Nr. 16/5046? - Dokument liegt nicht vor!

Die „Rhein-Zeitung“ greift am 16. Juni exklusiv – den Eindruck muss man haben - ein Thema auf, das Motor-KRITIK schon lange beschäftigt: Die Insolvenzforderungen im Fall der Nürburgring-Pleite. - Was die „Rhein-Zeitung vermeldet ist interessant. Klar ist auch, dass es hier nur einen direkten Informanten geben kann. Welche Schlüsse die „RZ“ daraus zieht... - Na ja! - Also schreibe ich den Abgeordneten, der hier offenbar vorab gezielt Informationen verteilte, noch am gleichen Vormittag an. Es gibt bis heute keine Antwort. Das macht das Thema noch interessanter. Motor-KRITIK glaubt zwar die „große Linie“ der Landesregierung zu kennen, hat aber keinerlei Informationen zu Details. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass das o.g. Dokument auch noch nicht auf den Internetseiten des Landtages zu finden ist, obwohl man dort auch danach erstellte Dokumente inzwischen längst in digitalisierter Form abrufen kann. Zum gleichen Termin haben auch andere Medien über einen möglichen Rechtsstreit zwischen Insolvenzverwalter und Landesregierung berichtet. - Grund genug einmal den wahrscheinlichen Initiator dieser in diesen Tagen immer wieder erwähnten Anfrage bei der CDU in Mainz anzuschreiben und um Informationen zu dem Thema zu bitten. - Aber der Adressat meldet sich bis heute nicht. Zumindest nicht bei Motor-KRITIK. Im Archiv des Landtages ist das bewusste Dokument immer noch nicht elektronisch erfasst. Auskunft von dort am Freitag-Vormittag, 19. Juni 2015, aus Mainz:

Nr. 16/5046? - Dokument liegt nicht vor!

Aber Motor-KRITIK liegt jetzt - nach intensiven Recherchen - ein Dokument vor, das nicht exakt dem bedeutenden Papier entspricht, das der „Rhein-Zeitung“ als Basis für ihre Berichterstattung diente. Das waren nach Darstellung der Zeitung „sieben Seiten Schriftsatz inklusive Anhang“.

Das Motor-KRITIK nun vorliegende Dokument ist nicht ganz so umfangreich, umfasst nur sechs Seiten, ist aber deswegen nicht weniger interessant. - Es trägt die Dokumenten-Nummer 16/5046.

Zum Inhalt und der Vorgeschichte:

Man muss wissen, dass der von Insolvenzgericht Ahrweiler eingesetzte Insolvenz-Sachwalter, der Rechtsanwalt Jens Lieser aus Koblenz, im Herbst 2012 ein umfangreiches Gutachten zur Insolvenz in Eigenverwaltung (!) der Nürburgring GmbH und seiner Satelliten erstellt hatte, dass er Ende Oktober 2012 diesem Insolvenzgericht (Amtsgericht) vorgelegt hat.

Es umfasst 103 Seiten und benennt auf Seite 101 die

Nachrangige Verbindlichkeiten Land Rheinland-Pfalz“ mit 328.245.000,00 €

Gestört hat uns schon damals, dass das Land dann seine Forderung – deren genaue Höhe uns nicht bekannt war,

  • sowohl als „einfache Insolvenzforderung“ nach § 38 InsO,
  • als auch als „nachrangige Forderung“, nach § 39 InsO,

angemeldet hat. Aktuell erklärt das der Staatssekretär im Finanzministerium des Landes RLP, Prof. Dr. Salvator Barbaro, mit „der gesamtschuldnerischen Haftung“ des Landes. Fachleute mögen diese Erklärung zu verstehen suchen, uns bei Motor-KRITIK erschließt sich diese Erklärung nicht.

Wir sind im Gegenteil der Meinung, dass jede Forderung der Politiker, die ihr Geld für einen unsinnigen Freizeitpark mit nutzloser Achterbahn hinausgeschmissen, die Insolvenz der Nürburgring GmbH selbst verschuldet haben, einer GmbH die in ihrem Besitz, zu 90 Prozent im Besitz des Landes war, dass die schon rein moralisch auch nicht den Anspruch auf einen Cent haben.

