Unter uns: Über Glückwünsche und Geld!

Wenn gestern in Melbourne viele tausend Zuschauer „Happy Birthday“ sangen, dann galt das nicht mir, sondern Angelique Kerber, die an diesem 18. Januar Geburtstag hatte. Was nichts daran ändert, dass ich gestern auch meinen Geburtstag feiern durfte. Wie die Gratulanten, die mich besuchten, sicherlich bestätigen können: Bei bester Gesundheit. - Dabei bin ich mehr als drei Mal so alt, als die derzeitige Nr. 1 im Damen-Tennis. - Nun spielt die Dame noch defensiv, während ich da – oft – schon offensiv aggiere. Das liegt vielleicht auch am Unterschied in der Lebenserfahrung, aber ist sicherlich tatsächlich auch damit zu begründen, dass berufsmäßig gespieltes Tennis die unterschiedlichsten taktischen Möglichkeiten bietet, während der Beruf eines Journalisten der eines zuverlässigen Lieferanten von „Fakten, Fakten, Fakten“ für seine Leser sein sollte. - Auch wenn sie weh‘ tun! - Da hatte ich gerade vor meinem Geburtstag ein Thema angestoßen, das dann an meinem Geburtstag das Thema vieler Gespäche – live und am Telefon – bestimmte. So fühle ich mich veranlasst, an diesem 19. Januar 2017 - „dem Tag danach“ - noch einmal zu diesem Thema ein paar Worte – und Informationen – nachzuschieben.

Unter uns: Über Glückwünsche und Geld!

Zunächst einmal möchte ich mich bei allen Gratulanten herzlich bedanken. Es ist schon ungewöhnlich, dass jemand zu seinem 84. Geburtstag Glückwünsche in einer dreistelligen Zahl erhält, vor denen keine „1“ steht! - Danke! - Ich sehe darin auch eine Bestätigung dafür, dass meine Art, auch im digitalen Zeitalter noch den Journalismus in „alter und bewährter Art und Weise“ für meine Internetseiten umzusetzen, bei einer großen Anzahl von Lesern – aber auch „Betroffenen“ (!) - Zustimmung findet. - 66mal 4,9 „Sterne“ (bis jetzt) sprechen eine deutliche Sprache. Rund 5.000 Interessierte haben bis heute dieses Geschichte gelesen!

Unter den Geburtstags-Gratulanten gestern waren einige, die mit meiner Berichterstattung zum Thema „24h-Rennen & Geld“ nicht zufrieden waren. Sie haben mir die Situation dann aus ihrer ganz persönlichen Sicht geschildert. - Sie haben Recht! - Nur habe ich nicht für ein einzelnes Team oder gegen ein einziges Fabrikat geschrieben, sondern – sozusagen vorsichtig – versucht ein Thema anzusprechen, über das bisher nicht in der Öffentlichkeit, sondern nur in Hinterzimmern oder vorgehaltener Hand gesprochen wurde.

  • Man hält sich an den Spruch: Über Geld spricht man nicht! - Man hat es!

Aber beim Motorsport sind wir inzwischen an dem Punkt angekommen, wo man es nicht mehr hat. - Und auch nicht weiß, wo man so viel Geld noch herbekommen soll. - Aber man spricht nicht darüber.

Aber gestern hat man mir – aus betroffenen Kreisen – vorgehalten, dass ich das Thema Benzingeld „nur so am Rande“ angesprochen hätte. Dabei könne man doch davon ausgehen, dass es eine Reihe von Teams geben würde, die z.B. deshalb nicht zum 24h-Rennen melden werden, weil sie – lt. Ausschreibung – den „Benzinkosten-Vorschuss“ mit dem Nenngeld überweisen müssen. Das sind dann 4.000 oder gar 6.000 Euro, mit denen das Team pro Fahrzeug (wenn man mehrere einsetzt) in Vorlage gehen muss, weil man es von den Fahrern, die sich für ein solches Rennen „einkaufen“, erst nach erfolgtem Einsatz zurück erhält.

