Beim Denken, beim Sprechen, beim Essen, beim Autofahren. Ich habe gerade gelesen, dass die Dekadenz der großen Imperien und Kulturen immer dann eingesetzt hat, wenn die Kompliziertheit ihrer Strukturen den Höhepunkt erreicht hatte.
Einfachheit, nicht nur in der Technik, ist ein Gewinn für alle. - Leider nicht für die Industrie, die uns darum weis machen will, dass Einfachheit etwas mit Primitivität zu tun hat.

Aber glauben Sie mir: Einfach geht es einfach besser. Einfachheit kann ein Gewinn sein. Aber einfach zu sein, ist nicht einfach. Der Ausweg in die Kompliziertheit ist eben halt so bequem. Aber sie lässt uns, unsere Sensoren, unsere Sensibilität verkommen, degradiert uns zu Maschinenbedienern, nimmt uns jede Entscheidungsfreiheit.

Warum findet ein Lotus Elise solch eine begeisterte Zustimmung? - Warum empfindet man den neuen Porsche Turbo als eine (für Porschefahrer) gewöhnungsbedürftige Lösung?

Wenn der Damm bricht, wird das einfache, unkomplizierte - und damit auch das preisgünstige - Automobil gefragt sein. Und das schlagartig. - Gut, wer sich heute schon darauf einstellt. Wer das eine macht, muss darum ja das andere nicht lassen.  []

Hier endet die alte, beginnt eine aktuelle – „schwere“ - Weiterführung der Geschichte.

Und die beginnt mit der Porsche-Antwort von Dienstag in der Frühe:

„Guten Tag, Herr Hahne,
vielen Dank für Ihre Nachricht!
Es handelt sich bei dieser Presse-Information um einen vorgezogenen Ausblick auf das kommende Modell mit einigen ausgewählten Daten und Fakten.
Wir werden zu gegebener Zeit weitere Informationen kommunizieren, darunter die von Ihnen angefragten Daten.
Viele Grüße
XX XXXXX“

Meine Leser müssen sich also noch ein wenig gedulden. - Was den Porsche e-Macan leider auch nicht leichter machen wird. Schon der Macan als ein „Porsche-SUV-Verbrenner-Sportwagen“ kann 2 Tonnen wiegen!

Leider haben wir uns von der Entwicklung hin zu einem einfachen, unkomplizierten Automobil immer weiter entfernt. Moderne E-Automobile neigen dazu, genau eine andere Entwicklung aufzuzeigen: kompliziert, schwer und teuer. Es regiert inzwischen – wie auf anderen Gebieten auch – „das „Gesetz der hohen Zahl“.

  • 1.000 PS, 1.000 Nm Drehmoment und 2,5 Tonnen Gewicht sind bei e-Automobilen keine Seltenheit mehr.

Von Geld wird nicht gesprochen! - Leider können wir als Käufer aber nicht einfach über ein „Sondervermögen“ verfügen. Wichtig scheinen als Verkaufsargumente:

  • Lange Laufzeiten (mit einer Batteriefüllung)
  • Sehr schnelle Ladezeiten (an einer passenden Ladesäule)

Für eine dazu passende Darstellung scheinen „Influencer“ sehr geeignet, weil die aus der Sicht der Marketingabteilungen eine „hohe Reichweite“ bieten. So war dann auch schon in Amerika ein „Youtuber“ mit dem neuen e-Macan – einem Vorserien-Fahrzeug – ausschließlich auf Autobahnen unterwegs, auf denen er über eine gemessene Reichweite von 470 km (+11 km „Rest) eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 98 km/h erreichte. - Ist das wirklich toll?

  • Braucht man für eine Fahrt mit einem 98 km/h Durchschnitt auf Autobahnen 600 PS und 1.000 Nm?