  • Merke: Politiker reden nur von Moral und Ethik, wenn sie die von anderen fordern.

Jetzt fehlt nur noch, dass diese Provinz-Politiker erklären, dass eigentlich der Wähler und Steuerzahler schuld an dem Nürburgring-Fiasko trägt, weil der schließlich die aktuell immer noch in der Regierung dominierend tätigen SPD-Mitglieder „demokratisch legitimiert“ habe, in ihrem Auftrag – im Auftrag der Wähler! – die Geldverschwendung vorzunehmen. - Und außerdem sei niemand nachdrücklich gegen dieses Vernichten von Steuergeldern eingeschritten. - Und die CDU habe ihre Kontrollaufgabe auch nicht wirklich ernsthaft wahrgenommen.

In diesem Zusammenhang erinnern wir uns dann an ein Beispiel, das durch den Fall des Michael Billen dargestellt wird. Damals, als die CDU versagte und von den Wählern Billens – in seinem Wahlkreis – daran erinnert werden musste, wie man die Situation „an der Basis“ empfand. - Frau Julia Klöckner wird sich sicherlich nur ungern an diese – ihre – Niederlage erinnern.

Aber zurück zur realen Situation, zu einer Bestandsaufnahme und der Zuordnung von Zahlen den unterschiedlichen Fronten:

Wie wir jetzt auf Basis des Dokuments 16/5046 feststellten, hat das Land weitere Forderung, z.T. die „Satelliten“ der Nürburgring GmbH betreffend, dann in diesem Jahr - in 2015 - nachgereicht. Aber auch hier sozusagen zweigleisig fahrend; einmal nach § 38, einmal nach § 39.

Die „einfachen Forderungen“ (nach § 38) sind vom Insolvenz-Sachwalter Jens Lieser – aus welchen Gründen dann auch immer - größtenteils bestritten worden. Danach würden sich daraus „nur“ reale Forderungen des Landes RLP an „die Insolvenzmasse“ in Höhe von:

  • insgesamt 22.452.289,68 € ergeben,

während die Forderungen des Landes nach deren eigenen Vorstellungen und Auflistungen

  • insgesamt 612.624.952.55 € betragen.

Der Insolvenz-Sachwalter hat von den „nachrangigen Forderungen“ der Landesregierung

  • insgesamt 375.997.461,28 € anerkannt,

also nun in 2015 mehr, als er in seinem Gutachten vom 29. Oktober 2012 aufführte, während das Land RLP durch das Finanzministerium

  • insgesamt 613.310.169,62 €

geltend macht.

Nun ist nach dem „wohlfeilen“ Verkauf des Nürburgrings zu 77 Millionen Euro (tatsächlich sind es weniger) – dessen Gesamtbetrag noch nicht eingegangen ist – der „Masse-Topf“ wohl nicht so groß, dass man die Forderungen des Landes – als „einfache Forderungen“ - nicht akzeptieren könnte, ohne die normalen Forderungen („einfache Forderungen“) der „kleinen mittelständischen Betriebe“ zu gefährden. - Darauf hebt die bisherige Berichterstattung zu diesem Thema in den bisher erschienen Berichten der Presseagenturen und Zeitungen ab.

Auf einer Konferenz an der Kölner Universität wurde gerade von Wissenschaftlern über die „Zwänge“ debattiert, in die die Medien durch die real anzutreffende Vielfalt zu geraten scheinen. Auf den Internetseiten von „heise“ ist dazu zu lesen:

„Redaktionen müssen sich unter dem Kostendruck auf Geschichten konzentrieren, die schnell zu recherchieren und einfach zu illustrieren sind. Emotionalisierende Überschriften werden am häufigsten angeklickt. Ohne zentrale Steuerung können sich so medienübergreifende Kampagnen entwickeln. Soziale Medien können diesen Effekt sogar noch bestärken.“

Vielleicht erklärt sich so auch die bisherige Medien-Berichterstattung zum Thema „Forderungen der RLP-Landesregierung an die Insolvenzmasse der eigenen GmbH“.

