USA-F1: Keine Stock Car Crash Challenge!

„Wir wollen das Drama. Wir hätten gerne mehr davon. Das macht den Sport in seinem Innersten aus.“ - Das soll dem Vernehmen nach der Geschäftsführer der neuen Formel 1-Macher „Formula One Group“, Chase Carey, vor Kurzem gesagt haben. Seine Firma hat zum „Großen Preis der USA“ dann auch deutlich gemacht, wie sehr sie an Dramen interessiert ist. Es gab Girls, Girls, Girls, Bullenreiten und Prominente, von denen mich einer – Entschuldigung! - an einen mir auch unbekannten Marktschreier vom Hamburger Fischmarkt erinnerte. Der RTL- F1-Berichterstatter hatte Probleme, mexikanische Millionäre und engagierte Rennfahrer-Väter auseinander zu halten. Obwohl solche Männer immer öfter die Väter von Millionären sind. - Damit die Dramen nicht überhand nehmen, hatte man wohl auf die Einladung von Harvey Weinstein verzichtet. - Aber sonst lief alles wie geplant. Bis auf eine Ausnahme, die aus Holland kam, noch zu jung ist um zu verstehen, dass man sich seinem Umfeld schon ein wenig anpassen sollte. Wenn dieser junge Mann so weiter fährt, dann hätte er besser ins Feld der Moto-GP, auf ein Motorrad gepasst. Dort hat man keinen Funk, kann auch schon mal – wenn man wirklich schneller, besser ist – einem „Kollegen“ WM-Punkte wegnehmen. -  Wie z.B. Rossi am gleichen Wochenende seinem Team-Kollegen Vignales. - Aber die „Formula One Group“ (vorher: „Liberty Media Group“, die dem US-Amerikaner John Malone gehört) möchte gerne bei der Formel 1 weiter Regie führen, die Zügel in der Hand behalten. - Zweikampf zwischen Hamilton und Vettel: Ja! - Aber da soll doch nicht so ein junger, talentierter Rennfahrer dadurch ablenken, dass der richtig Rennen fährt. - Der USA-Grand-Prix war in diesem Jahr die moderne, fernsehgerechte Weiterentwicklung einer alten Idee von Stefan Raab, die 2015 wegen nachlassender Fernseh-Quote – und weil Stefan Raab seinen Abschied nahm - eingestellt wurde. - Darum war eigentlich klar, was der USA-Grand-Prix nicht sein durfte. - Stefan Raab war auch nicht eingeladen!

USA-F1: Keine Stock Car Crash Challenge!

Vettel hatte dieses Mal keine Probleme „mit einer nicht richtig sitzenden Zündkerze“ („sport1“). In der aktuellen „Auto Bild“ gab‘s dazu ein Foto des angeblich defekten Teils vom vorherigen Rennen zu sehen. Natürlich „exklusiv“. - Da wird sich sogar Vettel gewundert haben. Obwohl der nicht Motor-KRITIK gelesen hatte.

Dazu hat der junge – aus Steuergründen in der Schweiz lebende - Millionär (lt. manager magazin) auch kaum Zeit, da er z.B. an einem arbeitsfreien Sonntag lieber – wenn er nicht gerade Rennen fährt, „Tatort“ schaut.  

Aber an diesem Wochenende war „Action“ auf der Rennstrecke gefragt. Da ist dann Lewis Hamilton kein Spielverderber. Er hat im Interesse von interessantem Zweikampf und dem entsprechendem Spannungsaufbau einer medial richtig eingestimmten Zuschauerschaft meist schon in den ersten Trainigssitzungen bei vielen Rennen in diesem Jahr deutlich zu machen versucht, wie schwer es ist, die forsche Gangart eines Sebastian Vettel mit zu gehen.

Da bahnen sich dann scheinbar die von Chase Carey gewünschten Dramen an. Aus Motor-KRITIK-Sicht ähnelt das aber mehr dem „Wrestling“, einer Schaukampf-Sportart, bei der die Zuschauer bei entsprechender „action“ auch immer begeistert jubeln. Im Gegensatz zu der, ist aber zwischen Hamilton und Vettel nichts eingeübt. Hamilton erhält vielleicht schon mal einen „Tipp“ von „Toto“ Wolff. - Der weiß, wie man ein modernes Formel 1-Training gestaltet. Ein wenig Inszenierung sollte heute im Fernseh-Zeitalter schon sein.

