NR-Pächter: Mehr Gedanken – mehr Fehler?

Der Geschäftsführer der capricorn NÜRBURGRING GmbH, der Firma, die nun seit dem 1. Februar 2015 offiziell Pächter des Nürburgrings ist, hat der „Rhein-Zeitung“ ein Interview gewährt. „Im eleganten Dreiteiler“, wie man lesen kann. Es wurde am 6. Juni 2015 (Seite 13) veröffentlicht. Dazu gäbe es eine Menge zu sagen. Wir wollen uns heute aber einmal auf eine Aussage beschränken, die beispielhaft für die Art den Denkens ist, mit der man daran arbeitet, es wieder so zu machen, wie es der Region schon vielfach versprochen wurde: Gut! - Man sollte dem Geschäftsführer auch keinen Vorwurf machen, wenn er glaubt „mit der Erste“ zu sein, „der die Dinge klar benennt.“ - „Denn ich stehe für Glaubwürdigkeit und Seriosität und nicht für Träumereien.“ - Motor-KRITIK möchte ihn trotzdem heute nur an einem Punkt aus seinen Gedanken reißen, die er sich offensichtlich macht und die er auch für gut hält. Greifen wir also mal eine einzige Aussage heraus und machen an Beispielen – nur eine seiner Aussagen betreffend – deutlich, dass es nicht darauf ankommt sich „früh Gedanken“ zu machen, sondern auch über den eigenen Schreibtischrand hinaus zu blicken. Wenn er es noch nicht wissen sollte: Der Nürburgring ist Teil einer Eifelregion, der einmal aus einem bestimmten Grund genau an diesem Punkt in die Eifel gebaut wurde. - Nicht für die capricorn NÜRBURGRING GmbH, sondern für die Region!

NR-Pächter: Mehr Gedanken – mehr Fehler?

Carsten Schumacher wird von der „Rhein-Zeitung“ als „erfolgreicher“ Firmensanierer vorgetellt. Auch hier zitiert man Herrn Schumacher und nennt die Firmen, die er erfolgreich sanierte. Philipp Holzmann scheint da – meint Motor-KRITIK – nicht so richtig zu passen.

Aber in dem Interview passt vieles nicht. Aber man liest, dass der Geschäftsführer des Pächters meint, dass das operative Geschäft in diesem Jahr bislang „voll im Plan liegt.“ - Also hatte man wohl die Formel 1 und „Rock am Ring“ nicht im Plan. - So einfach ist das!

Die Trennung von Marek Lieberberg hält Schumacher aber dann „aus heutiger Sicht“ schon für einen Fehler. - Bei Motor-KRITIK konnte man schon vor einem Jahr (am 5. Juni 2014) lesen:

„Man hat mit dem neuen Veranstalter, DEAG, Berlin, und dessen Chef, Prof. Schwenkow, vereinbart, dass man zu 50 Prozent am Gewinn beteiligt ist. (Von Lieberberg hätte man vertragsgemäß "nur" 35 Prozent erhalten.) - Diese Zahlen sagen nicht alles. Wie man dann in 2015 an den „langen Gesichtern“ der Capricorn-Besitzer ablesen können wird.“

So könnte man eigentlich das Interview Stück für Stück zerpflücken. - Motor-KRITIK möchte das einmal etwas ausführlicher an einem anderen – und einzigen - Beispiel darstellen:

Frage der „Rhein-Zeitung“: „Was genau haben Sie verändert?“

Carsten Schumacher: „Wir haben angefangen, die Veranstaltungstermine sehr früh zu bestätigen.Und wir machen uns viel früher Gedanken um den Veranstaltungskalender, der bislang immer erst sehr spät feststand. Außerdem wollen wir künftig nicht nur die Strecken vermieten, sondern Veranstaltungen auch selbst ausrichten.“

Nur eine Frage, nur eine Antwort aus dem Interview. Wir wollen uns mit diesem Teil begnügen, da er die Basis für die Einschätzung bietet, dass man ein wenig „eng denkt“. „Früher“ zu denken ist sicherlich nicht schlecht, aber dabei nicht über den eigenen Schreibtischrand hinaus zu schauen ist ein Fehler! - Man sollte lernen, in Zusammenhängen zu denken und zu handeln.

Nehmen wir doch mal das Beispiel für „Veranstaltungen auch selbst ausrichten“. Das wäre dann „ FIA WEC - 6 Hours of Nürburgring“, ein Sportwagenrennen, das in der Zeit vom 28. - 30. August 2015 auf dem Nürburgring-Grand-Prix-Kurs durchgeführt wird. - In Eigenregie der capricorn NÜRBURGRING GmbH, die hier als Veranstalter das Risiko trägt, da ohne jede Erfahrung, auch ohne eine Vorstellung vom Risiko. - Und den Kosten!

Man hat noch nicht einmal die derzeitige Situation begriffen, die man mit einer Terminvergabe für Veranstaltungen schafft, die gar nicht mit den Übernachtungsmöglichkeiten in direkter Nähe der Rennstrecke zu realisieren sind.