In meiner E-mail vom 16. Juni an einen Abgeordneten der CDU habe ich einen Gedanken niedergeschrieben, den ich in den aktuellen Medien-Berichterstattungen zu diesem Thema noch nicht wahrnehmen konnte:

„Mich interessiert natürlich auch, wie die Landesregierung aus "nachrangig" nun in eine neue Position kommen will, die die Forderungen "der kleinen Leute" gefährdet. - Oder ist das nur der Beginn der Umsetzung einer neuen taktischen Variante (dieses Mal von Frau Dreyer), bei deren Zurücknahme sie dann mit dem Beifall  und - weil das wichtig ist: auch der Stimmen! - der Wähler rechnen kann?“

Und die CDU lanciert eine solche Maßnahme durch exklusives Verteilen eines Dokumentes, das eigentlich nach Motor-KRITIK-Vorstellungen längst öffentlich sein müsste? - Obwohl mir am Freitag aus dem Mainzer-Landtags-Archiv das so erklärt wurde, dass in der Landtagsdruckerei nicht unbedingt in der Reihefolge des Eingangs die Druckaufträge abgearbeitet werden, sondern dass man die in einer anderen Zusammenstellung und Reihenfolge abarbeitet, die einen rationelleren Arbeitsablauf möglich macht.

„Aber in der nächsten Woche werden wir 16/5046 sicherlich in digitaler Auflösung bei 'Opal' einstellen“, wurde ich getröstet, nachdem man mir bedauernd erklärt hatte, dass man mir die Unterlage nicht direkt zustellen könne. „Nur die Abgeordneten, die die Drucksache erhalten haben, können – so wie sie es für richtig halten – vorab und direkt informieren. - Uns ist das leider untersagt.“

Ich, bzw. Motor-KRITIK, wurde damit praktisch an die CDU in Mainz verwiesen, die mir aber schon auf meine E-mail nicht antwortete.

Motor-KRITIK wollte nicht warten und hat sich darum die Unterlage aus anderen Quellen besorgt, um den Motor-KRITK-Lesern das Thema ein wenig detaillierter und auch in einer möglichen anderen Sichtweise darzustellen. - Und das möglichst schnell.

Die Entwicklung in den nächsten Wochen zu diesem Thema wird sicherlich Aufschluss darüber geben, ob eine Berichterstattung – wie sie z.B. in der „Rhein-Zeitung“ unter dem Thema:

„Ring-Pleite: Gehen die Handwerker am Ende leer aus?“

nicht wegen der „emotionalisierenden Überschrift“ so einfach – und nicht umfassend mit Zahlen informierend und detaillierter - erscheinen musste.

Motor-KRITIK erscheint es einfach „billig“, die so dargestellte Lösung – wie sie auch von einem Staatssekretär in offiziellem Auftrag der Landesregierung verkündet wurde - in Richtung EU-Kommission in Brüssel zu verschieben. - Zitat aus dem Dokument 16/5046, das bisher der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist:

„Durch die Umsetzung des Beschlusses der EU-Kommission vom 1. Oktober 2014 zu staatlichen Beihilfen Deutschlands zugunsten des Nürburgrings – SA.31550 – haben sich im Insolvenzverfahren seitens des Landes geltend zu machenden Forderungen gegenüber der Darstellung im gemeinsamen Sitzung des Wirtschafts- und Innenausschusses am 20.03.1014 erhöht.“

Der informierende Staatssekretär, Prof. Dr. Salvator Barbaro, ist übrigens u.a. auch seit 2012 Verwaltungsratsvorsitzender der ISB, der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz, der Bank, die bei der Finanzierung von „Nürburgring 2009“ eine so bedeutende Rolle (auch im Prozess gegen den Ex-Finanzminister Prof. Deubel) spielte, zumal sie nicht regierungsunabhängig ist.

MK/Wilhelm Hahne

 

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