Selbst einem Christian Danner – für RTL tätig -  ist das manchmal alles etwas zu viel. Aber auch andere machen „gute Miene zum bösen Spiel“, z.B. ein Kimi Raikkönen, wenn er seinen Kollegen Sebastian Vettel entsprechend einer Regie-Anweisung mal wieder vorbeilassen muss.

Bevor ich zum eigentlichen Drama des F 1-Rennens in den USA komme, zunächst ein paar Fakten.

Meine Leser kennen aus meiner letzten F1-Geschichte meine Vorliebe für Magneti Marelli. - Hier folgt also wieder eine Liste der schnellsten 10 Rennrunden beim Grand-Prix von Austin/USA von deren Internetseite:

Wir lernen daraus: Man muss nicht die schnellste Rennrunde fahren, um einen Grand Prix zu gewinnen. Lewis Hamilton fuhr bei diesem Rennen nur die fünftschnellste Zeit und gewann überlegen mit gut 10 sec Vorsprung vor Vettel, der die schnellste Runde im Rennen fuhr. Der souverän auf Platz zwei liegende Kimi Raikkönen musste Sebastian Vettel kurz vor Rennende vorbei lassen, d.h. er musste deutlich vom Gas gehen, um Vettel heran kommen und eine Überholmöglichkeit bieten zu können. - Wie ihm verordnet worden war!

Aber mit Vettel kam so auch Max Verstappen – dann deutlich -  näher. Dieser junge Mann war wie selbstverständlich von Startplatz 16 in gleichmäßig schneller Fahrt (!) auf Platz vier gefahren und sah in seiner letzten Runde die Chance, an Kimi Raikkönen vorbei, noch auf Platz drei, und damit aufs Podium zu schlüpfen. Beide waren in ihren schnellsten Rundenzeiten zwar nicht weit auseinander, aber Verstappen hatte gegen Ende das bessere Material und die bessere Einstellung.

In der letzten Runde, wenige Kurven vor der Ziellinie hat er dann da zum Überholen angesetzt, wo ihm Raikkönen nicht unbedingt Platz gelassen hat. Als erfahrener Rennfahrer macht man in einer solchen Situation eben „innen zu“. - Wenn Max Verstappen Kimi nicht abräumen wollte, blieb ihm nichts anderes übrig, als noch weiter innen zu fahren als auf der Strecke aufgezeichnet. - Austin ist eben eine moderne Rennstrecke, ein „Tilke-Kurs“, auf der sich ein Fahrer nicht so schnell weh tut.  Die „Luftaufnahme“ zeigt die „Ecke des Nicht-Anstoßes“. - Max ging also hier „kontaktlos“ an Kimi vorbei und wurde Dritter im USA-Grand-Prix.

Ich habe es gesehen und im gleichen Moment – am Sonntag - lächelnd und eigentlich zufrieden den Fernseher abgeschaltet.

Um am Montag in der Frühe dann im Internet zu lesen, dass man Max Verstappen wegen seiner „Un-Tat“ mit fünf Strafsekunden belegt hat. Er war mit allen vier Rädern neben der Strecke gewesen, hatte nach Ansicht der „Jury“ abgekürzt. - Na so was aber auch! - Nun war er Vierter!

Hätte Max den Kimi besser – wegen der Dramatik - abräumen sollen, nachdem der „zu machte“, bzw. die Ideallinie nutzte? - Aber Tilke machte ein Überholen möglich! - Weil die FIA solch „sichere“ Strecken fordert. - Sagt Herr Tilke. - Sonst könnte die FIA auch nicht so hart durchgreifen! - Ist doch logisch. - Oder?

Chase Carey hätte sonst wohl eine der wirklichen Dramen gehabt, um die er so verlegen ist. Wegen der Spannung, wegen des Fernsehpublikums, wegen der Zuschauer. - Und da fährt der Max – von Platz 16 kommend – in der letzten Runde einfach, wie selbstverständlich an einem Kimi Raikkönen vorbei! - Unverschämt von diesem jungen Mann. - Da musste ihm doch mal eine Lehre von „Fachleuten“ der FIA erteilt werden.

Nich nur Max Verstappen hält das was ihm da passierte für eine Schweinerei! - Aber die macht die Situation deutlich, in der sich die Formel 1 insgesamt heute befindet!