Es gibt auch inzwischen weitere Informationen der Fachpresse zum neuen e-Macan. Alle ohne eine Gewichtsangabe!
Leider bleibt auch die aktuelle Antwort von Porsche „gewichtslos“. Gewichtsangaben passen auch heute nicht mehr zu den „modernen“ Marketing-Vorgaben. Eine „moderne“ Presseabteilung ist heute auch nicht primär auf die Unterstützung journalistischer Arbeit ausgerichtet, sondern arbeitet mehr im Sinne eine „Propaganda-Abteilung“!

  • Schon gewusst? - Hohes Gewicht macht ein Automobil nicht nur weniger agil, sondern erzeugt auch mehr Feinstaub! - Und verlangt nach höherer „Motor“-Leistung, wenn gleiche Fahrleistungen erzielt werden sollen! - Vom dann höheren „Verbrauch“ spricht niemand!

Um meinen Lesern eine Meinungsbildung zu ermöglichen, habe ich schon vor vielen Jahren lange „Basis“-Geschichten eingestellt, die u.a. auch einen Vergleich „Verbrenner“/e-Automobil möglich machen sollten.

Wenn Sie die noch nicht gelesen haben, empfehle ich z.B. „Strom oder Benzin – eine Glaubensfrage?“, die ich am 4. April 2012 hier eingestellt habe und die bis heute mehr als 100.000 Leser gefunden hat. (Einfach HIER klicken!) 

Die letzte Entwicklung auf dem Gebiet, wird eigentlich durch die aktuelle Umsetzung von Erfahrung der großen Autovermieter beeinflusst, die sich von einem großen Teil ihrer bisher im Vermietungsgeschäft eingesetzten Elektro-Automobile zu trennen versuchen.

  • Hertz möchte rund 20.000 E-Automobilen in den USA verkaufen.
  • Sixt trennt sich zunächst von – rd. – insgesamt 5.000 Tesla.

Man nennt als Grund für diese Entscheidung die sinkenden Preise für Neuwagen und den auch sonst größeren Wertverlust bei einem Verkauf gegenüber „Verbrennern“. Außerdem werden Unfallschäden bei e-Automobilen wohl deutlich teurer, als bei „Verbrennern“. Ein Vermieter bezeichnet sie als „doppelt so hoch“.

  • Außerdem sind e-Automobile als Mietwagen weniger gefragt als man angenommen hatte!

Automobilkäufer sollten jeweils – auch abhängig von der Art der Nutzung – ihre eigene Entscheidung treffen, weder dem Mainstream, noch einer politischen Entwicklung vertrauen. Jeder sollte bei einer Entscheidung davon überzeugt sein, dass es für ihn die richtige ist. Nur der Käufer selbst weiß z.B. auch, über wie viel Geld er verfügen kann – oder möchte! - Nachdem er vorher umfassend informiert wurde, bzw. sich informieren konnte!

  • Ein Automobil sollte immer als ein „Fortbewegungsmittel“ betrachtet werden!

Und irgendwie liegt man schon richtig, wenn man sich an der These orientiert, die vor 24 Jahren zum Titel für meine heute wieder belebte Geschichte wurde:

  • Einfach geht es einfach besser!

„First take simplicity, then add lightness“. - So hat es Colin Chapman einmal ausgedrückt. Colin Chapman, aber auch seine richtigen Thesen, sind in der Automobilindustrie lange tot. - Leider! - Denn sie waren auch die Basis für erschwingliche Preise. - Und jede Menge Fahrspaß!

Eine Lotus „Elise“, ein kleiner Mittelmotor-Sportwagen, wie er noch 1995 in Frankfurt vorgestellt wurde, kostete z.B. rd. die Hälfte des Preises für einen Porsche 911. Und wog um 750 Kilogramm!

Vorbei! -  Die Gewichtsgrenzen im Führerschein wurden inzwischen angepasst!

MK/Wilhelm Hahne
Durchschnitt: 4.8 (bei 54 Bewertungen)

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