Organisiertes Chaos an Carfriday? - „Stay at Home“?

Laut einer aktuellen Statistik – aus 2020 – sind weniger als 30 Prozent aller Deutschen davon überzeugt, dass sie die englische Sprache “sehr gut“ beherrschen. Darum war der Autoverkehr auf den Straßen rings um den Nürburgring auch am Karfreitag, dem höchsten kirchlichen Feiertag -  besonders aus Sicht der überwiegend katholischen Bevölkerung in der Hocheifel - an diesem Tag in diesem Jahr zwar geringer, aber nicht gering. Man hatte den Aufruf der Nürburgring-Besitzer – „Stay at Home“ – wohl nicht verstanden. - Aber vielleicht auch deshalb, weil dieser Tag als „CAR-Friday“ schon seit Jahren von anderen Nürburgring-Besitzern kräftig beworben worden war. - Am Beispiel des Geschehens – auch der unterschiedlichen „Allgemeinverfügungen“ zu Corona - an diesem Tag rings um den Nürburgring wird auch deutlich, wie irreführend offizielle Zahlen und aktuelle Bestimmungen im „Flickerlteppich“ der Länder und Kreise in der Bundesrepublik Deutschland sein können. - Und wie stark der Einfluss von kommerziell geprägten Gruppen auf die über Jahrhunderte entwickelten Eigenheiten einer Region sein kann. - Das ändert sich auch nicht durch den Gebrauch von „Sprachhülsen“, nach denen z.B. der Nürburgring „der Wirtschaftsmotor der Eifel“ ist. - 2021 ist manches anders als rd. 100 Jahre vorher! - Aber die Menschen einer bestimmten Landschaft und Region, werden immer regional geprägt sein. - „Wanderarbeiter“ sind da natürlich ausgenommen – und vielleicht so eine Erklärung für eine Situation, wie sie in diesen Tagen rund um den Nürburgring registriert werden musste:

Organisiertes Chaos an Carfriday? - „Stay at Home“?

„You can’t make a silk purse out of a sow’s ear“, würde man wahrscheinlich am Nürburgring sagen, wenn man begreifen würde, dass aus „Nichts nichts wird“. Oder anders: Aus einem Ackergaul kann man kein Rennpferd machen und auf einer Rennstrecke kann man keine „Sigthseeing“-Tour durch die Eifel – „Touristenfahrten“ -  anbieten. - Mit Adrenalin-Kick? -

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Da passt natürlich ein „Carfriday“ zum Nürburgring viel besser, als ein Karfreitag. - Nur hat ein Karfreitag bei der in der Region um den Nürburgring lebenden Bevölkerung eine viel größere Bedeutung, als ein „CAR-Friday“, als der er auch von der Polizei in dieser Region empfundene Feiertag werden musste, wie die Veröffentlichungen zeigen, die vor diesem „Ereignistag“warnen sollten.

Aber was heißt schon Region? - Ich wohne z.B. im Kreis Mayen-Koblenz, in dem zum Thema „Corona-Pandemie“ andere Bestimmungen gelten als im Kreis Ahrweiler, obwohl mich vom Nürburgring nur 13 Kilometer trennen. Der Kreis Ahrweiler fällt einem kritischen Betrachter schon dadurch auf, dass dieser Kreis z.Zt. eine 7-Tage-Inzidenz von 51,5 aufweist, während er von Kreisen umgeben ist, die – fast – alle deutlich über 100 liegen.

Im Kreis Mayen-Koblenz beträgt die 7-Tage Inzidenz z.Zt. 154,4, was natürlich zu verschärften Bestimmungen geführt hat, die aber kaum im Detail einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurden. Da heißt es z.B. - gültig für diesen Karfreitag – oder CAR-Friday:

„Während des in Satz 1 genannten Zeitraums ist der Aufenthalt im Gebiet des Landkreises Mayen-Koblenz grundsätzlich auch Personen, die nicht dort sesshaft sind, untersagt.“

Dieser Zeitraum ist „in Satz 1“ dann so beschrieben:

„Die nachfolgenden Vorschriften ergänzen oder ändern die Regelungen der 18. Corona-
Bekämpfungsverordnung (18. CoBeLVO), da im Landkreis Mayen-Koblenz die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner an drei aufeinander folgenden Tagen auf über 100 gestiegen ist.“

Nun muss man in „18. CobeLVI“, die 18. Corona-Bekämpfungsverordnung des Landes Rheinland-Pfalz schauen, um schließlich dort in § 25, auf Seite 39, zu erfahren:

„Inkrafttreten, Außerkrafttreten
(1) Diese Verordnung tritt am 22. März 2021 in Kraft und mit Ablauf des 11. April 2021 außer Kraft.“

Jetzt muss man noch in den „Duden“ schauen, was denn eigentlich „Aufenthalt“ bedeutet. Dort ist dann zu lesen:

„das Sichaufhalten; zeitlich begrenzte Anwesenheit an einem Ort“

In meinem Dorf, in dem ich „sesshaft“ bin, war morgens um 7 Uhr die Welt noch in Ordnung. Die Fahrzeuge die ich mittags auf dem Gemeindeparkplatz fotografierte, der der Ausgangspunkt für das Begehen eines „Traumpfades“ ist, sind dann der Beweis dafür, dass auch hier schon eine ganze Reihe von Personen strafbar gemacht hatten. - Aber woher sollen die gewusst haben, welche Bestimmungen hier vor Ort gelten? - Es wurde auch nicht kontrolliert!

Wenn man nun – als „Kundiger“ – einen Blick auf dieses Foto wirft, weiß man, dass hier fast jeder Besucher dieses Parkplatzes gegen bestehende Verordnungen verstoßen hat. Die Kreisgrenzen sind nämlich nirgendwo auf der Straße aufgemalt und der Bereich „Döttinger Höhe“ gehört aber nun mal zum Landkreis Mayen Koblenz. - Das war wohl auch nicht der Polizei bekannt, die an diesem Ort auch Fahrzeugkontrollen durchführte, um u.a. Verstöße gegen die StVZO zu ahnden.

Viele der Nürburgring-Besucher, die nach dem Umrunden der Nürburgring-Nordschleife bei den auch am Karfreitag dem Veranstalter genehmigten ganztägigen „Touristenfahrten“ zum Tanken an die Tankstelle „Döttinger Höhe“ kamen, wechselten praktisch vom Kreis Ahrweiler (Inzidenz 51,5) in den Kreis Mayen-Koblenz (Inzidenz 154,4) und haben sich damit strafbar gemacht.

Ich schreibe das hier nicht, weil ich auf Verstöße aufmerksam machen will, sondern ich weise darauf hin, weil unsere Politiker – in unserem Rheinland-Pfalz gerade wieder gewählt - doch nun endlich begreifen sollten, dass man mit einem „Flickerlteppich“ von Bestimmungen, die vom Bund angeregt, dann von den Länderchefs korrigiert, von Landräten bis zur Unkenntlichkeit auf der Basis von Zahlen zerstümmelt, die niemand wirklich kontrollieren kann, eigentlich ein „Blödsinn3“ sind.

Weil die nachfolgenden Darstellungen besonders ‚“nett“ sind und den „Tatbestand“ von Karfreitag auch beschreiben, seien sie hier eingefügt. Da sagt z.B. der Polizeisprecher in einer Nachbetrachtung:

„Das Aufkommen rund um den Ring war grundsätzlich deutlich geringer als sonst zu Karfreitag üblich. Wir konnten zeitweise, insbesondere am Mittag und frühen Nachmittag, einen zähflüssigen Verkehr beobachten. Unsere eingesetzten Kräfte sorgten jedoch dafür, dass dieser zu keinem Zeitpunkt zum Erliegen kam. Hierdurch wurden Personenansammlungen weitestgehend unterbunden oder konnten durch gezielte Ansprachen und Lautsprecherdurchsagen aufgelöst werden. Insgesamt verlief der Karfreitag am Nürburgring sehr gesittet.“

Und der Geschäftsführer des Veranstalters der „Touristenfahrten“ am Karfreitag lässt sich so zitieren:

„Dieser Karfreitag ist ein gutes Beispiel dafür, was man auch in Zeiten der Pandemie erreichen kann, wenn alle Beteiligten zusammenarbeiten. Wir haben es trotz des schönen Wetters geschafft, den Menschen zu erklären, dass auf der Strecke zwar Touristenfahrten stattfinden, jedoch ansonsten alle Plätze rund um die Strecke geschlossen sind und wir von einem Tagesausflug zum Nürburgring abraten. Dass dies bereitwillig aufgenommen wurde, ist sehr erfreulich.“

Natürlich musste man den „Touristenfahrern“ auch einen Platz für Erholungspausen anbieten. So war – natürlich – ein Parkplatz nahe der Nordschleifen-Einfahrt geöffnet. Die Fotos möchte ich unkommentiert lassen, weil sie für sich sprechen. Weil das große Fahrerlager an Start- und Ziel, das auch zum Erholen der „Touristenfahrer“ ausgewiesen war, nicht so einfach „zu überwachen“ ist, hatte man die Überwachungskamera für dieses Fahrerlager bereits am 1. April um 15:10 Uhr  abgeschaltet.

Offenbar wollte man auch hier nicht überwachen, denn mit der Abwicklung der Unfälle auf der Rennstrecke an Karfreitag hatte man schon genug zu tun. Der erste „Einschlag“ wurde ziemlich früh in der „Hatzenbach“ registriert. Nach insgesamt vier weiteren Unfällen im Bereich „Aremberg“, die dann auch zweimal zu Unterbrechungen der „Touristenfahrten“ führte, gab es dann – so weit ich das recherchieren konnte - drei weitere Unfälle, bis dann mit einem Einschlag am „Metzgesfeld“, nach insgesamt neun Unfällen an diesem „‘CAR-Friday“ am frühen Abend,  die „Touristenfahrten“ beendet werden konnten.

Zu diesem Zeitpunkt hat dann auch die Polizei ihre „Überwachungsarbeiten“ abgebrochen, die vorher angekündigt waren und sicherlich auch manche „Poser“ abgehalten hat, dieses Mal zum Nürburgring anzureisen. In der „Rhein-Zeitung“ äußerte sich der verantwortliche Einsatzleiter zu den Polizeimaßnahmen so:

„Wir greifen konsequent durch bei Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung, illegalen Fahrzeugmanipulationen und Verstößen gegen die Corona-Schutzverordnung.“

Nach meinen Beobachtungen hat man tatsächlich strenge Kontrollen auf den Bundesstraßen durchgeführt. So gebunden, hat man dann wohl keine Zeit gefunden, die „Touristenfahrten“ auf der Nürburgring-Nordschleife zu überwachen. - Ich bin auch unsicher, ob die Polizei alle Unfälle auf der Nordschleife statistisch erfasst hat, die lt. Aussage eines Verantwortlichen mir gegenüber, als eine normale Landstraße betrachtet werden muss, auf der auch die StVO Geltung hat.

An diesem Karfreitag hat es in der Eifel keine Disko, keine Tanzveranstaltung, kein Kino gegeben. Nicht nur, weil es besonderer kirchlicher Feiertag war, sondern weil alle Gewerbetreibenden lt. den entsprechenden Verordnungen auf die Entwicklung der Corona-Pandemie Rücksicht zu nehmen hatten.

Gab es dann an Karfreitag die „Touristenfahrten“ am Nürburgring zum Trost? -  In einer Pressemitteilung nach diesem „erfolgreichen Tag“ informierte der Nürburgring-Pächter:

„Noch bis einschließlich Ostermontag bietet der Nürburgring auf Nordschleife und Grand-Prix-Strecke ganztägig die Touristenfahrten an. Weiterhin bleibt jedoch die zentrale Botschaft an all diejenigen, die das Angebot nicht wahrnehmen: ‚Stay at home‘.“

Na, denn…!

Die Übersetzung ins normale Alltags-Deutsch würde lauten:

Wer nicht zu den „Touristenfahrten“ an den Nürburgring kommen will, soll doch einfach zu Hause bleiben!

MK/Wilhelm Hahne
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