Und ich wurde gebeten doch mal überschlägig zu errechnen, welchen gewaltigen Geldbetrag der Veranstalter in diesem Fall Monate vor dem Rennen zinslos erhält. Rechnet man auch hier wieder – wie schon in meiner Geschichte vom 17. Januar – vorsichtig, so kommt man auf einen Betrag von deutlich über einer halben Million Euro.

„Und dazu kommt noch der Nepp bei den Literpreisen für Super-Benzin oben am Ring“, klagte einer meiner gestrigen Gratulanten. - Das lasse ich mal unkommentiert so stehen.

Erfreulich war, dass wichtige Teile meiner – sicherlich kritischen – Geschichte zum 24h-Rennen bestätigt wurden. So z.B., dass auch zum Tag meines Geburtstages beim DMSB immer noch nicht das neue „Reifenregelement“ für die GT3 veröffentlicht worden ist, das aber Bestandteil der Ausschreibung zum 24h-Rennen ist und „zwingend“ für GT3-Teams am Nürburgring für VLN- und 24h-Rennen sein soll.

Aus Richtung dieser Teams kam dann gestern die Klage, dass man damit dann wahrscheinlich keine Möglichkeit mehr hat, die eigenen Kosten z.B. durch Versuchs- und Testfahrten für die Reifenindustrie – die natürlich auf irgendeine Art vergütet werden – zu senken. Denn die „zwingenden Bestimmungen“ werden einen Standardreifen für alle Teams vorschreiben, für den keine Entwicklungsarbeit mehr erforderlich ist.

  • 08/15-Reifen für alle GT3?

Mit dem Trend zu „Einheitsreifen“, aber auch den neuen DMSB-Bestimmungen in Sachen Reifen für den Einsatz von GT3-Fahrzeugen auf der Nürburgring-Nordschleife, wurde eine Entwicklung eingeleitet, die der ursprünglichen Aufgabenstellung im Motorsport, auch zur Weiterentwicklung der Technik beizutragen, nicht entspricht, sondern praktisch einen „Stillstand“ einleitet, bzw. bedeutet.

Wobei auch das schon wieder eine „vorsichtige“ Formulierung ist, da die Reifenindustrie schon seit vielen Jahren ihre Entwicklungsarbeit auf eine geradezu primitive Art der Argumentation gegenüber dem Verbraucher reduziert hat, indem man dem immer wieder – auch mit Unterstützung der so genannten Fachpresse – verdeutlicht, dass große Räder und „flache Breitreifen“ der Weisheit letzter Schluss sind.

Das stimmt insofern, als man damit natürlich erst richtig Geld verdienen kann. Aber wenn ich gestern bei den „Gratulationsgesprächen“ z.B. hörte, welche Probleme bei welchen Fahrzeugen bei der Fahrwerkentwicklung auftreten, dann könnten die auch mit konstruktiven Mitteln durch deutliche Veränderungen im Reifenunterbau zu lösen bzw. zu mildern sein. Ein Automobilreifen ist heute – gut hundert Jahre nach der Erfindung des Luftreifens – beim Automobil im Aufbau immer noch so symmetrisch, wie er es bei einem Motorrad ist.

Die eigentlich bei Automobilen aber notwendigen asymmetrischen Konstruktionen wären sicherlich in der Herstellung nicht teurer, sind aber heute schon von einem Privatmann (!) patentrechtlich abgesichert, so dass diese praxisgerechte Entwicklung Lizenzgebühren kosten würde. Abgesehen davon, dass man – wie mir ein Tuner erklärte - „mit hohen Leichtmetallfelgen und darauf passenden Breitreifen richtig Geld verdienen kann“.