Nehmen wir also mal das Beispiel des FIA WEC-Laufs. Dazu liste ich hier einmal die Wochentage auf und was sonst noch durch die capricorn NÜRBURGRING GmbH im direkten Umfeld dieser Veranstaltung platziert wurde:

  • 24. August, Mo.: Anreise Industriepool
  • 25. August, Di.:  Industriepool
  • 26. August, Mi.: Industriepool, Anreise Teilnehmer WEC-Lauf
  • 27. August, Do.: Industriepool, WEC-Lauf-Teilnehmer
  • 28. August, Fr.:  Industriepool, WEC-Lauf-Teilnehmer
  • 29. August, Sa.: WEC-Lauf-Teilnehmer, Anreise Auslands-Zuschauer WEC
  • 30. August, So.: WEC-Teilnehmer, Zuschauer als Touri-Fahrer, Anreise Scuderia Hanseat

Man hat bei der capricorn NÜRBURGRING GmbH nicht bedacht, dass der Industriepool mit seinen Fahrern schon die Zimmer/Betten belegt, die auch die WEC-Teilnehmer beanspruchen möchten, da beide Gruppen in Ring-Nähe untergebracht sein müssen. Hinzu kommt, dass auch Zuschauer mit weiter Anreise nicht weit entfernt vom Nürburgring untergebracht sein wollen.

Aber auch die Teilnehmer am Lehrgang der Scuderia Hanseat, die z.T. weite Anreisen aus dem Ausland haben, treffen nicht am Montag, zum Beginn des Lehrgangs ein, sondern schon vorher. Hier kommt es dann zu Überschneidungen die zu Verärgerungen der einen oder anderen Gruppe führen, weil das Bettenkontiengent in direkter Ring-Nähe nicht reicht, aber schafft eine Situation, die eigentlich unnötig wäre, wenn es eine „intelligente“, weitsichtige Termingestaltung geben würde.

Aber die capricorn NÜRBURGRING GmbH denkt kurzsichtig nur an einen eigenen Profit und nicht daran, dass man sich mit solchen Methoden über die Zeit nur selber schadet.

Das oben genannte Beispiel ist kein Einzelfall. Motor-KRITIK möchte das an einem noch aktuelleren Beispiel verdeutlichen:

In dieser Woche hat BMW die Nordschleife für einen Lehrgang gemietet. In der nächsten Woche ist dann nicht nur wieder eine Industriewoche mit relativ großer Beteiligung. Mercedes hat z.B. Zusatz-Werkstatt- und Unterstellräume angemietet, weil die im Eigenbesitz befindlichen Flächen nicht reichen.

Gleichzeitg findet aber auch in dieser Woche dann das „Fuhrpark-FORUM“ am Nürburgring statt. Industriepool-Teilnehmer + Teilnehmer am „Fuhrpark-Forum“ sind aber nicht in Ringnähe gleichzeitig unterzubringen. Natürlich kann man sagen, was man aus dem Mund der „Termingestalter“ am Nürburgring dann auch Dümmliches hört. - Aber das ist nicht in der Realität praktizierbar, bzw. wird von den „Betroffenen“ nicht akzeptiert.

Die aktuellen Nürburgring-Verantwortlichen müssen  auch die Region – und deren Möglichkeiten – in ihre Planungen mit einbinden! Oder anders: Der Nürburgring-Pächter sollte nicht nur Dienstleister sein, sondern auch so handeln und sich so gegenüber seinen Kunden verhalten.Er verkennt seine Situation, schätzt seine Position falsch ein. Da hilft dann auch nicht die Ausrede, dass man „in dem Geschäft“ noch Erfahrung sammeln müsse. - Entweder ist jemand zur Führung eines solchen Geschäfts geeignet oder nicht!

Man muss begreifen lernen: Die capricorn NÜRBURGRING GmbH ist nicht der Herr des Rings!

In dieser Woche wäre in Ring-Nähe viel Platz für Teilnehmer am „Fuhrpark-FORUM“ gewesen. Weil z.B. keine Industriewoche ist. Aber es scheint dem verantwortlichen Management am Nürburgring zu genügen, wenn man den eigenen Terminkalender irgendwie besetzt hat. - Damit man „im Plan liegt“?

Dass man Teilnehmer, Zuschauer und Besucher so in ihrer Einstellung gegenüber dem Nürburgring negativ beeinflusst, daran scheint man nicht zu denken. - Weil nur das Heute zählt?

Motor-KRITIK möchte Herrn Schumacher mal an einen Satz aus dem „Rhein-Zeitung“-Interview erinnern, den er sicherlich selbst nicht ganz verstanden hat, wie obige Beispiele zeigen:

„Aber wenn wir uns verbessern, attraktiver werden, dann sind unsere Kunden auch bereit, mehr Geld für eine gute Leistung auszugeben.“

Wahrscheinlich empfindet man die eigene Terminvergabe – Hauptsache, der Kalender ist voll – als eine „gute Leistung“ und als Maßstab. - Der Maßstab sollte aber die Kundenzufriedenheit sein!

Die Kunden, die Nutzer und Besucher des Nürburgring werden darüber entscheiden, wie sie das Verhalten des neuen Pächters zu werten haben. - Und ob sie daraus Konsequenzen ziehen!

Motor-KRITIK wollte aus gegebenem Anlass daran erinnern.

MK/Wilhelm Hahne
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