Aber werfen wir doch noch einmal einen Blick auf die Tabelle mit den schnellsten Runden, oben:

Da war ein Bottas, der fast 35 sec hinter Hamilton auf Platz 5 einlief, in seiner schnellsten Runde deutlich schneller als der Sieger, Lewis Hamilton. Man sollte auch die drittschnellste Rennrundenzeit eines Kevin Magnussen nicht übersehen, der mit einem Ferrari-Kundenmotor nur 0,127 sec langsamer war als Sebastian Vettel, der die schnellste Runde in diesem USA-Grand-Prix fuhr. - Da macht man sich dann so seine Gedanken.

Das nächste Formel 1-Drama findet schon am 29. Oktober 2017 mit dem Mexiko Grand Prix seine Fortsetzung. - Betrachten und empfinden wir es besser als eine Komödie, ein Lustspiel. - Man kann auch auf den Sieger in Mexiko heute schon wetten. Auf dem eingefügten Screenshot sind die aktuellen Siegquoten für einige der Fahrer beispielhaft (Quelle „bwin“ von heute) benannt. - Aber mit  Hamilton ist da – wie man sehen kann – kein Geld zu machen.

Die Zahlen möchte ich nicht weiter kommentieren. Sie können aber der gedanklichen Anregung meiner Leser dienen.  Bei dieser Gelegenheit möchte ich aber daran erinnern, was ich schon am 29. Mai 2017 u.a. zum „Großen Preis von Monaco“ geschrieben habe, um die diesjährige Situation in der Formel 1 unter ihrem neuen „Besitzer“ zu verdeutlichen:

„Es gab in Monte Carlo das bei einem F1-Grand-Prix übliche Getümmel von Prominenten zu sehen. Das Rennen verlief wie erwartet. Sebastian Vettel hat vor Kimi Räikkönen gewonnen. Vettel hat ihn praktisch „in der Box“ überholt. Nur so war es Ferrari möglich, den Vorsprung von Vettel vor Hamilton in der Fahrerwertung, der auf einem Stadtkurs, auf dem angeblich nicht überholt werden kann, von Platz 13 startete und auf Platz 7 ins Ziel kam, dann deutlich zu erhöhen.
In Kanada wird dann der Sieger dann wieder Hamilton heißen. - Wetten? - Es wird – aus meiner Sicht – künstlich Spannung erzeugt. Das Rennen in Monaco war aber eigentlich langweilig.“

So ist das „Spiel“ mit der Dramatik dann über‘s Jahr weiter gegangen. Lewis Hamilton spielt mit. Aber er wird sicherlich nicht die Weltmeisterschaft 2017 verspielen wollen.

Übrigens: Zufällig hat auch Hamilton – wie von mir in Motor-KRITIK vorausgesagt – diesen Grand-Prix in Kanada dann gewonnen.

Lassen wir uns bei den nächsten Rennen überraschen! Und vergessen wir dabei nicht, dass die „Formula One Group“ vor dem Kauf der Formel 1 mal die „Liberty Media Group“ - mit entsprechender Erfahrung – war (ist)!

Trotzdem war der USA-Grand-Prix keine Stock Car Crash Challenge!

MK/Wilhelm Hahne

Zur Abrundung noch mal ein Blick zurück: Die Original „TV Total Stock Car Crash Challenge“, von Stefan Raab von 2005 – 2015 organisiert, konnte damals auch eine Reihe von guten Rennfahrern mit DMSB-Lizenz als Teilnehmer vorweisen. Weil der DMSB diese Veranstaltung nicht als Rennen wertete, durften Martin Tomczyk, Timo Scheider, Timo Glock, Adrian Sutil und Christian Abt ihre deutsche DMSB-Lizenz behalten. - Christina Surer war übrigens damals ebenso  bei Stefan Raab im Renneinsatz, wie auch Mathias Lauda. - Gut, dass Stefan Raab für seine Sendung neben anderen nur bekannte, prominente Rennfahrer verpflichtete. - Anderen DMSB-Lizenznehmern wäre vielleicht die Lizenz mit dem Hinweis auf die entsprechenden Bestimmungen dieser nationalen Sport e.V. entzogen worden. - Meine ich.  - Nachdem die Einschaltquote für die TV-Rennveranstaltung von 2,87 Millionen Zuschauer im Jahre 2006 auf 1,51 Millionen im Jahre 2015 zurück gegangen war, wurde diese Sendung eingestellt. - Offizieller Grund: Raabs Rücktritt aus dem TV- und Show-Geschäft. - Zum Vergleich: Die durchschnittliche Einschaltquote für Formel 1-Übertragungen bei RTL dürfte in in der Saison 2017 bei um 5 Millionen liegen. - Geht doch!

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