Damit wären wir dann wieder beim Geld. Die von mir genannten notwendigen Beträge im Fall des diesjährigen 24h-Stunden-Rennens werden von „Insidern“ eindeutig als „Untergrenze“ empfunden. Ein Gratulant gestern: „Wie willst du denn mit einem Porsche GT3 zu diesem Preis rd. 6.000 Rennkilometer fahren?“

Er hat Recht! - Nun gehört auch ein Porsche GT3 zu den im Einsatz teuersten GT3-Fahrzeugen, weil z.B. der Rennmotor dieses Fahrzeugs die geringsten Laufzeiten bis zur Generalrevision hat. - Für „Uneingeweihte“ wird es sich komisch anhören: Aber von den Einsatzkosten her, ist z.B. ein Mercedes GT3 das kostengünstigere Automobil!

Man war unter meinen Gratulanten, mit denen ich z.T. auch nur Einzelspräche (am Telefon) geführt habe, aber übereinstimmend (!) der Meinung, dass in 2017 mehr als – die von mir genannten - nur 10 GT3-Fahrzeuge am Start sein würden. Aber als richtig wurde empfunden, dass es keine 38, wie im letzten Jahr mehr sein werden. Von mir um eine Schätzung mit ihrer „Insider-Kenntnis“ gebeten, habe ich dann – da gab es tatsächlich in mehreren Gesprächen eine Übereinstimmung, Zahlen zwischen 15 und 20 gehört. - Aber keine über 20!

Nach diesem 18. Januar 2017 bin ich als Journalist sehr froh, dieses „Geldthema“ im aktuellen Motorsport, in dem immer auch noch das Wort „Basis-Motorsport“ fällt – einmal angesprochen zu haben. Denn man spricht nun wieder – wenn auch nicht „in aller Öffentlichkeit“ - über Geld.

Diese Geschichte müsste darum auch hier nicht enden. Ich will sie aber hier einem Ende zuführen, indem ich einen Gratulanten zitiere, der mir mit Hinweis auf meine 24h-Geschichte die Frage stellte:

„Und wie ist das bei dir mit Geld und Kosten?“

Da habe ich – auch ehrlich – antworten müssen:

„Es könnten schon ein paar Abonnenten mehr sein!“

Überlegen Sie, lieber Leser, bitte noch einmal, ob 80 Euro für ein Jahres-Abo von Motor-KRITIK sich nicht auch über die Anzahl der insgesamt hier pro Jahr einstellten Geschichten lohnen? 2016 waren es 149 Stück. 2007 werden es kaum weniger werden – Oder man würde – wie nicht nur bei den Industrie-Pressestellen – auf mein Ableben hoffen.

Ob alle Geschichten für alle Leser „von Wert“ sind, kann ich nicht beurteilen.

Ich finde es aber bemerkens- und erwähnenswert, dass mich gestern von keinem Automobilhersteller, von keinem Zulieferer Geburtstags-Glückwünsche erreichten. - Ich scheine ein Problemfall zu sein. - Den beseitigt man in diesen Kreisen offensichtlich so, dass man ihn einfach „ausblendet“.

Deren Verhalten ist sinnbildlich mit dem der bekannten „Drei Affen“ zu vergleichen.

Aber es arbeiten viele nette Menschen in der Automobilbranche. So haben mir Einzelne davon – ganz persönlich (!) - gratuliert. Sogar mit Geburtstagsgeschenken. - Danke!

Die anderen werden mich in nächster Zeit weiter ertragen müssen. Wie man mir 2016 in einem Telefongespräch mit einer Dame in der Testwagenabteilung eines großen Automobilherstellers verdeutlichte, passe ich mit meiner Art nicht so richtig zur „Denkart“ moderner Experten. - Ich verstehe „deren Botschaft“ eben nicht!

