Prof. Niefer: „Kann ich Sie mal alleine sprechen?“

Nicht nur der Firmenlenker Prof. Niefer hat mich schon mal „zur Seite genommen“, um von mir meine Meinung zu bestimmten Fragen zu hören. Das sicherlich nicht, weil meine Meinung immer die Richtige war, sondern weil sie sicher sein konnten, von mir wirklich eine „eigene Meinung“ zu hören, an der sie – evtl. - ihre Einstellung zum jeweiligen Problem überprüfen konnten.

  • Ich habe niemals irgendwem gegenüber eine „angepasste Meinung“ geäußert!

Leider ist das in „unseren Zeiten“ so, dass Mitarbeiter einer Firma, gerade gegenüber dem Chef, kaum noch eine Meinung äußern, die der des Chefs widerspricht.

Da aber niemand alles wissen, alles einkalkulieren kann, kommt es so auch schon mal vor, dass Chefs mit ihrer „einmaligen“ Meinung und Einstellung zu einem Problem etwas „daneben liegen“.

  • Aber niemand wird dem dann in seinem direkten Umfeld drein reden. Warum sollte man sich unbeliebt machen?

Mir ist zum Titel dieser Geschichte deshalb Prof. Niefer eingefallen, weil der bei seinen öffentlichen Auftritten sich auch schon mal deutlich gegen die von mir veröffentlichte Meinung ausgesprochen hat. So konnte bei meinen Journalisten-Kollegen der Eindruck entstehen, dass „der Niefer den Hahne nicht mag“! - Wofür alle – sozusagen lächelnd – Verständnis hatten.

Was sie aber nicht wussten war, dass mich ein Prof. Niefer – aber auch andere Vorstände – schon mal zu kurzen „Allein“-Gesprächen gebeten haben, um meine Meinung zu hören. So auch in dem Fall, der mir dazu eingefallen ist, als ich aktuell über folgendes Thema mal nachdachte:

  • Warum ist Mercedes/Daimler heute „Europa-Meister“ in Sachen Pkw-Rückrufe?

Prof. Niefer war ein Mann, der geradezu „pingelig“ auf eine gute Qualität der in Stuttgart gefertigten Fahrzeuge achtete. Er hatte mich auch in einem Dia-Vortrag - speziell für mich -  darüber informiert, welche Vorkenntnisse er aufgrund seiner beruflichen Entwicklung erlangt hatte. Seine eigentliche Stärke war sein Wissen um die Eigenarten der unterschiedlichen Materialien – und wie sie verbaut sein sollten.

Man denke nur an die „Qualitätsrunden“ im Sitzungsraum neben seinem Vorstandszimmer, als es z.B. bei der E-Klasse mal zu Problemen gekommen war.

So etwas wird es wohl heute bei Daimler/Mercedes kaum noch geben, wenn man die hohen aktuellen Rückrufraten von Mercedes-Automobilen – zurück in die Werkstätten - registriert.

Aber es gibt auch deutlich mehr unterschiedliche Modelle und Varianten im Angebot, weil man sonst wohl auch kaum so hohe Produktionszahlen realisieren könnte. - Die noch andere Probleme – z.B. auch im Vertrieb – schaffen.

  • Die Automobilhersteller haben sich eigentlich ihre Probleme, durch den sich auferlegten Zwang nach Wachstum, selber geschaffen!

Ich möchte daran erinnern, dass es – vor Jahrzehnten – bei Mercedes einen Zeitpunkt gab, wo ein Prof. Niefer mir aus gegebenem Anlass – „Kann ich Sie mal alleine sprechen?“ - die Frage stellte:

„Meinen Sie, dass wir unseren Anspruch, Premium-Automobile zu bauen, auch dann noch lange aufrecht erhalten können, wenn wir im Jahr deutlich mehr als 500.000 Automobile fertigen?“

Als ich ihn fragend ansah, hat er seine Frage ergänzt:

„Wir wollen – wir müssen – unsere Produktion in Zukunft schon stark,  noch stärker steigern. Oder wir müssen höhere Erlöse aus ‚qualitativem Wachstum‘ generieren.“

Ich habe „damals“ eine Produktionssteigerung für unbedenklich gehalten, weil man doch trotzdem auch weiter Mercedes-Automobile mit dem Versprechen „Das Beste oder nichts“ anbieten könne. Dabei habe ich mir – ganz ehrlich – aber auch nicht vorstellen können, wie das – nach dem Tod von Prof. Niefer - mal „ausufern“ würde.

Es folgt ein zeitlich weit auseinander liegender Vergleich von Zahlen, die das deutlich machen:

  • Mercedes produzierte im Jahre 1980 insgesamt 429.078 Personenwagen. - Keine 500.000!
  • Im Produktionsjahr 1990 – unter „Niefer-Verantwortung“ waren es schon 574.200 Stück.
  • Im „Corona-Jahr“ – 2022 - lieferte Mercedes  2.043.960 Personenwagen an Kunden aus.

Ich persönlich wundere mich da nicht, wenn inzwischen nur noch die Verkaufspreise und die Vorstands-Einkünfte bei einer Reihe von Automobil-Herstellern „Premium“ sind!

Und zuverlässig – steigen nur die Preise!

MK/Wilhelm Hahne

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