Ja, ja – die Zeiten haben sich geändert. Zum Glück meine Einstellung zu dem Beruf eines Journalisten nicht. Die Vorhersage einer Dame aus einer Automobil-Presseabteilung vor vielen Jahren hat sich nicht bestätigt, die – nachdem ich einen Reisekostenzuschuss abgelehnt hatte – sagte:

„Eines Tages lernen Sie das auch noch, Herr Hahne!“

Meine Internetseiten sind immer noch anzeigenfrei. - Ich bin nicht von der Industrie, aber – zugegeben – von Abonnenten wie Ihnen, lieber Leser, abhängig. - Danke im Voraus!

Fortsetzung folgt!
Wilhelm Hahne

 

PS: Ich habe lange gezögert, aber ich glaube schon, dass meine Leser interessiert, was mir ein „alter Kollege“ in Redaktion und Cockpit zu meinem Geburtstag – neben dem ganz Persönlichen - geschrieben hat. - Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass ich das tue, ohne den Namen des Gratulanten zu nennen:

„...Ich für meinen Teil habe schon längst begriffen, dass alle mahnenden und anklagenden Worte im Nirwana verhallen und die Herrschaften trotzdem machen, was sie wollen. Motor-Racing macht heutzutage keinen Spaß mehr, alles ist zu kalt, zu emotionslos, zu politisch und zu unfreundlich geworden. Keiner hat mehr Zeit für den anderen, ein Schwätzchen mit Fahrer X hier oder Teamchef X dort – alles nur noch in Ausnahmefällen möglich, es sei denn, es geht um Kohle. Dann sind sie alle hellwach und sofort ansprechbar. Und außerdem: Dem Mototorsport sind die guten Typen ausgegangen, guck sie dir doch nur an, die bleichgesichtigen, glattgebügelten Bübchen ohne jede Ausstrahlung – in der DTM, den GT Masters, der Formel 3 oder auch der Formel 1. Da bist du doch schon froh, noch vereinzelt ein paar Mutige zu haben, die wenigstens mal zwischendurch das Maul aufmachen und ihre Meinung sagen (Ekström, Räikkönen), die herzhaft lachen können (Ricciardo) oder einfach nur sympathisch sind (Button, leider zurückgetreten). Es gäbe noch viele Beispiele, aber Du verstehst, was ich meine. Noch kürzlich hat mir anlässlich des Todes von Ford-Kult-Schrauber Klaus Schlüter ein alter Kumpel dies gesagt: „Die guten Typen werden immer weniger und die Idioten immer mehr“. Wie recht er hat!!!!!


Glaub‘ mir, Wilhelm, wir beide und noch ein paar andere Kollegen, Ex-Rennfahrer und Weggefährten haben die schönste, unkomplizierteste und familiärste Zeit im Motorsport erlebt und keiner von denen will sie jemals missen – aber alle diese Zeugen einer besseren Motorsportwelt können der aktuellen Situation schon seit Längerem nichts mehr abgewinnen. Da kannst du reden, mit wem du willst. Ich selbst habe nichts aus dieser Zeit zu bereuen und würde alles gerne nochmal so erleben, allerdings ohne die katastrophale Sicherheit und die damit verbundenen toten Rennfahrer-Freunde. Obwohl heute alles perfekter, sicherer, professioneller geworden ist und auch technisch ein durchaus faszinierendes Niveau erreicht wurde, macht es einfach keinen Spaß mehr. Ich bedauere die jungen Kollegen und Berufseinsteiger, die mit großen Erwartungen ins Fahrerlager marschieren und sich dann im Haifischbecken DTM oder sonstwo behaupten müssen.

 

Meine Welt ist das nicht mehr, deshalb findet das alles für mich nur noch am Fernseher statt. Da sitze ich dann mit einem Grinsen im Gesicht und denke mir: „Was ein Glück, dass ich das hinter mir habe“. Manchmal schlafe ich während der Darbietung auch vorm TV-Gerät ein…

 

Wilhelm, wir sollten uns wirklich nicht mehr aufregen und stattdessen die Zeit genießen, die uns das Leben noch schenkt. ...“

Ich lasse das einfach mal so stehen. Als Anregung für eigene Überlegungen. - Ich arbeite weiter!

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